Im Jahr 1486 ließ Erzherzog Sigismund von Tirol den ersten Guldiner, das Vorbild des Talers, prägen. Ort dieses epochemachenden Ereignisses war Hall in Tirol, eine wichtige Handelsstadt, die nur wenige Kilometer von Schwaz entfernt lag, der Stadt, aus der das Silber kam, das Sigismund den Beinamen der "Münzreiche" verschaffte. Das Schausilberbergwerk in Schwaz Angefangen hat alles aber ganz anders: Bereits mehr als zwei Jahrhunderte vorher, nannte man ein Dorf in der Umgebung von Schwaz Artzberg - Erzberg, ein Name der eindeutig auf ein reiches Erzvorkommen hinweist. Den Einheimischen war schon seit langer Zeit bewußt, daß auf ihrem Land Erz zu finden sei. So handelt es sich lediglich um eine schöne Sage, wenn die Chroniken berichten, wie in den Jahren zwischen 1410 und 1420 die Schätze von Schwaz wieder entdeckt wurden: Die Magd Gertraud Kandlerin habe beim Viehhüten einen Stier beobachtet, der wütend seine Hörner in die saftige Bergwiese grub. Dabei habe er einen glänzenden, silberhaltigen Stein ans Tageslicht befördert. Und wenn das nicht wahr ist, so ist es wenigstens gut erfunden. Jedenfalls beutete man zunächst die reichen Silbervorräte nahe der Stadt nicht systematisch aus. Einzelne Abenteurer suchten - ähnlich wie Jahrhunderte später in Kalifornien oder Alaska - auf eigene Rechnung nach dem kostbaren Erz. Das Recht, das Innere der Erde auszubeuten, das sogenannte Bergregal, besaß aber nach den Rechtsvorstellungen des beginnenden 15. Jahrhunderts der Landesfürst. So beschloß Herzog Friedrich IV. von Tirol, der wilden Graberei ein Ende zu machen und einen geordneten Bergbau aufzuziehen. Dazu erließ er zunächst eine Bergordnung, die Arbeit und Lohn der Bergleute regelte. Alle Bergleute wurden einem eigenen Richter unterstellt. In nur wenigen Jahren wurde Schwaz zur Silbermetropole Europas. "Vyll fremds perckvolch kam aus Beheymb, Saxn und mehr teutschn lantn". Innerhalb von gerade mal 70 Jahren stieg die Zahl der Haushalte in Schwaz von 51 im Jahr 1427, dem Jahr in dem die Bergordnung erlassen worden war, auf 4000. Doch fast noch schneller als die Knappen kamen die Kaufleute. Bereits 1431 kaufte der erste Händler aus Augsburg Schwazer Silber. Die Nachfrage stieg, die einzelnen Knappen, die auf eigene Rechnung gruben, konnten diese Nachfrage nicht mehr befriedigen, und so verlieh König Friedrich IV. von Österreich, der zu dieser Zeit für Sigismund, den späteren "Münzreichen", die Vormundschaft führte, 1441 dem Innsbrucker Jakob Tänzl das Recht an der Herrengrube. Damit war die Idee der Gewerken geboren: Ein oder mehrere (reiche) Eigentümer, die die Lohn- und Materialkosten der Erschließung und Bewirtschaftung einer Grube trugen, lösten die kleinen - noch selbst unter Tage arbeitenden - Einzelunternehmer ab, die bis dahin das Feld beherrscht hatten. Die neue Schwazer Bergordnung, die Sigismund - inzwischen der Vormundschaft entwachsen am 26. Juni 1449 erließ, erhob diese Organisationsform zum Prinzip. Da die Schwazer Bergordnung für viele Länder vorbildlich wurde, fand man bald überall in Europa "Gewerken". Unter Gewerken verstand man einen oder einen Zusammenschluß von mehreren zahlungskräftigen Unternehmern, die vergleichbar unseren heutigen Aktiengesellschaften gemeinsam die Rechte an einer Erzgrube besaßen. Gewerke konnte