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Der Wendische Münzverein

Wilhelm Jesse
1927
Auszug, hier ohne Anmerkungen, Nachträge, Katalog und Abbildungen.

Inhalt   (hier mit eingefügten • Stichworten)
1. Die deutschen Münzvereine des Mittelalters.
    • Regensburger Pfennig | Friesacher Pfennig | Bodenseemünzstätten | Lübeck und Hamburg
    • Niederländische Gebiete | Heller | Rappenmünzbund | Schwäbische Münzbündnisse | Franken
    • Mainz und Pfalz | Rheinischer Münzverein | weitere Münzbündnisse
2. Die niederelbischen Münzverhältnisse vom 10. Jahrhundert bis zur Ausbildung des lübischen Münzfußes.
    • Metrologie | Feingehalt | Gewicht der kölnisch-lübischen Mark
3. Der lübische Münzfuß, seine Entwicklung und Verbreitung bis zur Ausbildung des wendischen Münzvereins.
    • Lübecks Floren und Witten
4. Der wendische Münzverein bis zum Ende des 15. Jahrhunderts.
    • Dänemark | Immer grössere Nominale | Schillinge | Hohlpfennige und Scherfe | Nachahmungen
    • Goldmünzen | Wertrelation Gold zu Silber | Münzfuß-Einigung von 1468 | Erste Gemeinschaftsprägung
5. Die Großsilberprägung und der Ausgang des wendischen Münzvereins.
    • Aufkommen der Taler | Reichsmünzordnungen | Niedersächsischer Münzkreis | Letzter wendische Münztag
6. Die Organisation des wendischen Münzvereins.
    • Hauptaufgabe des Münzvereins | Personal | Münzeisen | Schützmaßnahmen | Einschmelzverbot
    • Silberbeschaffung | Kontrolle des Wechsels | Münzsorten | Kontingentierung | Wirkliche Durchführung
    • WardeineUmfang der Prägungen


Erstes Kapitel
Die deutschen Münzvereine des Mittelalters.

Die deutschen Münzvereine des Mittelalters haben ihren Ursprung in den besonderen münzgeschichtlichen Verhältnissen des deutschen Reiches, die wiederum durch die politische Entwicklung bedingt sind. Sie sind als einer der vielen Versuche anzusehen, durch die man der Münzzersplitterung zu begegnen suchte, die seit dem Ausgang des 10. Jahrhunderts bereits erkennbar, sich mit der zunehmenden Auflösung des königlichen Münzregals im 13. und 14. Jahrhundert zu einem Zustand fast absoluter Anarchie auszuwachsen drohte. Durch den vertraglichen Zusammenschluß von zwei oder mehr benachbarten Münzständen sollte einmal ein Münzbezirk von größerer Ausdehnung geschaffen und damit der allgemein herrschende Grundsatz von der lediglich landschaftlichen oder lokalen Geltung der Münze überwunden werden. Zugleich war es ihr Ziel, durch münzpolizeiliche Vorschriften die Handhabung der Prägung und die Art des umlaufenden Geldes zu überwachen und die Entwicklung des Münzfußes dahin zu beeinflussen, daß die wirtschaftlichen Schäden, an denen das mittelalterliche deutsche Münzwesen infolge der üblichen häufigen Münzveränderungen und -verschlechterungen krankte, auf ein erträgliches Mindestmaß beschränkt blieben. Die Bedeutung der Münzvereine liegt also in erster Linie auf wirtschaftlichem Gebiete, wird aber zum Teil auch durch fiskalische Gesichtspunkte bedingt, indem eine regere Münztätigkeit vielfach auch größere Gewinne abwarf, und fremdes den Ertrag des Münzrechts schädigendes Geld aus dem Vereinsgebiet ferngehalten wurde. Politische Aufgaben hatten die Münzvereine an sich freilich nicht zu erfüllen, und die politischen Interessen der Mitglieder liefen oft genug auseinander. Trotzdem spielen natürlich bei Bildung und Zusammensetzung der Münzvereine politische Momente nicht selten eine entscheidende Rolle, zumal wenn ein größerer und mächtiger Territorialherr den Nachbarn seinen Willen aufzuzwingen verstand. Auch dynastische Momente haben sowohl fördernd wie hemmend auf die Entwicklung der Münzvereine gewirkt, und endlich sind die Gesichtspunkte bei der Handhabung der Münzpolitik innerhalb eines Münzverbandes, z. B. bei Städten und Fürsten, keineswegs immer die gleichen gewesen. Von der Möglichkeit und dem Willen, solche Gegensätze zu überwinden, dann aber auch von der im einzelnen sehr verschiedenen Verteilung der politischen wie wirtschaftlichen Macht der Mitglieder, der verkehrsgeographischen Lage, Umfang und Umgebung des Bundesgebietes, also den verschiedensten Faktoren, hing die mehr oder weniger erfolgreiche Wirksamkeit und die Dauer der Münzverbände ab. Soweit die vorliegenden Ergebnisse der Einzelforschung es gestatten, soll zunächst ein Überblick über die deutschen Münzvereine, ihr Wesen und ihre Wirksamkeit gewonnen werden.

Beschränkt bleibt die Arbeit zeitlich auf das Mittelalter bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Im Verlaufe der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts lösten sich die meisten Münzvereine auf unter der Wirkung der veränderten Verhältnisse, in erster Linie infolge der neuen Reichs-Münzreformversuche, die unter Maximilian I. einsetzten und 1524 zu der ersten großen Reichs-Münzordnung führten. Auch das politische Zurücktreten der Städte, die in den meisten Münzverbänden die treibenden Kräfte gewesen waren, wie die Ausbildung des territorialen Staates waren darauf von Einfluß, und nicht minder endlich die Vereinfachung des deutschen Münzsystems durch die Einführung einer normgebenden großen Silbermünze. In gewissem Sinne übernahmen die Reichs-Münzkreise mit ihren münzpolizeilichen Befugnissen und gemeinsamen Organen die Aufgaben der alten Münzvereine.

Eine neue Epoche der Münzvereinsbildungen begann nach dem Scheitern der Reichs-Münzordnungen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit dem brandenburgisch-sächsischen Vertrage von Zinna 1667 und setzte sich durch das 18. bis ins 19. Jahrhundert fort. Ihr Charakter aber ist von dem der mittelalterlichen Münzverbände wesentlich verschieden. Es handelt sich hier um den Zusammenschluß nicht einzelner Münzstätten und kleiner Münzherrn innerhalb eines eng begrenzten Gebietes, sondern um Verträge zwischen den führenden deutschen Territorien, die zudem durch ganz anders geartete wirtschaftspolitische Ideale bedingt waren. Die Zahl dieser Münzkonventionen verringerte sich unter gleichzeitigem Anwachsen ihres Umfanges mehr und mehr, bis im 19. Jahrhundert das auf diesem Wege erreichbare Ziel eines allgemeinen deutschen Münzvereins mit Einschluß Österreichs erreicht wurde.

Außer Betracht bleiben auch internationale Münzverträge, die, geographisch gesehen, bereits im Mittelalter auftreten, im allgemeinen aber und wiederum unter völlig veränderten wirtschaftlichen Gesichtspunkten dem 19. Jahrhundert angehören (Lateinische Münzkonvention 1865).

Die Quellen für die Geschichte der deutschen Münzvereine des Mittelalters sind die Urkunden, die Geschichtsschreibung und die Münzen selbst. Nicht immer stehen beide Gruppen nebeneinander zur Verfügung. Namentlich für die ältere Zeit lassen oft nur Münzen, die sich durch ihr Gepräge als Gemeinschaftsmünzen zu erkennen geben, auf einen Münzvertrag schließen. Diese Fälle sind aber doch selten und ohne größere Tragweite. Für die Zeit der Blüte der Münzvereine, seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, fließen in der Regel die schriftlichen Quellen reichlich. Auch dann aber sind daneben die erhaltenen Münzen von größter Bedeutung, da sie uns in die Lage setzen, sie mit der urkundlichen Überlieferung in Einklang zu bringen und an ihnen die Ausführung der Verträge zu kontrollieren. Ohne eine eingehende Kenntnis des Münzmaterials, wie es die beschreibende Numismatik bereitstellt, ist eine Erforschung mittelalterlicher Münzverhältnisse nicht möglich.

Keineswegs alle Münzen, die auf Grund einer Münzkonvention geschlagen sind, tragen die Kennzeichen von Gemeinschaftsmünzen im engeren Sinne, d. h. Bildnis, Namen oder Hoheitszeichen mehrerer Münzstände als Mitglieder des Münzvereins, wie dies z. B. in Regensburg, Pettau, beim fränkischen und rheinischen und in der Spätzeit des schwäbischen und wendischen Münzvereins wie bei verschiedenen kleineren niederländischen Münzvereinigungen der Fall war. Oft sind nur Form und Typ der Münzen oder kleine gemeinsame Kennzeichen verabredet, so beim Bodenseebund von 1240, dem Rappenbund, wendischen Münzverein, Mainz-Pfälzer Pfennigverein, im übrigen aber die Prägung unter Namen und Hoheitszeichen der einzelnen Münzstände erfolgt. Auch diese Gemeinsamkeiten im Gepräge fallen fort, wenn lediglich gleicher Münzfuß oder gegenseitiger Umlauf garantiert sind.

Auf der anderen Seite haben alle die Gepräge von der Betrachtung in diesem Zusammenhang auszuscheiden, die sich uns wohl als Gemeinschaftsmünzen, d. h. mit Bildnis, Namen oder Symbol von mehr als nur einem Münzherrn darstellen, denen aber nicht ein Vertrag, sondern dynastische oder besondere politische Verhältnisse zugrunde liegen. Dahin gehören etwa die bis in die Zeit Heinrichs III. reichenden Münzen der Kaiser und Päpste in Rom oder Gepräge, auf denen der Vogt oder Schutzherr einer Abtei neben dem Abt oder der Äbtissin erscheint, wie in Saalfeld und Herford zeitweilig der Erzbischof von Köln, in Essen König Rudolf I., in Hersfeld Kaiser Otto IV. oder der Landgraf von Hessen, in Quedlinburg der Herr von Arnstein und in Nienburg a. d. Saale ein askanischer Fürst. Lehnsrechtliche Beziehungen hat man für das Auftreten des Erzbischofs Engelbert von Köln (1261/74) auf einer lippischen Münze vermutet. Der kaiserliche Name auf erzbischöflichen oder bischöflichen Pfennigen des 10. und 11. Jahrhunderts in Köln, Trier, Mainz, Salzburg, Straßburg, Speier, Worms, Toul und Verdun ist lediglich ein Kennzeichen für den allmählich sich vollziehenden Übergang der vollen Münzhoheit vom Kaiser auf die Kirchenfürsten. Mitregentschaft oder Vormundschaft führen zur Nennung zweier Namen auf den bekannten Otto-Adelheid Pfennigen Ottos III., auf Dortmunder und Speier er Pfennigen Konrads II. mit Heinrich (III.), Frankfurter und Mühlhäuser Brakteaten Friedrichs II. und seines Sohnes Heinrich (VII.), hessischen Pfennigen der Sophia von Brabant und ihres Sohnes Heinrich (1247/63). Endlich sind zu nennen die als Gedenkmünzen und Ehrungen aufzufassenden Gepräge mit der Darstellung eines fürstlichen Paares, wie wir sie z. B. von Heinrich IV. aus Duisburg, den hohenstaufischen Kaisern aus Frankfurt a. M., Erfurt, Mühlhausen, Nordhausen, Ulm und Donauwörth, oder von Heinrich dem Löwen (Hochzeitspfennig), Albrecht dem Bären, böhmischen Fürsten u. a. besitzen.

Soweit es sich um die urkundliche Überlieferung handelt, bilden die Münzvereinsurkunden einen Teil der umfassenderen Gruppe der Münzverträge. Münzverträge sind zu den verschiedensten Zwecken zwischen Münzherr und Münzmeister oder -Pächter und Hausgenossen, zwischen zwei oder mehreren Münzständen, auch mit dem Kaiser, Kapitel oder den Landständen über Fragen des Münzrechts, der Einkünfte, Schutz eines Gepräges, Errichtung neuer oder Schließung von Münzstätten usw. abgeschlossen worden. Von Münzkonventionen, Verträgen zur Bildung von Münzvereinen oder Münzbünden, darf dagegen nur gesprochen werden, wenn sich mindestens zwei Münzstände über die Schaffung eines gemeinsamen Münzbezirks in irgendeiner Weise verständigen. Das geschieht 1. durch eine gegenseitige Garantie der Umlaufsfähigkeit des Geldes der Vertragschließenden, wie 1173 zwischen dem Kaiser für Aachen und Duisburg und dem Grafen von Flandern, 1262 zwischen Bayern und Passau, 1312 Hennegau und Brabant, 1399 Aquilegia und Görz; 2. durch Verabredung eines gemeinsamen Münzfußes mit oder ohne gemeinsame Gepräge oder endlich 3. durch den Betrieb einer gemeinsamen Münzstätte auf gemeinsamen Gewinn und unter gemeinsamem Gepräge wie in Regensburg, 1222 in Pettau, 1342 zwischen Luxemburg und Bar, 1389 zwischen Flandern und Brabant, 1407 in Franken, 1425 in Mülheim. Die bei weitem wichtigste Gruppe ist die zweite. Ihr gehören alle die Münzkonventionen an, die wir im engeren Sinne als Münzvereine oder Münzbünde bezeichnen und die, zwischen mehreren und oft zahlreichen Münzständen verabredet, einen für mittelalterliche Verhältnisse größeren Münzbezirk und ein Bündnis von längerer Dauer begründet haben. Mit ihnen, dem rheinischen, schwäbischen, fränkischen, wendischen Münzverein und dem Rappenbund, denen sich die nie ganz abbrechenden niederländischen Vereinigungen anschließen, haben wir es deshalb auch in erster Linie zu tun. Nur diese fest organisierten und zumeist von denselben Münzständen regelmäßig erneuerten Münzbünde haben einen nachhaltigen Einfluß auf die Gestaltung des deutschen Münzwesens ausüben können.

Das Hauptverbreitungsgebiet der Münzverbände war der deutsche Südwesten und Westen. Hier, im Elsaß, in Schwaben, Franken, am Rhein und in den Niederlanden, saßen die Münzstände, Fürsten und Städte, am zahlreichsten und dichtesten zusammen. Hier machte sich infolgedessen am stärksten das Bedürfnis geltend, dem Gelde der einzelnen kleinen Territorien und Reichsstädte durch Vereinbarungen mit den Nachbarn ein weiteres Verbreitungsgebiet zu sichern als nur das eng begrenzte der eigenen Grenzpfähle. Auch wirtschaftlich waren diese Gebiete am frühesten und stärksten nach der Seite des Geldverkehrs entwickelt. Daher wurde das Streben nach sicheren Münzverhältnissen hier um so lebhafter empfunden. Räumlich vollkommen vom deutschen Südwesten und Westen getrennt und deshalb auch unter ganz anderen Bedingungen und Verhältnissen ist im Norden der wendische Münzverein entstanden. Auch in anderen Gegenden Deutschlands finden wir fast überall Münzvereinsbildungen oder Ansätze dazu, so in Westfalen, Niedersachsen, Schlesien, Bayern. Sie alle haben es indessen zu festeren und dauernden Münzbünden nicht gebracht, sondern sind von lokaler oder vorübergehender Bedeutung geblieben.

Wie sehr die Erscheinung der Münzvereine allein in den Verhältnissen des deutschen Reiches und seiner nordwestlichen Randgebiete wurzelte, zeigt ein Blick ins Ausland. Nur in Frankreich und Oberitalien finden wir Ansätze zu ähnlichen Bildungen, aber bezeichnenderweise aus einer Zeit, die vor der Entwicklungs- und Blütezeit der deutschen Münzvereine liegt, im 12. und 13. Jahrhundert. Damals herrschten in Frankreich den deutschen sehr ähnliche Münzverhältnisse, aber schon seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts war hier das Königtum mit Erfolg bemüht, das Münzregal wieder in seiner Hand zu vereinigen. Wir finden 1314 in Frankreich nur noch 29 münzberechtigte geistliche und weltliche Fürsten. In Oberitalien haben wir aus nachstaufischer Zeit einige wenige Beispiele von Münzbünden. Die Ausbildung des Stadtstaates, das frühe Aufkommen größerer Münzsorten und der Goldmünzen, sowie ein früh entwickelter und organisierter bargeldloser Verkehr und ein stärker und besser ausgebildetes Rechnungssystem haben eine weitere Entwicklung der Münzbünde hier nicht aufkommen lassen.


Gemeinschaftsmünzen, die auf einen Vertrag zwischen zwei Münzherrn schließen lassen, will man schon aus dem 11. Jahrhundert erkannt haben, wie Pfennige des Erzbischofs Hartwig von Salzburg (991/1023) mit Herzog Konrad von Kärnten (1004/11), des Grafen Lambert von Löwen mit Herzog Gottfried von Lothringen um 1100 und solche des Grafen Dietrich von Katlenburg mit dem Edelherrn Hermann von Winzenburg in Gittelde aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. In allen diesen Fällen sind uns nur die Münzen mit Namen oder Hoheitszeichen zweier Münzherrn erhalten, deren Lesung außerdem umstritten ist oder die, wie der Gittelder Pfennig, auch auf Nachahmung zurückgehen mögen. Jedenfalls lassen diese frühen Beispiele weitere Schlüsse nicht zu. Nicht besser steht es mit einer Münze der Edelherrn von Friesack und der von Plotho in Brandenburg um 1250.

• Regensburger Pfennig: Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts aber haben wir Kenntnis von einer Münzkonvention, die größere Bedeutung gewonnen hat. Zwar handelt es sich nur um eine Münzstätte, Regensburg, aber die Vertragschließenden, der Herzog von Bayern und der Bischof von Regensburg, schufen durch ihre Abmachungen dem Regensburger Pfennig ein weites Verbreitungsgebiet, und die Bedeutung dieser Konvention wurde außerdem gefördert durch die gewaltig aufstrebende Handelsstellung der Donaustadt. Es gab seit der Mitte des 11. Jahrhunderts lange Zeit keine andere bayerische Münzstätte, und erst zur Zeit Heinrichs d. Löwen trat München hinzu. Die ältesten Quellen für diese Regensburger Konvention sind wiederum die Münzen, die seit der Mitte des 12. Jahrhunderts vorliegen. Auf ihnen erscheinen der Herzog wie der Bischof im Bilde oder mit gleichen Rückseiten abwechselnd nur einer der beiden Münzherrn, dann wieder beider Brustbild nebeneinander und auf der Gegenseite Herzog oder Bischof. Mit dem Jahre 1205 treten die Urkunden ergänzend hinzu. Die Verträge sind mehrfach erneuert (1213, 1253), 1255 ein Schiedsspruch der Stadt zwischen den beiden in Streit geratenen Münzherrn gefällt, der 1253 eine Verlegung der herzoglichen Münzstätte nach Landshut zur Folge gehabt hatte. Auch ein Zwiespalt mit den Hausgenossen wurde 1287 beigelegt, nachdem der Bischof in Wörth und der Herzog in Straubing eine Münzstätte errichtet hatten. Die am häufigsten vorkommenden Regensburger Pfennige mit H-O bezieht man auf Herzog Otto zwischen 1290 und 1312 oder Bischof Heinrich (1277/96) und Herzog Otto, doch sind diese Pfennige noch später geprägt worden. Die Konvention ist auch im 14. Jahrhundert aufrecht erhalten und nach der neuen Landesteilung 1353/55 durch Herzog Albert I. von der Linie Niederbayern-Holland erneuert. Zuletzt sind noch von 1391 bis um 1406 von der Stadt Regensburg im Auftrage der beiden Münzherrn und mit Ausschaltung der Hausgenossen Konventionsmünzen mit dem Stadtwappen und abwechselnd den Bildern von Herzog oder Bischof ausgegeben. Die Regensburger Konvention hat den aus ihr hervorgegangenen Pfennig im 13. und noch im 14· Jahrhundert zu einer ziemlich beständigen Münze (etwa 0,94 g rauh und 3/4 fein) gemacht, deren Typ in mehreren Münzstätten Frankens und der Oberpfalz (Langenzenn, Bayreuth, Lauf, Amberg, Neumarkt) von anderen Münzherrn mit geringerem Feingehalt nachgeahmt ist. Diese geringeren Pfennige haben dann den guten "Regensburger" verdrängt, nachdem seine Alleinherrschaft schon seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die Errichtung anderer herzoglich bayerischer Münzstätten in Landshut, Ingolstadt, Oetting gebrochen war.

Aus dem 12. Jahrhundert ist weiter nur noch ein Münzvereinsvertrag zu nennen, die Urkunde von 1173, in der Friedrich I. zugunsten der flandrischen Kaufleute in Aachen und Duisburg Märkte einrichtete und der Graf Philipp von Flandern den neuen an den beiden Orten nach flandrischem Fuß geschlagenen Münzen Umlauf in seinem Lande zusicherte. Der Vertrag ist aber nur von vorübergehender Bedeutung gewesen, und ihm entsprechende Münzen des Kaisers sind bisher mit Sicherheit nicht festgestellt worden.

• Friesacher Pfennig: Im 13. Jahrhundert mehren sich die Münzvereinsbildungen mit der steigenden Zahl der Münzstätten, dem größeren Bedarf an baren Umlaufsmitteln und unter dem Einfluß des überall empfundenen Bedürfnisses, für den zunehmenden Verkehr mit barem Gelde sichere Münzverhältnisse zu schaffen. Von den großen Verkehrszentren sind deshalb, wie das Beispiel Regensburgs schon zeigte, Bestrebungen ausgegangen, einer bestimmten Pfennigsorte auf dem Vertragswege ein weiteres Umlaufsgebiet zu sichern. In den österreichischen Alpenländern war seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert die wichtigste Münzstätte die der Erzbischöfe von Salzburg in Friesach. Zwischen den Erzbischöfen und den benachbarten Fürsten sind in diesem Sinne eine Reihe von Münzbündnissen abgeschlossen worden mit dem Erfolg, daß im 13. Jahrhundert der Friesacher Pfennig das herrschende Geld in den östlichen Alpenländern geworden ist. Schon 1219 hatte Herzog Ludwig von Bayern dem Erzbischof gegen eine Geldzahlung zugesichert, daß Salzburger Geld in Reichenhall in den Verkehr gebracht werden dürfte. In den Jahren 1222/30 sind dann auf Grund eines 1222 vom Papst bestätigten Vertrages mit Herzog Leopold VI. von Österreich und Steiermark in Pettaua. Drau(!) Pfennige nach Friesacher Münzfuß und Typ ähnlich wie in Regensburg als echte Konventionsmünzen abwechselnd mit dem Bilde eines der beiden Münzherrn geprägt worden. Auch der Münzgewinn wie Zoll- und Gerichtsgefälle waren gemeinsam. Neue Münzstätten für Friesacher Pfennige erscheinen im Münzbündnis des Herzogs Ulrich von Kärnten mit dem Erzbischof Wladislaus von 1268. Es sind dies die herzoglichen Münzstätten St. Veit, Völkermarkt und Windischgräz, Orte an wichtigen südöstlichen Handelsstraßen. Gemeinsamer Münzfuß, freier Umlauf in den Ländern beider Münzherrn, das Verbot fremder Münzen und Maßnahmen gegen willkürliche Münzverschlechterungen machen diesen Vertrag bereits zum Ausgangspunkt eines fest organisierten Münzbundes. Er ist dann 1286 unter Festlegung des Münzfußes (344 Pfennige aus der Wiener Mark 15 lötigen Silbers) für die erzbischöfliche Münze in Friesach und die herzoglichen in St. Veit und Völkermarkt erneuert und wiederum 1334. Damals war aber die Bedeutmig des Friesacher Pfennigs, der sich von 1164 bis 1334 ziemlich gleichmäßig einen Feingehalt von ideell 0,93 g bewahrt hatte, geschwunden gegenüber dem Wiener Pfennig auf der einen und dem "Agleier" der Patriarchen von Aquileja auf der anderen Seite. Diese Agleier hatten z. B. auch Umlauf in der Grafschaft Görz und zwar, wie aus einer Urkunde von 1399 hervorgeht, gegen Zahlung einer Summe von 100 Pfund Schillingen an die Grafen, zahlbar bei jeder Münzerneuerung. Die fiskalische Ausnutzung des Münzrechts erscheint hier im hellsten Licht.

• Bodenseemünzstätten: Während die Bedeutung der salzburgisch-österreichischen Münzbündnisse in den Alpenländern im wesentlichen mit dem 13. Jahrhundert erschöpft war, ist eine 1240 ins Leben getretene Münzvereinigung der sechs Bodenseemünzstätten unter Führung des Bischofs von Konstanz als die Keimzelle des späteren schwäbischen Münzvereins zu betrachten. Die Urkunde hat zwar die Form einer einseitigen Münzordnung des Bischofs, beruht aber doch offenbar - darin stimme ich Menadier und Luschin bei - auf einem Vertragsverhältnis zwischen den beteiligten Münzherrn, als die neben dem Bischof die Abteien St. Gallen und Reichenau (Münzstätte Radolfszell) sowie der König für die alten staufischen Münzstätten Überlingen, Ravensburg und Lindau iri Betracht kommen. Der Vertrag von 1240 ist die erste ausführliche Münzvereinsurkunde, die auf uns gekommen ist, mit genauen Bestimmungen über die Handhabung des Wechsels, des Silberhandels, der Münzkontrolle, sowie der Festlegung aller Teilnehmer auf den Konstanzer Münzfuß: 42 Schill. = 504 Pfennige aus der Mark (1 Pfennig = o,466 g fein). Die auf Grund dieses Vertrages geprägten Pfennige sind Hohlpfennige und tragen verschiedene Münzbilder der einzelnen beteiligten Münzherrn, als gemeinsames Kennzeichen aber haben sie einen abwechselnd aus Kreuzen und Vierecken bestehenden Rand. Dieser erste Bodenseebund ist nur bis etwa 1270 in Kraft geblieben - 1275 gehen bereits 540 Pf. auf die Mark -, hat aber zu Beginn des 15. Jahrhunderts in größerem Zusammenhang wieder neue Gestalt gewonnen.

• Lübeck und Hamburg: Fast gleichzeitig, 1255, schlossen sich im Norden des Reiches die Städte Lübeck und Hamburg zu einem Münzbunde zusammen und erneuerten ihn 1304. Ihm lag der lübische Münzfuß für einen kleinen Hohlpfennig zu 466, dann 498 aus der Kölnischen Mark (0,47 und 0,4 g fein) zugrunde. Zum ersten Male traten hier zwei Städte als vertragschließende Parteien auf, und ihr Bündnis ist nicht wieder erloschen, sondern hat den Ausgangspunkt gebildet für den umfassenderen wendischen Münzverein, der im einzelnen den Gegenstand dieser Untersuchung bilden soll.

Aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts können weiter angeführt werden ein Vertrag König Rudolfs I. mit dem Erzbischof von Köln 1282 zu Boppard, der für eine nicht näher bezeichnete königliche Münzstätte, wahrscheinlich Aachen, den kölnischen Münzfuß (144 bzw. 160 Pf. aus der Mark), aber ein besonderes Gepräge vorsah. Der Vertrag bedeutete deshalb auch wohl mehr einen Schutz des Kölner Pfennigs zugunsten des Erzbischofs als einen eigentlichen Münzbund. Nur den gegenseitigen Umlauf ihrer Münzen garantierten sich 1262 der Bischof von Passau und Herzog Heinrich von Bayern. Beide Verträge sind Einzelerscheinungen und von vorübergehender Wirkung gewesen. Erst 1448 ist zwischen Passau und Herzog Heinrich von Bayern-Landshut ein neuer Münzbund auf der Grundlage des gleichen Münzfußes vereinbart. Ein 1297 zwischen dem Grafen Gottfried von Ziegenhain und Erzbischof Gerhard von Mainz abgeschlossener Vertrag sicherte den Geprägen des Erzbischofs in Neustadt (bei Kirchhain a. Lahn) Umlauf in der Grafschaft ebenso wie den hessischen Pfennigen von Treysa. Nur der Vollständigkeit wegen sei endlich der Plan zu einem Münzbunde erwähnt, den 1300 die Städte Soest und Osnabrück erwogen haben.

• Niederländische Gebiete: Dagegen setzt ebenfalls schon im 13. Jahrhundert in den niederländischen Gebieten eine ganze Reihe von kleineren Münzvereinigungen ein, die immer zwischen zwei Territorien geschlossen sind, aber eine im allgemeinen gleichmäßige Handhabung des Münzwesens in diesen für den europäischen Verkehr so wichtigen Gebieten wie Flandern und Brabant erheblich gefördert haben. Sie haben sich mit geringen Unterbrechungen bis in die Zeit der burgundischen Herzöge fortgesetzt, die sich der Politik der Münzbündnisse zur wirtschaftlichen Konsolidierung ihres Gebiets ebenfalls bedient haben. Diese niederländischen Münzverträge reichen hinein auch in den Kreis der niederrheinischen Münzstände und werden uns beim rheinischen Münzverein noch wieder begegnen.

Den Anfang machen Gemeinschaftsmünzen Herzog Heinrichs I. von Brabant (1190/1235) mit Bischof Johann von Lüttich (1229/38), Pfennige, die also zwischen 1229 und 1235 entstanden sein müssen. Urkundlich wissen wir nichts über diesen Münzbund, während umgekehrt von einem Abkommen zwischen denselben Territorien 1284 (Herzog Johann I. 1261/74 und Bischof Johann IV. 1282/92) lediglich eine urkundliche Nachricht auf uns gekommen ist. Dieser Herzog Johann I. hat offenbar eine ganz planmäßige Münzbündnispolitik betrieben. Er schloß 1287 ein politisches Bündnis mit Dietrich VII. von Cleve (1277/1305), und auf uns gekommene gemeinsame Sterlinge lassen auch auf einen gleichzeitigen Münzvertrag schließen. Endlich hat er um 1288 mit dem Grafen Arnold von Loos (1280/1328) ein Münzbündnis geschlossen, von dem Sterlinge mit dem Namen beider Münzherrn zeugen. Die Nachfolger haben diese Politik fortgeführt. Von Johann II. von Brabant (1294/1312) kennen wir Turnosgroschen, die gemeinschaftlich mit Graf Johann I. von Namur (1297/1330) geprägt sind, und Johann III. (1312/55) hat weiter Hennegau und Flandern in den Kreis seiner Münzverbündeten einbezogen. In Flandern hatte Graf Veit (Guy de Dampierre) sich schon 1299 mit seinen Städten Gent, Ypern und Douai über eine gleichmäßige Wertung des umlaufenden Geldes und münzpolizeiliche Dinge geeinigt und dabei auch die Münze von Brabant und Lüttich berücksichtigt. Graf Wilhelm III. von Hennegau (1304/37) aber hatte 1312 mit dem benachbarten Bischof Peter III. von Cambrai (1309/23) einen Vertrag geschlossen, der gegenseitig den Umlauf des Geldes beider Münzherrn garantierte und außerdem dem Grafen, weil sein Gebiet größer war, den zehnten Teil des Münzgewinns von Cambrai zusicherte. Mit demselben Wilhelm III. von Hennegau und Holland verabredete nun 1336/37 Johann III. von Brabant die Prägung von gemeinsamen halben Groten, von denen aber keine Gepräge auf uns gekommen sind . Auch eine angebliche Gemeinschaftsmünze Johanns mit Graf Wilhelm I. von Namur (1337/91) steht ganz für sich da. Um so besser sind wir unterrichtet über die Gemeinschaftsprägungen Johanns III. mit Ludwig de Crécy von Flandern (1322/46), die auf Grund eines Vertrages von 1339 erfolgt sind. Es sind Grote und Drittelgrote oder Sterlinge aus den Münzstätten Gent und Löwen bekannt, deren Prägung unter der Aufsicht von Vertretern der flandrischen und brabantischen Städte stand. Endlich seien angebliche Gemeinschaftsgepräge Ludwigs von Flandern mit Johann I. von Namur hier erwähnt, die in die Zeit zwischen 1330 und 1346 fallen müssen. Der flandrisch-brabantische Vertrag von 1339 hat indessen fortgedauert, bis es zu neuen Bildungen kam, als in Flandern das Haus Burgund zur Herrschaft gekommen und in Brabant das Herzogshaus im Mannesstamm erloschen war. Die 1384 und 1389 zwischen Herzog Philipp dem Kühnen und der Herzogin Johanna von Brabant abgeschlossenen Münzverträge waren indessen mehr von dem politisch mächtigeren Herzog diktiert als freie Vereinbarungen. Sie führten zu Gemeinschaftsmünzen mit beider Wappen und Namen. Auch stand der Herzogin die Hälfte der Einkünfte zu, doch mußte sie auf eine eigene Prägung verzichten. Späterhin (seit 1392) hat Johanna dann freilich wieder selbständig geprägt. Mit dem Regierungsantritt Antons, des 2. Sohnes Herzog Philipps, in Brabant (1405/15) wurde das Land dem burgundischen Hause und seiner Politik weiter eng verbunden. Durch die Heirat des Nachfolgers Johann IV. (1415/27) mit der Erbin Jacobaea von Holland, Hennegau und Zeeland, und nach der Scheidung dieser Ehe durch die Vormundschaft Philipps von St. Pol (1427/30) und endliche Abtretung kamen auch diese Länder an das Haus Burgund. Seit 1433 vereinigte Philipp der Gute alle niederländischen Territorien in seiner Hand. Diese dynastisch-politische Vereinigung hat zwar keine völlige Münzeinheit zur Folge gehabt, aber doch eine Reihe von Gemeinschaftsgeprägen für alle Länder, sogen. "Drielander" Johanns IV. und "Vierlander" Philipps des Guten gezeitigt.

