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        Zeitgenossen aus Italien        

Mercurino Gattinara (*1465 †1530), Kanzler Ks. Karls V.
Mercurino Gattinara stammt aus dem Kleinadel von Piemont. Nach dem Studium in Turin wurde er Rechtsanwalt in Savoyen und Ratgeber von Herzog Philibert II. von Savoyen. Nach Philiberts frühem Tod 1504 diente er dessen Witwe Margarete von Österreich. Er begleitete sie in die Niederlande, als diese dort 1507 Regentin für ihren Vater Ks. Maximilian wurde. So kam Gattinara in Kontakt mit dem Kaiser. Im kaiserlichen Auftrag wirkte er 1508 mit bei der Ausgestaltung der Liga von Cambrai gegen Venedig.
1521 starb Wilhelm Chièvres von Croy, der frühere Erzieher von Kaiser Karl V. und sein einflussreichster Berater. An seine Stelle trat fortan Gattinara als "Großkanzler aller Länder und Königreiche".
Gattinara hatte in eloquenten Denkschriften die Idee einer "Monarchia Universalis" entwickelt, die Spanien, die österreichischen Erblande und das Heilige Römische Reich umfassen sollte. Er stellte sich ein Aufleben des römische Imperiums vor, verwies auf Karl den Großen, auf das Gottesgnadentum und auf die Einheit von Politik, Religion und Recht.
1529 wurde Gattinara Kardinal. 1530 erlebte er die Kaiserkrönung in Bologna. Auf Ks. Karls Weiterreise von Bologna zum Reichstag in Augsburg starb er in Innsbruck. Seine Ideen, z.B. ein erbliches Kaisertum und ein Wechsel der Kaiserkrone zwischen den österreichischen und spanischen Habsburger, waren jedoch realitätsfern und ließen sich nicht umsetzen. Das Scheitern seiner "universellen Monarchie" hat er nicht erlebt.


Bronzemedaille.     Ø 52 mm   einseitiger Guß im Münzkabinett zu Wien
MERCVRIVS·DE·GATTINARIA·CARoli·V· - IMPeratoris·CANCELLarius·
vollbärtiges Brustbildes von vorne, in langem faltigem Gewande, mit Kardinalshut.
Dieses Exemplar wurde in der Numismatischen Zeitschrift Bd.1 (1869) vorgestellt.
Schon 1735 hatte Johann David Köhler eine 'Gattinara-Medaille' vorgestellt.
Sein Bericht enthielt eine sehr ähnliche Kupferstich-Abbildung.

Die niederländische Wikipedia präsentiert auch so eine Medaillenabbildung als Abbild von Mercurino Gattinara. Anderssprachige Wikipedias, mit Ausnahme der italienischen Wikipedia, verbinden Gattinara irrtümlich mit einem Bildnis, das tatsächlich den Niederländer Jean II Carondelet darstellt. Dieses Bildnis wird sowohl von der niederländische Wikipedia sowie vom Katalog zur Ausstellung von 2000 "Kaiser Karl V. - Macht und Ohnmacht Europas" (S.164) Jean Carondelet zuordnen und nicht Mercurino Gattinara. Die Widersprüche unter des verschiedensprachigen Wikipedias wird noch deutlicher sichtbar auf Wikipedias Seiten Category:Mercurino Arborio di Gattinara und File:Jan_Cornelisz._Vermeyen 001.jpg.
Die Verwirrung bei Wikipedia entstand möglicherweise durch ungeprüfte Bildübernahme aus der fehlerhaften Seite MERCURIUS DE GATTINARA                     [Status 10.2023]


copyright: Historisches Museum Basel
Berühre die Abbildung, um die Rückseite zu sehen.
Bleigußmedaille    Ø 52 mm  im Historischen Museum Basel, Inv.1905.759, Foto HMB Alwin Seiler,
dankenswerterweise von Michael Matzke bereitgestellt.