jeder werden, der genügend Geld hatte. Er mußte dafür nicht besondere Qualifikationen im Bergbau mitbringen. Wir finden Beamte, Maurer, Bäcker, Goldschmiede, ja sogar einen Meßner, die ihr Kapital so gewinnbringend anzulegen versuchten. Natürlich beteiligten sich auch die reichen Kaufleute an diesem so vielversprechenden Geschäft. Sie konnten mehr Geld investieren und verdrängten so auf die Dauer die Kleinanleger aus dem Bergbau. Gab es 1470 in Schwaz noch 38 Gewerke zählte man 15 Jahre später nur noch 15, im Jahr 1503 gar nur noch zehn. Doch natürlich machten diese feinen Herren nicht die eigentliche Arbeit. Dafür waren die Knappen zuständig, die Bergleute. Sie waren in verschiedene Kategorien unterteilt. Da gab es zunächst die Hutleute, die die Aufsicht über die einzelnen Grubenbelegschaften führten. Ihnen unterstanden drei Gruppen von Bergknappen: Zunächst die Herrenhäuer, die gegen einen festgesetzten Wochenlohn für die Gewerken arbeiteten; dann gab es die Gedingehäuer, die gegen einen vorher festgesetzten Betrag ein bestimmtes Stück des Stollens ausbeuteten; die dritte Gruppe, die Lehenhäuer, würden wir heute als Subunternehmer bezeichnen. Sie förderten das Erz in eigener Rechnung und verkauften es dann an die Gewerken. Das typische Werkzeug aller Knappen waren Hammer und Schlägel (Abb. 2).
Natürlich gab es auch jede Menge Hilfsarbeiter unter Tage: Da waren die Säuberbuben (Abb. 3)
Die Löhne all dieser unter Berg beschäftigten Arbeiter waren genau festgelegt. Ein Häuer erhielt einen Gulden pro Woche und damit annähernd gleich viel wie ein Knappe im Haller Salzbergwerk. Der Hutmann, der die Knappen beaufsichtigte, wurde mit wöchentlich einem Gulden, 15 Kreuzer entlohnt. Der Haspler verdiente 42 Kreuzer, der Truchenläufer 32, ein Säuberbube 24. Ganz unten auf der Lohnliste standen die Holzknechte, die man damals ebenfalls zum Bergvolk zählte. Sie mußten sich mit 5 Kreuzer begnügen. Wie immer ist es sehr schwierig, diese Löhne auf heutige Verhältnisse umzurechnen. Doch die Tatsache, daß man damals für 1 Gulden 15 kg Rindfleisch kaufen konnte, gibt uns einen Hinweis darauf, daß die Bergleute zu den "Spitzenverdienern" der frühneuzeitlichen Gesellschaft gehörten. Sigismund, dem daran lag, möglichst viele Fachleute nach Tirol zu ziehen, hatte ihnen außerdem noch eine Reihe von weiteren Privilegien verliehen. So war ihr Arbeitstag auf acht Stunden beschränkt, eine "gewerkschaftliche" Errungenschaft, die erst im 19. Jahrhundert wieder durchgesetzt werden sollte. Für 12 Kreuzer im Jahr versicherte sich jeder Bergmann gegen Unfälle und Invalidität: Verunglückte wurden ins sogenannte Bruderhaus gebracht, wo sie bis zu ihrer Genesung Kost und Logis umsonst erhielten. Jeder am Bergbau Beschäftigte war von der städtischen Gerichtsbarkeit ausgenommen. Ein eigener, meist sehr verständnisvoller Bergrichter urteilte über größere und kleinere Vergehen der rauhen Gesellen. Daß die Knappen zudem das Recht des freien Fisch- und Vogelfangs hatten, wird uns wenig beeindrucken. Daß man ihnen dagegen Steuerfreiheit zugestand, erfüllt wohl jeden heutigen Steuerzahler mit ungläubigem Staunen. Wer sich ansehen will, wie die Knappen von mehr als 500 Jahren das Silber aus der Erde schürften, der sollte in Schwaz das Schaubergwerk besuchen, das 1990 von