Ein anderer Ausgangspunkt für eine Reihe von Münzverbänden in den niederländischen Gebieten war Luxemburg. Herzog Johann, König von Böhmen (1310/46), schloß Münzkonventionen 1342 sowohl mit Heinrich IV. von Bar wie mit Graf Wilhelm I. von Namur und Bischof Adolf von Lüttich (1313/44). Von allen drei Einigungen sind entsprechende Münzen, Turnosgroschen und Sterlinge, bekannt, von dem Bündnis mit Bar auch der Text der Urkunde. Danach war auch der Münzgewinn gemeinsam, und die Münzen selbst tragen die Umschrift: Moneta Sociorum. Auf den betreffenden Münzen von Namur erscheinen die Namen aller drei Verbündeten. Die folgenden Münzbündnisse, an denen Luxemburg beteiligt war, von 1348 und 1371 führen bereits hinüber in den Kreis der rheinischen Kurfürsten, und zwar zunächst zu den beiden Erzbischöfen von Trier, Balduin (1307/54), der selbst ein Angehöriger des Hauses Luxemburg war, und Boemund (1354/62). Sie gehören deshalb auch, zumal 1348 daneben Kurköln beteiligt war, der Geschichte des rheinischen Münzvereins an. Nur die Denkmäler einer Münzvereinigung zwischen Herzog Wenzel von Luxemburg (1353/83) und Erzbischof Boemund, Schillinge und halbe Schillinge, die sich selbst als SOCII IST MONETE bezeichnen, seien in diesem Zusammenhang erwähnt. Sie werden in Verfolg eines uns überlieferten Freundschaftsbündnisses zwischen beiden Fürsten um 1358/59 entstanden sein.

So wichtig die bisher besprochenen Münzvereinigungen auch für die Gesamtgeschichte der deutschen Münzvereine sind, können sie alle doch nur als Vorstufen der folgenden Entwicklung gelten. Wenn wir von der Regensburger Konvention und den um den Friesacher Pfennig sich gruppierenden Verträgen absehen, haben sie eine größere und weiter reichende Bedeutung nicht erlangt. Ihr Gebiet blieb in der Regel auf zwei Münzstände beschränkt, ihre zeitliche Dauer war gering, die Münztätigkeit, soweit das die Münzdenkmäler erkennen lassen, wenig umfangreich. Das wurde anders in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Während des 8. und 9. Jahrzehnts des Jahrhunderts entstanden auf deutschem Boden im engeren Sinne die Münzvereine, die wohl hier und da, am Bodensee oder deutlicher im hansischen Kreise, an ältere Bildungen oder ihre Tradition anknüpften, an sich aber doch etwas neues und die eigentlich charakteristische Form des mittelalterlichen Münzvereins bedeuteten. Wieder waren die politischen Verhältnisse verändert, Handel und Verkehr weiter fortgeschritten. Auf der anderen Seite waren gerade angesichts der erhöhten wirtschaftlichen Bedeutung des Geldes die Zustände im Münzwesen unhaltbar geworden und auf eine Besserung bei dem trotz aller Ansätze völligen Versagen der Reichsgewalt nicht zu hoffen. In dieser Lage bot sich den Münzständen, die an wirtschaftlich gesunden Münzverhältnissen ein Interesse hatten, in der Form des korporativen Zusammenschlusses ein willkommenes Mittel der Selbsthilfe, das außerdem in Städte-, Ritter- und Landfriedensbünden seine erfolgreichen Vorbilder hatte. Neu war auch das in vielen Fällen richtunggebende Eintreten der Städte in die Bewegung. Mit wenigen Ausnahmen, die wir im wesentlichen in den Reihen der Bischofstädte zu suchen haben, waren alle bedeutenderen im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts auf irgendeine Weise in den Besitz des Münzrechts gelangt. Der rasche und machtvolle wirtschaftliche wie politische Aufschwung der Städte und ihr natürliches Interesse an vernünftigen Geldverhältnissen ließ sie jetzt mitbestimmend in die Münzgeschichte eintreten. In einigen Münzvereinen, wie im wendischen, schwäbischen und Rappenbund, erlangten sie sogar die absolute Führung, während andere, wie der rheinische und fränkische Münzverein, vorwiegend fürstliche Bildungen blieben und selbst Städte wie Köln und Nürnberg in ihnen eine nur sekundäre Rolle spielten. Auch münz- und währungstechnisch waren Veränderungen eingetreten. Die Zeit der Alleinherrschaft des Pfennigs näherte sich ihrem Ende und war in manchen Gegenden zur Zeit der Entstehung der großen Münzvereine bereits überwunden. Größere Münzsorten, der Groschen oder Schilling, hatte von Italien und Frankreich oder Böhmen her seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts Eingang in Deutschland gefunden, dazu die aus Italien kommende neue Goldmünze. Je nach der Verkehrslage und -Bedeutung der Münzvereinsgebiete innerhalb des deutschen und europäischen Handels ist die eine oder andere Münzsorte in den Vordergrund der Verträge getreten. Immer haben sich neben den Groschen-und Schillingwerten wie verschiedenen Zwischenstufen der Pfennig und der später als halber Pfennig geltende Heller behauptet, da er für den Kleinverkehr, der sich z. B. in den Städten ganz auf der baren Bezahlung aufbaute, unentbehrlich war. Viele Münzvereine sind überhaupt erst im 15. Jahrhundert zu größeren Nominalen fortgeschritten.

Die großen Münzvereine, mit denen wir es jetzt in erster Linie zu tun haben, sind gewiß nicht ohne Zufall sämtlich in der Zeit zwischen 1380 und 1400 ins Leben getreten. 1373 oder eigentlich erst 1379 erhielt der wendische Münzverein seine erste Organisation, 1387 und endgültig 1403 sich festigend der oberrheinische Rappenmünzbund. Der rheinische Münzverein war 1386 fertig abgeschlossen, zwischen 1377 und 1390 erfolgten die ersten fränkischen Münzeinigungen und 1396 die Anfänge des schwäbischen Münzvereins. Im ersten bis dritten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts häufen sich die einem festeren Ausbau der Organisation dienenden Verträge. In den drei Jahren 1423/25 sind z. B. von den verschiedenen Verbänden nicht weniger als sechs wichtige Verträge geschlossen worden. Das letzte Viertel des 14. und die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts bedeuten recht eigentlich die Blütezeit, die in der zweiten Hälfte langsam abnimmt. Im 16. Jahrhundert führen die meisten Münzvereine nur noch ein Schattendasein und schrumpfen bis auf wenige meist städtische Mitglieder zusammen. So lebt der Rappenbund noch bis 1584, der schwäbische dagegen nur bis 1503, der wendische, in der ersten Zeit des 16. Jahrhunderts nicht ohne Bedeutung, bis nach 1570 und der rheinische bis 1537 fort. In Franken werden die letzten Verträge 1503 und 1510 geschlossen. Der Pfalz-Mainzer Pfennigverein erweitert sich noch im Beginn des Jahrhunderts nach dem Niederrhein.

• Heller: Die Ausbildung der deutschen Münzvereine fällt sehr bezeichnend in eine Zeit, als auch von seiten der Reichsgewalt neue Bestrebungen wirksam wurden, von Reichs wegen etwas für das lange vernachlässigte Münzwesen zu tun. Die Versuche Karls IV. und seiner Nachfolger, durch die Gesetze von 1356, 1385 und 1390 den süddeutschen Heller zu einer Art Einheitsmünze zu machen, und anschließend die Bestrebungen der Könige Wenzel und Sigismund, eine Reichs-Goldmünze zu schaffen, gehören hierher und stehen in beachtenswerter Wechselwirkung mit der Politik der Münzvereine, wobei politische, dynastische, fiskalische und rein wirtschaftliche Motive sich seltsam verquicken. Das Ergebnis der Münzpolitik der Könige, die zugleich als Territorial- und Münzherrn ihre Interessen wahrnahmen, war ein völlig negatives. Es konnte einer an sich schon schwachen Reichsgewalt unmöglich gelingen, noch einen maßgebenden Einfluß auf die Münze wiederzugewinnen, nachdem das ältere deutsche Königtum sich seit dem 10. Jahrhundert seines Münzrechts fast planmäßig, wenn auch aus guten politischen Gründen, zugunsten der Fürsten entäußert hatte. Die Tätigkeit der Münzvereine gerade in der Zeit der königlichen Reformversuche und nicht selten in erklärtem Gegensatz zu ihnen bekunden die völlige Überlegenheit der territorialen Münzhoheit, aber zugleich auch aufs neue die Bedeutung der deutschen Münzvereine, die, wenn auch nicht überall mit vollem Erfolg, so doch zu einem guten Teil die Lücke ausgefüllt haben, die durch das Versagen einer zentralen Münzgesetzgebung im deutschen Münzwesen entstanden war.

• Rappenmünzbund: Das bunteste Bild gewährte die mittelalterliche Münze im Südwesten des Reiches, am Oberrhein, im Elsaß und in Schwaben bis in die Schweiz hinein. An 100 kleine und kleinste Münzherrn, Bischöfe, weltliche Fürsten, Grafen und Edelherrn sowie zahlreiche Reichsstädte saßen hier auf engem Raum zusammen. Der wirtschaftliche Mittelpunkt des Oberrheins war Basel, und von hier ist der Gedanke des Zusammenschlusses deshalb auch ausgegangen. Es war aber nicht mehr der eigentliche Münzherr des Ortes, der Bischof, sondern die Stadt Basel, die als die treibende Kraft erscheint, ohne schon im Besitz des Münzrechts zu sein. Schon 1343 hatte Basel als gleichberechtigter Kontrahent mit der Stadt Zürich und den österreichischen Herzögen eine Vereinbarung münzpolizeilicher Art getroffen, im Jahre darauf eine erste, wenn auch noch lockere Münzvereinigung mit den Münzstätten des Aar- und Thurgaues wie mit Zürich herbeigeführt und 1350 diesen Vertrag mit deutlicher Spitze gegen den Bischof von Basel und dessen schlechte Münze aufs neue garantiert. Bald darauf, 1362, finden wir die Stadt im vollen Besitz der Münzpolizei, und 1373 endlich ist ihr die Münze selbst vom Bischof verpfändet worden. Damit war die Möglichkeit eines oberrheinischen Münzbundes unter Basels Führung gegeben. Zu Schaffhausen sind 1377 Basel, Zürich, Bern und Solothurn mit den österreichischen Münzstätten im Breisgau, den Städten Schaffhausen und Breisach, sowie den Grafen von Kyburg und Neuenburg und den Herrn von Krenkingen zu einem Münzverein zusammengetreten. Kein Münzbund zeigt deutlicher alle die Schwächen einer solchen Verbindung und die Fülle der Gegensätze zwischen Fürsten und Städten, Habsburg und den Schweizer Orten, deren Gegnerschaft dann 1386 zur Sempacher Schlacht führte. Auch mußte man sich noch mit der Teilung des Bundesgebietes in drei Münzkreise mit verschiedenen Pfenniggrößen (0,349-0,193 g) begnügen. Trotzdem hat der Bund 1387 sein Gebiet noch erheblich erweitert. Er umfaßte jetzt nicht weniger als 74 Münzstätten und reichte mit Stein a. Rh. und Schaffhausen bis in die Nähe des Bodensees, im Nordosten bis Villingen, im Norden bis Bergheim, umfaßte im Süden Bern und Luzern und endlich im Westen Belfort. Es gelang auch, für das gesamte große Gebiet einen einheitlichen Münzfuß durchzusetzen (1 Pfund 11⅔lötige Pfennige = 1 Goldgulden, 1 Pfennig = 0,2 g rauh und 0,15 fein). Dagegen wurde die Form, ob eckige oder runde Hohlpfennige, den Mitgliedern freigestellt.

Dieser große oberrheinisch-elsässisch-schweizerische Bund trug mehr noch als der erste alle Keime des Verfalls in sich und ist daher auch nach Ablauf der verabredeten Frist von 10 Jahren nicht erneuert worden. Das Bedürfnis aber nach einem Münzverband, wenn auch von beschränkterem Umfang, blieb durchaus bestehen. Zuerst hatte wieder Basel 1399 mit Herzog Leopold von Österreich für dessen elsässische und breisgauische Münzstätten eine neue Vereinbarung auf 5 Jahre getroffen, und 1403 ist dann wiederum auf Betreiben Basels und neben ihm der Städte Colmar, Breisach und Freiburg, die alle in den Besitz des Münzrechts gelangt waren, eine endgültige Konvention mit den österreichischen Herrschaften im Elsaß, Sund- und Breisgau zustande gekommen. Das ist der nunmehr nach dem für alle Münzstätten gleichen Typ des eckigen Hohlpfennigs benannte Rappenbund (1 Pfund Pfennige 10⅔lötig = 1 Goldgulden, 1 Pfennig 0,212 g rauh und 0,141 fein). Wegen seiner auf wirtschaftsgeographische Zusammengehörigkeit gegründeten Begrenzung hat sich dieser Rappenmünzbund als durchaus lebensfähig erwiesen und durch das ganze 15. Jahrhundert hindurch die Münzverhältnisse des Oberrheins maßgebend beeinflussen können trotz aller Irrungen, die sich immer wieder aus der Verbindung der vier Städte mit den habsburgischen Herzögen ergaben. Das wiederholt gestellte Ansuchen anderer Münzstände um Aufnahme in den Bund hat man in verständiger Erwägung der Erfahrungen von 1387 abgelehnt. Vor allem aber haben die vier Städte ihr Übergewicht in der Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen an der Münze wohl zu wahren und zur Geltung zu bringen gewußt. Eine neue Bündnisakte von 1425 führte die Groschen- oder Schillingmünze unter dem Namen der Blapharte ein (1,62 g 15 lötig) sowie neue nunmehr runde Hohlgepräge mit Perlrand für Rappen und Stebler als deren Hälfte, von denen 12 bzw. 6 auf den Blaphart gingen. Als eine Zwischenwertstufe folgten 1462 Vierer zu 4 Steblern, die den österreichischen Kreuzern entsprachen. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts behauptete der Rappenpfennig durchweg einen Feingehalt von 7 (1478) und 8 Lot (1480), während die Blapharte weiter 15lötig blieben. Im Vertrage von 1498 ist ferner die Prägung von Dicken, Groschen (= 2 Blapharte) und Doppelvierern neben den bisherigen Münzsorten beschlossen und 1499 mit der Ausmünzung begonnen worden. Eine weitere neue Münzsorte des Bundes war der Batzen, der in der Schweiz entstanden und vom Rappenbund lange Zeit heftig bekämpft worden war. Der Batzen wurde als eine 8lötige Münze zu 10 Rappen 1533 als Vereinsmünze eingeführt. Auch die Prägung von Talern hat der Rappenbund mit gemeinsamem Gepräge noch IS42 beschlossen. Inzwischen hatte sich aber Basel dem Bunde entfremdet, und die drei übrigen Städte waren auf die Dauer dem zunehmenden österreichischen Einfluß nicht gewachsen. Noch 1564 ist eine letzte Bundesakte erlassen, die sich der Reichsmünzordnung von 1559 anpaßte. Dann aber nahm der Widerstand der Herzöge gegen die städtische Prägung die Form von Zwangsmaßregeln, Unterbindung der Silberzufuhr und anderes an, bis unter diesem Druck nach fast 200jährigem Bestehen 1584 die Auflösung des Münzvereins erfolgte.

• Schwäbische Münzbündnisse: Etwas später als die oberrheinischen sind die nicht minder zahlreichen schwäbischen Münzstände zu einer Einigung gelangt. Der große schwäbische Städtekrieg (1377-89) hat hier zunächst sichtlich hemmend gewirkt. Nach seinem Abschluß aber sind gerade die bisherigen heftigsten Gegner, die Stadt Ulm, seit 1370 im Besitz des Münzrechts, und der Graf von Württemberg die eifrigsten Beförderer einer schwäbischen Münzvereinigung gewesen. Sie richtete sich in erster Linie gegen die Verschlechterung des Hellers, die trotz der kaiserlichen Münzgesetze über die Hellerprägung in Schwaben und Franken von 1356 und 1385/86 (1 Pfund Heller, 1/3 fein = 1 Goldgulden, 49 Schillinge aus der Mark) um sich gegriffen hatte. Der erste schwäbische Münzverein, der 1396 zwischen den Städten Ulm, Eßlingen und Gmünd, dem Grafen von Württemberg, dem Bischof von Augsburg, dem Fürsten von Öttingen und Herzog Leopold von Österreich für seine Münzstätte Rottenburg am Neckar geschlossen wurde, trug dem Rechnung und setzte den Heller auf 1/4 feines Silber und 1 Pfund 3 Schillinge auf den Goldgulden fest. Außerdem sollten 1/3 feine Schillinge gemünzt werden.

In dieser Zusammensetzung war aber dem Bunde keine lange Dauer beschieden. Während sich Herzog Leopold mehr dem oberrheinischen Münzverein näherte und Oettingen sich an Nürnberg und Bayern anlehnte, suchten Württemberg und Ulm den natürlichen Anschluß nach Süden, an die schwäbischen Städte bis zum Bodensee hinunter, zu gewinnen. Hier hatte nach dem teilweisen Verfall des ersten großen oberrheinischen Münzbundes von 1387 die Stadt Konstanz, seit 1368 ebenfalls im Besitz des ehemals bischöflichen Münzrechts, den Versuch gemacht, die alte Vorherrschaft der Konstanzer Münze über das Bodenseegebiet wiederzugewinnen und 1400 mit Schaffhausen einen Münzvertrag geschlossen. Weitere Erfolge waren ihm indessen nicht beschieden, und so schloß sich die Stadt 1404, also sogleich nach der endgültigen Bildung des Rappenbundes, einem jetzt neu sich bildenden schwäbischen Münzverein an, der Württemberg und die Städte Ulm, Biberach und Pfullendorf mit den Bodensee- und Allgäustädten, im ganzen 15 Münzstätten, verband. Allerdings war auch dieser Münzbund zunächst kein ganz einheitlicher. Den Bodenseemünzstätten mußte für ihre Hohlpfennige noch ein besonderer Münzfuß zugestanden werden (2/3 fein, 688 = 1 Mark, 1 Pfennig = 0,342 g und 0,228 g fein), doch durfte eine Prägung nur in Konstanz und Ravensburg stattfinden. Für die schwäbischen Bundesmitglieder übernahmen Ulm und Württemberg in der Münzstätte Stuttgart die Prägung von Schillingen (2/3 fein, 112 = 1 Ulmer Mark, 1 Schilling 2,12 g rauh, 1,4 g fein) und Hellern (1/4 fein, 560 = 1 Mark, 1 Heller = 0,42 g rauh und 0,105 g fein). Der neue Münzbund hatte zunächst wenig Erfolg. Die vorgesehene Schillingprägung ist wahrscheinlich niemals erfolgt, da die Entwertung des der Silberwährung zugrunde liegenden Goldguldens ihre Aufrechterhaltung unmöglich machte. Nach Ablauf der Vertragsdauer von 2 Jahren ist eine Erneuerung nicht erfolgt. Freilich blieben die Bodenseestädte noch beisammen und gewannen 1417 Anschluß an Zürich, das 1397 aus dem oberrheinischen Münzbund ausgeschieden war. Unter Annahme des Züricher Korns (7 lötig) und des Konstanzer Pfenniggewichts (37 Pfennige = 1 Lot; Schillinge 1/2 fein, 27 Stück = 1I Goldgulden) kam diese Vereinigung zustande, die sich aber ebenfalls als nicht haltbar erwies und deren Bestimmungen offenbar keine praktische Bedeutung erlangt haben. Zürichs Interessen neigten doch mehr und mehr zu einer Verständigung mit seinen schweizerischen Genossen, und so schlossen sich endlich die Bodenseestädte 1423 im Vertrage von Riedlingen aufs neue dem schwäbischen Münzbunde an, der durch diese Akte seine nunmehr bleibende Zusammensetzung und feste Organisation empfing. Der Riedlinger Vertrag ist eine der ausführlichsten aller Münzvereinsurkunden. Auf 10 Jahre abgeschlossen, hat er gut auf ein halbes Jahrhundert die Grundlage für die schwäbischen Münzverhältnisse gebildet. Er sah drei Münzstätten vor: für Württemberg Stuttgart, für die Bodenseestädte Konstanz und für die schwäbischen Ulm. Der Münzfuß war unter Zugrundelegung der Kölner Mark der gleiche. Vorgesehen und nun auch nachweislich geprägt wurden Schillinge: 2/3 fein, 8⅔ aufs Lot, 26 = 1 rhein. Gulden, 1 Schilling = 1,68 g rauh, 1,125 g fein; Pfennige: 1/2 fein, 41½ aufs Lot, 1 Pfennig 0,35 bzw. 0,176 g; endlich Heller: 1/4 fein, 1 Pfund 6 Schillinge = 1 rhein. Gulden; 1 Heller 0,33 bzw. 0,084 g. Für alle drei Münzsorten wurde ferner das Gepräge in den drei Münzstätten verschieden vorgeschrieben und ein gemeinsamer Stempel für die Zeichnung der eindringenden böhmischen Groschen angeordnet. Die gesamte Organisation des Bundes mit regelmäßigen Tagungen, Probierungen usw. war nach dem Wortlaut der Urkunde eine vorzügliche und hat sich offenbar auch bewährt. Noch 1474 war der Riedlinger Vertrag in Kraft, und im Jahre darauf ist ihm noch Baden beigetreten. Erst gegen Ausgang des 15. Jahrhunderts begann der Bund zu zerfallen. Vor allem ging Konstanz mit seiner großen Münzordnung von 1499 eigene Wege, und 1501 vereinigten die drei wichtigeren Städte Ulm, Überlingen und Ravensburg nur noch vier kleinere schwäbische Reichsstädte um sich. Der an Bedeutung mehr und mehr verlierende Bund prägte jetzt mit den Wappen der drei führenden Städte Blapharte (9½lötig, 7 = 1 köln. Lot, 1 Blapharte 3,1 g rauh und 1,84 fein), Schillinge (8lötig, 1,45 bzw. 0,725 g), Dreier (7½lötig), Pfennige (6½lötig, 52 = 1 Lot, 0,37 bzw. 0,156 g) und Heller (4lötig, 74 = 1 Lot, 0,2 bzw. 0,05 g), seit 1502 auch Dicken mit einem besonders schönen Gepräge. Da aber Konstanz und die Schweizer Orte und endlich auch der Kaiser sich gegen die vereinigten Städte feindlich stellten, löste er sich 1503 völlig auf, nachdem zuletzt nur noch Ulm und Überlingen unter ihren Wappen gemeinsame Gepräge hatten ausgehen lassen.

Von den schweizerischen Münzstätten hatte sich Zürich nach dem Riedlinger Vertrag, der St. Gallen und Schaffhausen nicht mit umfaßte, mit diesen beiden 1424 auf einen dem schwäbischen entsprechenden Münzfuß geeinigt. Schon im folgenden Jahre aber gab es diesen Bund wieder auf und schloß sich nun mit den Schweizer Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwaiden, Zug und Glarus zu einem Münzbündnis zusammen zur Prägung von Blapharten (24 = 1 Goldgulden), hohlen Angstern (12 fein, 15 Schillinge = 1 Gulden) und Steblern (1/3 fein, 30 = 1 Gulden). Obwohl auf 50 Jahre geschlossen, hat dieses Bündnis keine Münzeinheit zwischen den ostschweizerischen Münzstätten herbeigeführt. Zürichs Sonderstellung, die die Stadt schon so oft zum Anschluß bald nach Schwaben, bald zum Oberrhein veranlaßt hatte, kam immer wieder zur Geltung. Auch Bern, Solothurn und Freiburg i. Ue. standen zeitweise gegen die sechs alten Orte. Die eidgenössischen Tagsatzungen des 15. Jahrhunderts haben es infolgedessen nicht weiter als zu gemeinsamen Valvationen der umlaufenden Münzen gebracht, und Vorschläge für die Einführung eines gemeinsamen Münzfußes, wie sie 1477 und 1481-83 begegnen, sind nicht zur Ausführung gekommen.

• Franken: Das den südwestdeutschen Münzvereinigungen Gemeinsame und Charakteristische war einmal ein verhältnismäßig kleines Bundesgebiet trotz der großen Zahl der Mitglieder und so dann das Überwiegen des städtischen Elements, das den eigentlichen Kern bildete. Auf ganz anderen Grundlagen bauten sich von vornherein die Münzverbindungen auf, die in den fränkischen Landen seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sich bildeten. Sie gingen hier fast allein von den fürstlichen Gewalten dieser Landschaften aus und haben nur die Stadt Nürnberg in ihren Kreis einbezogen. Da es sich um große Bistümer wie Würzburg und Bamberg und angesehene Fürstentümer wie die Oberpfalz und die hohenzollernschen Besitzungen handelte, war das Bundesgebiet von vornherein ein bedeutend größeres als das der südwestdeutschen Nachbarn, zumal noch Verbindungen zu den fränkischen Besitzungen des Erzbistums Mainz, zu Speyer und der Rheinpfalz bestanden. Schon 1362 haben Verabredungen zwischen den Münzmeistern von Miltenberg des Erzbischofs von Mainz, von Amberg des Pfalzgrafen Rupert und von Lauf Kaiser Karls IV. über einen gemeinsamen Münzfuß von Pfennigen nach Würzburger Art (3/4 fein) stattgefunden, und wenig später, 1365, hat man in den kaiserlichen Münzstätten Lauf und Erlangen, denen des Burggrafen von Nürnberg in Bayreuth und Langenzenn sowie in der oberpfälzischen Münzstätte Amberg "Regensburger" geprägt, die auf eine Vereinbarung zurückgingen. Es sind das die nach dem Vorbilde der H-O (Herzog Otto seit 1290, s.o.) geprägten Konventionspfennige mit entsprechenden anderen Buchstaben, z. B. sp. R-A (Rupert-Amberg), K-L (Karl-Lauf) usw. Um dieselbe Münzsorte handelte es sich bei dem Münzvergleich von 1377 zwischen dem Burggrafen Friedrich V. von Nürnberg, Kurfürst Ruprecht I. von der Pfalz und Herzog Friedrich von Bayern-Landshut. Auch die Stadt Nürnberg schloß auf gleicher Grundlage (2/3 feine Pfennige) 1378 einen Vertrag mit dein Burggrafen, und endlich erweiterte sich der Kreis des fränkischen Münzvereins, als 1390 neben den genannten Fürsten auch die Bischöfe von Würzburg und Bamberg sowie einige kleinere Fürsten (Leuchtenberg, Wertheim, Hohenlohe) ihre Zustimmung zu dem Münzgesetz gaben, das König Wenzel für die Würzburger und Regensburger Pfennige (1/2 fein, 25 = 1 Lot) erlassen hatte. Festere Gestalt gewann diese Vereinigung in den Jahren 1395/96. Ein neuer, einseitiger Pfennigtyp 8lötig, erst 25, dann 29 aufs Lot (0,51 g rauh; 0,25 fein), mit den Wappen oder Buchstaben der einzelnen Mitglieder wurde angenommen, und er fand weitere Verbreitung nach Coburg, Henneberg, Wertheim und Öttingen. Seit dem Münzrezeß von 1407 verengerte sich der Kreis nun endgültig auf die seitdem dauernd dem fränkischen Münzverein angehörenden Bischöfe von Würzburg und Bamberg, den Burggrafen von Nürnberg und den Pfalzgrafen. Die engere Verbindung kam auch in der Prägung zum Ausdruck, indem alle Pfennige in Nürnberg geschlagen wurden und unter den zwei Schilden mit dem Stift- und Familienwappen usw. ein allen gemeinsames N oder И aufwiesen. Diese Pfennige, die sogenannte "Landfriedensmünze" (1/2 fein, 29 = 1 Würzburger Lot), hatten ein Sollgewicht von 0,5 g, das die Fundstücke (Dschn. 0,48) freilich nicht erreichen. Von den im Vertrage von 1407 vorgesehenen Goldgulden mit den Wappen der Verbündeten und von den Hellern sind keine Gepräge bekannt.

Erst 1434 kam es zu einer neuen Vereinbarung, und der fränkische Münzverein begann eigentlich erst jetzt in die Zeit seiner fest abgeschlossenen Organisation einzutreten. Länger als rund 20 Jahre hat aber seine Blütezeit mit zahlreichen Vertragserneuerungen nicht gedauert. Neben die Pfennige traten 1434 Heller und eine "große muntze" , also Groschen, zu 7 Pfennigen, 20 =1 Gulden, wahrscheinlich zu 74 Stück aus der halbfeinen Mark. Die Pfennige (33 = 1 Lot) tragen als Gemeinschaftsmünze immer wechselnd je zwei Wappenschilde, z. B. Bamberg und Würzburg oder Bamberg und Burggrafschaft Nürnberg, die Groschen drei Wappen auf der Rück-, das des prägenden Münzherrn auf der Vorderseite. Auch die Münzen des Vertrages von 1437 sind Gemeinschaftsmünzen in anderer Form (die "große" Münze, "genannt schillinger", zu 6 Pfennigen oder 12 Hellern, 110 Stück aus der 1/2 feinen Mark, und Pfennige mit zwei Schilden, z. B. Bamberg und Würzburg auf burggräflichen, Zollern und Franken auf würzburgischen, Würzburg und Zollern auf Bamberger Schillingen) und ebenso die Schillinge des Vertrages von 1441, an dem nur noch Würzburg, Bamberg und die Burggrafen beteiligt waren, deren drei Schilde im Gepräge der Vorderseite erscheinen (Schillinge = 6 Pfennige, 1/2 fein, 25 = 1 rheinischer Gulden, 106½, dann bald 102 aus der Mark; Pfennige mit einem Schild 6½lötig, 37 = 1 Lot; Heller 4lötig, 48 = 1 Lot). Dieser Münzfuß erscheint 1443 wenig verändert (103 Schillinge = I Mark), doch wird das Gemeinschaftsgepräge in diesem auf 10 Jahre unter den drei Verbündeten abgeschlossenen Vertrage verlassen. Enger gestaltete sich die Vereinigung von 1454, die wieder von beiden Bischöfen mit den Markgrafen Johann und Albrecht abgeschlossen wurde und, in den beiden Münzstätten Bamberg und Würzburg zugleich mit für die Markgrafen erneut gemeinsame Gepräge festsetzte: Schillinge mit dem Bilde Kaiser Heinrichs II. bzw. des Hl. Kilian und vier Wappen. Die Umschrift bezeichnet diese Schillinge als MON. ARGENT. PRINCIPUM. Die entsprechenden Pfennige tragen zwei Schilde und je zwei Anfangsbuchstaben der Münzherrn, die Heller ein Wappen und einen Buchstaben. Der Münzfuß blieb gegenüber 1443 fast unverändert (Pfennige nur 6½, Heller nur 3¾ lötig). Seit diesem Vertrage, dessen Gepräge auf uns gekommen sind, begann der fränkische Münzverein zu zerfallen. Würzburg schied aus, und der Beitritt der Stadt Nürnberg 1457, der offenbar Bamberg und die Burggrafen die Ausprägung überließen, war nur von vorübergehender Dauer. Über den Fortbestand des Bundes in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sind wir noch sehr mangelhaft unterrichtet. 1459 wird Bambergs Aufnahme in den Vertrag von 1457 bestätigt. Neue Verhandlungen fanden 1469 statt, und 1487 schärfen die Markgrafen erneut den Gebrauch der Bundesmünze ein. Ein letzter Münzvertrag endlich ist 1495 zwischen dem Markgrafen, Pfalzgrafen und Bamberg auf 5 Jahre getroffen, und noch 1503 und 1510 finden wir Bamberg, fränkisch Brandenburg und die Pfalz verbündet. Seine eigentliche münzgeschichtliche Bedeutung aber hatte der Verband schon bald nach 1454 verloren.

