Bistum Sitten (Sion)
Sitten liegt im oberen Wallis in der Schweiz und wurde in fränkischer Zeit Bischofssitz. Mit dem Bistum verbunden ist der Heilige Theodul, der drei Walliser Bischöfe zusammenfasst, darunter Bf. Theodul (381-393). Einem Bischof Theodul verlieh angeblich Kaiser Karl der Große im Jahre 805 die weltliche Herrschaft über das Wallis. Doch es war Kg. Rudolf III. von Burgund, der die Grafschaft Wallis dem Bf. Hugo 999 schenkte. Seitdem nannte sich der Bischof von Sitten auch Graf und Präfekt im Wallis. Im oberen Wallis bildeten sich Landgemeinden (sog. Zehnden), die Einfluß auf den Bischof nahmen.
Bf. Walter Supersaxo (1457-82) eroberte 1475-76 von den Grafen von Savoyen das Unterwallis bis Saint-Maurice und stärkte die bischöfliche Machstellung nach innen und aussen. Er liess als erster Bischof von Sitten Münzen prägen. Seitdem trägt meist eine der Münzseiten das Familienwappen des herausgebenden Bischofs.
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Jost (Jodocus) von Silenen, 1482-1496
Jost wurde zum Gesandten der Eidgenossen bei Kg. Ludwig XI. von Frankreich bestellt. Dieser beförderte 1477 Jost zum Bf. von Grenoble als Dank für die erfolgreichen Verhandlungen um die Auflösung der Freigrafschaft Burgund nach dem Tod Karls des Kühnen. 1482 wurde Jost zum Bischof von Sitten gewählt. Das Ansehen des frankophonen Bischofs sank nach seinen Feldzügen gegen das Herzogtum Mailand und der verlorenen Schlacht von Crevola (1487). Georg Supersaxo (= Jörg auf der Flüe), sein Gegenspieler und Anführer der Mailänder Partei, vertrieb ihn 1496 nach Frankreich, wo er 1498 starb.
Jost ließ die Silberminen in Bagnes ausbeuten. Zahlreiche Kirchenbauten im Wallis zeugen von ihm als kunstsinnigem Renaissancefürst.
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Dicken (Testone), o. J. Ø 29 mm, 9,80 g. Palezieux 5 [2, p.274]; Lavanchy 5.
Vs.: +IODOCVS·DE·SILINO:EP iscopuS·SEDVNEN sI s· - Büste mit Mütze nach rechts.
Rs.: PREFECTVS·ET·COMES·VALESIS·
Familienwappen [Löwe] des Bischofs, dahinter der Bischofsstab gekreuzt mit einem Schwert, darüber Mitra.
Der römische Titel 'Präfekt' deutet vielleicht auf die Unmittelbarkeit unter dem Kaiser des HRR hin.
"Das Bildnis auf der Münze hat keine Ähnlichkeit mit anderen Bildnissen des Bischofs, die posthum entstanden. Das geprägte Bildnis dürfte das naturgetreueste erhaltene Porträt des Bischofs sein." [Charles Kuntcher]. Eine kleine Ähnlichkeit mit der Münze findet man vielleicht doch in einem Bild eines unbekannten Malers (64x53cm, Galerie im Stockalperschloss in Brig (?), Foto von Valais Libre [vslibre.wordpress.com/tag/jost-von-silenen/].
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Dicken sind Silbermünzen, die Ende des 15. Jh.s in der Schweiz und in Südwestdeutschland entstanden und schwerer als die bisherigen Kreuzer waren. Sie galten 1/3 Goldgulden und wogen etwa 9,8 g in Anlehnung an die Italienischen Testone. Mailand prägte 1474 die ersten Testone (von ital. 'testa' = Kopf) mit dem naturgetreuen Renaissance-Bildnis ihres Sforza-Herzogs.
Wandernde Stempelschneider haben vermutlich diesen italienische Münztyp 'exportiert'. [P.Elsig]
Die Stempel des 6 Groschen 1527 von Sitten (siehe oben) stammen von einem Stempelschneider, der auch die Stempel der 6 Groschen o.J. von Matthäus Schiner (siehe unten) gefertigt hat. [Dolivo, S.33]
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Matthäus Schiner, 1499-1522
Geboren um 1464, 1.10.1522 in Rom. Matthäus Schiner war ein in der europäischen Politik der Zeit einflussreicher Kirchenpolitiker. Er wurde 1499 Nachfolger seines Onkels als Bf. von Sitten. 1507 nahm er als päpstlicher Gesandter am Reichstag in Konstanz teil und 1508 war er Richter im Jetzerhandel in Bern. 1511 machte ihn Papst Julius II. zum Kardinal und päpstlichen Legat.
Auf Schiners Initiative hin unterstützte die Eidgenossenschaft Herzog Maximilian Sforza in den Mailandkriegen. Die von ihm mitverursachte Niederlage von Marignano um das Herzogtum Mailand beendete eidgenössische Expansionsbestrebungen. Schiner bemühte sich danach vergeblich um eine Liga gegen Frankreich, denn Papst Leo X. war inzwischen auf eine Versöhnungspolitik mit Frankreich geschwenkt. Das bestärkte auch die eidgenössische pro-Frankreich Partei um Georg Supersaxo (Jörg auf der Flüe), der nun Schiner aus Sitten vertreiben konnte. Schiner schloss sich 1515 Ks. Maximilian an und fungierte seit 1516 als dessen Stellvertreter in Italien. Er unterstützte die Wahl Karl V. zum dt. König. Nachdem Karl V. und Leo X. ein neues Bündnis gegen Frankreich eingegangen waren, beteiligte sich Schiner 1521 an der Rückeroberung von Mailand mit einem eidgenössischen Heer.