Schwazer Bürgern eingerichtet wurde. Mit Helm und Arbeitsmantel bekleidet, fährt man auf kleinen Wagen durch den Erzherzog-Sigmund-Erbstollen in die Gruben des Falkensteins ein. Dieser eindrückliche Bau wurde 1515 begonnen. Er führte damals in insgesamt neun Sohlen etwa 220 m tief unter das Niveau des Inntals. Wirklich rentabel war er - trotz enormer Ausbeute - nie, da in seinem Inneren 600 Wasserheber rund um die Uhr tätig sein mußten, damit die Grube nicht vom Grundwasser überflutet wurde. Der moderne Tourist ist nicht mehr von diesen andrängenden Wasserrnassen gefährdet. Und doch ist es ein merkwürdiges Gefühl, wenn einem der Führer erzählt, daß man sich nun 800 m weit im Inneren des Bergs befände. Eng drängt sich die Gruppe zusammen, denn bei diesem Labyrinth von Stollen, Schächten und kleinen Gängen fürchtet jeder, verloren zu gehen und nicht mehr ans Tageslicht zu finden. Eng und schmal sind die Gänge, die sich da durchs Gestein winden. Wir erfahren, daß man früher höchst ökonomisch arbeitete und sich deshalb mit dem Abbau ganz genau an den Verlauf der erzführenden Gesteinsschichten hielt. Hart war das Gestein und mühsam, es abzuschlagen. Bei besonders harten Schichten gelang es manchmal in einer ganzen Schicht, also vollen acht Stunden, nur ein paar Millimeter weiterzukommen. Kein Wunder also, daß manche Gänge gerade breit genug sind, um einen einzelnen Bergmann gebückt durchzulassen. Besonders beeindruckend ist ein Wasserrad, wie es im 16. Jahrhundert errichtet wurde, um die menschlichen Wasserheber zu ersetzen (Abb. 6)
Kommt man dann wieder ans Tageslicht, kann man sich eine Medaille aus Brixlegger Silber schlagen lassen (Abb. 7)
Schwaz Doch mit dem Besuch des Bergwerks sollte man es in Schwaz nicht bewenden lassen. Zu viele Spuren gibt es in der Stadt, die auf den Bergbau hinweisen, und dabei muß man noch gar nicht an das allgegenwärtige Wappen aus Eisen und Schlägel denken. Am eindrücklichsten wird die Erinnerung an die Knappen wach, wenn man die Pfarrkirche von Schwaz betritt (Abb. 8)
Auch wenn das Schwazer Stadtbild nicht komplett erhalten ist, weil die Bayern im Jahr 1809 gar so schlimm gegen die Tiroler hausten, kann man doch noch viele Häuser sehen, die einst von den reichen Handelsherren errichtet wurden. Die Fugger haben ihre Spuren im Stadtbild hinterlassen, die Stöckl und die Tänzl und wie die reichen Gewerke einstmals alle hießen. Und wenn man aufmerksam die Straßenschilder studiert, dann sprechen auch die einstmals unter Tag Beschäftigten wieder zu uns: Arzberg, Erbstollenweg und Knappenanger lassen die Zeit, in der die Bergleute das Stadtbild von Schwaz beherrschten, wieder lebendig werden. Haus der Völker Auch wenn die Stadt Schwaz ganz im Zeichen von Silber und Bergwerk steht, sollte man es nicht vergessen, auf eine weitere numismatische Sehenswürdigkeit von überregionaler Bedeutung hinzuweisen. Im Haus der Völker am Rande von Schwaz wurde auf Initiative des Tiroler Afrikakenners und Fotografen Gert Chiesi ein Museum eingerichtet, das völkerkundliche Exponate aus der ganzen Welt präsentiert. Fast ein ganzer Saal ist dabei den vormünzlichen Geldformen gewidmet und wer sich für die merkwürdigen Formen interessiert, die Zahlungsmittel zu anderen Zeiten bei anderen Völkern hatten, der sollte dieses Museum nicht