• Mainz und Pfalz: Eine zweite fränkische Münzvereinigung, die sich an Umfang mit der eben behandelten nicht vergleichen kann, führt uns in die Reihen von zwei Fürsten, die wir sogleich auch als Mitglieder des großen rheinischen Münzvereins treffen werden. Wenn wir aber die Kurfürsten von Mainz und Pfalz unter sich und mit anderen Münzherrn Sonderverträge über bestimmte Münzsorten treffen sehen, so zeigt das wiederum die Verschiedenartigkeit der Interessen und die Kompliziertheit der mittelalterlichen Münzverhältnisse. Zwischen der pfälzischen Münzstätte Heidelberg und der Mainzer zu Miltenberg haben offenbar schon zwischen 1359 und 1369 Vereinbarungen über den Münzfuß von Pfennigen Würzburger Art bestanden (13lötig); doch ist man auch hier bald zu einseitigen Pfennigen übergegangen. Schon aus der Zeit um 1390 gibt es einseitige Mainz-Pfälzer Gemeinschaftspfennige. Im Jahre 1409 verband sich Kurpfalz für seine Münzstätten Heidelberg und Neustadt mit dem Markgrafen Bernhard von Baden und Bischof Raban von Speyer. Man wollte einseitige Pfennige, 1/2 fein, 528 = 1 Mark (rauh 0,4429, fein 0,2214) ausbringen, die im Typ (Perlkreis) gleich waren und die Einzelwappen der Mitglieder zeigten mit Buchstaben, die sich auf die Münzstätte (h = Heidelberg, n = Neustadt) oder den Münzherrn (R = Raban) bezogen. Vielleicht ist diese auf 10 Jahre geschlossene Verbindung 1420 erneuert, aber schon 1424 machte sie einem neuen Vertrage Platz, in dem sich Mainz und Pfalz zu Aschaffenburg verbanden. Die Pfennige dieses Vertrages sind ebenfalls einseitig und 8lötig (38 = 1 Lot) und zeigen über dem pfälzischen Löwen bzw. dem Mainzer Rad wieder den Buchstaben der Münzstätte h und m. Dem Bischof von Speyer wie den Pfalzgrafen Otto von Mosbach und Stephan von Simmern und den Fürsten von Wertheim war es gestattet, nach dem gleichen Fuß und Typ zu prägen. Wir haben deshalb auch Pfennige mit Weckenschild und den unterscheidenden Buchstaben O und S, sowie Speyerer Pfennige mit R und Wertheimer mit W. Die mainz-pfälzische Pfennigvereinigung ist 1459, 1461, 1464 und 1468 erneut und wiederum Speyer und Pfalz-Zweibrücken (Bruchsal) zugelassen worden. Diese jüngeren Pfennige tragen die Wappen beider Münzherren nebeneinander, seit 1464 regelmäßig mit den Anfangsbuchstaben der Fürsten versehen (1461/64 6½lötig, 44 = 1 Lot), die wir bis zu Erzbischof Ulrich von Mainz (1508-1514) und Kurfürst Ludwig V. (1508-1544) verfolgen können. Der Verein fand sogar 1502 noch eine Erweiterung, indem auch die Kurfürsten von Köln und Trier hinzutraten und Pfennige wie Heller mit vier aneinandergestellten Wappenschilden prägten und den Anfangsbuchstaben in die Mitte setzten. Es sind das die sogenannten "Vierschildheller", wie sie am Rhein auf Grund der rheinischen Münzverträge schon seit 1464 bis etwa 1473 einmal üblich waren. Die Heller tragen zwei Schilde mit Mainzer Rad und eigenem Wappen. Nach dem Mainzer Rad hat man diese letzte Epoche auch als den "Radermünzbund" bezeichnet, der sich nach seiner Erneuerung von 1509 noch 1511 und 1515 über Jülich-Berg, Cleve-Mark, die Stadt Köln und das Bistum Speyer ausdehnte. So ragt also hier am Rhein ein Münzverband mit ganz bestimmten Sonderaufgaben, und zwar für einzelne Gebiete, in einen anderen, den der vier rheinischen Kurfürsten mit zum Teil denselben Mitgliedern, aber ganz anderen Zielen, hinein.

• Rheinische Münzverein: Während die bisher besprochenen Münzverbände sich ehrlich bemühten, für das Geld des täglichen Verkehrs und die kleine Münze, die am meisten unter der Münzzersplitterung und -verschlechterung litt, eine gemeinsame Regelung zu finden, griff der rheinische Münzverein von vornherein über diese lokalen und bestenfalls territorialen Interessen hinaus, indem er sich zur Aufgabe machte, die Prägung der deutschen Goldmünze des Mittelalters, die sich gerade in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zu entwickeln begann, in die Hand zu nehmen. Dadurch, daß vier Kurfürsten des Reiches ihre politische und ihre aus der geographischen Lage ihrer Länder sich ergebende wirtschaftliche Macht erfolgreich hinter ein solches Unternehmen stellten, gewann ihre Münzvereinigung eine weit über die Grenzen ihrer Länder hinausgehende Bedeutung. Der rheinische Münzverein hat das gesamte deutsche Münzwesen wie kein anderer beeinflußt, als der rheinische Goldgulden begann, den verschiedenen deutschen Münzsystemen als Grundlage zu dienen und stellenweise eine Art Goldwährung heraufzuführen.

In der mittelalterlichen Münzgeschichte treten die führenden und neue Wege eröffnenden Persönlichkeiten nur selten mit der wünschenswerten Deutlichkeit hervor. Namentlich die Münzvereine waren eine so sehr im genossenschaftlichen Geist des Mittelalters wurzelnde Erscheinung, daß hier der einzelne noch weniger leicht sich geltend machen konnte. Daß solche Einflüsse allerpersönlichster Art dennoch auch im mittelalterlichen Münzwesen nicht gefehlt haben, beweisen nicht nur die großen Münzreformer wie Karl der Große, Ludwig IX. von Frankreich, Edward III. von England, Sigismund von Tirol u. a., sondern auch in den Anfängen des rheinischen Münzvereins sind sie deutlich spürbar. Zuerst waren es die beiden Trierer Erzbischöfe Balduin von Luxemburg und Boemund II., welche die Bahn der Münzvereinigungen am Rhein beschritten haben. Balduin (1307-1354) schloß 1348 mit seinem Stammlande Luxemburg sowie mit Kurköln und Herzog Walram von Jülich einen ersten Münzvertrag, der die Ausprägung von Turnosen und 1/3 Turnosen, dieser von Frankreich (zuerst 1266) nach Osten in die Niederlande vordringenden guten Groschensorte, vorsah. Boemund II. (1354-1362), ebenfalls aus dem Hause Luxemburg, ist uns bereits als beteiligt an der um 1359 angesetzten Prägung von Gemeinschaftsmünzen mit dem Herzogtum Luxemburg begegnet, und derselbe Erzbischof hat auch die ersten Trierer Goldgulden nach Florentiner Muster (Florene) ausgegeben. Da Boemund ferner 1354 einen Landfriedensbund zwischen den drei rheinischen geistlichen Kurfürsten zuwege gebracht hat, ist für diese Zeit auch bereits ein Münzbündnis mit Mainz und Köln zur Prägung von Goldgulden und Doppelschillingen vermutet worden. Tatsächlich aber hat die Vereinsguldenprägung erst viel später eingesetzt. Im Vertrage von 1357, der von Kurköln ausging und neben Jülich die Städte Köln und Aachen einbeschloß, war dann allerdings die Prägung von gemeinsamen Goldgulden nach Florentiner Muster geplant. Man kennt auch in Riel geprägte ganze, halbe und viertel Goldgulden des Kölner Erzbischofs, vielleicht auch einen Floren Herzog Wilhelms von Jülich, aber es sind keine Gemeinschaftsmünzen. Es handelte sich bei diesem Münzbund von 1357 in der Hauptsache um die Groschenmünze, doppelte, einfache, 1/2- und 1/4-Schillinge. Der spätere rheinische Weißpfennig zu 24 Pfennig, 3,9 g schwer und 870 fein, 60 aus der Mark, also eine dem Turnosgroschen entsprechende Münze, ist hier zuerst erkennbar, und es sind in Riel und Aachen, das damals im Pfandbesitz des Herzogs von Jülich war, derartige Münzen geprägt worden. War somit der rheinische Münzverein in seinen Grundzügen schon erkennbar, so kam es doch erst zu seiner endgültigen Bildung, als zufällig ein Mann gleichzeitig die Kurwürde von Trier und Köln auf sich vereinigte, Erzbischof Kuno von Falkenstein, 1362 Erzbischof von Trier, seit 1363 Verweser und 1366-71 auch Erzbischof von Köln. Kuno hat schon 1371 als Erzbischof von Trier mit Wenzel von Luxemburg einen Münzvergleich auf 4 Jahre abgeschlossen, der doppelte und einfache Goldgulden nach Mainzer Vorbild sowie 12lötige Groschen vorsah, aber wegen der politischen Wirren, in die Wenzel sich verstrickt sah, nicht zur Ausführung gekommen ist. Jedenfalls sind Münzdenkmäler dieses Vertrages nicht bekannt.

In Köln folgte auf Kuno 1371 sein Neffe Friedrich von Saarwerden, und damals war gewiß die kommende enge Münzvereinigung schon vorbereitet, die ein Jahr darauf, 1372, zwischen den beiden Erzstiften unter Teilnahme der Stadt Köln zustande kam. Für den im Gewicht auf 2,55 g (91% aus der Mark) herabgesetzten Doppelschilling, 9½ deniers fein (nach französischer Einteilung der Mark in 12 deniers), erscheint jetzt die Bezeichnung Weißpfennig, und der 1357 nur erst geplante Goldgulden wurde als Vereinsmünze nunmehr ausgeprägt. Schon seit einiger Zeit prägten die einzelnen rheinischen Kurfürsten Florene in Deutz (Köln), Oberwesel (Trier), Heidelberg und Bacharach (Pfalz) sowie in Eltville und Bingen (Mainz), 23⅔karätig und 3,5 g schwer (3,478 g Feingold) und gingen nach 1365 zu Geprägen unter eigenem Bilde über. Mainz und Pfalz hatten auch bereits 1367 einen Vertrag über die gemeinsame Prägung solcher Goldgulden in Bacharach und Bingen abgeschlossen und zur Ausführung gebracht. Ohne daß in der Urkunde von 1372 ein bestimmter Münzfuß genannt war, nahm man die bisher in Deutz geprägten Goldgulden zum Muster und setzte sie gleich 18½ Weißpfennigen. Der auf 2 Jahre laufende Vertrag wurde 1374 abermals auf 2 Jahre erneuert, und darüber hinaus sind bis 1381 die vertragsmäßigen Münzen geschlagen worden. Kuno von Falkenstein förderte und erlebte auch noch den weiteren Ausbau und die endgültige Gestalt des rheinischen Münzvereins, die er durch den Vertrag von 1385/86 annahm und worin sich nun Köln, Trier, Mainz und Kurpfalz zur Prägung von gemeinsamen Goldgulden und Weißpfennigen verbanden. Indem man die Ausprägung des ganz minderwertig gewordenen Pfennigs völlig aufgab und einen neuen Doppelpfennig zu zwei alten schlug, wurde der Weißpfennig zu einer Münze von 12 Pfennigen und der halbe oder Schilling zu einem Sechspfennigstück. Der Goldgulden aber war 23karätig und galt 20 Weißpfennige. Beide Münzsorten tragen nunmehr als eigentliche Gemeinschaftsmünzen die vier Wappen der verbündeten Kurfürsten auf der Rückseite.

Mit diesem 1386 endgültig auf 10 Jahre geschlossenen Vertrage setzte nun recht eigentlich erst die volle Wirksamkeit des rheinischen Münzvereins ein. Der rheinische Goldgulden wurde in kurzer Zeit eine der wichtigsten deutschen Münzsorten, und seine Prägung von vielen deutschen Münzständen aufgenommen oder zur Grundlage für die Silbermünze gemacht, indem man, wie die Münzgesetzgebung König Wenzels, für die süddeutschen Heller. bestrebt war, 1 Pfund = 240 Pfennige im Werte eines Goldguldens auszubringen. Gewiß hätte der Gulden eine für das ganze Reich gültige Münze und zum allgemeinen Wertmesser werden können, wenn sein innerer Wert unvermindert der gleiche geblieben wäre. Diese Hoffnung aber erfüllte sich nicht. Zwar blieb bei der Erneuerung des Vertrages, die schon 1391 erfolgte, der bisherige Stand noch gewahrt, aber 1399 ging man bereits auf einen Feingehalt von 22½ Karat zurück, und damit war die Bahn der fortschreitenden Verschlechterung beschritten, deren Gründe man doch wohl nicht allein in der fiskalischen Ausnutzung des Münzregals seitens der Kurfürsten, sondern in erster Linie in der allgemeinen Entwicklung des deutschen und europäischen Münzwesens suchen darf. Jedenfalls waren schon um 1400 die Gulden wieder schlechter geworden (Proben ergaben 1398 22 Karat 8 Grän, 1400 22 Karat 2 Grän und 20 Karat 10 Grän, 1401 21 Karat). Dieser Tatsache gegenüber setzte nun eine für die deutsche Münzgeschichte sehr bemerkenswerte Periode ein, als König Ruprecht, selbst ein Mitglied des rheinischen Münzvereins, durch Reichsgesetze und die Eröffnung von neuen Reichsmünzstätten mit Hilfe der Städte und im Gegensatz zu den Kurfürsten den Goldgulden zu einer wertbeständigen Reichsmünze machen wollte. Ein Reichsgesetz Ruprechts von 1402 setzte den Gulden auf 22½ Karat fein und zu 66 Stück aus der Mark fest und hatte auch den Erfolg, daß 1404 die drei geistlichen rheinischen Kurfürsten sich ebenfalls zu diesem Münzfuß verpflichteten. Aber diese Zusage blieb ein leeres Versprechen, und ebensowenig Erfolg hatte es, als auf den Druck der Städte hin, die sich zum Zwecke einer dauernden Regelung und Kontrolle der Goldmünze zusammengeschlossen hatten, ein Vertragsentwurf der 3 geistlichen Kurfürsten von 1409 versprach, wenigstens bei einem Feingehalt von 22 Karat bleiben zu wollen. Tatsächlich ergaben aber 1408 angestellte Proben z. B. für Trierer Goldgulden nur noch 20-21½ Karat. Als Ruprecht 1410 starb, war jedenfalls die weitere Verschlechterung des Guldens und in geringerem Maße auch die des Weißpfennigs unaufhaltsam, und ein neuer rheinischer Münzvertrag, der 1417 zwar ohne Kurköln, aber mit Zuziehung des Herzogs Reinald von Jülich zustande kam, bestimmte bei altem Schrot (66 aus der Mark) einen Feingehalt von 20 Karat. Auch dieser auf 12 Jahre verabredete Vertrag erfuhr schon 1419 eine neue Änderung, an der nun wieder alle vier Kurfürsten und dazu Jülich beteiligt waren. Danach sollte der Goldgulden zu 19 Karat Feingehalt ausgebracht werden (erneuert 1420 auf 12 Jahre mit der Stadt Köln und 1425 ohne Pfalz, ]ülich und die Stadt). Der 1419 beschlossene Münzfuß, dem wohl oder übel auch die königlichen Münzstätten in Frankfurt, Basel, Nördlingen und Dortmund sich anschließen mußten, ist dann freilich längere Zeit von Bestand geblieben, während um die gleiche Zeit andere, besonders benachbarte niederländische Münzstände wie Lüttich, Utrecht und Geldern, zu noch weit geringeren Gulden von oft nur 13-16 Karat und darunter übergingen und dadurch die Goldguldenmünze überhaupt als allgemeinen Wertmesser aufs schwerste in Mißkredit brachten.

In mehr oder weniger großen Abständen ist der rheinische Münzverein im Laufe des 15. Jahrhunderts vertraglich erneuert worden, so 1437 und 1444 auf 6, 1454 auf 10 Jahre mit gleichbleibendem Münzfuß. Eine geringe Verschlechterung des Schrots der Gulden wie von Gewicht und Gehalt der Weißpfennige (7½ statt 8 deniers Königssilber fein, 113 statt 112 aus der Mark) wurde 1464 offiziell auf 20 Jahre festgelegt. Der Gulden hat dann eine weitere Minderung des Gehalts auf 18½ Karat erst 1490 erfahren. Von den Mitgliedern schied Jülich nach 1423 aus, um erst 1471, 1481 und 1493 für Silbermünzen wieder beizutreten. Die Stadt Köln finden wir als Teilnehmer 1481 und 1493 aber ebenfalls nur für Silbermünzen. Vom Beitritt der niederrheinischen Münzherrn zum Mainz-Pfälzer Pfennigbund 1502 ist schon die Rede gewesen. Einen Vorgänger hatte diese Vereinigung in dem Sondervertrage zwischen Trier und Jülich (nach 1464) über die Prägung von sogenannten "Lübischen", die etwa dem fränkischen Hohlpfennig entsprachen. Für das Oberstift Trier an der Mosel galten außerdem die Bestimmungen der rheinischen Münzverträge nicht, ebensowenig wie für die westfälischen und anderen rechtsrheinischen Besitzungen Kölns, die fränkischen und thüringischen Gebiete von Mainz und große Teile der Pfalz.

Mit dem ausgehenden 15. Jahrhundert hat auch der rheinische Münzverein seine Bedeutung verloren. Vom Goldgulden, der eigentlichen Hauptmünze des Bundes, ist seit 1490 nicht mehr die Rede, obwohl die Gemeinschaftsgepräge bis tief ins 16. Jahrhundert fortlebten. Die mittelalterliche Goldmünze hatte ihre Rolle ausgespielt. Das allgemeine Bedürfnis nach großen Silbermünzen haben auch die rheinischen Münzstände sehr bald empfunden und 1504 die Prägung von Doppelalbus erwogen. 1513 ist auch von 1/2 Silbergulden die Rede gewesen. Der rheinische Münzverein als solcher ist aber nicht mehr zum Träger einer neuen Großsilbermünze geworden. In seiner letzten Lebensäußerung von,1537 erklärte er, bei der alten rheinischen Münze bleiben zu wollen, stellte aber seinen Mitgliedern die Prägung von Silbergulden als dem Goldgulden gleichwertig frei, nachdem bezeichnenderweise die Stadt Köln bereits seit 1512 silberne Guldengroschen hatte ausgehen lassen.


• Andere Münzbündnisse: Mit dieser kurzen Übersicht über die Geschichte des rheinischen Münzvereins als des wichtigsten deutschen Münzbundes ist zugleich die Zahl der bedeutenderen Organisationen erschöpft. Aber neben diese großen Bildungen im Westen und Südwesten des Reiches treten, wenn wir vorläufig vom wendischen Münzverein im Norden absehen, eine ganze Reihe anderer Münzbündnisse fast in sämtlichen Gegenden Deutschlands. Keines von ihnen hat die Bedeutung der großen Münzvereine erreicht, Wenn auch einige von gewisser Dauer gewesen sind und räumlich oft ein ansehnliches Gebiet umfaßt haben. Münzgeschichtlich wichtig sind sie alle und bezeichnend für ein überall mehr oder weniger empfundenes Bedürfnis nach Zusammenschluß, worauf die größeren Münzvereine dann wieder von Einfluß gewesen sein mögen.

Genau 50 Jahre lang (1332-82) standen die beiden thüringischen Münzstätten Nordhausen und Ellrich in einem Münzbündnis. Beide waren im Besitz der Grafen von Hohenstein. Nordhausen, die alte Reichsmünze, war ihnen seit 1323 verpfändet, Ellrich mit der Clettenbergschen Erbschaft an die Grafen gekommen. Die verschiedentlich erneuerten Verträge schlossen aber die Städte selbständig, wenn auch mit Einverständnis der Grafen ab, bis seit 1350 auch deren Erwähnung fortfiel. Zuletzt, 1382, sind auch benachbarte kleine Orte wie Kelbra, Artern, Heringen und Bleichrode einbezogen worden (Pfennige zu 34 Schillingen, seit 1344 48 Schillingen aus der Mark). Ganz ähnlich ist der Bund der thüringischen Münzstätten Eisenach, Gotha, Weißensee, Langensalza und Jena von 1381 (Pfennige, 52 Schillinge = 1 Mark), von dessen weiterer Geschichte wir indessen nichts wissen. Wichtiger und geldgeschichtlich von großem Interesse ist dagegen ein Bündnis, das 1382 eine Reihe niedersächsischer Städte abschlossen, und zwar nicht über gemeinsame Prägung oder Münzfuß, sondern über den Silbergehalt der sogenannten Usualmark, Silberbarren, die in den Zeiten der ständigen Münzveränderung und -verschlechterung ein wesentlich beständigeres und sehr beliebtes Zahlungsmittel geworden waren. Im Jahre 1382 verabredeten nun Goslar, Braunschweig, Hildesheim, Eimbeck, Hannover, Wernigerode, Osterode, Halberstadt, Quedlinburg, Aschersleben, Göttingen und Hameln einen Silbergehalt von 12¾ Lot, der durch das Zeichen der Stadt, des Silberbrenners und den gemeinsamen Stempel einer Krone garantiert werden sollte. Von diesen Silberkuchen sind eine Reihe auf uns gekommen. Im gleichen Jahre hat Herzog Otto (Malus) von Braunschweig-Göttingen (bis 1394) sich mit Göttingen und anderen Städten ebenfalls auf 12¾ lötiges Barrensilber und außerdem Pfennige zu 48 Schillingen aus der Mark geeinigt, und in gleicher Weise 1397 der Nachfolger Herzog Otto (Cocles, bis 1463) mit dem Landgrafen Hermann von Hessen auf eine 12lötige Usualmark. Derselbe Herzog hat dann 1429 auch mit Göttingen, Northeim, Münden, Uslar und Gandersheim abermals einen Vertrag über die gemeinsame Handhabung des Münzfußes (48 Schillinge = 1 Mark, 6lötige Pfennige) abgeschlossen. Ganz vorübergehend dagegen war die Prägung gemeinsamer Groschen der Stadt Goslar mit Bischof Johann von Hildesheim (1398-1424). Die niedersächsischen Städte aber haben sich 1461 wiederum über die Prägung von Groschen und den Wert des Goldguldens verständigt, das Bündnis 1465 erneuert und gegen Ende des Mittelalters, 1490, treffen wir Braunschweig, Hildesheim, Göttingen, Hannover, Eimbeck und Northeim wieder beisammen in einem Vertrage über den Wert und das Verhältnis der verschiedenen städtischen Münzen. Es ist dies schon kein eigentlicher Münzbund mehr, während 1498 einsetzende neue Verhandlungen unter Vermittlung der Herzöge von Braunschweig 1501 zu festeren Abmachungen derselben Städte über einen gemeinsamen Münzfuß für die Groschenprägung führten. Endlich ist aus viel späterer Zeit ein 1541 anzusetzender Vertragsentwurf zwischen den niedersächsischen Städten mit Bremen erhalten, der schon jenseits der Periode der Münzvereine liegt und im wesentlichen auch nur die einheitliche Wertung verschiedener Münzsorten vorsieht. Man darf also mit gewissem Recht von einem seit 1382 wenn auch nicht ununterbrochen bestehenden niedersächsischen Münzverein sprechen.

In der Reihe der dynastisch bedingten Münzverabredungen gehört ein Vertrag der sächsischen Fürsten mit dem Erzbischof Ernst von Magdeburg, Herzog von Sachsen, von 1496. Landgraf Ludwig von Hessen fand Anschluß an die Münzreform seiner sächsischen Schwäger Kurfürst Friedrich II. und Herzog Wilhelm III. von 1444, und 1492 ist abermals zwischen Sachsen und Hessen eine Vereinbarung über die Groschenprägung getroffen. In Form von gemeinsamen Münzordnungen, aber auch Verträgen, haben ferner die Fürsten der verschiedenen Linien des Hauses Wittelsbach sich wiederholt in Münzsachen zusammengetan. Gemeinschaftsmünzen wohl, aber keine Münzvereinsgepräge, sind auch die von mehreren gemeinsam regierenden Fürsten eines Hauses hinterlassenen Gepräge, wie wir sie von den brandenburgischen Markgrafen, den Fürsten von Pommern, Anhalt, Hessen und den sächsischen Wettinern, auch von Hoya-Nienburg, Mansfeld u. a. besitzen.

Ein gutes Beispiel, wie eine wirtschaftlich und politisch ihre Umgebung überragende Münzstätte ihrer Münze auf dem Vertragswege ein weiteres Verbreitungsgebiet zu sichern wußte, ist der 1393 abgeschlossene Vertrag der Stadt Straßburg mit dem Bischof und den kleinen elsässischen Reichsstädten Hagenau, Schlettstadt, Ehenheim und Roßheim.

In Schlesien hat die Münzvereinsbildung erst spät, 1450, begonnen. Der niederschlesische Bund machte sich hier zum Träger dieses Gedankens, den schon 1446 Kaiser Friedrich nahegelegt hatte. Zuerst war 1450 der Bischof von Breslau mit den Städten Breslau, Schweidnitz und Liegnitz auf 10 Jahre zu gemeinsamer Handhabung der Hellermünze (14 Schillinge = 1 Gulden) verbunden, doch erweiterte sich 1455 das Bündnis auf die Herzöge von Glogau sowie die Fürstentümer Breslau und Schweidnitz mit allen ihren Städten (40 Schill. Heller = 1 Dukaten). Später (1460) sind die Städte Schweidnitz und Breslau zu einem Sonderbund zusammengetreten, vielleicht auch Wohlau, Trebnitz, Namslau u. a.. - Die mit 1395 einsetzenden Münzverträge der pommerschen Städte untereinander oder mit ihren Landesherrn sind so sehr vom wendischen Münzverein, dem sie ja zum Teil und zeitweilig angehörten, bedingt, daß sie im Zusammenhang mit dem Hauptgegenstand der Arbeit behandelt werden müssen. Ansätze zu Münzvereinsbildungen finden wir dann ferner in Westfalen. Hier haben sich 1394 Graf Dietrich und 1430 Gerhard von Mark mit der Reichsstadt Dortmund über eine gemeinsame Valvation des umlaufenden Geldes verständig, und 1425 König Sigismund mit Graf Adolf von Jülich-Berg einen Vertrag geschlossen, der die Prägung von Goldgulden nach rheinischem Fuß und von Weißpfennigen in Mühlheim zum Gegenstand hatte und einen gleichen Gewinnanteil beider Parteien vorsah, wogegen der Herzog auf eigene Prägung verzichtete. Entsprechende Münzen beweisen, daß der Vertrag in Kraft getreten ist. Ferner ist 1469 von Verhandlungen zwischen Arnsberg, Attendorn und Soest die Rede, und gleichzeitig verhandelten Münster und Osnabrück mit Köln, Minden und dem Bischof von Münster. Endlich kennen wir Verträge, die 1488 und 1489 der Erzbischof von Köln mit den Bischöfen von Osnabrück und Münster, dem Herzog von Cleve-Mark und der Stadt Dortmund über die gemeinsame Regelung des Wertes der in diesen Ländern umlaufenden eigenen und fremden Geldsorten geschlossen hat. Weiter westlich haben auch die süderseeischen Städte Nymwegen, Zütphen, Harderwijk und Arnheim das Bedürfnis nach einem Zusammenschluß in Münzsachen empfunden. Groningen, Deventer und Campen haben 1479 ein Münzbündnis geschlossen, aus dem Doppelschillinge und Schillinge mit den Wappen der drei Städte hervorgegangen sind, und 1488 folgte ein Münzverein zwischen Deventer, Campen und Zwolle, der mit zahlreichen gemeinschaftlichen Geprägen verschiedener Nominale bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts bestanden hat.


Die voraufgehende Übersicht hat zu zeigen versucht, in welchem Umfange das Streben nach Münzvereinbarungen als Gegengewicht gegen die Unsicherheit und Zersplitterung der deutschen Münzverhältnisse im Reiche und darüber hinaus verbreitet war. Der Überblick hat aber auch zugleich erkennen lassen, wie bei denselben Voraussetzungen und Aufgaben jeder einzelne Münzbund seine Sonderheiten entwickelt hat, ohne daß es in diesem Rahmen freilich möglich und die Aufgabe gewesen wäre, im einzelnen immer den Erfolg der Wirksamkeit dieser Münzverbände zu verfolgen und abschließend zu beurteilen. Wohl aber mag die einleitende Zusammenfassung den Hintergrund bilden für die Geschichte eines einzelnen Münzvereins, des wendischen, dem sich die Darstellung nunmehr zuwendet.

Geographisch zunächst steht der wendische Münzverein im Norden Deutschlands fast isoliert dem ziemlich lückenlos geschlossenen Gebiet der großen süd- und westdeutschen Münzverbände gegenüber, das sich vom Bodensee über Schwaben und Franken am Rhein entlang bis in die Niederlande erstreckt. Wesentlicher aber als diese geographisch bedingte Sonderstellung sind für den Gesamtcharakter des wendischen Münzvereins seine so ganz anders gearteten geschichtlichen Voraussetzungen gewesen. Mit Ausnahme Lüneburgs gehörten seine Mitglieder sämtlich den ostelbischen kolonialen Ländern an, und aus dieser Tatsache ergaben sich gegenüber dem altdeutschen Boden der übrigen Münzvereine ganz andere politische wie wirtschaftliche Grundlagen. Einmal fehlte hier die starke politische Zersplitterung des Südens mit seiner so viel älteren Geschichte und stärker differenzierten Struktur. Nur wenige Territorien hatten sich bei der Kolonisation des Ostens im 12. und 13. Jahrhundert gebildet, und unter ihnen konnte nach dem Zerfall der Herrschaft Heinrichs des Löwen keine so mächtig werden, um die gleichzeitig einsetzende städtische Entwicklung zu hemmen. Das hat sich auch im Münzwesen dieser Gebiete deutlich fühlbar gemacht. Der wendische ist unter allen anderen deutschen Münzvereinen der einzige, der von vornherein lediglich von Städten ins Leben gerufen und getragen ist, und dieser rein städtische Charakter, das Fehlen aller dynastischen und fürstlichen Einflüsse und Gegensätze unterscheidet ihn ganz wesentlich von den übrigen ähnlichen Organisationen. Obwohl außer Lübeck alle Mitglieder nicht freie Reichsstädte, sondern Landstädte waren, konnten die rein wirtschaftlichen Interessen der Städte an der Handhabung des Münzwesens ungehindert zur Geltung kommen und eine Organisation schaffen, in der wirtschaftliche Erwägungen die Herrschaft hatten. Das hängt natürlich aufs engste zusammen mit der Entstehung der Hanse, die aus dem wirtschaftspolitischen Zusammenschluß der Bürger im Ausland und dann auch daheim erfolgt ist. Der Hanse gehörten alle Mitglieder des wendischen Münzvereins in führender Stellung an. Von ihrem Geist ist auch der Münzbund getragen, wie bei seiner Entstehung dieselben Momente mitgewirkt haben, die zur Bildung des Hansebundes selbst geführt haben. Immer hat die Hanse naturgemäß auf die Herbeiführung erträglicher Münz- und Geldverhältnisse zu wirken gesucht, aber niemals daran gedacht, eine Münzvereinigung zwischen allen seinen Gliedern anzuregen oder durchzuführen. Dazu war einmal die Organisation der Hanse zu wenig gefestigt und dann vor allem die bereits bestehende Differenzierung der Münze in dem weiten Gebiete von den Ostseeprovinzen bis in die Niederlande zu groß und die münzrechtlichen Verhältnisse der Städte zu verschieden, als daß sich ein solcher Gedanke jemals hätte verwirklichen lassen. Wie der Name besagt, beschränkte sich der wendische Münzverein auf die wendischen Städte, als deren Haupt der gesamthansische Vorort Lübeck selbst auch als die Seele der Münzvereinigung erscheint. Ferner gehörten ihm an Hamburg, Lüneburg und Wismar, zeitweilig auch Rostock und einige pommersche Städte. Aber die politische und wirtschaftliche Macht dieser Städte und die gerade in ihnen sich besonders geltend machende Vorherrschaft der Hanse im deutschen Norden brachte es mit sich, daß der Wirkungsbereich des wendischen Münzvereins sich viel weiter als nur über das unmittelbare Einflußgebiet der Städte erstreckte und bis zu den skandinavischen Ländern hinüber reichte. Trotzdem hat der Münzverein seine Wurzeln und sein eigentliches Tätigkeitsfeld doch in erster Linie in den heimischen wendischen Städten gehabt, und bei dieser lokalen Verankerung auch keine internationale Handelsmünze geschaffen, wie sie der florentiner und der rheinische Gulden, der englische Sterling oder der niederländische Grote geworden sind. Die Engheit und alle die Grundübel des mittelalterlichen deutschen Münzwesens machten sich auch hier an der frischen Luft des überseeischen Verkehrs geltend. Sie sind wohl durch die Wirksamkeit des Münzvereins auf ein erträgliches Maß beschränkt geblieben, ohne aber wegen der engen Verkettung mit den allgemeinen deutschen Verhältnissen jemals ganz aus der Welt geschafft werden zu können.

Der wendische Münzverein gehört somit seinem ganzen Charakter nach durchaus in die Reihe der übrigen großen deutschen Münzverbände, mit denen ihn bei aller Sonderart alles Grundsätzliche verbindet. Sein Nährboden aber und Hintergrund ist die Hanse, und bei der Bedeutung, die alle inneren wirtschaftlichen Fragen in seiner Geschichte haben, darf eine Gesamtdarstellung des wendischen Münzvereins und der hansischen Münzverhältnisse hoffen, auch zur Geschichte der Hanse einen Beitrag zu liefern.


