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Einweihung des neuen Münzmuseums in Hall

Ursula Kampmann
MünzenRevue 9/2003 S.151 f

Ein Münzkabinett gibt es ja in praktisch jeder größeren Stadt. Wer aber einmal sehen und gar miterleben will, wie früher die Münzen, die wir in den Kabinetten nur bewundern können, hergestellt wurden, der muß lange suchen, bis er einen Ort findet, wo er zumindest eine Spinde/presse in Aktion sehen kann.

In Hall in Tirol gibt es nun nicht nur besagte Spindelpresse bzw. Balancier, sondern ein ganzes Museum, das speziell der Prägetechnik gewidmet ist. Das neue Museum hat sich die Stadt Hall selbst zu ihrem 700. Geburtstag geschenkt und mit einer fröhlichen und ungezwungenen Zeremonie eingeweiht.

Eigentlich wäre es in diesem prachtvollen Sommer nichts besonderes gewesen, wenn die Einweihung des neuen Münzmuseums bei herrlichstem Wetter stattgefunden hätte. Das Gegenteil war der Fall: Am 4. Juli regnete es immer mal wieder sintflurartig, und das aufgestellte Zelt spendete für die Hunderte von Festbesuchern nicht Schatten, sondern Schutz vor den niedergehenden Regenmassen. Der festlichen Stimmung tat dies keinen Abbruch. Die Tiroler verstehen nun einmal zu feiern, wie der Bürgermeister Leo Vonmetz treffend bemerkte. Und so wurde kräftig gelacht bei den Reden, von denen es so viele gab. Höhepunkt war natürlich der Auftritt von Kaiser Maximilian, der es sich nicht nehmen ließ, mit den Festgästen den Münzenblues zu singen: Schubidubiwawa.

Anschließend fanden Führungen durch das neue Museum statt. Was erwartet nun einen Touristen, der sich nach Hall ins Münzmuseum verirrt? Zunächst erhält jeder Besucher mit seiner Eintrittskarte eine kleine Lupe, mit der er aktiv die verschiedenen Münzen erforschen soll, die sich in der Ausstellung befinden. Er kann sich außerdem einen Audioguide nehmen, einen elektronischen Hörführer, der in sieben verschiedenen Sprachen (darunter sogar Japanisch!) verfügbar ist. Dieser Audioguide ist ansprechend gemacht. Es ist gelungen, die Information so zu verpacken, daß ein Laie sich nicht überfordert und ein Fachmann sich nicht unterfordert fühlt. Der Audioguide führt nun sozusagen rückwärts in die Geschichte der Münzprägung. Ausgehend von der erfolgreichen 25-Euro-Münze, die anläßlich der 700-Jahr-Feier Halls geprägt wurde, wird die Geschichte der Münzprägung zurück verfolgt. Alle ausgestellten Prägemaschinen sind funktionsfähig und werden bei Gelegenheit von den beiden fest angestellten Münzmeistern in Betrieb genommen.


Das Walzenprägewerk; seine wahren Dimensionen sind mit einem Foto nur schwer vorstellbar. Es ist ca. 8 Meter lang, mehr als 2 Meter hoch und etwa 3 Meter breit.


Ein genauerer Blick auf die Walzen: Um eine gleichmäßige Geschwindigkeit der oberen und der unteren Walze zu erreichen, damit Vorder- und Rückseitendarstellung einander exakt entsprechen, werden von einem Zentralrad, das früher von Wasser, heute von einem kleinen Elektromotor angetrieben wird, zwei Übertragungsräder betrieben, die die Walzen in Bewegung setzen.


Das Ergebnis der Prägung. Deutlich sieht man die Spuren der auf das Band aufgebrachten Noppen, die nötig sind, um das Metallstück in die Walze zu ziehen.

Höhepunkt der Sammlung ist mit Sicherheit das von Werner Nuding unter Zusammenarbeit mit der Tiroler Numismatischen Gesellschaft rekonstruierte Walzenprägewerk, ein einzigartiges Ausstellungsstück wie man es nirgends sonst auf der Welt finden kann. Auf der Suche nach Vorbildern reiste der Erbauer bis nach Südamerika, um das einzige noch existierende Prägewerk aus der Zeit zu finden, das sich dann leider nur als Streckwerk entpuppte. Der Besucher kann in Hall nun sehen, wie sich einst ein Walzenprägewerk, damals ein Wunder der neuesten Technik in Bewegung setzte. Zwar wird heute als Antrieb nicht mehr Wasser wie im 16. Jahrhundert verwendet, sondern Strom, aber das Ächzen und Stöhnen, das durch die Maschine geht, wenn sie einen kleinen Block Metall (heute Aluminium) in einen Streifen von Münzen verwandelt, ist dasselbe geblieben.


Erzeugnisse dieser Maschine können übrigens an der Museumskasse für 7 Euro mitgenommen werden.


Fortentwicklung des Balanciers mit elektrischem Antrieb. Diese Maschine eignet sich hervorragend zur Prägung von Münzen und Medaillen mit hohem Relief und wird bei Gelegenheit von den beiden Münzmeistern in Betrieb genommen.


Die rekonstruierte Probierstube des Museums

Eine weitere Attraktion ist die rekonstruierte Probierstube, wo der Münzmeister früher prüfte, ob der Metallgehalt seiner Münzen dem vorgeschriebenen entsprach. Hier konnten die Haller Museumsmacher auf originale Reste zurückgreifen. Der Boden und der Herd in der Probierstube haben sich über die Jahrhunderte hinweg erhalten.

Besonders bemerkenswert ist die Erkenntnis der Verantwortlichen, daß der durchschnittliche Besucher mit einer zu großen Anzahl von Münzen in der Ausstellung eher überfordert ist. Sie zeigen deshalb nur wenige Münzen an der Oberfläche. Wer mehr sehen will, der muß Schubladen öffnen, Wände verschieben, in Schränke schauen. So wird der Museumsbesuch durch den Spieltrieb der Besucher genauso unterhaltsam und ausführlich, wie sich jeder einzelne ihn wünscht.

Wer nicht auf die herkömmliche Art der Münzausstellung verzichten will, der findet derzeit in der Burg Hasegg eine bemerkenswerte Sonderausstellung zum Thema: "700 Jahre prägen Europa". In einem wunderschörten Gewölbe stehen die Vitrinen zu den unterschiedlichen Themen: Die Geschichte des Talers, Sondermünzen Österreichs mit einem Bezug zu Tirol und die Münzgeschichte Tirols. Zahlreiche höchst seltene Kostbarkeiten aus dem Wiener Münzkabinett sind dort versammelt. Wer die Ausstellung sehen will, muß sich allerdings beeilen. Sie wird schon am 31. August 2003 geschlossen. Im Oktober gibt es dann eine neue Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Münkabinett Winterthur veranstaltet wird. Der Titel lautet "Griechische Münze - griechische Welt".

Die Financiers und geistigen Väter des neuen Münzmuseums hoffen, daß sie mit ihrem neuen Konzept mehr numismatisch interessierte Besucher nach Hall locken können. Wollen wir es für sie hoffen. Zu sehen gibt es dort genug.

ADRESSE: Münze Hall / Burg Hasegg, Burg Hasegg 6, A-6060 Hall in Tirol (Autobahnausfahrt Mitte), Tel: 0043/5223/5855-165, Fax 0043/5223/5855-166. email: info@muenze-hallat, www.muenze-hall.at


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