versäumen. Besonders reizvoll ist hier natürlich für den Sammler, daß er im hervorragend ausgestatteten Museumsladen das eine oder andere Stück erwerben kann: Manillen und Perlen, Bastmatten und Eisenbarren, lauter Dinge, die einstmals in anderen Kulturen Geldwert hatten. Burg Tratzberg Ganz in der Nähe von Schwaz liegt Burg Tratzberg, nicht nur einer der schönsten Renaissancebauten des ganzen Landes, sondern auch ein hervorragender Zeuge für die Wirtschaftsgeschichte der Region. Anhand der Geschichte der Besitzer läßt sich sehr schön Aufstieg und Niedergang der Schwazer Bergwerke und ihrer Gewerke verfolgen. Errichtet wurde der Bau wohl in den Jahren 1296/7, damals noch um die Grenze Tirols gegenüber den Andechs-Meraniern, die begehrliche Blicke ins Inntal richteten, zu schützen. Tratzberg teilte das Schicksal von vielen Burgen der gleichen Zeit: als Pfand verborgt, dann vom Herzog zurückgekauft, wieder verpfändet und erneut ausgelöst. 1490 brannte die mittelalterliche Burg fast völlig aus. Und nun wird es wirtschaftsgeschichtlich interessant. Kaiser Maximilian ärgerte sich nämlich über den Pfleger, durch dessen Schlamperei der Brand verursacht worden war. Er suchte neue Burgherren und fand sie in den zu Reichtum und Wohlstand gekommenen Gewerken des Schwazer Bergbaus, in den Gebrüdern Tänzl. Sie hatten seit dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts zu den einflußreichsten Unternehmern gehört. Während viele andere, kleinere Anteilsschreiber ihren Besitz irgendwann verkauften oder Konkurs machten, gehörten die Tänzl zu den Gewinnern. Sie lebten ein nobles Leben auf der Burg Tratzberg. Mit scheinbar unbeschränkten Mitteln wurde der herrliche Renaissancebau, der als Sommersitz der eigentlich bürgerlichen Familie dienen sollte, errichtet. Man verzierte den Hauptsaal des Schlosses mit großartigen Wandmalereien, die den Stammbaum von Maximilian bis ins Detail aufführten und heute noch bewundert werden können. Ob Maximilian die Fresken gefielen oder ob er die Tänzl einfach sympatisch oder politisch wichtig fand, wir werden es nie wissen. Jedenfalls ließ er die reiche Familie in den Adelsstand erheben und lud sich selbst mehrmals nach Schloß Tratzberg ein. Doch nicht allzu lange konnten sich die Tänzl ihres Besitzes erfreuen. Das Geschäft ging einfach nicht mehr so gut wie zu Beginn des Bergbaus. Zu viel fremdes Kapital begann nach Schwaz zu strömen. Schuld daran war ausnahmsweise nicht das Silber, sondern das Kupfer. Der Augsburger Hans Paumgartner übernahm im Jahre 1491 den Anteil des Bankrott gegangenen Antoni vom Ross. Er schloß mit Maximilian einen Vertrag, demzufolge die kaiserlichen Geschützgießereien nur von Paumgartner ihr Kupfer beziehen durften. Doch damit hatte Paumgartner die Kreise der Fugger gestört. Sie hatten die ungarischen Kupfergruben um Neusohl gepachtet und sahen es gar nicht gern, daß ihr erstrebtes Kupfermonopol von Paumgartner unterwandert wurde. So boten sie den Schwazer Gewerken höhere Preise für ihr Kupfer und verdrängten Paumgartner vom Markt. Der mußte im Jahre 1510 Bankrott anmelden. Jakob Fugger, der sich bisher nur für das bereits handelsfertige Metall interessiert hatte, war gezwungen, aus der Konkursmasse die Bergwerksanteile des Pleitiers zu übernehmen: Gegen seine ursprüngliche Absicht