Bisher vorliegende Literatur: Dieser kurzen Charakteristik mag eine Übersicht über die bisher vorliegende Literatur folgen. Immer noch fußt unsere Kenntnis in erster Linie auf der grundlegenden Arbeit von Grautoff über den lübischen Münzfuß bis 1463 (Historische Schriften 3, 1836), die vor allem auch dadurch an Wert gewonnen hat, daß sie Urkunden enthält, die 1842 beim Brande des Hamburger Archivs für immer verlorengegangen sind. In richtiger Erkenntnis von dem engen Zusammenhang zwischen dem wendischen Münzverein und der Hanse haben die Hanserezesse auch die sämtlichen Münzrezesse und -akten aufgenommen und damit das wichtigste Urkundenmaterial der Forschung bereitgestellt. Ergänzungen haben Techen, Hans. Geschichtsbl. 1903, S. 105 ff. und M. Bahrfeldt, ebenda 1909, S. 206ff. beigesteuert. Einige Vorarbeiten zu der vorliegenden Veröffentlichung brachte ich in Berl. Mbl. 1925, S. 173ff. und 312ff. im Zusammenhang mit der von M. Bahrfeldt ebenda 1898, S. 2364ff. veröffentlichten niederdeutschen Münzchronik. - Weiteres Quellenmaterial liefern das Hansische, Lübische, Mecklenburgische, Lüneburger und Pommersche Urkundenbuch, während das Hamburgische über 1310 nicht hinausreicht. Die Anregung zu vorliegender Arbeit gab zum Teil der von Edward Schröder, Hans. Geschichtsbl. 1904/05, S. 184ff. geäußerte Wunsch nach einer zusammenfassenden Darstellung der hansischen Münzverhältnisse. Die Gesamtdarstellungen zur Geschichte der Hanse selbst haben sich erklärlicherweise auf mehr oder weniger kurze Erwähnung beschränkt, wie Schäfer, Die Hansestädte und König Waldemar von Dänemark (1879), S. 206ff., ein Buch, das zudem zeitlich nur bis an den Beginn des Münzvereins heranreicht, und Daenell, Die Blütezeit der deutschen Hanse I, S. 154f. und II (1906), S.438ff. Reichlicher sind die Vorarbeiten monographischer oder lokaler Art, wie Schäfer, Das Buch des lübischen Vogts auf Schonen in Hans. Geschichtsquellen IV (1887), die Veröffentlichungen von Nirrnheim, Das hamburgische Pfundzollbuch von 1369 (1907) und Das Handlungsbuch des Vicko von Geldersen (1895), ferner Mollwo, Das Handlungsbuch des Hermann und Johann Wittenborg (1901) und Hartwig, Der lübeckische Schoß in Schmollers Forschungen 21, 6 (1903). Andere Arbeiten aus dem hansischen Kreise werden später im einzelnen genannt werden. Erst nach Fertigstellung der Arbeit kam mir eine ungedruckte Leipziger Dissertation von R. Streller, Die wichtigsten Münzen im Handelsverkehr der Hanse des Mittelalters (bis 1500) zur Hand. Die unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten verfaßte Arbeit deckt sich nur zeitlich mit der vorliegenden, indem Streller die Münzwerte lediglich aus den Schriftquellen errechnet und die Münzdenkmäler selbst nicht untersucht. Seine fleißigen Tabellen konnten hier und da noch herangezogen werden.

Von numismatischer Seite liegt die Beschreibung der hamburgischen Münzen mit einer einleitenden Münzgeschichte vor in den älteren, aber immer noch grundlegenden Werken von Langermann, Hamburgisches Münz- und Medaillen-Vergnügen (1751) und Gaedechens, Hamburgische Münzen und Medaillen (drei Bände, 1854-76), die aber münzgeschichtiich, besonders für das Mittelalter, überholt sind.

Weniger gut sind wir, von Grautoffs Arbeit abgesehan, über die lübischen Münzverhältnisse unterrichtet. Wichtige Mitteilungen machte Dittmer in Zt. d. Ver. f. lüb. Gesch. I u. II (1866/67), sowie Curtius ebenda VI und VII (1892 und 1898). Derselbe Verfasser gab in Hoffmanns Geschichte der Stadt Lübeck (1889-92) eine kurze Übersicht zu den Abbildungen der wichtigsten lübeckischen Gepräge. Das neuere Buch von Behrens, Die Münzen und Medaillen der Stadt und des Bistums Lübeck ist lediglich beschreibender Natur und gerade für das Mittelalter nur mit Vorsicht zu benutzen (vgl. die Rezension von Edward Schröder, Hans. Geschbl. 1904/5, S. 184ff.).

Für Lüneburg sind wir noch auf die einen ersten zusammenfassenden Versuch darstellende Arbeit von M. Bahrfeldt, Berl. Mbl. 1884/85, S. 449ff. angewiesen, denn Heintzel. Die mittelalterlichen Münzen der Stadt Lüneburg (Lüneb. Mus. Bl. 4., Heft 1906, S. 12ff.) hat unsere Kenntnis nicht gefördert.

Eine Beschreibung der Münzen von Wismar und Rostock liegt vor von Grimm (1897 und 1905), der aber auf alles Münzgeschichtliche verzichtet. Um so brauchbarer sind die leider nur in zwei Heften vorliegenden Mecklenburgischen Münzen des großherzoglichen Münzkabinetts (1900 und 1902, Hohlmünzen und Witten) von O. Oertzen, doch ist daneben besonders für die spätere Zeit immer noch Evers, Mecklenburgische Münz Verfassung (1798/99) heranzuziehen.

Die pommerschen Münzen des Mittelalters hat grundlegend, wenn auch im einzelnen zu berichtigen, Dannenberg beschrieben (Münzgeschichte Pommerns im Mittelalter, 1893-96).

Von nordischer Seite sei auf die Arbeiten von Hauberg in Aarbøger for nordisk oldkyndighed og historie 1884, 1886, 1891 und 1894, sowie Hildebrand, Sveriges mynt under medeltiden (1887) hingewiesen.

Für Nordelbingien ist Lange, Sammlung schleswig-holsteinischer Münzen und Medaillen I (1908) nicht sehr ergiebig. Dagegen mag hier für die übrigen Nachbargebiete das ältere, aber gute Buch von Bode, Münzwesen Niedersachsens (1847), sowie die unten näher angeführten Werke von M. Bahrfeldt über Stade, Jungk über Bremen, E. Bahrfeldt über Brandenburg, Fiala über die Münzen von Braunschweig-Lüneburg und Engelke über Hannover erwähnt werden. Die gerade in der numismatischen Literatur eine Rolle spielenden Einzeluntersuchungen, namentlich Fundbeschreibungen und Kataloge, werden an Ort und Stelle bemerkt werden.

Die besonders in Kapitel II häufiger zitierten Münzbeschreibungen sind:
- Dbg. = Dannenberg, Die deutschen Münzen der sächsischen und salischen Kaiserzeit, 4 Bde., 1876-1905.
- Fiala = Münzen und Medaillen der welfischen Lande I und II (1916 und 1910).
- Farve = Friedländer und Müllenhoff, Der Silberfund von Farve (1850).
- Leissow = E. Bahrfeldt, Der Fund von Leissower Mühle (1896).
- Voßberg = Dannenberg, Der Fund von Voßberg (b. Usedom), Ztschr. f. Num. XI (1884), S. 264ff.



Zweites Kapitel
Die niederelbischen Münzverhältnisse vom zehnten Jahrhundert bis zur Ausbildung des lübischen Münzfußes.

Mit Ausnahme Lüneburgs und des nur vorübergehend dem wendischen Münzverein angeschlossenen Hannover liegt das Gebiet der Mitglieder des Verbandes auf der rechten Seite der Elbe, auf kolonialem Boden, und der Ausgangs- und Mittelpunkt des Münzvereins ist Lübeck. Von hier aus geht das Verbreitungsgebiet des lübischen Münzfußes nach Süden über die Elbe bis ins Lüneburgische und die Altmark, nach Westen bis Verden und Bremen, nach Osten über Holstein und Mecklenburg bis Pommern. Die Münzgeschichte dieser Gebiete kann also im engeren Sinne erst in einer Zeit beginnen, als diese Länder dem Deutschtum gewonnen und seine wichtigsten Orte deutsche Städte und Handelszentren geworden waren, d. h. im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts. Aber trotzdem muß zunächst auch von den älteren Münzverhältnissen des späteren Vereinsgebietes links sowohl wie rechts der Elbe die Rede sein, denn völlig münzlos sind diese Gegenden auch vor dem Beginn der deutschen Kolonisation nicht gewesen. Es handelt sich dabei in erster Linie um das Geld, das im deutsch-slawischen Grenzverkehr umgelaufen ist, und es wird zu zeigen sein, welche Münzstätten und -herren dafür in Frage kommen. Ich kann mich dabei auf eine Zusammenstellung berufen, die ich in der zweiten Veröffentlichung des Hamburger Vereins der Münzenfreunde 1921 gemacht habe und die durch eine leider noch ungedruckte Arbeit von H. Buchenau-München über "Münzfragen der Billungerzeit", deren Benutzung mir der Verfasser bereitwillig gestattete, in willkommenster Weise ergänzt werden.

Schon für die karolingische Zeit hat man gemeint, in einigen niedersächsischen Orten eine Münztätigkeit annehmen zu können. Allerdings ist 833 dem Kloster Corvey eine Münze und die Einkünfte daraus verliehen worden, aber Münzen aus dieser Münzstätte sind aus karolingischer Zeit nicht auf uns gekommen, obwohl das Privileg Ludwigs des Frommen die Verleihung rein wirtschaftlich "propter mercati et monete longiquitatem" begründet hatte. Möglicherweise verstecken sie sich unter den ohne Ortsnamen geprägten sogenannten "Reichsdenaren" Ludwigs. Auch für Bremen und Osnabrück liegen Urkunden mit der Verleihung der Münze durch Arnulf von Kärnten von 888 und 889 vor, aber beide sind von der diplomatischen Kritik als falsch abgelehnt worden. Für die Bremer Urkunde ist das von besonderer Bedeutung, weil nämlich hierin die Verleihung der Münze und des Marktes damit begründet wird, daß diese Rechte bereits früher dem alten Bischofssitz Hamburg verliehen wäre, dort aber "propter infestationes paganorum" nicht mehr ausgeübt werden könnte. Trotzdem glaubt P. J. Meier die Urkunde mit Vorsicht als Quelle benutzen zu können und möchte an einem Münzrecht des Erzbischofs in Hamburg fest halten, dessen Ausübung zwar für diese Zeit und das 10. und 11. Jahrhundert nicht nachzuweisen ist, das dann aber im 12. Jahrhundert zu Prägungen geführt habe. Soviel steht indessen fest, daß die einzige Münze aus karolingischer Zeit, die in den sächsischen Gebieten entstanden ist, ein Obol mit den Namen Ludwig und Bruno [1], den man auf Ludwigs des Deutschen Sohn, Ludwig den Jüngeren, und den Herzog Bruno von Sachsen (gestorben 880) gedeutet hat, nicht in Hamburg geprägt ist, wie Grote annahm. P. J. Meier, dessen Forschungen über die frühmittelalterlichen Märkte eine Münztätigkeit schon für diese Zeit möglich erscheinen lassen, hat jetzt Bardowick oder Magdeburg, Menadier Braunschweig in Vorschlag gebracht. Das Stück steht aber ganz vereinzelt da.

Erwägungen allgemeiner Art und das vorliegende Münzmaterial lassen es als nicht wahrscheinlich erscheinen, daß zur Karolingerzeit und bis gegen Ende des 10. Jahrhunderts in den niederelbischen Gebieten eine Münzprägung stattgefunden hat. Das schließt indessen nicht aus, daß hier der Handel sich bereits des Edelmetalls als Zahlungsmittel bedient hat, und zwar in der Form von Barren- und Hacksilber sowohl wie gezählten oder gewogenen Pfennigen. Wir können aus der Art und Richtung dieses frühmittelalterlichen Handels sowie aus den Münzfunden auch mit ziemlicher Sicherheit schließen, woher dieses Geld gekommen ist. Der früh belegte Handel der Friesen und namentlich ihres bedeutenden niederrheinischen Handelsortes Dorstat (heute Wijk bij Duurstede) zur Ostsee nach Schleswig-Hedeby hat bereits im 9. Jahrhundert in diesem wichtigen Ostseehafen zu Nachahmungen karolingischer Münzen [2] von Dorstat geführt, und sie sind hier unter starker Verringerung (bis zu ein Viertel) des Gewichts und mit völliger Entstellung der ursprünglichen Münzbilder und Aufschriften bis in die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts und später geprägt worden [3-5]. Neben Hedeby hat man freilich auch an dänische und schwedische Münzstätten, wie Lund und Birka, gedacht, und es scheint nicht unmöglich, daß ein Teil dieser Münzen, die keine geschlossene Reihe bilden, hier entstanden ist (etwa Nöbbe 7-12). Mit einer einzigen Ausnahme (Dietrichsfeld in Friesland) liegen sämtliche Fundorte, wo diese Münzen in großen Mengen neben regulären westfränkischen Karolingerdenaren, byzantinischen und arabischen, Wikingermünzen von Quentovic sowie angelsächsischen und dänischen Münzen vorgekommen sind, durchweg auf skandinavischem Boden, auf Seeland, Falster, Bornholm, Gotland, Schonen, dann in Nordelbingien (Krinkberg, Steinburg, Schleswig, Dransau am Selenter See, Rantrum Kreis Husum, Frörup bei Flensburg, Sommerstedt bei Hadersleben) und endlich in ostelbischen Funden, wie Peisterwitz bei Ohlau, Alexanderhof bei Prenzlau u. a., sowie bei Belgard in Pommern, Riebnitz und auf Usedom nahe dem alten Jumme. Man hat deshalb (Menadier) auch pommersche Hafenorte, wie Vineta, in Betracht gezogen und den auf mehreren Stücken vorkommenden "Strahl" oder Speer auf Stralsund gedeutet [6]. Mit der größten Wahrscheinlichkeit ist dieser Handelszug vom Niederrhein zur Ostsee, von dem diese Münzen und die Fundorte zeugen, auf dem Seewege an der Küste entlang zur Eidermündung gegangen und hat den Isthmus zwischen Eider und Schlei zu Lande überwunden. Ob niederelbische Orte, wie etwa Bardowiek und Hamburg, bereits Anteil daran gehabt haben, ist fraglich, obwohl Ansgar auf seiner Missionsreise um die Mitte des 9. Jahrhunderts in Schleswig viele in Hamburg Getaufte angetroffen hat, die auf Beziehungen zwischen beiden Orten schließen lassen. Man hat deshalb auch gemeint, daß im Zusammenhang mit der Errichtung des Erzbistums Hamburg durch Ludwig den Frommen, etwa seine sogenannten Reichsdenare zum Teil hier geprägt worden seien, ohne aber weitere Anhaltspunkte dafür beizubringen als jene Urkunde von 888. Die Dorstat-Nachahmungen aber gehören durchaus mehr der nordischen als der deutschen Münzgeschichte an, und es bestehen jedenfalls keine unmittelbaren Beziehungen zu den Pfennigen, mit denen nun im ausgehenden 10. Jahrhundert die niedersächsische Münzung einsetzt.

Durch die sächsischen Kaiser wurden die Länder bis zur Elbe und Saale, der Slawengrenze, erst voll in die deutsche Reichsgeschichte einbezogen. Erst jetzt auch entstanden an den sächsischen Marktorten für den sich lebhafter regenden Verkehr Münzstätten, und sie entfalten besonders in der Nähe der Ostgrenze bald eine rege Tätigkeit, wovon die vielen in den Ländern östlich der Elbe bis tief nach Rußland hinein und im Norden nach Bornholm, Gotland und Skandinavien hinauf gemachten Funde zeugen, in denen sie neben den Pfennigen west- und süddeutscher Herkunft zahlreich auftreten. Vielleicht schon unter Heinrich I., bestimmt seit Otto I. und mit seinem Namen setzten die bekannten sogenannten "Wenden-" oder besser "Sachsenpfennige" ein, deren Heimat man wohl längs der Mittelelbe- und Saale-Linie, in Magdeburg, Halle, Naumburg usw. zu suchen hat [7, 8]. Von Magdeburg, dessen Münze zuerst 942 erwähnt wird, gingen daneben, reguläre kaiserliche Gepräge aus. Es folgten unter Otto II. und III. Quedlinburg und Hildesheim, Gittelde 965 und bischöfliche Gepräge von Halberstadt 990, Seligenstadt 974. Am wichtigsten aber neben Magdeburg wurde bald Goslar durch die Entdeckung des Silbers im Rammelsberge in den letzten Jahren Ottos I. Hier begann wahrscheinlich nach 984, zur Zeit der Vormundschaft Adelheids über Otto III., die reiche Prägung der Pfennige mit den Namen Otto und Adelheid [9, 10], und ganz offensichtlich sind von hier aus auch die niederelbischen Prägungen der billungischen Sachsenherzöge beeinflußt worden, nachdem die Lockerung der Reichsgewalt auch den weltlichen Fürsten die Möglichkeit gegeben hatte, ohne besonderen Rechtstitel der königlichen Beleihung sich des Münzrechts zu bemächtigen. Die Herzöge von Bayern, Lothringen, Schwaben und Franken waren ihnen darin schon vorangegangen. Wir wissen aus späterer Zeit mit Bestimmtheit, daß ein Handel mit Goslarer Silber zur Niederelbe und weiter an die Ostsee oder auch elbabwärts zur See und nach dem Westen stattgefunden hat, und der Beginn einer starken Münzprägung im letzten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts in Lüneburg-Bardowiek, Stade und Mundburg läßt es als höchst wahrscheinlich erscheinen, daß Goslarer Silber dazu das Münzmaterial geliefert hat. Buchenau glaubt den Beginn der herzoglich billungischen und der niederelbischen Prägungen überhaupt noch genauer, nämlich nach 994, datieren zu können, da in diesem Jahr die deutschen Fürsten und Grafen den Wikingern auf der Elbe eine unglückliche Schlacht lieferten, in der Markgraf Udo von der Nordmark fiel und Graf Siegfried von Stade gefangen wurde. Zur Beschaffung des Lösegeldes von 7000 Talenten seien die Prägungen veranlaßt worden. Sicher ist, daß Herzog Bernhard I., Hermann Billungs Sohn und Nachfolger (973-1011), seit dem letzten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts unter seinem Namen geprägt hat und einem Typ gefolgt ist, der in Magdeburg und den Otto-Adelheid-Pfennigen mit Kopf seine Vorbilder hatte. Als Münzstätten kommen Lüneburg und Bardowiek in Frage [11-16]. Letzteres war schon zur Zeit Karls des Großen ein wichtiger Markt- und Grenzort, vielleicht auch Sitz des später nach Verden verlegten Bistums. Als Münzstätte wird Bardowiek zuerst 965 erwähnt und es begegnet 975 neben Mainz, Köln und Tiel unter den Orten, in denen den Magdeburger Kaufleuten die Zollfreiheit, wie sonst überall im Reiche, nicht gewährt wurde. Ferner ist zu nennen Mundburg (Müden), eine von Bischof Bernward gegen die Slawen angelegte Grenzburg am Zusammenfluß von Aller und Oker, wo übrigens, sehr bezeichnend für die frühmittelalterliche Gelegenheitsprägung an wichtigen Marktorten, auch Bischof Bernward von Hildesheim (Dbg. 719[17]) und Graf Heinrich von Stade (Dbg. 1605 und 1606) gemünzt haben. Unter Bernhard II. (1011-59) erscheint auch der Name LIUNIBURCH auf den Pfennigen (Dbg. 590 = Farve, 19 = Fiala 563 [16]), die bis etwa 1045 reichen und als neues Münzbild die aufgerichtete Hand Gottes zeigen, eine Entlehnung von gleichzeitigen angelsächsischen Pfennigen, die um diese Zeit in großen Massen in die niederelbischen Gebiete eindrangen.

Die ältesten Pfennige von Stade stehen ganz unter dem Einfluß dieser angelsächsischen Münzen, und zwar denen des Königs Ethelred II. (979-1016 [19]). Sie beginnen unter Udos Bruder, Graf Heinrich (976-1016), mit Brustbild und dem typischen Doppelfadenkreuz, nennen auch wie ihre Vorbilder einen Münzmeister (HROZA): Dbg. 1607 = Leissow 448 und 449 [20], vielleicht auch Dbg. 1611. Daneben begegnen Anlehnungen an die benachbarten Billungermünzen mit Kopf (Dbg. 1608, Leissow 450) und endlich die Hand zwischen dem christlichen Symbol A und ω (Dbg. 1609 [22]). Auch die Umschrift IN NOMINE DN AMEN ist von hier entlehnt. Die Münzreihe der Stader Grafen ist augenscheinlich unterbrochen durch die Verleihung des Markt- und Münzrechts in Stade an Erzbischof Bezelin von Bremen-Hamburg 1038. Es folgen demnach der geistliche Pfennig Dbg. 721 [23] mit AGNUS DEI, PISCIS als lateinische Übersetzung des frühchristlichen Symbols ίχθύς und dem Ortsnamen STATUN CIVITAS, sowie unter König Heinrich III. solche mit Kaiser- und Ortsnamen (Dbg. 720 = Voßberg 157 [24]). Von dem Stader Grafen Lüder Udo I. (1034-57), seit 1056 Markgraf der Nordmark zu Salzwedel, haben wir dann einen zur Zeit König Heinrichs IV. entstandenen Pfennig mit beider Namen (Dbg. 1274 und 1274a = Voßberg 159), und erst unter Udo II. (1057-82) setzt wieder eine größere Stader Reihe mit Brustbild und Gebäude ein (Dbg. 1612, 1613 = Voßberg 162 [26]; Dbg. 1614 = Voßberg 161 mit Hand [27]; vielleicht auch Dbg. 1311 = Kat. Bahrfeld 1898 [28] und Kat. Cahn 44 Nr. 771). Dann folgt freilich in der Stader Münztätigkeit eine mehr als 100 jährige Lücke bis zu den erzbischöflichen und herzoglichen Prägungen des ausgehenden 12. Jahrhunderts. Stades große Bedeutung aber als niederelbischer Hafen- und Handelsplatz im 11. Jahrhundert wird durch die reiche Prägung in helles Licht gerückt.

Dem Bistum Verden ist das Münzrecht zwar 985 verliehen worden, aber es sind aus dem 11. Jahrhundert keine Münzerzeugnisse bekannt. Bremen hat das Münzrecht 965 erhalten (MG. DOI Nr. 307), ohne daß dabei der angeblich früheren Urkunde von 888 Erwähnung getan wäre. (Bestätigungen 988. 1002, 1014, 1035 und 1158). Die ersten mit Sicherheit nach Bremen gehörenden Pfennige fallen aber erst in die Zeit Heinrichs II. (Dbg. 722. [29] 723. 1615; Fiala 352; Jungk, S. 3 und 191f.). Der Name des Erzbischofs erscheint zuerst unter Libentius (1029-32: Dbg. 724 = Jungk 5 [30]) und völlig gesichert sogar erst auf einer friesischen Münze von Liemar (1072-1101: Dgb. 1555 [31], II, S. 613 und 902 = Bl. f. Mfr. 1905, S. 3287).

Kurz erwähnt seien nur die Prägungen der Billunger im westlichen, friesischen Teil ihres Herzogtums, Pfennige Bernhards II. [32. 33], Ordulfs [34] und Graf Hermanns († 1086) [35. 36] in Jever und Emden, sowie des Grafen Wichmann († 1016) in Emmerich [39]. Wichtiger für uns sind dagegen die Münzen, die im Anschluß an die regulären niederelbischen Billungergepräge diesseits oder jenseits der Elbe entstanden sind und ein Bild geben von den Münzverhältnissen Nordelbingiens und der angrenzenden Slawenländer vor dem Beginn der großen Kolonisation im 12. Jahrhundert.

Den herzoglichen Denaren von Lüneburg und Bardowiek zeitlich parallel laufen zunächst drei Gruppen von Pfennigen, die auch in den Funden ihre ständigen Begleiter sind. Über ihre Entstehung in den unter deutschem Einfluß stehenden Teilen Nordelbingiens kann ebenfalls kaum noch ein Zweifel sein, während sich Münzherr und -ort nur vermutungsweise feststellen lassen.

Die erste dieser Gruppen trägt den Namen THIADMERVS in verschiedenen Abwandlungen und Entstellungen. Die Pfennige werden charakterisiert durch das Bild eines dreispitzigen Knotens, worin wir das christliche Symbol der Dreieinigkeit zu erblicken haben. (Dbg. 1291. 1559. Voßberg 298. Farve 53, 225 Stück) [43]. In dem Münzherrn sieht man heute den 1048 gefallenen Grafen Thietmar, einen Bruder Herzog Bernhards II. Er war beteiligt am Aufstand von 1019 gegen Heinrich II., wurde aber durch Erzbischof Unwans Vermittlung begnadigt, und Adam von Bremen nennt ihn einen Wohltäter der Bremer Kirche.

Auch die zweite Gruppe nennt einen Namen. Es sind das Pfennige mit ODDV ME FIT oder FECIT und dem ebenfalls christlichen Symbol ω (Dbg. 1288. Voßberg 296. Farve 54, 440 Stück [44], Hälbling: Farve 55). Man hat zunächst an Herzog Otto oder Ordulf gedacht, der aber erst 1059 zur Regierung kam, während der Fund von Farve um 1040 vergraben sein muß (jüngste Münze von König Harald von England, † 1040). Es wäre aber denkbar, daß Ordulf bereits vorher in Nordelbingien gemünzt hätte, denn an einen Münzmeister zu denken, erscheint weniger wahrscheinlich, obwohl das ME FECIT auf Mittelalter-Münzen sowohl in Verbindung mit dem Namen des Münzmeisters wie mit dem des Münzherrn vorkommt und für ersteres besonders das angelsächsische Vorbild (vgl. Stade) nahe lag.

Noch weniger Anhaltspunkte gewährt die dritte Sorte, die etwas früher, um 1025, anzusetzen ist und deren Pfennige ein aus T oder ᄃ und H zusammengesetztes Monogramm tragen (a. Dbg. 1289. Farve 57. Voßberg 297. b. Dbg. 1290. c. Fiala 598/99. Alt-Töplitz 25 [45]). Man hat hier an T ᄃ = Thietmarus Comes gedacht.

Über die Münzstätten dieser drei Gruppen, die in großen Mengen in den Funden vorkommen, bestehen lediglich Vermutungen. Die Frage steht aber in enger Beziehung zu der Lokalisierung der zahlreichen sogenannten "Nachmünzen", d. h. Fort- und Umbildungen von Pfennigen bekannter Münzstätten und beliebter Typen, die als Handelsmünzen für den Verkehr mit den Slawen in den Grenzmünzstätten geprägt sind, vielleicht aber auch zum Teil im Slawenlande selbst ihre Heimat haben, wie das z. B. für die Sachsen- oder Wendenpfennige von polnischer Seite bereits behauptet ist. Freilich ist der Begriff der Nachmünze kein absolut sicherer und fest zu definierender, wenn man bedenkt, wie selbst in den alten süd- und westdeutschen regulären Münzstätten die wildesten Entstellungen, besonders der Umschriften vorkommen. Zahlreiche Münzen, ja ganze Funde, wie der große pommersche von Lupow (Fiala I, S. 101ff. [65-70]), geben der Forschung Rätsel auf, die bisher nicht restlos zu lösen sind. Im großen und ganzen aber lassen sich doch in den meisten Fällen wenigstens die Vorbilder ermitteln und große Gruppen erkennen. Auch ihre Lokalisierung und zeitliche Ansetzung ist bereits vielfach gelungen.

Das 11. Jahrhundert ist für den slawischen Osten von Mecklenburg bis tief nach Rußland hinein und hinauf in den skandinavischen Norden die Zeit der großen Münzfunde, die unter dem Namen der "Hacksilberfunde" bekannt sind und in bunter Zusammensetzung fast alle Münzen enthalten, die in der damals bekannten Welt, von Arabien, Byzanz und Italien angefangen, geprägt worden sind. Der stark internationale Charakter des frühmittelalterlichen Handels und Verkehrs tritt darin deutlich in die Erscheinung. Besonders sind natürlich deutsche Münzen im Osten umgelaufen, zumal als um das Jahr 1000 infolge von politischen Veränderungen im Bereich der alten Handelsstraße vom islamischen Südosten der Zustrom arabischer Münzen aufgehört hatte. Die deutschen Münzen in den ostelbischen Funden stammen entweder aus regulären Münzstätten oder sind Nachbildungen aus solchen Orten, die an der Grenze gelegen waren und offenbar die Prägung in der Hauptsache unter dem Gesichtspunkte der Geldbeschaffung für den Handel mit den Slawen betrieben. Für unsere Gebiete hat ganz offensichtlich Bardowiek diese Bedeutung gehabt. Die bedeutende Handelsstellung Bardowieks bis zu seiner Verdrängung durch das Emporkommen Lübecks als Zoll, Grenzmarkt und Elbübergang, der vor den Slaweneinfällen durch die Elbe gesichert war, dazu ein Umschlagsplatz für den Seeverkehr zur Nordsee und nach dem Westen und England ist anerkannt. Die Prägungen der Billunger Bernhard I. und II. haben uns bereits eine dementsprechende rege Münztätigkeit bewiesen. Man hat auch daran gedacht, die ODDV-Pfennige für Herzog Ordulf in Bardowiek in Anspruch zu nehmen, von dem wir sonst mit Sicherheit keine andere Münze kennen. Der Grund aber dieser Zuteilung ist wohl der, daß etwa seit 1045 in Bardowiek eine besondere Art von Prägungen, nämlich die Nachprägungen westdeutscher Typen für den Slawenhandel, einsetzen, die unter Herzog Magnus (1072-1106) und Lothar (1106-37) bis in die Zeit Heinrichs des Löwen angedauert haben.

Die erste Gruppe ist die der Nachahmungen von Köln-Andernacher Pfennigen, die durch ein Giebelgebäude und einen zweisäuligen Tempel, darunter ein umklammertes Kreuz, charakterisiert werden. Sie kommen in den Funden in zahlreichen Abarten bis gegen 1075 vor [46]. Es folgen zur Zeit Herzog Magnus und Lothars die sogenannten "Agrippiner", ebenfalls Nachbildungen Kölner Gepräge, die den zu Strichen entstellten Andernacher Tempel und das COLONIA-Monogramm zeigen [47-51]. Sie reichen bis um 1150, und diese weit und zahlreich verbreiteten Pfennige sind es offenbar, die als "Bardowieker" bekannt waren und von denen es 1114 in den Corveyer Annalen heißt, daß die slawischen Zirzipanen im östlichen Mecklenburg dem Kloster schuldeten: "numismata Bardewicensis monetae similia vel propria". Ebenso haben wir aus dem Bistum Verden aus den Jahren 1123, 1144 und 1174 Nachrichten, die die Herrschaft der Bardowieker Pfennige als einer beliebten Handelsmünze auch in diesem Gebiete beweisen. Diese Agrippiner führen dann endlich unmittelbar zu den Pfennigen Heinrichs des Löwen, die zuerst im Nordlüneburger Funde vorkamen und die dann der Fund von Bardowiek in großen Mengen zutage gebracht hat. Sie haben den entstellten Tempel der älteren Reihe beibehalten, auf der anderen Seite aber erscheint ein Kreuz und in der Umschrift der Herzogsname und -titel [52-54].

Außer diesen Münzen, die man mit Sicherheit für Bardowiek in Anspruch nehmen darf, bestehen bei einer Reihe von anderen Nachprägungen nach Magdeburger, Kölner und Duisburger Vorbildern [55-59] nur mehr oder weniger begründete Vermutungen. Fiala, der u. a. auch Pfennige mit DIONISIVS und ähnlichen Umschriften (601ff.) nach Bardowiek legt mit Berufung auf das Kirchspiel St. Dionys, geht darin entschieden zu weit, wenn er z. B. auch sämtliche Münzen des etwa 15000 Stück umfassenden Nachmünzenfundes von Lupow in Pommern in einer einzigen Münzstätte, nämlich in Bardowiek, entstanden wissen will. Es ist vielmehr durchaus wahrscheinlich, daß auch rechtselbische Orte an dieser Prägung beteiligt gewesen sind. In erster Linie kamen da natürlich nordelbingische Orte in Frage, über die ein deutscher Einfluß, wenn auch nicht dauernd, so doch vorübergehend seit Karolingerzeit bestand.