Schiner war humanistischen Ideen zugetan und sah auch die Reformbedürftigkeit der Kirche. Er lehnte jedoch den Bruch mit Rom ab und stellte sich gegen Luther und Zwingli.
Nach dem Tod von Leo X verhinderte der Widerstand der französischen Kardinäle seine Wahl zum Papst. Kurz nach der Wahl Papst Hadrians VI. erlag Schiner der Pest in Rom.
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6 Groschen o. J. Ø 28 mm, 5,77 g. Palezieux 58; Lavanchy 15.
Vs.: +MATHEVS·EP iS copus·SEDV nensis'.PR aE fectus'.ET·CO mes'.VAL' lesiae
Brustbild nach rechts, mit Tonsur und im bischöflichen Ornat.
Rs.: Im liliengeschmückten Vielpass in drei Zeilen:
SOLI / DEO:GLO / ·RIA· "Gott allein die Ehre" (Devise des Wallis)
Das Profilbild auf der Münze weicht stark ab von dem Ölbild in seinem Geburtsort Ernen
[Foto von Friedrich Dreier in: ernen-fotoarchiv.ch/gallery/houses.html, Bild 12].
Vergleiche auch die Grafik und
das Gemälde in der Porträtgalerie "Galerie des Illustres" auf Schloss Beauregard im Tal der Loire.
Das Original, das als Vorlage dieser Bilder diente, ist wohl auf Schloss Tourbillon 1788 verbrannt. [Morard]
Eine Ähnlichkeit dieser Bilder mit dem Bild auf der Münze wird man kaum feststellen können.
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Hildebrand de Riedmatten, 1565-1604
Hildebrand I. gelang es nicht, bei der Priesterschaft seiner Diözese Reformen durchzusetzen. So erlebte die Reformation zu seiner Zeit eine Blüte. 1579 erlaubte sich die Sittener Stadtbehörde sogar, dem päpstlichen Nuntius den Eintritt in die Stadt zu verwehren. Erst 1604 beschloss der von Hildebrand einberufene Walliser Rat, die Reformierten auszuweisen. Die letzten reformierten Familien verliessen das Wallis um 1650.
Im Vertrag von Thonon (1569) einigten sich Bischof Hildebrand und Emanuel Philibert von Savoyen auf die Rückgabe von Landvogteien am Genfer See an Savoyen, während Monthey endgültig im Unterwallis verblieb. 1571 erließ Hildebrand das erneuerte Walliser Landrecht in Kraft, welches die Beziehung zwischen dem Oberen und Unteren Wallis regelt und als Glanzpunkt seiner Regierungszeit angesehen wird.
Kein anderer hat in Sitten mehr Münzen prägen lassen als Hildebrand I., der fast vierzig Jahre lang Bischoff war.
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Teston oder Dicken o. J. Ø 31 mm, 7,5 g. Palezieux 183; Lavanchy 46.
Ein Exemplar soll sich im South Kensington Museum in London befinden (Palezieux, 1908).
Vs.: HIL :DE:RIED matten:EP iscopuS:SED unensis:P refectus:E t:C omes·V allesis
Wappen des Bischofs (Kleeblatt und zwei Sterne) zwischen zwei Blumen.
Darüber Schwert, Mitra und Krummstab.
Rs.: + HILTEBRANDVS·DE·RIET·EPI·S - Brustbild nach rechts.
Vergleiche mit dem Bild von Unbekannt nach 1636, 66x48cm, Galerie du Couvent des Capucins de Sion [Quelle: Valais Libre - vslibre.wordpress.com/tag/adrien-de-riedmatten].
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Lit. zum Bm. Sitten:
• Elsig, Patrick: Kopf oder Zahl? Die Geschichte des Geldwesens im Wallis, Sitten 1993. - zu haben .
• Palézieux-Du Pan, Maurice de: Numismatique de l'Évêché de Sion. In: Schweizerische numismatische
Rundschau 10 (1900) 212-299; 11 (1901) 100-138 ; 14 (1908) 265-352 ; 15 (1909) 1-37.
• Lavanchy, Charles: Numismatique valaisanne. In: Vallesia : bulletin annuel de la Bibliothèque et des
Archives cantonales du Valais, des Musées de Valère et de la Majorie, 1985, p.61-100
• Kuntcher, Charles: Les monnaies valaisannes de la période épiscopale. In: Annales valaisannes : bulletin
trimestriel de la Société d'histoire du Valais romand, 1959, vol.10, no.4, p.565-585
• Zenhäusern, Gregor : Sitten (Diözese) im Historischen Lexikon der Schweiz
• Historischen Lexikon der Schweiz: Jost von Silene ; Matthäus Schiner ; Hildebrand von Riedmatten
• Truffer, Bernard: Portraits des évêques de Sion de 1418 à 1977, Sion, 1977 - online: SN-Ann.no7.pdf
• Morard, Joseph: Un portrait authentique di Cardinal Schinner, Annales Valaisannes I (1916) 7ff - online
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