mußten die Fugger nun doch Gewerke in Schwaz werden. Durch ihren Einstieg ergab sich eine völlig neue Lage. Das hereinströmende Kapital brachte viele kleinere, einheimische Gewerke dazu, ihre Anteile für gutes Geld zu verkaufen. Der Besitz konzentrierte sich in immer weniger Hände und die Tiroler Großgewerke betrachteten die Augsburger als Eindringlinge in ihr Geschäft. Besonders die mächtigen Fugger zogen den Haß der Einheimischen auf sich. Feindliche Aktionen brachten die Fugger dazu, sich mit den anderen Augsburger Firmen, die in Schwaz im Bergbau aktiv waren, zu verbünden, um die letzten im Bergbau verbliebenen Tiroler Firmen zu verdrängen. Kaiser Maximilian stand wegen seiner großen Anleihen bei den Fuggern, Baumgartnern und wie die Augsburger alle hießen auf der Seite der Fremden. Und so schwammen den Tiroler Großgewerken bald alle Felle davon: Ihre Einkünfte sanken von Jahr zu Jahr, was sie jedoch nicht daran hinderte, auf ihren Schlössern weiterhin ein hochherrschaftliches Leben zu führen. Bei den Tänzl reichte das Geld bis 1552. In diesem Jahr erlitten sie den völligen finanziellen Kollaps. Kaspar Joachim Tänzl war gezwungen, den gesamten Tiroler Besitz zu verkaufen. Zunächst an Mathias Manlich, der nur zwei Jahre später die Burg an seinen Vetter Georg Ilsung weitergab. Der stammte schon aus Augsburg und bewohnte Tratzberg nur selten. In der nächsten Generation fiel das Schloß an die Fugger, da Jakob Fugger im Jahre 1570 Anna Ilsung, die Erbin von Tratzberg, heiratete. Doch von der Herrschaft der Fugger findet man nur noch wenige Spuren in Schloß Tratzberg. Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts war die Blütezeit des Schwazer Silberbergbaus nämlich schon längst vorbei. Seit 1545 flossen allein aus dem bolivianischen Potosi jährlich 200 t billiges Silber nach Europa. Damit konnte Schwaz nicht mehr konkurrieren. Und Antoni Fugger versuchte, sein zum Untergang verurteiltes Unternehmen in Tirol abzustoßen. Einen Käufer fand er allerdings nicht. So trennte er die Schwazer Geschäfte von den heimischen ab, damit ein Konkurs des Bergbaus keinen Einfluß auf die anderen Geschäfte der Fugger nehmen konnte. Die neue Tochtergesellschaft des "Tiroler Bergwerkshandel" verfügte über ein Kapital von 295 000 Gulden. Die Maßnahme traf der kluge Kaufmann gerade zur rechten Zeit. Erschöpfung der Lagerstätten, Seuchen, Krieg und Knappenaufstände, all dies trug bei zu einem ständigen Niedergang der Schwazer Erträge (Abb. 9).
So verschafft uns die Pleite der Fugger die Möglichkeit, einen guten Einblick zu gewinnen, wie zu Beginn des Silberbooms einer der bedeutenden, bürgerlichen Gewerken sein Leben gestalten konnte. Jedes Detail, jedes Möbel, jede Malerei spricht von dem schier unglaublichen Reichtum, den die Bergwerke von Schwaz für ihre Ausbeuter bereit hielten. Wundern Sie sich nicht, wenn man Ihnen beim Eintritt in das hochherrschaftliche Schloß einen Walkman übergibt. Die heutige Besitzerin Katrin Gräfin Goess-Enzenberg hat eine interessante und unterhaltsame Führung im Hörspiel zusammengestellt, die das Schloß zu neuem Leben erwachen läßt. Hall Schwaz mag das Silber für die ersten "Taler" geliefert haben, trotzdem ist das Zentrum dieser numismatischen Sensation des 15. Jahrhunderts nicht Schwaz, sondern Hall (Abb.10).