In diesem Zusammenhange ist auch wieder Hamburg genannt und versucht worden, hier Gepräge zu lokalisieren, die teils vom Erzbischof, teils vom Herzog als Inhaber der Burg, ausgegangen sein können. Menadiers (I 197) geäußerte Vermutung, daß Hamburg im 10. Jahrhundert Anteil an Nachahmungen karolingischer Denare etwa in der Art von Hedeby gehabt habe, hat bisher eine Bestätigung ebensowenig erfahren, wie die schon erörterten Versuche einer Zuteilung von Denaren Ludwigs des Frommen (s. Anm. 100) u. a. Für das 10. Jahrhundert haben wir schlechterdings keinerlei Anhaltspunkte für eine Prägetätigkeit in Hamburg, und 983 fiel der Ort, wie schon vordem mehrfach (845, 880) dem großen slawischem Aufstand zum Opfer. Anders liegen die Dinge für das 11. Jahrhundert, die Zeit der großen Kirchenfürsten Unwan (1013-30), Bezelin Alebrand (1035-43) und Adalbert (1043-66). Hamburg hat damals eine Art Blüte erlebt und ist besonders seit Bezelin fraglos ein stadtähnlicher Ort gewesen, der sich als Münzstätte wohl geeignet hätte. Neben der unter erzbischöflichem Einfluß stehenden Ansiedelung um den Dom und das feste Bischofshaus erhob sich aber die Burg der Grafen, der Herzöge von Sachsen, und diese zwei Gewalten standen besonders zur Zeit Bernhards II. keineswegs immer im besten Einvernehmen. Bernhard II. war es, der Adalberts Burg auf dem Süllberg zerstört und sich an der Alster die "Neue Burg" auf dem Platze der späteren Neustadt im Nikolai Kirchspiel erbaut hat. Wenn also eine Prägung für Hamburg in Frage kommt, kann sie sowohl herzoglich wie etwa auf Grund der um die Mitte des 10. Jahrhunderts gefälschten Urkunde von 888 erzbischöflich gewesen sein. Prüfen wir zuerst die Befunde an Münzen geistlichen Charakters, so ergeben sich fast gar keine Anhaltspunkte. Der Fund von Farve, überreich an dicht benachbarten billungischen Geprägen aller Art, enthielt keine einzige Münze, die auf Hamburg als erzbischöfliche Münzstätte gedeutet werden könnte. Ist doch selbst die Bremer Münzreihe des Erzbischofs bis auf Liemar eine so arme und unsichere. Allerdings haben wir bei Adam von Bremen die vielfach angeführte Äußerung eines griechischen Abenteurers, der sich rühmt, aus Kupfer Gold machen zu können und: quod cito faceret apud Hammaburg monetam publicam ex auro fieri et pro denariis bizantios dari. Ich glaube nicht, daß diese Stelle Rückschlüsse gestattet. Unser Münzvorrat gibt wiederum kaum einen Anhaltspunkt. Selbst für Bremen und Adalberts friesische und rheinische Münzstätten (1057 Garreweer und Winsum, 1065 Duisburg verliehen) bestehen bei den versuchten Zuteilungen an diesen Erzbischof nur Vermutungen. Nicht viel weiter führt es, wenn man Adalberts Beziehungen zu Duisburg in Verbindung bringt mit offenbar niederelbischen Nachahmungen Duisburger Vorbilder. Einmal sind sie vor 1060 entstanden (Dbg. 1293 = Voßberg 300 [58]), und ferner deuten sie in nichts auf einen geistlichen Münzherrn hin. Dasselbe gilt von dem Pfennig Dbg. 1292 [59], auf dem Hooft van Iddekinge und Menadier den in Kreuzform geschriebenen Stadtnamen BAR {mit I über sowie M unter dem A} = Hamburg erkennen, Hooft allerdings in der Umschrift auch ARC = archiepiscopus lesen wollte. Endlich gehört Dbg. 1789 hierher. Bei allen Stücken ist aber ebensogut an Bardowiek wie an Hamburg zu denken, und wenn schon ein hamburgischer Ursprung angenommen werden soll, so sind die fraglichen Pfennige weltlich, d. h. herzoglich. Darin begegnet sich meine bereits Zweite Veröffentlichung S. 24ff. ausgesprochene Meinung mit der Buchenaus, der ebenfalls sehr wohl eine Münzung in der Herzogsburg für möglich hält und erwägt, ob nicht etwa die Thietmarus- oder die Monogramm-Pfennige mit ᄃT hier unterzubringen seien. Aber das sind alles Vermutungen, die nur erkennen lassen, daß Hamburg eine namhafte und etwa mit Bardowiek oder selbst Stade zu vergleichende Münzstätte damals nicht gewesen ist.

Dasselbe kann noch mit mehr Recht von Aldenburg gesagt werden, dem 968 gegründeten nordelbingischen Bischofssitz, der später nach Lübeck verlegt wurde. Buchenau hält in Aldenburg byzantinische und andere Nachprägungen für möglich und denkt vor allem daran, ob hier nicht der Wendenfürst Uto und sein christlicher Sohn Gottschalk, der 1066 der heidnisch-slawischen Reaktion zum Opfer fiel, gemünzt haben könnten? Das führt dann weiter zu der Frage, ob überhaupt die Slawen an den Nachprägungen des 11. Jahrhunderts beteiligt gewesen sind? Ich möchte sie bejahen. Die vielen und großen Münzfunde deuten doch wohl darauf hin, daß den Slawen das Silber in gemünztem Zustande geläufig und willkommen war, selbst unter der Voraussetzung, daß die Münzen nur als Silber gewertet und im Tauschhandel zugewogen wurden. Tribute in Silber aus dem Slawenlande sind häufig bezeugt, und man glaubt annehmen zu können, daß im Slawenlande selbst schon vor der Entdeckung der Goslarer Schätze bedeutende Silbervorräte vorhanden gewesen sind. Das würde die Annahme von slawischen Nachprägungen deutscher, dänischer und byzantinischer Münzen nur unterstützen. In Frage dafür kamen natürlich in erster Linie die Handelsorte an der Ostsee, die uns wie Hedeby-Schleswig als solche belegt sind, etwa Reric, Demmin, Camin, Kolberg, und vor allem Jumne oder Jumneta, das sagenhafte Vineta auf der Halbinsel Usedom. Wir haben bereits für die Dorstat-Nachprägungen des 10. und 11. Jahrhunderts diese Orte herangezogen, und wenn auch von diesen leichten Münzen keine unmittelbaren Beziehungen zu den deutschen Pfennigen der sächsischen und salischen Kaiserzeit führen, so spricht doch gerade die Zusammensetzung des Lupower Fundes, der neben Nachbildungen von Pfennigen des friesischen billungischen Fahnentyps, Agrippinern, Otto-Adelheid-, Sachsenpfennigen und böhmischen Einflüssen [65-70] namentlich auch sehr viele Pfennige mit Anklängen an dänische [71-75] und angelsächsische Münzen enthält, für eine Prägetätigkeit an der Ostseeküste, denn dänischer Einfluß war in diesen Küstenorten im 11. Jahrhundert vorherrschend. Noch die bereits dem 12. Jahrhundert angehörenden kleinen Pfennige mit Doppelkreuz und Turmgebäude, die der Fund von Prag (um 1130) und der von Daelie in Norwegen (um 1200) enthielt [76], und die offenbar in den nördlichen Slawenländern entstanden sind, lassen diesen Einfluß erkennen.

Klarer erkennbar treten die Slawenländer aber erst während oder nach der großen Kolonisationsbewegung, die seit der Mitte des 12. Jahrhunderts von mehreren Seiten begann, in die deutsche Münzgeschichte ein. Zwischen diesem Zeitpunkt und dem Aufhören der Denar- und Hacksilberfunde des 11. Jahrhunderts klafft für unsere Erkenntnis noch eine Lücke, die vielleicht in den slawisch-heidnischen Emanzipationsbestrebungen, die mit dem großen Aufstand von 1066 einsetzen, zum Teil ihre Erklärung finden mag. Die weitere Münzgeschichte aber der Gebiete, die den Gegenstand unserer Darstellung bilden, knüpft an derselben Stelle an, von wo bisher die Prägungen für den Osten vorzugsweise ihren Ausgangspunkt genommen hatten, in den Münzstätten der Unterelbe. Aber freilich der Schwerpunkt, der bisher in Bardowiek und anderen linkselbischen Münzstätten gelegen hatte, verschob sich auf das rechtselbische Gebiet. An Bardowieks Stelle trat, und nicht nur in dieser Beziehung, sondern ganz allgemein infolge der kolonialen Entwicklung das durch seine ungleich bessere Lage zur künftigen Handelsmetropole an der Ostsee bestimmte Lübeck, und zwar bereits von dem Moment an, wo Heinrich der Löwe diese Gründung des Grafen Adolf von Holstein in seine Hand gebracht hatte (1158). Bardowieks Schicksal war damit bereits besiegelt, bis dann die Zerstörung von 1189 seine alte Handelsstellung an der Unterelbe fast gänzlich vernichtete. Helmold berichtet (I. 85), daß Heinrich der Löwe alsbald nach der Besitzergreifung in Lübeck eine Münzstätte errichtet habe. Daran ist nicht zu zweifeln, aber trotzdem liegen die Anfänge dieser lübischen Münze für uns noch ziemlich im dunklen. Die Zuteilungen der erhaltenen Münzen für die Zeit bis zum Sturz des Löwen 1180 und dem Übergang der lübischen Münzstätte auf den Kaiser schwanken außerordentlich und werden noch unsicherer durch die Möglichkeit von wenig späteren bischöflichen Münzen in Lübeck und die Gepräge der benachbarten Münzstätten, besonders von Hamburg und Stade. Sicher gehört in die Zeit Heinrichs des Löwen nach Lübeck der durch seine Umschrift deutlich redende Pfennig Nr. 108 des Nordlüneburger Fundes [77], und Nr. 110 und 113 desselben Fundes schließen sich an [78-80]. Aus der Zeit nach 1181 wird als kaiserliches Gepräge Nr. 112 = Mödesse, Nr. 76 Tf. 27 stammen [81], und ihm folgen die durch den gekrönten Kaiserkopf mit Namen Friedrichs I. und vielleicht auch Heinrichs VI. oder verwirrten Umschriften gekennzeichneten Pfennige, die bereits aus dem Funde von Daelie Nr.40/41 und Nordlüneburg Nr.118 bekannt waren und letzthin (1912) im Funde von Kusey in der Altmark Nr.26-28 in vielen Exemplaren vorgekommen sind [82. 83]. Aus der Zeit dieser Prägungen haben wir auch die erste urkundliche Nachricht über die lübische Münze in dem bekannten Privileg Friedrichs I. von 1188 Sept. 19, worin der Stadt das Recht der Prüfung der Pfennige eingeräumt wurde. Die nächsten, nunmehr einseitigen Pfennige, die nach Lübeck gelegt werden, sind wieder völlig stumm. Sie gehören der Zeit der dänischen Herrschaft über Nordelbingien (1200-1225) an und zeigen in vielen Abwandlungen, die besonders dem Fund von Bünstorf bei Rendsburg entstammen, ebenfalls ein Königsbild [84-88]. Ihre Zuteilung nach Lübeck beruht in erster Linie auf diesem Münzbilde, das auch in der Bestätigungsurkunde Friedrichs II. von 1226 (Lüb. U.B. I. Nr. 35) neben der Verleihung des vollen Münzrechts den Lübeckern vorgeschrieben wurde (sub charactere nostri nominis) und als gekrönter Kopf durch das ganze Mittelalter hindurch für die Pfennigprägung beibehalten ist.

Neben diesen unter städtischem Einfluß stehenden kaiserlichen Prägungen sind nun neuerdings mehrere Pfennige geistlichen Ursprungs dem Bischof Dietrich I. von Lübeck (1186-1210) zugewiesen worden, der hier nach dem Sturze des Herzogs ein Münzrecht ausgeübt habe. So groß die Bedenken dagegen vom verfassungsrechtlichen Standpunkt sein mögen, wird man doch zugeben müssen, daß der Kuseyer Pfennig 29 (Menadier 42) [90] durch seine Umschriftzeichen wie die den kaiserlichen Pfennigen völlig entsprechende Kreuzseite Anlaß zu dieser Deutung geben. Ob das auch für den Pfennig Nordlüneburg 115 = Mödesse 77 [89], der offenbar älter ist, und die einseitigen jüngeren Daelie Tf.9 Nr.48-50 sowie die Bünstorfer Pfennige 68, 80 [91] und 103 trotz ihrer stilistischen Verwandtschaft mit den Kaiserpfennigen zutrifft, mag zweifelhaft erscheinen. Hierbei gerät nämlich die Zuteilung in Konflikt mit anderen geistlichen Münzstätten, Hamburg und Stade, die beide als erzbischöflich bremische Münzstätten neben Bremen selbst in Frage kommen.

Stade hat in dieser Zeit sehr wechselnde politische Schicksale gehabt, und dementsprechend ist auch seine Münzgeschichte eine recht bunte. Als Prägeherr kommt hier bis 1181 vor allem Heinrich der Löwe in Frage, und ihm werden Fiala Tf. IX. 38, 77 und 75, Nordlüneburg 107 [92], 111 [93], 110 und 113, letztere beide in Konkurrenz mit Lübeck, zugewiesen. Ihre Stader Herkunft ist durch die Umschrift in einigen Fällen gesichert (107. 111). Sichere Stader Gepräge dieser Zeit brachte auch der Fund von Catemin (Hannover) [94. 95]. Niederelbisch und der gleichen Zeit angehörend sind auch die Pfennige Nordlüneburg 114 [96] und 116 [98], sowie anschließend Pfennige von Catemin mit verziertem Kreuz und dreitürmigen Gebäuden, die auch zu den lübeckischen Geprägen Beziehungen haben. Sicher ist auch, daß nach dem Sturze Heinrichs des Löwen die Bremer Erzbischöfe wieder in Stade gemünzt haben. Es waren dies Siegfried (bis 1184) und Hartwig II., der dann als Anhänger der Welfen und Gegner des Grafen Adolf von Holstein von diesem 1191 aus Stade vertrieben wurde, worauf Adolf selbst die Grafschaft erhielt. Die Pfennige Nordlüneburg 115 = Mödesse 77 und Nlbg. 120 = Kusey 32 = Bünstorf 102 [99], Kat. Bahrfeldt 2276 sowie Kusey 31 (Men. 26) = Nordlüneburg 121 [100] kommen hier als geistliche Gepräge in Frage. (Vgl. auch Kat. von Höfken I Nr. 4.). Weltliche welfische Gepräge der Zeit nach 1200 werden unter den Bünstorfer Findlingen vermutet.

Die Zuteilung dieser Gepräge nach Stade ist aber stark umstritten. Die Mehrzahl der Forscher neigt vielmehr heute dazu, nach P. J. Meiers Vorgang eine erzbischöfliche Münze in der hamburgischen Altstadt anzunehmen und ihr die sämtlichen geistlichen Gepräge einschließlich der von Heineken für Lübeck beanspruchten Pfennige zuzuweisen. Diese Annahme einer erzbischöflichen Münze in Hamburg gründet sich bei P. J. Meier besonders auf jene Urkunde von 888, und ich habe bereits gezeigt, daß wir aus dem 10. und 11. Jahrhundert keine geistliche Münze für Hamburg nachweisen können. Für die Zeit Hartwigs liegen die Dinge freilich anders, und ich muß zugeben, daß ich für diese Zeit eine erzbischöfliche Münze in Hamburg doch für möglich und die Zuteilungen der niederelbischen geistlichen Gepräge nach Hamburg jedenfalls für wahrscheinlicher halte als für Lübeck, wo eine bischöfliche Münze neben der kaiserlich-städtischen aus allgemeinen politischen Erwägungen schwerlich Raum hat. Stade ist aber daneben auf alle Fälle zu berücksichtigen.

Ist also für die erzbischöfliche Münze in Hamburg-Altstadt ein Zweifel immer noch erlaubt, so ist dagegen die Existenz einer gräflichen Münzstätte in Hamburg einwandfrei urkundlich bezeugt, und zwar ist sie errichtet bei der Begründung der "Neustadt" Hamburg auf dem Gebiete der alten herzoglichen "Neuen Burg" kurz vor 1188 durch Graf Adolf III. (H. U. B. I 285). In dem Privileg Kaiser Friedrichs I. für Hamburg vom 19. September 1189 (H. U. B. I 286), das zwar ebensowenig wie das Lübecker Barbarossaprivileg in seiner ursprünglichen Form vorliegt, wird dieser Münze gedacht und den Bürgern, wie ein Jahr vorher den Lübeckern, das Mitaufsichtsrecht eingeräumt. Wir kennen auch Erzeugnisse dieser gräflichen Münze, und zwar einwandfrei in dem Pfennig aus dem Daelie-Funde Nr. 46, der ein Turmgebäude und in der Umschrift ADOLFUS erkennen läßt. Ihm schließen sich dem Typ nach Daelie 66 = Nordlüneburg 122 [103] und 124 (mit Kreuz im Tor, Kreuzzug Adolfs 1189/90?) [102] sowie die etwas jüngeren Pfennige von Hohen-Volkfin 13-16 [104. 105] an. Diese führen dann endlich zu den stummen Brakteaten des Bünstorfer Fundes [106-114], die man entsprechend den lübischen Königspfennigen gleicher Fabrik allgemein nach Hamburg in die Zeit der dänischen Besetzung legt und unter denen der auch bei Hohen-Volkfin (Nr. 19) vorkommende Pfennig mit der Krone im Tor (Nr. 3) [106] auf den dänischen König gedeutet wird. Ob auch der einseitige leichte Pfennig Nordlüneburg 123 = Mödesse 80 = Kusey 30 (Men. 27) [101] nach Hamburg und in die Zeit Adolfs gehört, ist mir noch zweifelhaft, da auch Stade nach 1191 als Münzstätte der Grafen in Frage kommt und offenbar eine nahe technische Verwandtschaft zwischen diesem und dem erzbischöflichen Pfennig Kusey 31 besteht. Die Mehrzahl der Forscher und Kataloge entscheidet sich mit Meier und E. Bahrfeldt indessen für Hamburg. - Ganz isoliert steht ein Brakteat des Fundes von Seega (Nr. 647. 0,61 g), den Buchenau dem Grafen Bernhard von Ratzeburg zugeschrieben hat und zu dem das Stück Kat. Cahn. 57 (1926) Nr. 245 (0,7 g) gehört [115].

Endlich muß auch noch der beiden Münzstätten gedacht werden, von denen die Prägungen der Unterelbe überhaupt ihren Ausgang genommen hatten: Bardowiek und Lüneburg. Bardowiek war nach dem Sturze Heinrichs des Löwen mit dem Herzogtum zunächst an den Askanier Bernhard, den Sohn Albrechts des Bären, übergegangen, und dieser hat hier bis zur Zerstörung der Stadt 1189 und wahrscheinlich darüber hinaus, wie aus Urkunden von 1197 und 1228 hervorgeht, eine Münztätigkeit ausgeübt, deren Denkmäler aus den Funden von Hohen-Volkfin, Daelie, Mödesse und Kusey namentlich P. J. Meier überzeugend nachgewiesen hat [116-120]. Von hier sind Pfennige Bernhards ausgegangen, die sich in Stil, Technik und besonders im Gewicht von seinen bekannten anderen Geprägen stark unterscheiden. Sie sind wiederum das Vorbild gewesen für Pfennige Ottos I. oder II. von Brandenburg und des Grafen Heinrich von Gardelegen in Salzwedel (1184-88), die ihm auch im Gewicht entsprechen [121-126]. Aus dem 13. Jahrhundert sind Bardowieker Gepräge nicht mehr bekannt. Endlich sind auch für die Münzstätte Lüneburg aus dieser Zeit Pfennige nachgewiesen, die von Heinrich dem Löwen und seinen Nachfolgern nach 1189 ausgegangen sind und bis 1293, dem Verkauf der Lüneburger Münze an die Stadt und das Land, reichen [127-134].

Die Tatsache, daß bei der Zuteilung an die letztgenannten Münzstätten Salzwedel und Lüneburg das Gewicht der Pfennige mit von entscheidender Bedeutung gewesen ist, führt nun zu der wichtigen Frage des Münzfußes. Auf Grund des Münzmaterials und der Feststellung von Münzherren und Münzstätten muß nunmehr im Zusammenhang dieses Material nach der metrologischen und eigentlich geldgeschichtlichen Seite hin untersucht werden, um zu zeigen, wie sich gegen Ausgang des 12. Jahrhunderts ein besonderer Münzfuß, der lübische, ausgebildet hat.

• Metrologie: Metrologische Untersuchungen zur Münzgeschichte des Mittelalters haben immer viel Bedenkliches, ja es gibt Forscher, die sie für unmöglich halten und ihren Ergebnissen keine Bedeutung beimessen. Ganz gewiß ist, daß für die Zeiten, aus denen wir urkundliche Überlieferungen über den Münzfuß haben, diese selten restlos mit dem Befunde der erhaltenen Münzdenkmäler selbst in Einklang zu bringen sind. Manche Fehlerquellen, die älteren Berechnungen zugrunde lagen, weiß man heute schon zu vermeiden, andere sind uns vielleicht noch verborgen. Was aber für das spätere Mittelalter gilt, gilt für das 10. bis 12. Jahrhundert ganz besonders. Kann es für die Zeit vom 13. Jahrhundert an m. E. unter vorsichtiger Verwertung und richtiger historischer Kritik der urkundlichen Quellen und sorgfältiger Prüfung des Münzmaterials wohl gelingen, brauchbare Ergebnisse zu erzielen, so stehen uns für die Frühzeit durchweg nur die Münzen selbst zu Gebote. Dazu fehlen in vielen älteren Monographien und Fundbeschreibungen wie in fast sämtlichen Katalogen Angaben über Gewicht und Feingehalt, und erst in neuester Zeit wird auf diese Dinge glücklicherweise allgemein größerer Wert gelegt.

Auf wie unsicherem Boden sich die Metrologie des früheren Mittelalters noch bewegt, besagt wohl am schlagendsten die Tatsache, daß schon die Grundlage aller Münzrechnung, die Gewichtsgröße der obersten Gewichtseinheit, nicht feststeht. Das gilt in erster Linie vom karolingischen Pfund, aber auch von der Einheit, die seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert mehr und mehr an seine Stelle getreten ist, der Mark. Während uns die heute weniger denn je gelöste Frage nach der Größe des Karolingerpfundes in unserem Zusammenhange nicht eigentlich berührt, wird über die Mark unten Näheres zu sagen sein, da für die Zeit seit dem Ausgang des 12. Jahrhunderts sie allein als Gewichtseinheit in Frage kommt und der lübische Münzfuß, sobald er in den Urkunden erkennbar ist, auf ihr beruht. Die Mark begegnet aber erst seit der Mitte des 11. Jahrhunderts auf deutschem Boden, am Niederrhein, wohin sie von England her eingedrungen ist. Der Münzfuß der Denare der früheren Epoche hat also noch das karolingische Pfund als Grundlage gehabt, aber der Münzfuß Karls des Großen selbst, die Ausbringung von 240 Denaren aus dem Pfund, war bereits im Verfall begriffen, als die niedersächsischen Prägungen Ende des 10. Jahrhunderts begannen. Wie schwer auch immer das Pfund gewesen sein mag, um die Wende des 10. und 12. Jahrhunderts gibt es in Deutschland nur noch wenige Münzstätten, deren Erzeugnisse das Gewicht des karolingischen Denars erreichen. Es beginnt die landschaftliche Differenzierung des Denars und jene seltsame, allen Münzsorten zu allen Zeiten eigene Entwicklung, die zu einer fortschreitenden langsameren oder schnelleren Verschlechterung in Gewicht und Gehalt geführt hat. Seit Endes des 10. Jahrhunderts tragen die Urkunden dieser Entwicklung bereits Rechnung, indem bei Münzrechtsverleihungen und ähnlichen Privilegien der Münzfuß eines bestimmten Prägeortes als Grundlage dient. Ganz deutlich spricht das eine Urkunde Heinrichs IV. für Augsburg aus, der 1061 dem dortigen Bischof gestattet, 30 Denare mehr aus dem Pfund zu pragen, als in Regensburg üblich war.

Prüfen wir darauf nun die Gepräge der niedersächsischen und niederelbischen Münzstätten, indem der karolingische Pfennig, entsprechend der heute wohl vorherrschenden höheren Ansetzung des Karolingerpfundes (Hilliger, Dopsch) mit etwa 409 g, zu rund 1,7 g Normalgewicht angenommen wird.

Die ältesten Denare Bernhards I. (Dbg. 585-89, Fiala 524-42) zeigen noch ein Gewicht von 1,5 g (die gleichzeitigen Otto-Adelheid-Pfennige wiegen im Durchschnitt aus 350 Stück der Funde von Dobra und Peisterwitz 1,35 g), die Bernhards II. von Lüneburg (Dbg. 590, Fiala 558-63 [16]) nur 1 g. Die gleichzeitigen Stader Pfennige des Grafen Heinrich (Dbg. 1607-09 [20-22]) 1,2 g, während die dort nach 1038 geprägten (Dbg. 720/21) und die Udos II. (Dbg. 1612, 1613 usw. [26-28]) mit 0,9 g darunter bleiben. Die sicheren Bremer Pfennige aus der Zeit Heinrichs II. (Dbg. 722723 [29]) wiegen durchschnittlich und bei starken Schwankungen 1,1 g, die Liemars [31] nur noch 0,65 g. Hier scheint der Einfluß der friesischen Pfennige erkennbar zu sein, die eine besonders große Verminderung erfahren haben. Die in Friesland entstandenen Billungermünzen Bernhards II. [32. 33] wiegen noch 1,1 g, die des Grafen Wichmann in Emmerich [39] 0,9 g, Graf Hermanns in Jever und Emden [35. 36] 0,8 g. Die friesischen Münzen des Fundes von Dietrichsfeld Nr. 10-12 [63. 64] gehen auf 0,77, 0,8 und 1 g und die Pfennige der Grafen Bruno und Egbert des 11. Jahrhunderts auf 0,67 (Bruno III., aus 77 Stück), 0,55 (Egbert I., aus 66 Stück) und 0,78 (Egbert II., aus 23 Stück) Dgw. zurück (Fiala 476-997ff.), während die Utrechter des Bischofs Wilhelm (1054-76) im russischen Funde (Men. IV, Nr. 28ff.) mit 0,56 und 0,61 g noch darunter bleiben. Im 12. Jahrhundert (II32) spricht man in Münster bereits von einer levis moneta, que est in Frisia, und wir wissen, daß die friesischen Küren schon in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts eine leichte einheimische Münze den Kölner Agrippinern entgegensetzen. Die sogenannten "Schuppen" des 12. und des 13. Jahrhunderts, als die letzten Ausläufer dieses leichten friesischen Geldes, wiegen nur noch 0,26 g und weniger (Tergast 12-48, Fd. von Prag 20: 0,2 g; 21-25: 0,19 g).

Demgegenüber folgen die nordelbingischen Billunger Denare mehr dem Gewicht der Münzstätten Lüneburg und Bardowiek. Wir verzeichnen für Thietmar (Dbg. 1291, Fiala 583-89 [43]) 1,1 g, für die Monogrammpfennige (Dbg. 1289 und 1290. [45]) 1 g, die Oddu me fecit Denare [44] (Dbg. 1288) allerdings nur 0,75 g.

Wichtig sind dann vor allem die Bardowieker Agrippiner. Die bis 1075 reichende ältere Gruppe der Köln-Andernacher Nachbildungen (Farve 25, Fiala 612/13, TI. IV, 19 und 20; Dbg. 454 [46]) zeigen ein Dgw. von 0,9 g, ebenso die Dietrichsfelder Nr. 14 [40], während Dietrichsfeld 15/16 auf 0,7-0,8 g sinken. Das würde mit für ihre friesische Entstehung sprechen. Auch die Agrippiner Typen des Lupower Fundes (Fiala II22/41) lassen ein Dgw. von 0,9 g erkennen. Die jüngere Agrippiner Gruppe (Typ Dbg. 1778 a-d, Prag 53, Baben 9 [47-50]) der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts hält an dem Dgw. von 0,9 g (im einzelnen aus 24 Stücken: 0,85; 0,9; 1 g; 0,83 g bei Prag) fest, und mit geringer Verminderung folgen endlich die Bardowieker Pfennige Heinrichs des Löwen (Fund von Bardowiek Nr. 1, 100 Stück = 837,5 g; Fiala 615-23 0,9 g [54]). Die Hälblinge (Dbg. 1779 = Baben 10-12; Prag 54, 56, 57 [51]) entsprechen dem mit 0,45-0,5 g.

Obwohl die Zahl der erhaltenen Münzen, die zur Zeit Heinrichs des Löwen nach Lübeck zu legen waren, nicht sehr groß ist, lassen doch die bekannten Einzelgewichte vermuten, daß diese Pfennige dem in Bardowiek befolgten Gewicht entsprechen. Für die Stücke 108, 110, 111, 11I3 und 114 [77ff.] des Nordlüneburger Fundes finden sich Gewichte wie dreimal 0,91 und zweimal 1,036 g. Auch die sicheren Stader Gepräge Heinrichs des Löwen (Nordlüneburg 107 und 111, Fiala 75 und 77 [92. 93]) gehören dazu (0,75-1 g), und wenn wir weiter seine Braunschweiger (Fiala II, 1-36) und Wegelebener Gepräge (Fiala 85-91) prüfen, finden wir auch hier überall ähnliche Gewichte. Die Fundstücke welfischer Münzen von Ägidienkloster, Mödesse, Akkemar und Saalsdorf bis Mitte des 13. Jahrhunderts zeigen sämtlich zwischen 0,7 und 0,85 schwankende Gewichte. Erst die Otto dem Kinde und Albrecht dem Großen zugeschriebenen Pfennige (Fiala 279ff.) aus den Funden von Saalsdorf, Ausleben und Gröningen schwanken nur noch zwischen 0,65 und 0,72. Dementsprechend zeigen die Gepräge Bernhards von Sachsen (bis 1202) aus den anhaltinischen Münzstätten ein Durchschnittsgewicht von 0,87 g, die brandenburgischen Pfennige z. B. Ottos I. aus den Funden von Kusey und Bömenzien (um 1190) 0,96, während die um 20 Jahre jüngeren Trebitzer Fundstücke 0,75 g aufweisen.

Zusammenfassend darf man sagen, daß zur Zeit Heinrichs des Löwen in den niedersächsischen und niederelbischen Münzstätten ein ziemlich gleichmäßiges Pfenniggewicht von rund 0,9 g vorherrschend war. Dasselbe Gewicht läßt sich auch in Mitteldeutschland, Thüringen, Meißen und in anderen Gegenden (Trier, Speyer, Mainz, Metz u. a.) feststellen, und es scheint, als ob hier überall eine Ausprägung der Mark zu 240 Pfennigen, d. h. dem Zählpfund, zugrunde liegt. Es ist der sogenannte "pfundige Pfennig", wie er in den Urkunden heißt, oder der "pfuntere" in Friesach. Auch im Sachsenspiegel (I, 3 Art. 43) und noch im Schwabenspiegel aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist von diesem Pfennig, hier sicherlich nur noch als Ideal, die Rede.

P. J. Meier hat nun vermutet, daß in den ersten Jahren nach dem Sturz Heinrichs des Löwen von den niederelbischen Münzstätten der neue leichtere Münzfuß ausgegangen ist, den wir alsbald auch in Bremen, Hamburg, Mecklenburg und Pommern antreffen und der in seiner weiteren Entwicklung und späteren Begrenzung gerade das Gebiet umfaßt, das wir als das des wendischen Münzvereins kennen. Die Funde von Kusey und Hohen-Volkfin haben uns mit aller Deutlichkeit gezeigt, in welchen Münzstätten die leichteren Pfennige, zunächst mit einem Dgw. von rund 0,55 g, in den achtziger Jahren des 12. Jahrhunderts Eingang gefunden haben. Dazu gehört in erster Linie Lübeck mit den unter kaiserlichem Gepräge gemünzten Pfennigen (Behrens 2, Kusey 26-28 [82. 83]), die unter Übergang zur Brakteatentechnik in den Bünstorfer Findlingen der ersten zwei Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts ihre Fortsetzung finden, ebenso die vermeintlich bischöflichen Pfennige (Kusey 29 [90]). Dasselbe Gewicht haben die leichten Pfennige Kusey 30 und 31 [100], deren Heimat, ob Hamburg oder Stade, für diese Frage von keiner Bedeutung ist. Die hamburgischen Turmbrakteaten des Bünstorfer Fundes [106-113] sind in Fabrik wie Münzfuß den lübeckischen unmittelbar verwandt. Es folgen nun die Gepräge, die P. J. Meier mit hoher Wahrscheinlichkeit nach Bardowiek verlegt hat. Sowohl der Brakteat Herzog Bernhards aus dem Hohen-Volkfiner Funde Nr. 11 [116] weist ein Dgew. von 0,558 g auf, wie auch die zweiseitigen Pfennige (Bahrfeldt, Brdbg. I, Nr. 99, Kusey 17-20) desselben Fürsten, die endlich das Gepräge und gleichzeitig auch den Münzfuß der Salzwedeler Prägungen Ottos I. und II. und des Grafen Heinrich (s. Anm. 144) bestimmt haben. Diese ganze Gruppe hat Dgew. von 0,56 g (Kusey 15-24 = Hohen-Volkfin 20-27 [121-126]). Gerade die Tatsache, daß im Kuseyer Funde diese leichten Salzwedeler Gepräge neben den schwereren brandenburgischen (Kusey 1-10) mit 0,94 Dgew. vorkamen und ebenso im jüngeren Bünstorfer Funde die leichteren Salzwedeler Nr. 197-206 neben den gleichzeitigen Denaren des Markgrafen Albrecht II. (bis 1:220) Nr. 180-195 = Bahrfeld I, 134-I63ff. und S. 135 mit 0,9 g läßt die engen münz- und wirtschaftsgeschichtlichen Beziehungen Salzwedels zum Gebiet der Niederelbe besonders deutlich hervortreten. Das abweichende Gewicht von Kusey 14 (vgl. Bahrf. 130 und 131) bei äußerer Ähnlichkeit mit den Salzwedeler Brakteaten spricht deshalb gegen diese Heimat.

Daß Lüneburg dem Bardowiek-Lübecker Münzfuß gefolgt ist, erklärt sich ohne weiteres aus der geographischen Lage der Stadt und ihren engen wirtschaftlichen Beziehungen zur Niederelbe. So finden wir denn schon im Hohen-Volkfiner Funde leichte Lüneburger Hohlpfennige aus der Zeit nach 1181 und von den Nachfolgern Heinrichs des Löwen (Nr. 1-10) mit einem Dgew. von 0,54-0,57 g = Fiala II, 260-78, und ebenso aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in den Funden von Lehmke, Kolkhagen und Harsefeld (Fiala II, 126-36, 161 ff., 297ff.). Schon die herzoglichen wie die etwas jüngeren gräflichen Rodenschen Brakteaten aus der Münzstätte Hannover folgen dagegen einem höheren Münzfuße.