Vs.:   ¤ MERCVRIVS¤DE¤GATTINARIA¤CARO|LIS ¤ Magnus▴CAnCELLARius
vollbärtiges Brustbildes wie vor
Rs.:   aussen: ¤ SOLA · FIDES · TERRIS · FOENICEM · SVSTVLIT · ISTAM
innen: ¤ CONIVNXIT ¤ SVPERIS · HANC · QVOQVE · SOLA · FIDES
"Nur der Glaube der Erde hat diesen Phönix erweckt / Treten sie den oben genannten bei, denen sie nur vertrauen"
Phönix im Feuer auf einem Altar mit der Inschrift FIDES
    Siehe das Photo eines weiteren Exemplars dieser Medaille, Quelle verloren.    

Max Bernhardt identifizierte Christoph Weiditz als den Schöpfer dieser Medaille. Weiditz hielt sich 1529 am spanischen Hof in Spanien auf, wo er die Medaillen auf Johannes Dantiscus und Hernán Cortés schuf. Für die Rückreise schloss sich Weiditz dem Hoftross Karls V. an, der über Bologna zum Augsburger Reichstag 1530 reiste. Weiditz porträtierte Gattinara in seinem letzten Lebensjahr. Es wurde offenbar sein einziges zu Lebenszeit gefertigtes Bildnis. Danach schuf Weiditz Medaillen auf Wolfgang von Montfort (1530), Andrea Doria (1533) und Ks. Karl V. (1541).

Im Ölgemälde (um 1531) von Alfonso de Valdés zeigt dieser in seiner Hand ein rundes Bildnis des Mercurino Gattinara in Kardinalspurpur (London, National Gallery), siehe ein Ausschnitt daraus. Der Spanier Alfonso de Valdés begleitete Ks. Karl 1520 zu seiner Krönung in Aachen. Er wurde Sekretär von Gattinara, erlebte 1530 die Kaiserkrönung in Bologna und den Reichstag in Augsburg, wo er zwischen dem Kaiser und Melanchthon zu vermitteln versuchte.

Siehe weitere Porträt-Medaillen von Christoph Weiditz

Weitere Bildnisse von Mercurino Gattinara entstanden wohl erst post mortem:
Druck in der Bibliothèque nationale de France
Medaille 1845 erstellt von G. Ferraris, Ø 65mm (Bild: Rauch Aukt.92, Nr.2350, Wien)
an seinem Geburtsort 2000 aufgestellte Büste (63 cm hoch), hergestellt von Pino Croce.
Die Medaille von Weiditz wurde immer als Vorbild benutzt.

Fazit
Von Gattinara kennt man bisher nur ein einziges zu seiner Lebenszeit entstandenes Bildnis:
das auf der von Christoph Weiditz gefertigten Medaille.

Siehe weitere Medaillen von Christoph Weiditz.

Lit.:
• Joseph Bergmann: Bronzemedaille des Cardinals Mercurio Arborio de Gattinara, Kanzlers Ks. Karl's V.
    in: NZ 1 (1869), S.339-344, Tf.9/1
• Max Bernhart: Die Gattinara-Medaille (Textabb.) in: MBNG 32/33 (1914/15), S.56-58
Johann David Köhler: Hist. Münzbelustigung, Bd.7 (1735) S.9-16 - PDF von Bd.7 im Netz verfügbar
• Vladimir Schnurbein: Mercurino Gattinara, die Idee der Monarchia Universalis und ihre Wirkung auf die
    Politik Kaiser Karls V.
, Dissertation 2010, Wien, als PDF im Netz (ohne Abbildungen)
• Kaiser Karl V. - Macht und Ohnmacht Europas. Katalog zur Ausstellung Bonn/Wien/Gent 2000,
    S.10f [Medaille in Händen von Alfonso de Valdés] und S.164f [Bildnis von Jean II Carondelet]
• National Gallery, London: A Man holding a Coloured Medal, Gemälde 43x34cm um 1531, Alfonso de Valdés?
• dt. Wikipedia: Mercurino Arborio di Gattinara - wieder mit irrtümlichen Bildnis [Stand 9.2023]
• Pino Croce: Monumento al Cardinale Mercurino da Gattinara [9.2023: Zugang wegen fehlender Zertifizierung erschwerter]

vor 2014 entstanden   &   ergänzt 10.2023

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