Schon der Name verrät uns, was Hall so reich machte: Hall, ein anderes Wort für Salz, das sich auch in den Ortsnamen von Hallsudt, Hallein, Bad Hall, Schwäbisch Hall oder Bad Reichenhall findet. Im Mittelalter brauchte man Salz nicht nur zum Würzen. In einem Zeitalter ohne Kühlschrank war das Einsalzen für viele Lebensmittel die einzige Möglichkeit, sie haltbar zu machen. So war allein schon das einträgliche Salzbergwerk der Stadt Hall Voraussetzung für ihren Reichtum. Doch Hall besaß nicht nur das Salz, es war gleichzeitig eine wichtige Handelsstadt, lag an mehreren Verbindungsstraßen von Nord nach Süd und von West nach Ost - und besonders entscheidend zu einer Zeit, in der der größte Teil des Handelsgutes auf Flüssen transportiert wurde - am Inn. Dieser wichtige Fluß, der bei Passau in die Donau mündet, war von Hall ab schiffbar. Alles Handelsgut mußte also in dieser Stadt von den Karren ab- und auf die Schiffe umgeladen werden. Und an jedem Faß, an jedem Packen, an jedem Bündel verdienten die Einwohner von Hall. Wer heute durch die Altstadt von Hall spaziert, kann an den großen und mächtigen Bauten ablesen, wie reich zu Beginn der Neuzeit die Bürger gewesen sein müssen. So war es für Erzherzog Sigismund eigentlich ganz logisch, daß er seine neue Münzstätte, die Meran ablösen sollte, in der Stadt Hall anlegen ließ. Warum er die technisch hervorragend eingespielte Prägestätte Meran im heutigen Südtirol aufgab, ist heute nicht mehr ganz klar. Vielleicht spielte die weite Entfernung von Meran zu den Silbervorkommen von Schwaz eine Rolle, vielleicht die Bedrohung durch die Eidgenossen. Sicher machte sich in Hofkreisen auch eine Panik breit wegen der ständigen Türkeneinfälle, die kurz zuvor bis nach Kärnten gekommen waren. In Schloß Sparberegg (Abb. 11)
Seit 1478 prägte man in der Münzstätte von Hall Goldgulden mit den Bild des Erzherzogs (Abb. 12 Natürlich steht der Guldiner und seine Entstehung im Mittelpunkt der Ausstellung, die der Besucher von Hall heute in Burg Hasegg besichtigen kann. Dorthin verlegte Erzherzog Ferdinand II. 1567 seine Prägestätte. Doch wollte man die Münzprägung der Stadt Hall auf diese eine frühe Epoche beschränken, so täte man der Stadt ein bitteres Unrecht. Hier wurde zum Beispiel 1567 die erste maschinelle Prägung, eine Walzenprägung, durchgeführt (Abb. 16).
Und hier wurde in den Jahren 1748 bis 1768 der Maria-Theresia-Taler in über 17 Millionen (!) Exemplaren geprägt. Bis 1809 war Hall eine wichtige Münzprägestätte und so bemühen sich die Verantwortlichen für die Ausstellung, die Entwicklung, die die Münzprägetechnik in den mehr als 400 Jahren gemacht hat, zu dokumentieren. Eine kleine Spindelpresse (Abb. 17) und eine Friktionspresse (Abb. 18) stehen neben den Vitrinen, in denen man Münzen bewundern kann, die mit diesen Geräten geschlagen wurden.
Im übrigen ist die Geschichte der Münzprägestätte Hall noch nicht ganz zu Ende. Im Jahr 1975 begann man anläßlich der Olympischen Winterspiele in Innsbruck wieder 100-Schilling-Sonderprägungen herzustellen. Auch wenn heute keine offiziellen Zahlungsmittel mehr in Hall hergestellt werden, so kann sich doch jeder Privatmann hier eine Medaille bestellen. Und wer sich für den Besuch der Münzstätte eine Eintrittskarte kauft, der erwirbt automatisch das Anrecht, einen Kupferschrötling auf einer Spindelpresse zu prägen. Im verkleinerten Format kann so jeder Besucher ein Abbild des Guldiners mitnehmen, der die Stadt Hall münzgeschichtlich bedeutend machte.
|
![]() |
Numismatische Texte | coingallery.de |