Nach Westen hin hat sich der leichtere Münzfuß über Stade nach Verden und Bremen ausgedehnt. Von Stade ist schon eben die Rede gewesen. Die für diese Münzstätte in Frage kommenden Münzen aus der Zeit Erzbischof Hartwigs (bis 1207) [137. 138] entsprechen im Gewicht dem niederelbischen Münzfuß. Daß für Bremen dasselbe gilt, beweisen die Funde von Bünstorf (Nr. 68-101 mit Berücksichtigung der für Lübeck oder Hamburg in Anspruch genommenen Stücke), Sandstedt und Harsefeld, der ungefähr gleichzeitige von Bremen [136-138] sowie die späteren Funde von Brümmerlohe [138-140], St. Magnus, Siedenburg [141], Altenhuntorf u. a., die bis etwa 1275 hinaufreichen. Allerdings scheinen diese rohen geistlichen Gepräge der Unterweser im Silbergehalt schlechter zu sein.

Wieweit das Bistum Verden [144. 145] an den Prägungen dieser Zeit, wie sie die Unterweserfunde zutage gebracht haben, beteiligt war, steht nicht fest. Sicher ist, daß im Bistum Verden im 12. Jahrhundert Bardowieker Währung herrschend war und später neben dem bremischen der lübische Münzfuß.

Über die Münzstätte Minden scheint sich der lübische Fuß nicht verbreitet zu haben, denn die Gewichte der Hohlpfennige aus den Funden von Brümmerlohe (bis 1250) und Siedenburg, die etwa für Minden in Vorschlag gebracht sind, weichen mit einem Dgew. von 0,45 doch zu erheblich von dem Münzfuß der Urkunde von 1265 und einem Sollgewicht von 0,715 ab, als daß man sie nicht vielmehr nach Bremen oder Verden legen müßte. Im 14. Jahrhundert ist dann Minden zum schweren westfälischen Pfennig übergegangen. Auch Bremen hat sich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts dem Münzwesen der benachbarten westfälischen Gebiete mit seinem schweren Dickpfennig oder Swaren angeschlossen, doch sind Beziehungen zum lübischen Münzfuß auch später noch erkennbar.

Im Osten zeigen die ältesten mecklenburgischen Hohlpfennige aus den Funden von Bünstorf, Kanneberg und Roggentin [146-149] (um 1230-40) eine völlige Übereinstimmung mit dem lübischen Münzfuß.

Pommern dagegen hat sich in seinen ältesten Münzen, die bis in die Zeit Bogislaus I. (bis 1187) zurückreichen (Dbg. 6-16), mehr dem brandenburgischen Münzfuß angeschlossen mit Dgewichten von 0,86, die auch auf Rügen sowie unter den Nachfolgern, Bogislaus II. und Kasimir II. (bis 1219), zu erkennen sind (Dbg. 17 und 18). Dasselbe gilt von den Münzen des Bistumns Camin (Siegfried bis 1202, Dbg. 25, 25a und S. 163: 0,69-0,8). Auch die in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts fallenden Brakteaten Dbg. 26ff. gehören mit 0,7-0,8 g dazu. Im Gegensatz dazu zeigen die Brakteaten des Bünstorfes Fundes, die Dbg. (Zt. f. N. VII, 205-209 und Pommern Nr. 35, 36, 38, 42, 43, 45, 46, 47 [109. 110. 113. 114]) nach Pommern und wegen der Beizeichen im Tor speziell nach Demmin und Stargard legen wollte, den leichteren lübischen Fuß, wie ihre auch im Stil gleichen Fundgenossen. Galster hat deshalb, wie mir scheint, mit gutem Grund diese Gepräge alle unter die niederelbischen Münzstätten, besonders Hamburg, eingereiht (z. B. Nr. 12, 14, 15, 18, 28, 30), obwohl Menadier im Katalog der Berliner Schausammlung (S. 172) Darinenbergs Meinung gefolgt ist. Die gleichen Bedenken müssen gegen die Zuweisung des Turmpfennigs Bünstorf 264 [152] nach Magdeburg geltend gemacht werden, der im Gegensatz zu den Moritzpfennigen des gleichen Fundes (0,73-0,75 g) und den sicheren Magdeburger Turmpfennigen des Fundes von Trebitz 55 (0,8 g) das geringere niederelbische Gewicht hat. Allerdings dürften die wenig jüngeren Brakteaten mit Flaggendarstellungen wie Dbg. 40, 41, 48-50 [153. 154], die ein gleiches leichteres Gewicht aufweisen, nach Pommern gehören, und in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sehen wir sowohl zweiseitige (Dbg. 60ff.) wie einseitige Pfennige (Dbg. 91ff., vermutlich städtischen Ursprungs) aus den Funden von Hohenwalde [162-164], Alt-Bauhof [155-159], Succow und Broda mit Gewichten von 0,44-0,48 g sich mehr dem lübischen Fuß anschließen. Die Findlinge von Sarbske [161] und Filehne, die offenbar in den östlichen Teilen Pommerns entstanden sind (Dbg. 54-58), bleiben bald mit 0,2 g Dgew. erheblich darunter. Die zweifellos bereits unter vorwiegend städtischem Einfluß geprägten Pfennige von Anklam, Demmin [159-161], Greifswald [157. 158] und Stralsund [155. 156], wie sie die Funde von Hohenwalde und Alt-Bauhof brachten und die also noch dem 13. Jahrhundert angehören (s. besonders Dbg. 92 zu Anklam, 103 zu Demmin, 114, 115 und 117 zu Greifswald und 143ff. zu Stralsund), lassen es als ziemlich sicher erscheinen, daß diese pommerschen Städte früh einen Anschluß an den lübischen Münzfuß gesucht haben. Ebenso wie der mecklenburgische hat sich auch der pommersche Pfennig dann später schneller verschlechtert als der lübische, und diese Tatsache hat bei Rostock sowohl wie bei den pommerschen Städten ein Schwanken zwischen der Landeswährung und dem besseren lübischen Fuß zur Folge gehabt, das im einzelnen bereits der Geschichte des wendischen Münzvereins angehört.


• Feingehalt: Die Untersuchung hat bisher lediglich die Gewichte der Pfennige berücksichtigt und den Feingehalt, das zweite den Münzfuß bestimmende Moment, außer acht gelassen. Stieß aber schon die Feststellung des Gewichts auf die Schwierigkeit, daß entsprechende Angaben vielfach in den Fundbeschreibungen fehlten, so ist das hinsichtlich des Silbergehalts noch viel mehr der Fall. Die herrschende Meinung, daß die Zeit der sächsischen und salischen Kaiser einen absichtlichen Zusatz von unedlen Metallen nicht gekannt habe, sondern daß das Silber so vermünzt wurde, wie man es bestmöglichst zu läutern verstand, d. h. also etwa bis zu einer wirklichen Feinheit von 900 bis 930 Tausendteilen, läßt sich nicht widerlegen. Die Verschlechterung des Pfennigs und das allmähliche Abweichen vom karolingischen Münzfuß würde dann also allein in einer Verminderung des Gewichts bestanden haben. Man prägte eben aus dem alten karolingischen Pfund zunehmend mehr Pfennige, genau so wie später aus der Mark. Pfund wie Mark aber blieben als Zählbegriffe bestehen (1 Pfund = 20 Schillinge zu 12 Pfennigen; 1 Mark landschaftlich verschieden zu 10-16 Schillingen). Daneben bildete sich dann bei zunehmender Verschlechterung des Pfennigs die Mark nach ihrem wirklichen Silbergehalt als ein geldlicher Wertbegriff heraus unter Zugrundelegung eines lokal verschiedenen Markgewichts, das als Gewichts- oder Kaufmannsmark dem Gewicht der Prägemark keineswegs immer entsprach. Daß auch das 10. und 11. Jahrhundert bereits das Wiegen des Silbers, und zwar des gemünzten sowohl wie des ungemünzten gekannt und vielleicht sogar bevorzugt hat, beweisen die Hacksilberfunde des Ostens zur Genüge (s.o.). Die ersten urkundlichen Erwähnungen der gewogenen Barrenmark, der marca argenti, fallen in das ausgehende 11. und beginnende 12. Jahrhundert. Von der Feinheit des Silbers ist noch selten die Rede. Ich finde zunächst im Privileg für Bremen von 996 (Harnb. U. B. S. 62) die Bezeichnung publici ponderis et puri argenti, oder 1009 die ganz allgemeine Formel "forma, pondere et puritate" im Münzprivileg für das Bistum Speyer in Marbach (Jesse 53) und 1028 den Ausdruck "ex puro argento" in der Münzrechtsverleihung für Aquileja (ebd. 164) sowie ähnlich 1014 "moneta publici ponderis et puri argenti" in der Bestätigung der Rechte für das Erzbistum Bremen (Hamb. U. B. 61). Im 12. Jahrhundert kehren solche Ausdrücke häufiger wieder, wie z. B. 1111 im Privileg Heinrichs V. für Speyer (Jesse 79: in levius aut deterius), 1143 für Selz (Schöpflin, Alsatia diplom. I 224: sine ulla ponderis et puritatis diminutione), 1154 in Basel (ut pondere, puritate in melius mutata ... ), um 1160: denarii ... in precio vel in pondere viliores (Beyer, Mittelrhein. U. B. I 618), 1165 im Wormser Hausgenossenprivileg (Jesse 326, Vidimus von 1400: reinkeit und swere), 1189 in der Hamburger Urkunde (in pondere et puritate), 1190 in Köln (Jesse 109) usw. Außerdem lassen die seit dem frühen Mittelalter auftretenden Nachrichten über Münzfälschungen und die Bestimmungen der Gesetze über die Bestrafung der Fälscher vermuten, daß die Feinheit der Pfennige neben dem Gewicht früh eine gewisse Rolle gespielt hat. Auch die an sich unrechtmäßigen sogenannten "Nachmünzen" scheinen vielfach im Gehalt von den Vorbildern abgewichen zu sein. Eine Probe von Bardowieker Agrippinern der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts ergab z. B. nur einen Feingehalt von 707/1000, währen die Billungerdenare Dbg. 587 und 580: 815/1000 und 832/1000 aufwiesen. Heinrichs des Löwen Agrippiner aus dem Funde von Bardowiek sollen nach der Strich probe 800 Tausendteile fein sein. Irgendwelche metrologischen Schlüsse von Bedeutung lassen diese spärlichen Proben indessen nicht zu, und vor allem bleibt es sehr zweifelhaft, ob Feinheit und Gewicht vor dem 12. Jahrhundert bereits in ein festes Verhältnis und System gebracht sind, und also einen lokal verschiedenen Münifuß erkennen ließen. Gepräge und Gewicht waren offenbar doch noch das Ausschlaggebende.

Reicheres Material steht seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts für unsere Untersuchung zur Verfügung. Die fortan häufiger vorliegenden Feingehaltsproben der Funde aus der Brakteatenzeit bestätigen zunächst, daß auch jetzt noch das Gewicht der Pfennige von größerer Bedeutung ist als ihr Silbergehalt. Jedenfalls kann von einem Ausgleich etwa eines geringeren Gewichts durch höheren Feingehalt keine Rede sein. Für die brandenburgischen Pfennige z. B. des Fundes von Kusey, die schweren sowohl wie die leichteren Salzwedeler, ist ein gleicher Feingehalt von 850-950 (fortan immer in Tausendteilen) ermittelt. Sie waren also mit Berücksichtigung der für diese Zeit technisch erklärlichen Schwankungen ohne absichtlichen Zusatz aus lötigem Silber hergestellt. Fein in diesem Sinne waren auch die Braunschweiger und Hildesheimer Brakteaten des Mödesser Fundes (939) und wenig schlechter die leichteren Lüneburger Pfennige von Hohen-Volkfin (Fiala 260-78: 879-891; Fiala 126-136 und 161ff. durchschnittlich 900). Die Lüneburger Pfennige aus den Funden von Saalsdorf und Akkemar gehen auf 828-862 zurück (Fiala 138ft. und 279ff.). Leider fehlen von dem für die Niederelbe so wichtigen Funde von Bünstorf genauere Feingehaltsuntersuchungen, doch hat die Stichprobe von den für Lübeck, Hamburg und Mecklenburg in Frage kommenden Stücken etwa 15lötiges Silber ergeben.

Aus der Zeit bald nach der Vergrabung dieses Fundes haben wir nun aus unserem Gebiete auch die erste urkundliche Nachricht über den lübischen Münzfuß in einer allerdings undatierten, aber zwischen 1220-27 fallenden Aufzeichnung zum lübischen Recht folgenden Wortlauts: Item ius est, quod XXXa IIIIor solidi facient et obtinebunt examinatam marcam argenti, et si monetarius necesse habuerit, adicientur ei IIII or denarii. Also 34 Schillinge = 408 eventuell + 4 = 412 Pfennigen entsprechen einer geprüften oder feinen Mark Silbers. Über Art und Herkunft dieser Mark können wir nicht zweifelhaft sein. In den Urkunden, die über die Freilassung des von dem Grafen von Schwerin gefangengenommenen Königs Waldemar von Dänemark aus den Jahren 1224, 1225 und 1230 vorliegen, wird das Lösegeld in Marken Silbers nach kölnischem Gewicht festgesetzt, und sämtliche späteren Nachrichten bestätigen uns, daß die kölnische Mark im deutschen Norden das herrschende Münzgewicht gewesen und geblieben ist. Nur für Gold hat man sich später in Lübeck nach der sogenannten "Ludwigsmark" von Troyes gerichtet. Für das Silbergeld aber sind kölnische und lübische Mark identisch. Über den Feingehalt der Mark besagen die drei Urkunden übereinstimmend, daß sie fein sein soll bis auf 1 Lot, also 15lötig. Freilich handelt es sich in den drei Urkunden um die Barrenmark und nicht um die Prägemark als Grundlage der Pfennigprägung. Wir wissen auch und werden darauf zurückkommen müssen; daß der Sprachgebrauch des Mittelalters in der Verwendung der Bezeichnung "marca puri oder examinati argenti" oder deutsch "lötig" schwankt. Es bezeichnet bald das wirklich feine zusatzlose Silber, und zwar besonders in solchen Fällen, wo es sich um den Münzfuß und die Grundlagen der Geldprägung handelt, bald ein Silber, dessen Feinheit dem gerade geltenden Korn der Pfennige entsprach und sich durchweg deckte mit dem Gehalt des sogenannten Usualsilbers im Barrenverkehr (marca usualis argenti). Deshalb finden sich für die Gewichtsmark gemischten Barrensilbers die Ausdrücke "lötig" und "purum" oft in diesem Sinne. Neben dieser sachlichen Scheidung, auf die schon Grautoff (S. 28f. und 36) hingewiesen hat und die im großen und ganzen zutrifft, besteht aber eine zeitliche. Auch für die Hansestädte läßt sich nachweisen, was P. J. Meier für Hildesheim und Hannover gezeigt hat, daß in der älteren Zeit, d. h. etwa bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts, das Pfennigsilber an Feingehalt dem des Barrensilbers entsprochen hat und fast ohne Zusatz gewesen ist. "Argentum purum" aber bedeutet in dieser Zeit auch für das Barrensilber das wirklich feine Silber, d. h. natürlich fein im Sinne des Mittelalters. Ein Zusatz wird, wie in den Urkunden von 1224-30, besonders betont oder in anderen Urkunden das feine Silber im Gegensatz gestellt zu einem bereits gemischten Silber des lokalen Gebrauchs, z. B. im hamburgischen Schuldbuch 1300: decem marcas non puri sed Hamburgensis argenti oder 1306 "argenti nostri". Auch die Eintragung von 1290 (H. U. B. 852): 37 marcas et fertonem et dimidium Hamburgensis ponderis et argenti bedeutet Usualsilber, und in Lübeck findet sich dafür 1298 (Lüb. U. B. I 678) bereits die Bezeichnung: marca puri argenti Lubicensis. Als Beispiel für die Verwendung des Ausdruckes marca puri bei der Münzprägung für das gemischte Silber sei die Münzprobe von 1384 schon hier erwähnt (S. Kap. IV). Zunächst handelt es sich indessen um die Feststellung, daß die in der Rechtsaufzeichnung von zirka 1225 erwähnte Prägemark die damals übliche 15lötige gewesen ist, eine Annahme, die einmal auch mit dem Befunde der Pfennige dieser Zeit übereinstimmt und wofür wir bald weitere urkundliche Bestätigungen kennen lernen werden.

• Gewicht der kölnisch-lübischen Mark: Nicht so leicht ist dagegen die Frage nach der Gewichtsgröße der kölnisch-lübischen Mark zu beantworten. Da diese Frage aber nicht allein für die norddeutschen Verhältnisse, sondern ganz allgemein auch für die Metrologie des Mittelalters von großer Bedeutung ist, muß in Form einer Einzeluntersuchung näher darauf eingegangen werden. Freilich ist es noch nicht sehr lange, daß über das Gewicht der kölnischen Mark überhaupt Zweifel entstanden sind. Man nahm allgemein das Gewicht der kölnischen Mark in der Höhe an, wie es für das spätere Mittelalter und die Neuzeit mit geringen Schwankungen unzweifelhaft belegt ist und wie es 1837 noch dem Münzwesen des deutschen Münzvereins zugrunde gelegt wurde, nämlich mit 233,855 g. Auf diesem Gewicht beruhen deshalb auch sämtliche metrologischen Untersuchungen über den Münzfuß des mittelalterlichen Pfennigs im Geltungsbereich der kölnischen Mark. Erst die Forschungen von Hilliger haben diese Meinung zu erschüttern versucht. Indem Hilliger im Gegensatz namentlich zu Kruse in der Auslegung der wichtigen Kölner Urkunden von 1252 und 1282 andere Wege ging und die Unterscheidung zwischen einer Rechnungsmark zu 144 und einer Prägemark zu 160 Denaren ablehnte, gelangte er zu einem erheblich geringerem Gewicht der kölnischen Prägemark, nämlich 210,24 g, aus der 12 Schillinge = 144 und nicht, wie man bisher annahm, 160 Pfennige geschlagen wurden. Das gilt noch für die Zeit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, aus der uns in Köln durch glücklichen Zufall unversehrte Probedenare in größerer Zahl erhalten sind, auf deren Gewicht sich die Berechnung aufbaut. Ihr Feingehalt ist 900/1000. Daneben gab es nach Hilliger eine Kaufmannsmark zu nur 135 Denaren und eine Gewichtsmark zu 215,496 g. Neuerdings hat er dann aber auch von einer magna marca zu 160 Denaren gesprochen, aber an der kölnischen Mark schlechthin zu 210,24 g festgehalten. Der Wert von 215,496 g ist dann von B. Homan für die kölnische Mark aufgenommen und mit neuen Argumenten zu erhärten versucht. Aus den bekannten Reiserechnungen des Bischofs Wolfger von Passau sucht er zu beweisen, daß sich mit den hier gemachten Angaben nur eine kölnische Mark von 215,496 g verträgt, und er berechnet auf dieser Grundlage das Gewicht der von Wolfger eingewechselten Pfennigsorten. Tatsächlich scheinen die ermittelten Gewichte des Silbergehaltes der Pfennige mit dem Befunde der erhaltenen Münzen zu stimmen, wie als Stichprobe der Fund augsburgischer Pfennige von Wollishausen aus der Zeit um 1190-1200 zeigt, deren Mehrzahl ein Rauhgewicht von rund 0,8 g und zu 928/1000 fein einen Silbergehalt von 0,750 fein aufwies, während Homan 0,754 g berechnet. Allerdings ergab derselbe Fund fast die gleichen Resultate auch für die königlichen und herzoglichen Gepräge nach Augsburger Art, die man in Schongau und Donauwörth lokalisiert. Von beiden Münzstätten wechselt Wolfger Pfennige ein, die Homan zu 0,69 und 0,796 fein berechnet. Für Regensburg differiert Homans Berechnung zu 0,786 von der Muffats mit 0,7692. Aber selbst wenn die Berechnung stimmen sollte, scheint mir damit nichts für die kölnische Prägemark gewonnen; denn hier handelt es sich um Barren, die Wolfger mitführte und einwechselte. Ihnen kann also sehr wohl die Kaufmannsmark, ein mit der Münze nicht in Beziehung stehendes Gewicht von 215,496 g zugrunde gelegen haben. Gar nicht stimmen will aber Homans Berechnung der Friesacher Pfennige, deren Feingehalt er nach Wolfger mit 1,127 g angibt, während Luschin von Ebengreuth sie auf Grund eines umfangreichen Materials auf ideel 0,933 und tatsächlich 0,875 g fein und rauh 1,22 g berechnet. Der Grund dieser starken Abweichung ist allerdings in erster Linie auch eine verschiedene Auffassung der beiden Forscher über das zugrunde liegende Gewicht der Friesacher Mark, die Homan mit 224,4917 g annimmt, während Luschin sie mit der kölnischen Mark identifiziert und bei ihrer Größe sich nicht Hilligers und Homans Hypothese zu eigen macht, sondern dem französischen Forscher Guilhermoz folgt, der auf breitester Grundlage sich mit den metrologischen Fragen des Mittelalters beschäftigt hat. Er kommt (S. 429 und 432ff.) aus rein rechnerischen Erwägungen heraus zur Annahme einer theoretischen und mit der Mark von La Rochelle identischen kölnischen Mark von 229,4558 g, gleich der Hälfte des Pfundes zu 15/16 Unzen von Troyes. Hilligers Untersuchungen erkennt er wohl in vieler Hinsicht, wie in der Unterscheidung einer Münz- und einer Gewichtsmark im Verhältnis 9:10 an, hält aber doch den Beweis für die Annahme einer Prägemark zu 144 Denaren = 210,24 g nicht für erbracht. Einmal weist er aus einer Reihe von Urkunden des 12. und frühen 13. Jahrhunderts nach, daß es in Köln auch eine Mark zu 160 Denaren gegeben hat, die inzwischen auch schon Hilliger als magna marca anerkannt hat, und sieht auch in der Auslegung der Urkunde von 1282 keinen Gegenbeweis, wenn man hier eine Ausprägung zu 975/1000 fein annehmen müßte. Es handelt sich in mittelalterlichen Urkunden nicht immer um das praktisch Durchgeführte, sondern um die Absicht, die z. B. auch Philipp August von Frankreich bei der Ausprägung in Tournai zu 984/1000 fein bekundete. Dieser Einwurf ist um so mehr zu beachten, als durch Luschin von Ebengreuth auf Grund von Beobachtungen über die Fehlerquellen mittelalterlicher Münzung ein Unterschied bis zu 62½/1000= 1 Lot zwischen dem in den Urkunden vorgeschriebenen und von Luschin ((s. Anm. 146) als virtuell bezeichneten Feingehalt und dem heute mit unseren verfeinerten Methoden festgestellten bestehen kann. Ein Befund von 900 fein der Probedenare kann also sehr wohl einer virtuellen Feinheit von 962 oder mehr entsprechen, wie es die Urkunde von 1282 vorzuschreiben scheint. Guilhermoz hält es ferner für durchaus wahrscheinlich, daß die kölnische Rechnung der Mark zu 12 sol. = 144 Denaren in eine Zeit zurückgehe, wo die 144 Denare wirklich einer Gewichtsmark von 160 Denaren entsprochen hätten. Dabei sei auch auf die Proben aufmerksam gemacht, die Voßberg (Die preußischen Münzen, S. 65) von Denaren der Erzbischöfe Heinrich (bis 1235) und Konrad (bis 1261) hat vornehmen lassen und die einen Feingehalt von 14 Lot 14½ Grän und 13¾ Grän, d. h. also von 924 und 922 aufwiesen. Auch das Vorhandensein einer Kaufmannsmark zu 135 Denaren, die zur Mark von 144 Denaren im Verhältnis 15:16 steht und eine Mark zu 8 römischen Unzen minus 1 Lot (15:16) erkennen läßt, scheint nach Guilhermoz für seine Berechnung zu sprechen. Damit wäre dann die alte Unterscheidung einer Rechnungsmark zu 144 Denaren und einer Prägemark zu 160 Denaren wiederhergestellt.

Ganz neuerdings hat auch der Altmeister mittelalterlicher Numismatik Luschin von Ebengreuth in seinen eingehenden Untersuchungen über die Friesacher Pfennige sich mit der Frage befaßt, da er die alte Friesacher Mark bis zur Einführung der Wiener Mark (noch vor 1286) mit der kölnischen gleichsetzt. Luschin ist nun Guilhermoz gefolgt und baut seine durch die Fundergebnisse bestätigten Untersuchungen auf einer Mark von 229 g auf. Auch bringt er (S. 129, Zeile 56) als einen weiteren Beweis zwei Stale von Goldgulden aus dem Frankfurter Archiv von 1408 bei. Sie wiegen 3,482 und 3,480 g. Da aber die Gulden damals zu 66 Stück aus der kölnischen Mark geprägt wurden, ergibt sich ein Gewicht von 229,683 und 229,812 g. Mir scheint allerdings, daß die meisten rheinischen Goldgulden der Zeit ein höheres Durchschnittsgewicht haben. Auch in der Frage der Wiener Mark kommt Luschin zu neuen Ergebnissen. Homan hatte nachgewiesen, daß eine Wiener Mark von 280 g für das 13. Jahrhundert nicht paßt und aus einer Gleichung von 1240 sowie bei Wolfger zwischen Wiener und Kölner Mark und endlich aus Pegolotti (um 1340) eine alte Wiener Mark von 241-243 g berechnet, die der Regensburger wie der Troyes Mark nahe kommt. Demgegenüber gibt zwar Luschin die Existenz einer kleineren, älteren Wiener Mark zu, nimmt sie aber, wiederum Guilhermoz folgend, zu 258,138 g (Homan S. 3 meint irrtümlich 262 g), und die neue Wiener Mark zu 275,347 g an. Eine Schwierigkeit sei allerdings nicht verschwiegen. Indem Luschins (Zeile 56, S. 131) von Friesach ausgehende Untersuchungen zu einer Kölner Mark von 229 g führen, meint er offenbar im Anschluß an Hilliger, daß 144 aus der rauben und 160 Denare aus der feinen Mark geprägt seien. Damit erhält er ein Rauhgewicht für die kölnischen Pfennige von 1,593 g, die nun wiederum nicht zu dem Befund der Probedenare von 1225-97 mit 1,46 g passen.

Man sieht, wie hier die Meinungen auseinandergehen und jede mit der denkbar besten Begründung und Berechnung auftritt, deren relativer Wert für die mittelalterliche Metrologie hier recht deutlich wird.

Während nun einige Forscher die Hypothese Hilligers sich zu eigen gemacht haben, hat neuerdings Born, S. 236ff. Hilligers Beweisführung mit ausführlicher Begründung angefochten und ist mit anderer Auslegung des Bopparder Vertrages von 1282 und unter Herbeibringung weiterer urkundlicher Beweise für eine Mark zu 160 kölnischen Denaren zu dem traditionellen Gewicht von 233,89 g zurückgekehrt. Ich möchte dazu sagen, daß uns Hilliger zwar den Beweis für den Übergang zu der schweren Mark, den Zeitpunkt und Grund, schuldig geblieben ist. Daß aber ein solcher Vorgang nicht unmöglich ist, haben die schon erwähnten Untersuchungen über die Wiener Mark gezeigt, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von zirka 241-243 (Homan) oder 258 (Guilhermoz und Luschin) auf 280,614 g erhöht worden ist. Es müßte nun möglich sein, Hilligers Annahme nach dem Vorgange von Guilhermoz, Homan und Luschin an den Münz- und Gewichtsverhältnissen anderer Gegenden nachzuprüfen, wo die kölnische Mark in Gebrauch gewesen ist, und ich möchte das für das Gebiet des lübischen Münzfußes versuchen.

Allerdings greift auch Hilliger nach Niedersachsen hinüber und sucht seine Annahme zu stützen, indem er die Gewichte der Usual-Barrenmarken des 14. Jahrhunderts heranzieht und hier Gewichte findet, die dem der kölnischen Mark von 210-215 g nahe kommen. Diese Beweisführung mit Hilfe der Barrengewichte erscheint mir verfehlt. Wenn man die Denkmäler aus den Funden von Gandersheim, Wetteborn und Dardesheim, die Hilliger benutzt und denen sich die gleichaltrigen von Halberstadt, Sarstedt, Derenburg, Lubnice und Flensburg, wie die älteren des 11. und 12. Jahrhunderts von Lässig, Hirschfeide, Reichenhall, Fulda, Thurow, Regensburg, Rantrum, Schwaan und Bardowiek zugesellen, übersieht, erkennt man sofort die starken Gewichtsschwankungen. Das Gewicht der erhaltenen ganzen und unverletzten Markstücke, wenn wir die nicht sicher ergänzbaren halben und viertel Stücke, sowie die großen eckigen Barren des Regensburger Fundes mit 1925 g und den von Lässig zu 800 g einmal ganz ausscheiden, bewegt sich zwischen 155 und 368 g. Selbst Barren, die nach der Stempelung demselben Orte angehören, zeigen Unterschiede zwischen 242 und 294 g (Göttingen), 187 und 276 g (Braunschweig), 226 und 368 g (Hildesheim). Mit diesen Gewichten läßt sich schlechterdings nichts anfangen, zumal nachdem die frühere Anschauung allgemein aufgegeben ist, daß durch das verschiedene Rauhgewicht der verschiedene Feingehalt reguliert worden sei. Der Wert dieser Barren war nicht gleich, sondern sie wurden wohl im großen und ganzen in Anlehnung an ein Markgewicht gegossen, aber im Verkehr von Fall zu Fall zugewogen. Der Stempel der Stadt und des Silberbrenners garantierte lediglich den Feingehalt, der durchweg dem Pfennigsilber entsprach. So erklärt sich auch die von Hilliger (S. 196) nicht unbeachtet gelassene verschiedene Bewertung der Usualmarken in Pfennigmünze.

Es fragt sich jetzt, ob diese Bewertungen für die Berechnung des Gewichts der Mark heranzuziehen sind. Ich nehme dabei den Ausgangspunkt von den niederelbisch-lübischen Verhältnissen. Hier ist einmal seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Herrschaft der kölnischen Mark urkundlich (s. Anm. 171) belegt und ebenso der Gebrauch von gezeichneten Silberbarren bezeugt, obwohl davon keine Denkmäler auf uns gekommen sind Ich lasse zunächst die Urkundenstellen folgen, die von der Bewertung der Barrenmark in kurantem Gelde sprechen:
1250 _duas marcas nummorum pro marca argenti (lüb. Stadtbuch nach Grautoff S. 36 f. u. Oberstadtbuch § 100, Z. d. Ver. f.lüb. G. IV S.223ff.)_ 32 ß
1259 _ebenso (lüb. Oberstadtbuch)_ 32 ß
1265 _6000 marce puri argenti ... sive duo talenta denariorum Hamborgensis vel Lubic. monete pro qualibet marca computata (Mecklbg. U. B. 11 1035)_ 40 ß
1267 _1 Mark lötiges Silber = 28 ß (lüb. Stadtbuch, Grautoff S. 78)_ 28 ß
1292 _40 mr. Hamborgensis argenti, marcam pro 28 solidis (Hamb. Schuldbuch, Z. d. V. f. Hamb. G. VI S.500 Anm.96)_ 28 ß
1301 _50 mr. Hamborgensis argenti, computata qualibet marca pro 28 sol. denar. Hamborg. (ebd. S.506 Anm.132)_ 28 ß
1310 _1 Mark Silbers = 42 ß (lüb. Testament, Grautoff S.87)_ 42 ß
1311 _32 mr. puri argenti et unam marcam slavic. denar. valentes simul 100 den. slavical. (Lüb. U. B. 11, I 288) 1 mr. puri arg. = 51 sol. slav. = lüb._ 38 ß 3 Pf.
1320-30 _1 mr. argenti puri (Lüb. U. B. 11 S.956) =_ 43 ß 6 Pf.
1345 _pro qualibet marca puri argenti 5 florenos cum dimidio comput. 1 fl. = 8 ß (ebd. 11, 2 887)_ 5 fl 44 ß
1347 _ ... in puro argento Lubicensi secundum Coloniense pondus ... pro qualibet marca levare debent 45 sol. Lubic. denariorum legalium et valencium. (Riedei, Codex diplom. 11, 2 821)_ 45 ß
1348 _1 lötige Mark = 6 Mark wendischer Pfennige = 3 m. lüb. Pfen. (Mecklbg. U. B. X 6874)_ 48 ß
1349 _500 mr. puri ... , pro qualibet marca puri 3 sol. Mehrwert ais 1345 (45 ß) (Lüb. U. B. 11, 2 932)_ 48 ß
1350 _150 marcas puri argenti, quarum 100 marcarum qualibet marca puri constat 3 marcas et 18 denarios Lubicenses_ 49 ß 4 Pf.
de allis vero 50 marcis qualibet marca constat 3 marcas et 6 solidos Lubic. (lüb. Stadtbuch, Grautoff S. 31)_ 54 ß
1353 _1 marc lodic lub. tekens = 3 mr. 4 ß (Wittenborgs Handlungsbuch 100)_ 52 ß
1353 _pro qualibet marca puri 5 aureos Lubie. (1 fl =8 ß 6 Pf) (Lüb.U.B.175)_ 42 ß 6 Pf.
1355 _300 mr. puri argenti in denariis argenteis Lubic., semper 45 solidos denar. Lubic. argent. pro qualibet marca puri argenti (Lüb. U. B. 111 248 u. IV II8_ 45 ß
1357 _9 stucke sulvers, de weget 60 mr. lodie unde 3 lot lub. tekens, de marc vor 3½ mr. min 1 sol. (Wittenborg 218)_ 55 ß
1362 _1 mr. lötig=3Mark lüb.Pfennige (Mecklbg.U.B.XV 8991)_ 48 ß
1368 _pro qualibet marca puri 3 mr. Lubic. computata (Lüb. U. B. IV II4)_ 48 ß
1369 _ebenso (ebd. 111 679)_ 48 ß
1374 _1 löt. Mark =4 m.lüb. Pfennige (M. U. B. XVIII 10605)_ 64 ß
1374 _16½ mr. et 3½ ß = 5 mr. svlvers, dar brak 2½ ß penninghe an der wight (Geldersen 307)_ 1 mr. = 53 ß
1384 _600 Pf. Pfennige minus 7 ß in 179 mr. argenti puri (Hamb.Kämm.Rechn.)_ 1 mr. = 67 ß
1386 _157 mr. in puro argento in valore 537½ Pfund 4½ ß (ebd.)_ 1 mr = 68 ß 5 Pf
1386 _25 mr. ponderatas in fuso argento in valore 70 Pfund 17½ ß (ebd.)_ 1 mr = 56 ß 8 Pf

Diese Zusammenstellung greift freilich zeitlich über die zunächst in Frage stehenden Verhältnisse des 13. Jahrhunderts hinaus, aber es erschien nützlich, einmal ein größeres Material über die Bewertung der Barrenmark bereitzustellen. Damit müssen nun die urkundlichen Nachrichten über die Ausbringung der Prägemark verglichen werden. In Hamburg und Lübeek wurden aus der Mark geprägt (vgl. Tabelle I):
um 122534 ß 4 Pfenn.
125539 ß15½ lötig
129340 ß15½ lötig
130441 ß 6 Pfenn.14 lötig
132541 ß 4-6 Pfenn.14 lötig
seit Mitte des 14. Jahrh.48 ß13-14 lötig
1373-140848 ß9 lötig

Wir finden also, wenn wir zunächst nur die ältere Zeit in Betracht ziehen und bevor nach der Mitte des 14. Jahrhunderts eine Verschlechterung des lübischen Pfennigs eingetreten ist, die Mark Silbers gewertet zu 28-42 ß. Hilliger spricht (S. 196) auch noch von einer Mark zu 16 ß, aber das ist die Zählmark Pfennige, die in Lübeck im Gegensatz zu Köln und Westfalen in 16 ß geteilt wurde, vielleicht in Anlehnung an die Teilung der Gewichtsmark in 16 Lot oder auch an die alte Teilung in 8 Unzen oder Öre. Diese marca denariorum ist also ein Zählbegriff für 192 Pfennige und wird auch als marca parva von der Barrenmark unterschieden. Für die Feststellung des Gewichts der Mark ist sie nicht heranzuziehen. Ob die Acht-Teilung auf den alten sächsischen Schilling zu 8 Denaren zurückgeht, erscheint doch sehr zweifelhaft. Hilliger (S. 243) versucht diese Größe unter Gleichsetzung mit dem Lot für die Gewichtsbestimmung ins Feld zu führen, indem er einen karolingischen Denar zu 1,7 g (Karolingerpfund zu 409 g) als Grundlage des altsächsischen Schillings annimmt und auf diesem Wege (1,7 x 8 = 13,47 = I Lot x 16 = 215,52 g) zu einer kölnisch-lübischen Mark seiner oben mitgeteilten Berechnung gelangt. Wenn wirklich hier Beziehungen bestehen sollten, wird es sich doch lediglich um die Übernahme eines Zählbegriffs gehandelt haben, vielleicht in ähnlicher Weise, wie in Bremen und Oldenburg, wo eine Zählmark zu 10 ß belegt ist, in der Grote eine Anlehnung an das halbe Zählpfund = 120 Pfennige sehen will. Diese Mark zu 10 ß kommt übrigens auch im hansischen Kreise und für die Mark Sterlinge vor.

Prüfen wir nun die aus den Quellen ermittelten Werte für die Barrenmark näher, so finden wir zunächst, daß es mit zweien dieser Werte eine besondere Bewandtnis hat. Das ist die lübische Mark zu 32 und die hamburgische zu 28 Schilling Pfennigen. Die lübische Mark zu 32 ß, wie sie in den Stadtbüchern des 13. Jahrhunderts mehrfach vorkommt, ist auch aus dem Grunde besonders wichtig, weil sie während des ganzen Mittelalters als Vermögenseinheit der Schoßzahlung zugrunde gelegen hat. Hartwig hat aus den Jahren 1513 und 1571 zwei neue urkundliche Nachrichten beigebracht, aus denen hervorgeht, daß der Schoß immer erhoben ist von einer Zählmark zu 32 Schillingen. Einen weiteren Beleg hat Koppmann in seiner Rezension der Arbeit Hartwigs angeführt, der diese Berechnung schon in das Jahr 1222 zurückdatiert. Bemerkenswert ist, daß in dieser Notiz gesagt wird, die Mark gelte noch jetzt wie damals zwei Mark, d. h. Pfennige, wenn nicht zur "marca argenti" der Zusatz "puri" hinzugefügt werde. Letztere ist natürlich die in Pfennigen viel höher bewertete Usualmark. Wir haben in Lübeck also die Tatsache, daß die Schoßeinheit keine reelle und dem jeweiligen Silberwert des Pfennigs sich anpassende war (Wehrmann), sondern daß man sehr zu ungunsten der Schoßeinnahmen an der einmal vorgenommenen Tarifierung der Mark zu 32 der jeweils geltenden Schillinge in ständig sich verschlechternden Pfennigen festhielt. Im Gegensatz dazu tragen private Rechtsgeschäfte sehr oft in den Urkunden der Verschlechterung des Münzfußes Rechnung. Über die Zeit dieser Tarifierung kann ich Koppmann nur zustimmen, der sie im Gegensatz zu Hartwig sehr viel früher ansetzt als Anfang des 14. Jahrhunderts. Sie gehört offenbar in die Anfänge des lübischen Münzfußes und ist nach dessen Ausbildung mit der im Mittelalter so oft beobachteten Zähigkeit festgehalten. Ob die Grundlage der Bewertung in der Barrenmark oder in der Ausprägung der Mark zu 32 Schillingen zu suchen ist, kann mit Sicherheit nicht gesagt werden. Ich möchte ersteres vermuten. Wir haben keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Mark je zu 32 Schillingen ausgemünzt worden ist. Die älteste Nachricht, die von 34 Schillingen spricht, ist erst aus dem dritten Jahrzehnt des 13. Jahrhundert, während die aus dem Ende des 12. Jahrhunderts in größerer Zahl erhaltenen Pfennige mit dem Kaiserkopf (Kusey 26-28) alle nur ein Durchschnittsgewicht von 0,54-0,56 g aufweisen und 32 Schillinge = 384 Pfennige, also ein Markgewicht von höchstens 212,04 g ergeben würden. Das wäre eine vortreffliche Stütze für Hilligers Hypothese.

Neue Bedenken aber erheben sich, wenn wir die Wertung der Mark hamburgischen Silbers zu 28 Schillingen ins Auge fassen, die uns im Schuldbuch von 1292 und 1301 begegnete. Auch diese Bewertung ist, genau wie in Lübeck die Mark zu 32 Schillingen, während des ganzen Mittelalters beibehalten worden, und zwar ebenfalls als Grundlage für öffentliche Abgaben, "alle wedde und bote der statgesette und burspraken", wie es in des Bürgermeisters Langenbeck Bericht über den Aufstand des Jahres 1483 heißt.

Dieselbe Angabe, offenbar ebenfalls von Langenbeck, kehrt wieder in den Zusätzen zu einer in mehreren Abschriften und Fassungen verbreiteten hansischen Münzchronik, die der "Notitia" des Leibniz zugrunde gelegen hat. Langenbecks in einer Abschrift des 17. Jahrhunderts im Hamburger Staatsarchiv erhaltene Ausführungen besagen sachlich dasselbe wie der Aufstandsbericht: ... "spöre ick, dat oldinges up de mark hebben gegaen 28 Schilling unde darby hebben holden 15 Loht fynes sülbers." "Dat ok de mark so fyn is gewest, wysen uht olde penninge, de noch holden by 15 Loht, wo woll dar mehr gaen up de mark alse 28 Schillinge, so ick finde." Auch meint er, daß anfangs die gezählte Mark zu 16 Schillingen mit der Gewichtsmark zu 16 Lot übereingestimmt habe.

Worauf geht diese Wertung zurück? An eine Ausprägung der Mark zu 28 Schillingen = 336 Pfennigen kann unmöglich gedacht werden. Bereits Langenbeck sah, daß mehr als 28 Schillinge auf die Mark gingen, wozu dann die theoretische Erwägung über eine ursprüngliche Gleichsetzung von 16 Schillingen = 192 Pfennigen mit der Gewichtsmark schlecht passen will. Sobald hamburgische Münzen auftreten, entsprechen sie den lübischen. Es muß sich also um eine Mark Silbers in Barren gehandelt haben, und ich glaube auch die Herkunft dieser Mark gefunden zu haben. Es ist die Mark Bremer Silbers, die sich um die Mitte des 13. Jahrhunderts ausgebildet haben muß und fortan bis ins 15. Jahrhundert hinein die Wesermünzstätten in Hoya, Verden, Minden, Hameln, Rinteln, Oldenburg u. a. beherrschte und auch in Hannover und bis zum Harz neben der hannoversch-niedersächsischen Usualmark sich im Verkehr erhielt. Den Wert der Bremer Silbermark können wir einmal aus der Mindener Münzmeisterbestallung von 1265 berechnen, und zwar auf einen Feingehalt von 11 Lot 5 Grän. Dazu stimmt auch die für uns sehr wichtige Angabe in einer Urkunde von 1276 über den Verkauf einer Rente aus der Lüneburger Saline an ein lübeckisches Kloster. Darin werden 50 Mark argenti Bremensis für 400 Mark puri argenti verkauft, und wie aus den Rechnungsbüchern hervorgeht, ist jede dieser Marken bis 1628 mit 28 Schillingen lübisch bezahlt worden. Eine von Jungk (S. 46) nach Grote vorgenommene Berechnung auf Grund des lübischen Münzfußes von 1255 hat die Richtigkeit bestätigt, und ferner stimmt dazu eine Prüfung der Differenz von 12 Schillingen gegenüber der Bewertung der feinen Mark mit 40 Schillingeri lübischer und hamburgischer Pfennige, wie wir sie 1265 angetroffen haben. Endlich ergibt eine Urkunde von 1284 das gleiche Resultat. Im 14. Jahrhundert ist dann die Bremer Mark im Gehalt erheblicher schlechter geworden (1344: 8 Lot 14 Gr.) und infolgedessen z. B. in Hannover immer nur mit 24 Schillingen gewertet worden gegenüber 40-42 Schillingen für die lötige Mark hannoverscher, hildesheimischer und braunschweigischer Witte und Wichte. Jedenfalls kann man sagen, daß es im 13. Jahrhundert im niederdeutschen Verkehr eine Markgröße gegeben hat, die ihrem Wert nach 28 lüb. Schill. entsprach und daß dieser Wert tatsächlich auch der damaligen Mark zukam. Diese Mark hat früh - Langenbeck (a. a. O.) spricht in seinem Aufstandsbericht von den Zeiten "seligen heren Alfes, nomals gekledet to sunte Maria Magdalenen", d. h. also Graf Adolfs IV. von Holstein, des Siegers von Bornhöved 1227 - in Hamburg Eingang gefunden, ist hier als Einheit für die Bemessung von allerlei Abgaben beibehalten worden, auch als daneben eine höher bewertete feinere Mark im privaten Verkehr üblich geworden war, die im großen und ganzen dem Pfennigsilber entsprach. Bei den 1300 (H. U. B. 929) erwähnten Mark "non puri sed hamborgensis argenti" und den im Schuldbuch 1306 aufgeführten 12½ mr. argenti nostri wird es sich ebenso wie 1292 und 1301 (s.o.) gleichfalls um diese Mark zu 28 ß handeln. Auch aus Lübeck fanden wir im Stadtbuch zum Jahre 1267 die Bewertung einer allerdings lötigen Mark zu 28 ß. Grautoff (S. 79f.) hat diese Angabe bezweifelt und gemeint, daß statt "argenti" "angels" gelesen werden müßte und also Sterlinge gemeint seien. Nach seinen eigenen Angaben aber (S. 56) galt 1260 die Mark Sterlinge, die zu 13⅓ ß = 160 Stück ausgebracht wurde, 36 ß lübischer Pfennige. Das daraus sich ergebende Verhältnis des Sterlings zum lübischen Pfennig von 1: 2,7 (nach dem Feingehalt des Sterlings = 1,35 und des lübischen Pfennigs nach 1255 = 0,47 g berechnet 1:2,87) ist auch durchaus angemessen. Später galt dann der Sterling allgemein 3 lübische Pfennige, was sich aus der Verschlechterung des letzteren gegenüber dem konstanteren und erst unter Edward III. schlechter werdenden Sterling erklärt. Es steht also nichts der Annahme im Wege, daß die Mark zu 28 ß Silbergehalt auch in Lübeck bekannt gewesen ist, obwohl sie hier zurücktritt vor der zu 32 ß. Analog aber der Erklärung der hamburgischen Mark zu 28 ß kann auch von dieser lübischen zu 32 ß mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß sie nicht auf die Prägemark, sondern eine Barrenmark zurückgeht, die besser war als die hamburgische, aber geringer als die lübische marca puri oder examinati.

Wenn aber aus der Reihe der Bewertungen, die ich oben für die Mark Silbers mitgeteilt habe, die beiden durch besondere Verhältnisse bedingten Wertungen zu 28 und 32 ß ausscheiden, sind die dann noch bleibenden Schwankungen unerheblich und die vorkommenden Werte von der jeweiligen Prägemark nicht so sehr verschieden. Erst im 14. Jahrhundert finden wir stärker abweichende Bewertungen der Silbermarken. Sie erklären sich leicht aus den im einzelnen immer etwas verschiedenen Gewichten der Barren, genau so wie es uns die erhaltenen Markstücke der niedersächsischen Städte gezeigt haben. Allerdings ist auch das Schwanken der Pfennige in dieser Zeit zu berücksichtigen (s. u.).

Die Untersuchung über die lübische Barrenmark und ihre Wertung in Pfennigmünze hat gezeigt, daß mit ihnen für die Berechnung des kölnisch-lübischen Markgewichts nichts anzufangen ist. Die Wertung der Mark zu 28 und 32 ß darf auf keinen Fall zur Stützung der Hypothese Hilligers herangezogen werden. Es bleibt also nur die Prägemark übrig und der Befund der auf uns gekommenen Münzen selbst.

Der Fund von Kusey, der zuerst einen leichteren Münzfuß in ganz bestimmten Münzstätten im Bereiche der Niederelbe erkennen ließ, enthielt Lübecker Pfennige (26-28) [82. 83] zu 0,54-0,56 g, Hamburger oder Stader (30 u. 31) [100. 101] zu 0,57 und 0,54, Salzwedeler (11-13, 15, 16-24)[119-126] zu 0,56 g. Dem entsprechen die bis um 1200 reichenden Findlinge von Hohen-Volkfin [104-106. 116. 124-126. 128-133] mit Lüneburger Pfennigen (1-10) von 0,53, 0,54 (aus 169 Stück), 0,55 (aus 69 St.) und 0,57 g (aus 27 St.); ferner Bardowieker Gepräge Herzog Bernhards [116] mit 0,558 (aus 24 St.), Hamburger mit 0,54-0,58 und 0,6 g, sowie endlich Salzwedeler (20-27) mit 0,53, 0,56 und 0,59 g (aus 20 St.). Dazu kommen Fialas Angaben (260-78) für Lüneburger Pfennige der Zeit bis 1293 mit einem Durchschnittsgewicht von 0,55 g.

Die erste urkundliche Nachricht über den niederelbischen Münzfuß fanden wir erst aus der Zeit um 1225 (s. oben). Damals wurden 412 Pfennige aus der Mark geschlagen. Selbst wenn wir für die Zeit der Anfänge dieses Münzfußes nur eine Ausschrotung zu 400 Stück und als gewiß nicht zu hoch gegriffen ein Durchschnittsgewicht des einzelnen Pfennigs mit 0,55 g annehmen, kommen wir zu einer Prägemark von 220, anderenfalls 226 g, also Gewichtsgrößen, die doch sicherlich einer Mark von 229-233 g näherkommen als denen Hilligers von 210 oder 215 g.

Die Pfennige des nächsten großen niederelbischen Fundes von Bünstorf [85-88. 102-114. 127. 134. 137. 138. 150-152] entfernen sich kaum von diesem Gewicht. Allerdings ergibt eine rein mathematische Berechnung nur ein Durchschnittsgewicht von 0,5 g, aber eine nähere Prüfung zeigt, daß die Anzahl der Pfennige mit über 0,5 g die der leichteren nicht unerheblich überwiegt. Für Lübeck ist das Verhältnis beider Gruppen 20:9, für Hambmg 28:23, für Bremen 30:14. Für Salzwedel und Mecklenburg gilt dasselbe, und für Lüneburg, dessen Pfennige im Bünstorfer Funde, nach den beiden Gruppen geschieden, sich ziemlich die Wage halten, können die gleichaltrigen Funde von Lehmke, Harsefeld und Kolkhagen (Fiala II 126-36, 161ft, 297ff.) herangezogen werden, deren Pfennige sich im Durchschnitt zwischen 0,5 und 0,55 g bewegen. Bei einem grundsätzlichen Festhalten an absoluten Durchschnittsgewichten ist unter den gezeigten Umständen eine Abrundung der gewonnenen Zahl nach oben hier unbedenklich. Das Ergebnis ist, daß sich auch aus den Pfennigen dieser Zeit, auf die wir ganz gewiß jene urkundliche Nachricht beziehen können, eine Prägemark von annähernd 226 g ermitteln läßt.

Die nächsten Funde sind die mecklenburgischen von Kanneberg [153] und Roggentin [146-149], die in die Zeit von 1230-40 fallen. Das Durchschnittsgewicht der Pfennige beträgt hier 0,506 und 0,515 g (Oertzen 3-31). Damit nähern wir uns aber bereits der Mitte des 13. Jahrhunderts und der ersten absolut sicheren urkundlichen Grundlage für die Bestimmung des lübischen Münzfußes, die wir aus dem lübisch-hamburgischen Münzvertrag von 1255 gewinnen (H. U. B. 591; Lüb. U. B. I 218). Darin wird gesagt: quod novi denarii, qui nunc cuduntur in civitate nostra (d. h. Lübeck) et in Hammenburgh similiter XXX et IX solidi, duobus denariis minus, ponderare debent unam marcam, et albi essent de uno satin, scilicet wit bi satine. Der Wortlaut dieser wichtigen Urkunde ist durchaus eindeutig, und auch über die Bezeichnung albi ... de uno satin oder deutsch wit bi satine, d. h. 15½ Lot fein, sollte heute ein Zweifel nicht mehr bestehen. Die 15½lötige Mark also soll zu 466 Pfennigen ausgebracht werden. Ein Pfennig Durchschnittsgewicht von 0,5 g aber führt genau auf eine Prägemark von 233 g. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Funde der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, besonders die von Alt-Bauhof und Malchow aus der Zeit um 1260-70. Da damals die mecklenburgischen denarii slavicales den lübischen noch gleichwertig waren, können sie ohne Bedenken zur Ermittelung des Gewichts herangezogen werden. Der Fund von Alt-Bauhof [155-159. 163. 202. 203] aber enthielt neben mecklenburgischen und pommerschen Hohlpfennigen auch solche von Lübeck und Hamburg, deren Durchschnittsgewicht von 0,49 g, bezogen auf die Bestimmung von 1255, eine Prägemark von 228,34 g ergäbe. Auch der für hamburgische Pfennige des Fundes (Nr. 3-5 = Gaed. 1330/31 und 1317) [170] ermittelte Feingehalt von 900 widerspricht der Urkunde nicht, wenn man nach Luschin v. Ebengreuth (s. Anm. 146) für das feine Silber dieser Zeit den Ausgangspunkt von 15lötigem Silber = 938 fein nimmt. Endlich kommen einige kleinere Funde in Betracht, wie der von Stintenburg am Schaalsee [160], der lübeckische Königskopfpfennige zu durchschnittlich 0,5 g lieferte [180], der Fund von ölsdorf bei Winsen, dessen Beschreibung leider keine Gewichtsangaben enthält und ein niemals beschriebener Fund aus dem westlichen Mecklenburg, der bis in die Bünstorfer Zeit zurückreicht und zum Teil im Berliner Kabinett liegt. Er brachte unter anderen vielleicht nach Hamburg zu legende Turmpfennige [237-240] (s. auch Ölsdorf 17 und 18 Tf. 175, Nr. 55 und 56) mit ähnlichen Gewichten.

Nur unwesentlich hat sich der lübische Münzfuß gegen Ende des 13. Jahrhunderts verändert, wenn nicht schon die oben mitgeteilte Urkunde von 1265 mit der Gleichsetzung von 2 Pfund = 486 Pfennigen für eine Mark Silbers auf eine seit 1255 eingetretene leichtere Ausschrotung schließen läßt. Genau die gleiche Zahl von Pfennigen aus der 15½lötigen Prägemark treffen wir aber 1293 in Harnburg, als die Stadt die gräfliche Münze zunächst pachtweise erwarb. Hier heißt es (H. U. B. 868): duo talenta nummorum in pondere habeant ... pondus, quo pondere marcam argenti nobiscum est consuetudinis et soliturn ponderari. Et quod eadem duo talenta nummorum habeant et obtineant albedinem et puritatem debitam marce argenti examinati et puri, excepto valore dimidii lotonis. Ausdrücklich wird hier der Ausprägung das gleiche Markgewicht zugrunde gelegt, wie es bei der Barrenmark üblich war, eine feine Mark von dem um ½ Lot weniger feinen Prägesilber unterschieden und endlich als eine Bestätigung für die richtige Auslegung der Feingehaltsbestimmung von 1255 der Setin mit ½ Lot umschrieben. Leider fehlen aus der Zeit dieses Vertrages die entsprechenden Funde; denn der um 1280 anzusetzende von Hohenwalde enthielt in der Hauptsache mecklenburgische und pommersche Pfennige, die sich sowohl im Gewicht (durchschnittlich 0,43) wie Feingehalt (843 = 13½ Lot) bereits vom lübischen Münzfuß zu entfernen begannen, so daß um 1300 das Verhältnis zwischen beiden Pfennigsorten schon 1:1,33 war.

Erst aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts besitzen wir wieder ein reicheres Material aus den Funden von Ausleben und Gröningen, Lübeck I und Schwechow bei Hagenow. Mit Rücksicht darauf, daß einmal diesen Funden noch viele Stücke des 13. Jahrhunderts beigemischt waren und andererseits, daß seit dem zweiten Lübeck-Hamburger Münzvereinsvertrage von 1304 die nunmehr 14lötige Mark bereits zu 498 Pfennigen ausgebracht werden sollte, stehen die vorkommenden Gewichte, soweit sie überhaupt in den Fundbeschreibungen berücksichtigt sind, durchaus im Einklang mit einer Mark von 229-233 g. Im Lübecker Funde z. B., der vor der Mitte des 14. Jahrhunderts vergraben ist, zeigen die lübeckischen Pfennige ein Gewicht zwischen 0,47 und 0,52 g, und meine Feststellungen an zahlreichen, dem Typ nach in diese Zeit gehörenden Pfennigen der Staatssammlung ergaben, daß bis 1304 mit einem Durchschnittsgewicht von 0,48, dann 0,46 g gerechnet werden darf. Beide Durchschnittsgewichte ergeben zu 480 bzw. 498 Pfennigen eine Prägemark von 229 und 230 g. Ich möchte diese Untersuchung zeitlich nicht weiterführen, denn für das 14. Jahrhundert ist die Größe der kölnischen Mark zu 233 g unbestritten und auch aus den Münzen und Urkunden des wendischen Münzvereins ungefähr in dieser Höhe zu ermitteln. Soviel, glaube ich, hat die Untersuchung jedenfalls ergeben, daß während des 13. Jahrhunderts im Kreise des lübischen Münzfußes nach einer Prägemark geprägt ist, die zum mindesten erheblich schwerer war als die von Hilliger und Homan errechnete kölnische zu 210 oder 215 g und die sich offenbar mit einem Gewicht von 229-233 g durchaus verträgt. Allerdings ist damit für die kölnische Mark selbst unmittelbar nichts bewiesen, und doch spricht das Vorherrschen der kölnischen Mark im Nord- und Ostseeverkehr dafür, daß auch die Münzstätten der Niederelbe ihr Markgewicht vom rheinischen Westen übernommen haben. Auch die Tatsache, daß die englische Sterlingsmark oder Towermark sich mit der kölnischen, und zwar einer solchen zu 160 Denaren, deckte, dürfte bei den Beziehungen der Unterelbe zu England ins Gewicht fallen. Bemerkt sei noch, daß es in Lübeck auch eine sogenannte "Ludwigsmark" gab. Sie wird aber lediglich für Gold verwendet und entspricht der Mark von Troyes. Sie war 1341 um wenige Gramm, 2½ Sterlingsgewichte, leichter, also rund 242 g.

Nach Abschluß dieses Exkurses ging mir Hilligers Aufsatz über "Die angebliche Kölnische Mark von 229, 456 g" zu (BI. f. Mfr. 1926, S. 534ft). Hilliger prüft hier zunächst die Berechnungen von Guilhermoz und weist nach, daß seine theoretische kölnische Mark zu 229, 456 g, die sich angeblich mit der alten englischen Towermark und der Mark von La Rochelle deckt, ein Rechenfehler ist. Er zeigt dann ferner, daß auch die Versuche von Luschin v. Ebengreuth, das von Guilhermoz errechnete Gewicht durch die Frankfurter Guldenstale und zwei mittelalterliche Gewichtsstücke aus Erfurt und Nordhausen zu stützen, verfehlt sind. Hilliger kommt zu dem Schluß, daß die im 13. Jahrhundert aufkommende kölnische Mark zu 160 Den., die "magna marca", bereits 233,8 g gewogen hat. Auf seine früheren Untersuchungen über eine ältere und kleinere kölnische Mark kommt Rilliger nicht zurück. - Für meine Untersuchung, die z. B. in der Frage der Verwertung der Guldenstale bereits Bedenken geäußert hatte, ergibt sich aus Hilligers Kritik, daß wir für die niederelbischen Verhältnisse praktisch von vornherein mit einer kölnischen Mark von 233,8 g rechnen müssen. Ich glaube auch, daß die Ergebnisse meiner Wägungen sich damit werden in Einklang bringen lassen, zumal bei einer genügenden Berücksichtigung der bis zu einem gewissen Grade immer ungenauen mittelalterlichen Gewichtsermittelungen. - Bemerkt sei noch, daß Buchenau in seinen offenbar vor Kenntnisnahme von Hilligers Aufsatz verfaßten Ausführungen über die früheste niederelbische Hohlprägung (BI. f. Mfr. 1926, S. 557) zu dem Ergebnis kommt, daß sich die Gewichte der Pfennige dieser Zeit mit einer Mark von 229 g vertragen.



Drittes Kapitel
Der lübische Münzfuß, seine Entwicklung und Verbreitung bis zur Ausbildung des wendischen Münzvereins.

Die Darstellung der Münzverhältnisse Niederdeutschlands im 10.-12. Jahrhundert und der Ausbildung des lübischen Münzfußes hat uns bis an die Wende des 13. und 14. Jahrhunderts geführt. Noch trennen uns 3-4 Jahrhunderte von der Entstehung des wendischen Münzvereins, aber schon, jetzt sind sein Verbreitungsgebiet und namentlich seine Träger, die Hansestädte, deutlich zu erkennen. Es waren zunächst Lübeck und Hamburg, die sich bereits 1255 zu einer gleichmäßigen Handhabung des Münzwesens verbunden und dieses Münzbündnis 1304/05 erneuert hatten. Dieser Bund, der für beide Städte den gleichen Münzfuß und den gegenseitigen Umlauf ihrer Pfennige vorschrieb, ist der Ausgangspunkt der weiteren Ausbreitung und Festigung des lübischen Münzfußes geworden. Allerdings findet die Münze bei der Erneuerung des allgemeinen Bündnisses beider Städte 1306 (Lüb. U. B. II 199, Hamb. U. B. II 80) keine Erwähnung wieder, an dem tatsächlichen Fortbestand des Münzbundes ist aber trotzdem nicht zu zweifeln. Hamburgische und lübische Pfennige gelten auch in den Urkunden immer als gleichwertig, und die urkundlichen Angaben werden durch den Befund der erhaltenen Münzen bestätigt.

Der lübisch-hamburgische Münzbund ist aber zugleich auch das erste Beispiel in der deutschen Münzgeschichte, daß zwei Städte selbständig über die Münze verfügen. Das einleitende Kapitel hat schon gezeigt, aus welchen Gründen die deutschen Städte Einfluß auf das Münzwesen zu erlangen suchten und wie ihnen das zum guten Teil im Rahmen der Münzvereine gelungen ist. In den meisten Fällen waren diese Bestrebungen jedoch erst im Verlaufe des 14. Jahrhunderts von Erfolg gekrönt, aber die Anfänge städtischer Münzgerechtsame reichen viel weiter zurück, und obwohl eine allgemeine Darstellung der Geschichte des städtischen Münzrechts in Deutschland hier nicht die Aufgabe sein kann, müssen doch die Hauptmomente der Entwicklung, namentlich mit Beziehung auf die niedersächsisch-wendischen Städte, herausgehoben werden. Das früheste Beispiel einer städtischen Mitbestimmung in Münzsachen ist ein Privileg Heinrichs V. für Speyer vorn Jahre 1111, das sich gegen den Bischof als Münzherrn richtet und ihm verbietet, die Münze ohne Zustimmung der Bürgerschaft zu verschlechtern. Friedrich I. bestätigte 1182 diese Zusicherung, und als der Bischof trotzdem geringere Pfennige prägen ließ, entstanden Zwistigkeiten, die erst 1196 durch Kaiser Heinrich VI. zugunsten der Stadt und des gleichfalls beteiligten Stadtklerus entschieden wurden. Trotzdem ist die Stadt bis auf eine vorübergehende Hellerprägung im Mittelalter nicht zur Ausübung eines Münzrechts gelangt. Das um die Mitte des zwölften Jahrhunderts aufgezeichnete älteste Stadtrecht von Straßburg läßt ebenfalls eine gewisse Beschränkung des Bischofs bei der Ausübung des Münzrechts durch die Bürger erkennen, und um 1152 sehen wir auch hier den Kaiser gegen eine Münzverschlechterung des Stadtherrn im Interesse der Bürger einschreiten. Namentlich beschränkte das Stadtrecht die Willkür des Münzmeisters und bestimmte, daß nur bei Vorkommen von Fälschungen die Münze ihrer Form, aber nicht dem Gehalt nach geändert werden darf und auch dann nur per consilium sapientium (Art. 61). Seit Ende des 13. Jahrhunderts im Besitz der Münzpolizei, wächst der Einfluß der Stadt bis zur käuflichen Erwerbung 1344. - In Trier findet nach dem Liber annualium iurium vorn Ende des 12. Jahrhunderts eine Münzerneuerung der erzbischöflichen Münze nur consilio priorurn Trevisensis ecclesiae ministerialium et burgensium statt. Auch späterhin hat die Bürgerschaft einen Einfluß auf die Prägung bewahrt, so 1275, als der Erzbischof versprechen muß, die Münze 5 Jahre lang nicht zu verändern, und 1377, als nach einem Schiedsspruch der Rat das Recht erhält, die kurfürstliche Münze zu prüfen und ihren Kurswert an der Wechselbank zu bestimmen. Zu einem eigenen Münzrecht hat es aber die Stadt nie gebracht. Der Mitte des 13. Jahrhunderts gehört das Baseler Bischofs- und Dienstmannenrecht an. Es enthält ebenfalls Bestimmungen über die Mitwirkung des Schultheißen und von drei Bürgern bei der Prüfung der Pfennige; doch ist auch in Basel die Stadt erst 1342 bzw. 1362 im Besitz der Münzpolizei und noch später (1373) durch Verpfändung zum Münzrecht gelangt (s. oben Kap. 1). - In Regensburg endlich gewannen die Bürger in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts einen gewissen Einfluß auf die dort gemeinsam vorn Bischof und Herzog geschlagene Münze, wie aus dem Schiedsspruch, den die Stadt 1255 zwischen den beiden Münzherrn fällte, hervorgeht, und noch deutlicher wird das in dem Vertrage von 1287, worin der Stadt ein beständiger Münzfuß für den Regensburger Pfennig zugesichert wird. Späterhin hat dann um 1400 die Stadt wohl im Auftrage der Münzherrn Pfennige mit dem Stadtwappen geprägt, ein eigenes Münzrecht aber im Mittelalter nicht erworben. - Ein in älteren Schriften viel angeführtes Beispiel früher städtischer Münzfreiheit, nämlich für Bern 1218, darf nicht mehr angezogen werden, da die fragliche Urkunde Friedrichs II. als Fälschung erkannt ist.

Hatten aber die alten Bischofsstädte im Süden und Westen des Reiches oft noch lange zu kämpfen, bis sie auf dem Wege des Vertrages, der Verpfändung oder des Verkaufs seitens der Münzherrn in den freien Besitz des Münzrechts gelangt sind, und ist das vielen von ihnen (Bamberg, Würzburg, Trier, Münster, Osnabrück u. a.) während des Mittelalters überhaupt nicht, spät oder nur in sehr bescheidenem Umfange (Speier, Mainz, Köln) gelungen, so hat unter wesentlich anderen Verhältnissen die Entwicklung des städtischen Münzrechts in den niedersächsischen wie in den kolonialen Gebieten östlich der Elbe um die gleiche Zeit erheblich schnellere Fortschritte gemacht. Hier gab es keine großen Kirchenfürsten, deren Druck auf den Städten lastete, und nach dem Sturze Heinrichs des Löwen keine mächtigen Territorialgewalten, die dazu auf die Dauer in der Lage gewesen wären. In den sächsisch-wendischen Ländern entfaltete sich deshalb sehr bald eine städtische Selbständigkeit, die auch münzgeschichtlich ihren Ausdruck gefunden hat. Vor allen anderen Städten war Lübeck nach dem Sturz des Herzogs eine so gut wie unabhängige Stadt geworden. Die von Heinrich hier angelegte Münze ging zwar zunächst in den Besitz des Kaisers als Herrn der Stadt über, aber unter den verschiedenen weitgehenden Freiheiten, die Friedrich I. am 19. September 1188 den Bürgern verlieh, wurde ihnen auch das Aufsichtsrecht über die Münze eingeräumt: Consules prerogativam habeant, ut tociens in anno monetam examinant, quociens velint, et si monetarius offenderit, emendet, et quicquid de emendatione provenerit, medium civibus, reliquum regie potestati cedat. Ein ganz ähnliches Recht erhielt schon im Jahre darauf Hamburg, worin es heißt: potestatem habeant examinandi denarios monetariorum in pondere et puritate. Für Stade hat man wohl zu unrecht aus den Worten einer Urkunde des Erzbischofs Hartwig II. von 1204 (Indulsimus ... eisdem civibus, quod eis pro educto annone, quam suo comparaverint argento, pecuniam repetere debeamus) auf eine Art Aufsichtsrecht der Bürger über die erzbischöfliche Münze geschlossen. Jedenfalls hat Stade erst 1272 das Münzrecht voll erworben. Dagegen wissen wir von Goslar, daß dort den Bürgern 1219 gestattet wurde, bei der Ausübung der Münzpolizei über die dortige kaiserliche Münze mitzuwirken, und später ist diese selbst völlig an die Stadt gekommen. In den vollen Besitz des Münzrechts ist zuerst von allen niederdeutschen Städten wieder Lübeck gekommen, und zwar durch die Verleihung Friedrichs II. in dem großen Privileg von 1226. Gegen eine jährliche Zahlung von 60 Mark Silbers erlangte die Stadt nunmehr die freie Verfügung über die Münze, und durch die Bestimmung, daß die Pfennige geprägt werden sollten "sub charactere nostri nominis" ist das Münzbild des gekrönten Königskopfes für Lübeck absolut festgelegt [180ff.].

Verhältnismäßig spät, 1293, hat Hamburg die Münze von den holsteinischen Grafen zunächst gepachtet und dann endlich 1325 käuflich erworben. Trotzdem hat die Stadt sicher schon im 13. Jahrhundert auf Grund des Privilegs von 1189 und der tatsächlichen Machtverhältnisse einen bestimmenden Einfluß auf die Münzprägung ausgeübt, worauf unter anderem auch der 1255 mit Lübeck abgeschlossene Münzvertrag schließen läßt. Allerdings hatten die Landesherren diesem Vertrage in der Form ihre Zustimmung gegeben, daß sie versprachen, in Hamburg die neuen, den Abmachungen entsprechenden Pfennige schlagen zu lassen und sie zu ihren Lebzeiten nicht zu verändern. Wenn auf den hamburgischen Münzen seit der Mitte etwa des 13. Jahrhunderts bis ins 16. Jahrhundert hinein das holsteinische Nesselblatt [167ff.] als Symbol des Landesherrn erscheint, so bedeutet das nicht viel anderes, als wenn Lübeck als Reichsstadt den Kaiserkopf als Münzbild annahm oder zahlreiche andere Städte auf ihren Siegeln in irgendeiner Form das landesherrliche Wappen anbrachten. Nach der Verpachtung der Münze an die Stadt 1293 wuchs natürlich deren Einfluß, und den zweiten Münzvertrag mit Lübeck sehen wir den Rat bereits abschließen, ohne daß eine besondere Zustimmung der Grafen bekannt ist.

Von den übrigen Städten, die uns später als Mitglieder des wendischen Münzvereins begegnen werden, hat Hannover 1241 ein Aufsichtsrecht und dann 1322 zusammen mit der Ritterschaft des Landes das Münzrecht käuflich erworben. Die Stadt aber hat von vornherein den maßgebenden Einfluß ausgeübt. Ebenso war es mit Lüneburg, wo 1293, also im gleichen Jahre der Verpachtung der Münze von Hamburg, die Städte und die Ritterschaft des Landes Lüneburg die Münze in der Stadt durch Kauf an sich brachten. Ein gewiß nicht zufälliges Zusammentreffen hat dann 1325 zugleich wieder mit Hamburg eine ganze Reihe wendischer Städte in den Besitz des Münzrechts gebracht. Es waren das Greifswald, Anklam, Stralsund und Rostock. Den Städten Greifswald und Anklam wurde in diesem Jahre die Münze unter Festlegung des Münzfußes von den pommerschen Landesherrn verkauft und ebenso an Stralsund, hier jedoch ohne alle Beschränkung. Seit 1389 durfte dann Greifswald mit Einwilligung der Landesherrn auch nach lübischem Fuß oder doch jedenfalls ebenso wie Stralsund prägen. Auch kleinere pommersche Städte waren in den Besitz des Münzrechts gelangt, so Demmin 1292, Stettin 1345, und in Kolberg ist 1302 von einem städtischen Münzmeister die Rede. Rostock, das vielleicht schon viel früher einen Einfluß auf die landesherrliche Münze in der Stadt ausgeübt hatte, erhielt 1325 das Privileg als alleinige Münzstätte in der Herrschaft Rostock. Auch die fürstliche Münze ging an die Stadt über. Der Münzfuß war der Stadt jedoch vorgeschrieben, bis sie 1361 auch dieser Beschränkung entledigt wurde. Endlich ist noch Wismar zu nennen, dessen fürstliche Münze 1349 an Heinrich von Bülow verpfändet wurde und wahrscheinlich 1353 durch Afterverpfändung an die Stadt gelangte. 1359 ist dann der Stadt die Münze zunächst auf 15½ Jahre von Herzog verpfändet, aber niemals eingelöst worden.

Neben Wismar und Rostock haben auch kleinere mecklenburgische Städte ein Münzrecht ausgeübt. Sicher ist das von Friedland (erwähnt 1343) und Parchim (Münzmeisterbestallung von 1384), aber auch die Wittengepräge des 14. und 15. Jahrhunderts von Neubrandenburg, Güstrow (Erwähnung der Münze zuerst J332/33), Malchin und Teterow scheinen städtischen Ursprungs zu sein, während die Münze zu Gnoien 1361 an die Stadt Rostock überlassen wurde und die Münzen von Neukaien und Waren sich selbst als Münzen der Herren von Werle bezeichnen.

Von den holsteinischen Städten hat Kiel bereits 1318 das Münzrecht. Eine jedenfalls städtische Münzprägung von Oldesloe ist nur durch die erhaltenen Münzen selbst bezeugt, während Itzehoer Geld auch urkundlich belegt ist. Endlich kann noch Flensburg in Schleswig genannt werden, dessen Münzen von der Stadt ausgegangen sind und 1358 zuerst urkundlich vorkommen. Von der Art dieser Münzen wird noch ·im einzelnen die Rede sein.

Ein kurzer Blick sei auch noch auf die binnenländischen niedersächsischen Städte geworfen, von denen mancherlei Beziehungen zu den wendischen Städten und Lüneburg hinüberführten. Auch ihnen gelang es meistens, durch Pachtung oder Kauf das Münzrecht von den Landesherrn zu erwerben. So erlangte Braunschweig 1296 ein Aufsichtsrecht, aber erst 1412 durch Kauf das volle Münzrecht. Göttingen kam auf demselben Wege 1382 dazu, von den brandenburgischen Städten Salzwedel 1314, Stendal 1369 und im gleichen Jahre durch Verpfändung auch Bremen. Alle wendisch-niedersächsischen Städte, die für uns als Münzstätten in Frage kommen, waren also um 1325 bzw. um die Mitte des 14. Jahrhunderts im Besitz der Münzgerechtsame. Da gleichzeitig der lübische Münzfuß in allen diesen Gebieten der durchaus vorherrschende war, lag der Gedanke an eine vertragliche Festigung greifbar nahe. Sicherlich ist das auch früh das Ziel der führenden Städte und namentlich der lübeckisch-hamburgischen Münzpolitik gewesen. Bereits eine Nachricht von 1307 will wissen, daß Hamburg die Städte Lüneburg und Wismar zu einem Münzkonvent in Lübeck eingeladen habe, doch ist näheres darüber nicht bekannt. Bezeichnend ist auch für die Folgezeit, daß von vornherein nur die Städte als die Träger des Münzvereinsgedankens erscheinen, ohne die fürstlichen Münzherrn der Nachbarschaft zu berücksichtigen. Das hatte seinen guten Grund nicht nur in den politischen Verhältnissen der ersten zwei Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts, als unter Führung des Dänenkönigs die norddeutschen Fürsten noch einmal gegen die Selbständigkeit der Städte ins Feld zogen, ohne aber trotz der vorübergehenden zweifellosen Erfolge, denen selbst Lübeck sich beugen mußte, auf die Dauer die städtische Entwicklung hemmen zu können. Daß dann gerade im Jahre 1325 eine Reihe von Städten in den Besitz des Münzrechts gelangte, darf vielleicht als symptomatisch angesehen werden für die erneut einsetzende hansestädtische Entwicklung gegenüber den fürstlichen Gewalten. Seitdem, und nach der Mitte des Jahrhunderts fast ausschließlich, ist die Geschichte des niederdeutschen Münzwesens allein von den Städten getragen worden, denen gegenüber die landesherrlichen Münzstätten immer mehr an Bedeutung verloren. Deutlich begann sich auch der Gegensatz zwischen der rein städtischen und der fürstlichen Münzpolitik fühlbar zu machen, indem bereits seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert die Landesmünze besonders im Osten, in Mecklenburg und Pommern, erheblich schneller der Verschlechterung verfiel als der lübisch-hamburgische Pfennig und das Geld der dem lübischen Münzfuß folgenden übrigen Städte.

Der lübische Pfennig war 1293 noch zu 480 Stück aus der 15½ lötigen Mark ausgebracht, um 1304 auf 498 Stück und 14lötiges Silber zu sinken (0,469 g rauh, 0,41 g fein). Auf diesem Stande finden wir ihn unverändert noch 1325 beim Verkauf der hamburgischen Münze an die Stadt, nur daß hier ein Spielraum von 2 Pfennigen gelassen wird (quadraginta solidos et sedecim aut octo decem denarios in pondere). Von diesem Münzfuß begannen zuerst die Pfennige der mecklenburgischen Fürsten aus verschiedenen Münzstätten sich zu entfernen. Ob bereits die Erwähnung von Marken lübischer und slawischer Pfennige nebeneinander in der gleichen Urkunde von 1272, 1279, 1282 usw. bis 1303 auf einen Unterschied schließen läßt, ist zweifelhaft, denn 1283 (Mecklbg. U. B. III 1695) werden ausdrücklich beide Pfennigsorten noch gleichgestellt, und die Funde haben uns ein gleiches Ergebnis gezeigt. Gegen Schluß des 13. Jahrhunderts hat sich dann der mecklenburgische Pfennig [204-207] verschlechtert, so daß 14-15 = 12 lübische gelten, und seit etwa 1300 ist das Verhältnis 1,33 : 1 (16 slaw. = 12 lüb.). Von 1324 an finden wir ein Verhältnis von 1,5 : 1 (18 slaw. = 12 lüb. Pf.) und endlich seit 1329 das seitdem dauernd beibehaltene von 2 : 1. Nur die Pfennige von Schwerin, wo der Bischof wie der Graf im Besitz eines Münzrechts waten und ersterer es bestimmt ausgeübt hat, waren etwas besser (18: 12). Schweriner Pfennige werden auch im 14. Jahrhundert (bis 1370) noch erwähnt. Es handelt sich dabei offenbar um bischöfliche Gepräge. Dem Bischof von Schwerin ist das Münzrecht wahrscheinlich in einer nicht erhaltenen Urkunde König Konrads von 1246 verliehen worden, und es sind auch eine Reihe von Pfennigen bekannt, die mit einiger Sicherheit für den geistlichen Münzherrn in Anspruch genommen werden dürfen. Das gilt besonders von zweiseitigen kleinen Pfennigen oder "Finkenaugen" der Bischöfe Albrecht von Sternberg (1356-64) und Rudolf II. von Anhalt (1364-65), die an dem Hauswappen der Herren kenntlich sind [213. 214]. Auch einige andere Gepräge, und zwar Hohlpfennige aus dem um 1280 vergrabenen Funde von Alt-Bauhof [212], auf denen man neben einem Krummstab den gekrönten Stierkopf oder einen gekrönten und einen mitrierten menschlichen Kopf zu erkennen glaubt, sind vermutungsweise für bischöflich schwerinsche gehalten worden. Die früher ebenfalls dazu gerechneten Hohlpfennige mit zwei gekreuzten Krummstäben werden heute allgemein dem Bistum oder der Stadt Kolberg zugeteilt [223]. Auch das Rostocker Geld war dem mecklenburgischen Landesmünzfuß gefolgt, bis die Urkunde von 1325 bestimmte, daß im ersten Jahre 6 Mark, im zweiten 5 und dann 4½ Mark Pfennige aus der rauhen Mark ausgebracht werden sollten. Damit erreichten die Rostocker Pfennige [208-211] einen besseren Kurs als die mecklenburgischen und standen zum lübischen im Verhältnis 3 : 2. Diesen Münzfuß hat die Stadt auch beibehalten, als sie 1361 von jeder Verpflichtung nach dieser Richtung hin befreit war; doch ist daneben auch schon und bevor Rostock dem wendischen Münzverein angehörte, eine Wittenprägung nach lübischem Fuß aufgenommen worden. Anders lagen die Dinge in Wismar, wo ebenfalls eine fürstliche Münzstätte bestand. Hier herrschte 1312 und 1313 noch die slawische Währung. Zwischen 1317 und 1320 empfingen die päpstlichen Kollektoren in Wismar aber bereits lübische Pfennige, und seit etwa 1324 war das lübische Geld hier durchaus vorherrschend. Ob unter städtischem Einfluß auch bereits nach lübischem Fuß geprägt ist, läßt sich für Pfennige, die wir in Stierkopfgeprägen suchen müssen, denn die Pfennige mit Stadtschild [200. 201] gehören erst dem 15. Jahrhundert an, nicht erweisen. Für die ältesten Witten ist es sicher, doch besteht hierbei auch die Möglichkeit, daß sie erst nach 1359 geprägt sind, als die Stadt mit dem Münzrecht zugleich auch die Erlaubnis erlangte, sich dem lübischen Münzfuß anschließen zu dürfen. Von den übrigen mecklenburgischen Städten haben Güstrow und Parchin nach lübischem, Güstrow daneben auch nach slawischem und Gnoien lediglich nach slawischem Fuß geprägt.

Neigte somit Wismar früh zu seinen westlichen Nachbarn, so suchte Rostock Anschluß nach Osten. Ungefähr um die gleiche Zeit wie in Mecklenburg begann auch in Pommern [216-223] die Landesmünze sich zu verschlechtern. In der Verkaufsurkunde der Münze an Greifswald und Anklam [219. 220] von 1325 war ein Münzfuß von 4½ Mark Pfennige = 864 Pfennigen aus der Prägemark festgesetzt worden. Das ergäbe zum lübischen Pfennig (498 aus der Mark) ein Verhältnis, das fast dem des mecklenburgischen Pfennigs entspricht. In den Schriftquellen finden wir aber immer eine für den pommerschen Pfennig zu günstige Relation von 3 : 2, ebenso für den Stralsunder Pfennig [216-218], dessen Münzfuß 1325 nicht festgelegt war und der offenbar zunächst etwas besser gewesen ist. In den Jahren 1327-34 rechnet man in Stralsund 4 m. Pfennige oder 4 m. 2 soL auf die Mark Silbers. Bald wird aber Stralsund sich dem Münzfuß der Nachbarstädte und Rostocks angeschlossen haben. Drei sundische Mark = zwei lübischen war das Verhältnis noch zur Zeit des hansischen Pfundzolls nach 1361. Mit dem Übergang zu der bereits gegen Ende des 13· Jahrhunderts einsetzenden Prägung von zweiseitigen kleinen Pfennigen, den sogenannten "Finkenaugen" [213/14. 224-226], wie sie auch im östlichen Mecklenburg [227] und in der brandenburgischen Neu- und Uckermark viel geprägt wurden und im 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts die herrschende Münzsorte in diesen Gebieten waren, entfernte sich Pommern weiter vom wendischen Westen. Das Verhältnis der Finkenaugen zum lübischen Pfennig war 2 : 1 (so noch 1363, H. Rec. I, I 280), ihr Durchschnittsgewicht im Funde von Teschenbusch (um 1370) 0,290 bei 412 feinem, also nicht ganz 7lötigem Silber, ein Münzfuß, der im ersten Viertel des 15· Jahrhunderts weiter auf 0,27 g Durchschnittsgewicht aus 350 feinem Silber sank. Diejenigen pommerschen Städte freilich, die sich dem wendischen Münzverein angeschlossen haben, haben keine Finkenaugen geprägt, aber man begreift schon jetzt ihre schwierige Stellung gegenüber der herrschenden Landesmünze.

Auch nach anderen Seiten hin erfolgte eine Verengerung des Gebietes des lübischen Münzfußes. Allerdings ist Salzwedel auch fernerhin dem lübischen Münzfuß und dem Hohlpfennig treu geblieben [250], zumal nachdem die Stadt 1314 die freie Verfügung über die Münze erlangt hatte. Während der brandenburgische zweiseitige Denar vor 1325 = 1½ lübischem Pfennig und später 1⅓-1¾ entsprach, wurden Salzwedeler und lübische Pfennige stets gleich gewertet. Auch wurde in Salzwedel die Mark nach lübeckischer Weise in 16 ß geteilt, und zwar selbst bei der Rechnung nach Pfennigen anderer Rechnungssysteme wie bei Braunschweiger Pfennigen. Salzwedeler Pfennige wurden 1376 als gleichwertig den wendischen auf den schonenschen Märkten zugelassen. Noch 1434 waren die Salzwedeler Pfennige den lübischen gleich, dann begannen sie schneller schlechter zu werden (s. Kap. IV u. Anm. 442) [251].

In höherem Maße noch war Lüneburg wegen seiner Beziehungen zu Salzwedel auf der einen wie zu Hamburg und Lübeck auf der anderen Seite auf ein Festhalten am lübischen Münzfuß angewiesen. Das häufige Vorkommen hamburgischer Pfennige in lüneburgischen Urkunden 1277-1335 ist schon ein Beweis dafür, daß in Lüneburg sowohl zur Zeit der herzoglichen Münze [191. 193] wie nach 1293 unter städtischem Einfluß nach lübischem Fuß geprägt ist. Aus der Zeit von 1345-72 haben wir dann weitere sichere urkundliche Belege für die Gleichsetzung lüneburgischen und lübeckischen Geldes, und 1371 endlich gewährten die Landesherrn der Stadt ausdrücklich, daß sie ihre Münze, die bereits "in vorjaren" mit der von Lübeck "von ener weringe unde gude war", einer in Lübeck vorgenommenen Veränderung des Münzfußes anpassen durften. Die ältesten städtisch-lüneburgischen Pfennige darf man wohl in den Löwenpfennigen des Fundes von Ölsdorf (Amt Winsen) erblicken, der vor 1319 vergraben ist [192]. Fundort, die Mischung mit anderen städtischen Hohlpfennigen und vor allem das Gewicht der Pfennige, besonders des in 1000 Exemplaren vertretenen Pfennigs Fiala 402 (Tf. VIII 15) zu 0,42-0,5 g Durchschnittsgewicht sprechen dafür, wenn auch der Feingehalt mit 798 = 12¾ Lot (Fiala 400 ist 833 fein = 13½ Lot fein) etwas geringer ist als 1293 in Hamburg vorgeschrieben war. Auch hier ist indessen die in Wirklichkeit geringere Feinheit des mittelalterlichen Silbers zu bedenken.

Im Gebiet zwischen Elbe und Weser fanden wir allerdings für die mannigfachen geistlichen Hohlpfennige, die sich auf Bremen, Verden, Stade (bis 1272) und vielleicht auch Minden verteilen, bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts Gewichte, die denen des lübischen Pfennigs der Zeit entsprachen. Auch im 14. Jahrhundert sind an der Unterweser noch Hohlpfennige [232-237] geprägt worden, die hier als "leves denarii" bezeichnet wurden, und ist bis ins 15. Jahrhundert nach der lübischen Mark gerechnet. In Bremen besonders wurden in einer sicher dem 14. Jahrhundert, vielleicht erst der Zeit um 1369 angehörenden Münzordnung Pfennige zu 36 ß = 432 Stück mit 8 pf. Remedium aus der Mark vorgesehen. Das waren Hohlpfennige [235], die bei einem Feingehalt von etwa 9½ Lot schwerer, aber schlechter als die gleichzeitigen Lübecker waren. Nach der Bremer Münzordnung von 1387 sollten neben Witten und Swaren auch "Bremer", d. h. Hohlpfennige, zu 528 aus der Mark geprägt werden, während damals die lübischen zu 576 aus der 9lötigen Mark ausgebracht wurden. Endlich sind noch 1412 hohle Bremer Pfennige zu 624 aus der 4½lötigen Mark vorgeschrieben worden, und in den Rechnungen des Bremer Rathausbaues aus dem Beginn des 15. Jahrhunderts kommt diese Münzsorte häufig vor. Es bestanden also bis ins 15. Jahrhundert hinein und trotz des inzwischen erfolgten Überganges der Stadt zur Prägung von Swaren westfälischer Art [715] immer noch gewisse Beziehungen zwischen dem Bremer und lübischen Gelde.

In der Grafschaft Hoya war die lübische Zählweise ebenfalls bis ins 15. Jahrhundert neben der bremischen und westfälischen Rechnungsweise gebräuchlich. Hoyaische Hohlpfennige [272. 273] reichen aber nur bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Ähnlich war es in der Grafschaft Diepholz, in Oldenburg [236] und im Bistum Verden. Wie der lübische Münzfuß und seine Münzsorten in diesen Gegenden weiter nachgewirkt haben, werden uns die Wittengepräge und -nachahmungen aus den westfälischen, ostfriesischen und anderen Münzstätten noch zeigen.

Von Stader städtischem Gelde nach Erwerb des Münzrechts wissen wir wenig. 1303 werden einmal 200 marc. denar. Stadensium erwähnt (Hamb. U. B. II 43), ebenso 1315 110 mr. Stad. denar. (Hasse III 321). Welcher Art diese Stader Pfennige gewesen sind, ist nicht bekannt. Gegen Endes des 14. Jahrhunderts ist Stade unter bremischem Einfluß jedenfalls zur Prägung von Swaren (Bahrfeldt 3 : 0,62-0,69 g) übergegangen, hat aber im 15. Jahrhundert auch Sechslinge, Witten und Blafferte geprägt (s. unten).

Weitere Münzstätten kommen zunächst nicht in Frage, nachdem die früher für lauenburgische Gepräge in Anspruch genommenen Adlerpfennige der Funde von Clötze und Netzow [250] ihre Heimat in Salzwedel gefunden haben. - Von einer Münzstätte Dömitz aber wissen wir nur, daß die Grafen von Dannenberg sie 1291 an Herzog Albrecht von Sachsen verkauft haben. Man hat versucht, einige Turmbrakteaten des Fundes von Ölsdorf (Nr. 17 und 18) wie des westmecklenburgischen Fundes (Kabinett Berlin) hier unterzubringen [237-242]. Auch auf die Bünstorfer Pfennige 209-11, die offenbare Anlehnung an die hamburgischen Gepräge und im Tor einen Kopf zeigen, sei hingewiesen [150. 151]. Endlich kommt eine Münzstätte des Grafen von Schwerin in Betracht. Ein gräflich schwerinischer Münzer ist uns 1267 in Boizenburg bezeugt. Bald darauf, 1279, haben die Grafen Helmold III. und Nikolaus I. für die Länder Boizenburg und Wittenburg zugunsten ihrer Vasallen auf die Ausübung ihres Münzrechts verzichtet, und zwar gegen die Gewährung eines "Münzpfennigs" von 2 Pfennigen von jeder Schüssel oder Feuerstelle. Hamburger und Lübecker Pfennige sollten fortan Landesmünze sein. Ob dieser Vertrag auch für das Land Schwerin Gültigkeit gehabt hat, ist nicht ganz sicher. Allerdings ist auch hier im 16. und 17. Jahrhundert der Münzpfennig erhoben, doch war die Stadt davon befreit. Münzen, die man mit einigem Recht als gräflich schwerinische ansehen könnte, sind bisher nur in einem einziger Stück auf uns gekommen, das sehr wohl vor 1279 geprägt sein könnte. Dieser Pfennig [215] zeigt ein Pferd, wie es Helmold III. zuerst im Siegel führte, und den Stierkopf.


Die Quellen, die bis 1325 so unzweideutige Aufschlüsse über den hamburgisch-lübischen Pfennig gaben, fließen für die nächsten 4 bis 5 Jahrzehnte spärlicher. Vor allem sind sie nicht so einwandfrei beglaubigt wie die Urkunden von 1255-1325. Immerhin lassen die Nachrichten, die uns Grautoff (S. 125ff.) aus dem lübeckischen Liber monetalis überliefert hat, erkennen, daß der lübische Pfennig seit dem zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts sowohl an Schrot wie an Korn langsam nachgelassen hat. Inama-Sternegg (Wirtschaftsgesch. III, 2 S. 527) berechnet nach Grautoffs Angaben und unter Zugrundelegung einer Mark von rund 234 g den Silbergehalt des lübischen Pfennigs, der 1325 0,4 betrug, für 1329 auf 0,385 g, 1346 auf 0,338, 1353 0,331, 1364 0,323 und 1375 auf 0,291 g. Im einzelnen müssen aber Grautoffs Berechnungen, wie bereits Dittmer und teilweise auch Grote gezeigt haben, mit Vorbehalt aufgenommen werden. Das gilt z. B. von der Nachricht zum Jahre 1346, die von einer Ausprägung der Mark zu 576 Pfennigen, 14½ Lot fein, wissen will. Einen besseren Anhaltspunkt gewährt dagegen eine andere, allerdings undatierte Angabe in der hansischen Münzchronik, der Quelle wiederum für die Notitia des Leibniz, die von einer Ausprägung von 48 ß = 576 pf. aus der 13¼lötigen Mark berichtet. Gaedechens (II, S. 168) setzt die gleiche Nachricht ins Jahr 1350 und gibt als Quelle ebenfalls eine handschriftliche Münzchronik an. Die Eintragung im Liber monetalis (nach Grautoff) zum Jahre 1353 bezieht sich nicht auf Hohlpfennige, sondern auf 1/4 Witten, die als "lutike plate penninghe" oder "graves denarii" (z. B. Hamb. Kämm.-Rechn. zum Jahre 1378ff.) hier wie sonst immer von den "halen penninghen" oder "denarii concavi" unterschieden werden. Das Silber ist nur 11lötig, dagegen das Rauhgewicht mit 0,48 g höher als das der Hohlpfennige. Sehr unwahrscheinlich ist endlich auch Grautoffs Nachricht zum Jahre 1364, die von 408 Pfennigen aus der 9lötigen Mark spricht. Obwohl Grote ihr Gewicht beilegt, hat bereits Dittmer mit Recht Kritik daran geübt. Eine völlig einwandfreie Nachricht haben wir erst vom Jahre 1367 im lübischen Münzbuch, wo die Prägung von 8lötigen Hohlpfennigen verzeichnet wird. Vom Schrot dieser Pfennige wird leider nichts gesagt. Daß es eine Zeit der Schwankungen im Münzfuß gewesen ist, scheint aus allen Nachrichten bis in den Beginn der 70er Jahre hervorzugehen, und der erste wendische Münzrezeß war zum guten Teil durch diese Unsicherheit mit bedingt. Wir müssen uns damit begnügen, festzustellen, daß der Feingehalt des lübischen Pfennigs von 1325 kein sehr viel geringerer geworden ist. Das Rauhgewicht dagegen scheint zurückgegangen zu sein, doch darf als Durchschnitt für die Zeit bis 1379 eine Ausprägung der Mark zu 576 Pfennigen und ein Durchschnittsgewicht von 0,4 g angenommen werden. Auf rein rechnerischem Wege läßt sich aus der ersten lübeckischen Schillingprägung zwischen 1365 und 1375 für den Pfennig ebenfalls ein Münzfuß von 576 Stück aus der 13½lötigen Mark ermitteln.

Die zur Ergänzung und Bestätigung der Schriftenquellen heranzuziehenden Funde sind für die fragliche Zeit nicht so ergiebig, weil ältere und jüngere Pfennige in ihnen sich mischen und die Beschreibungen nicht so gehalten sind, daß eine genaue zeitliche Scheidung der Typen gelungen wäre. Das gilt z. B. von den schon erwähnten Funden von Lübeck I und Schwechow, die beide vor der Mitte des 14. Jahrhunderts vergraben sind. Ähnlich zusammengesetzt war der Fund von Gransee, dessen Gepräge der Zeit zwischen 1290 und 1350 entstammen. Ganz in der Nähe Hamburgs, in Wistedt bei Tostedt (Kreis Harburg), ist 1920 ein Hohlpfennigfund gehoben worden, der hamburgische, lübische, lüneburgische, mecklenburgische und Salzwedeler Pfennige enthielt. Eine genaue Datierung war nicht zu erzielen, da keine Feingehaltsproben angestellt werden konnten. Hauptsächlich auf Grund der nach Oertzen bestimmten mecklenburgischen Hohlpfennige des Fundes hat man seine Vergrabungszeit um 1350-1375 angesetzt. Als das Durchschnittsgewicht der hamburgischen Pfennige (303 Stück) ergab sich 0,416 g. Die Lüneburger (141 Stück) hatten ein Durchschnittsgewicht von 0,392, die Lübecker (78) 0,4 und die Salzwedeler Adlerpfennige ebenfalls 0,4 g [171-174. 182-184. 194-196].

Unter den Nachrichten, die Grautoff aus der ersten Hälfte des 14· Jahrhunderts überliefert hat, ist eine zum Jahre 1329, die besonderes Interesse verdient, weil darin zum ersten Mal von einer anderen Münzsorte, nämlich "penninghen von tween penninghen", d. h. Blafferten, wie diese hohlen 2 Pfennigstücke in Norddeutschland heißen, die Rede ist. Nach dieser Notiz sollen 45 ß weniger 8 Pfennige aus der marca lodich geprägt sein, der einzelne Blaffert also 0,88 g wiegen. Nun gibt es allerdings lübische Blafferte, die ihrem Typ nach älter sind als die große Mehrzahl und den Doppeladler im glatten Rande zeigen [282. 283] (Behrens 33 und 34). Sie sollen zwar nach der Strichprobe 14lötig sein, wiegen aber nur 0,37 und 0,55 g. Auch stammen sie nicht, wie Behrens zu Nr. 34 meint, aus dem vor der Mitte des 14. Jahrhunderts vergrabenen Funde von Lübeck I. Die Nachricht, Grautoffs zu 1329 muß also auf alle Fälle mit Vorsicht aufgenommen werden, zumal sich auch heraldische Bedenken gegen das so frühe Vorkommen des Doppeladlers in Lübeck ergeben haben. Ein im Lübecker Archiv aufbewahrter Bronzestempel mit dem Bilde einer blaffertartigen Münze mit Doppeladler in grobem Strahlenrand paßt nicht zu den erwähnten Münzen und ist wahrscheinlich überhaupt kein Münzstempel. Von diesem Stempel wiegt ein (alter?) Abschlag in der Sammlung Roeper 1,3 g [282]. Die ersten sicheren lübischen Blafferte aber mit Strahlenrand [284. 285] stammen erst aus dem Funde von Lübeck II, der nach 1403 vergraben ist, während wir ihre frühste urkundliche Erwähnung in dem mit Rolf Gude abgeschlossenen Münzmeistervertrag finden, den man in die Zeit um 1365-70 setzen kann (penninghe vari twen penninghen, Lüb. U. B. III 529). Soviel ist nach alledem sicher, daß die ältesten Blafferte noch im 14. Jahrhundert von Lübeck ausgegangen sind und die übrigen Städte erst in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gefolgt sind.

Die Zeit der alleinigen Herrschaft des Pfennigs freilich näherte sich ihrem Ende, und wir haben im einleitenden Kapitel auch bereits die Momente und Motive der weiteren Entwicklung des mittelalterlichen deutschen Münzwesens kennen gelernt. Nun waren freilich in den Hansestädten die Übel der Münzverschlechterung keineswegs so groß wie bei vielen anderen deutschen Münzständen. Der lübische Pfennig erhielt sich immer lange Zeit in Schrot und Korn gleich und folgte nur langsam und unter dem Zwang der allgemeinen deutschen Entwicklung einer Verschlechterung in Gewicht und Gehalt. Münzverrufungen und -erneuerungen zur Erzielung von häufigen und hohen Münzgewinnen waren den Städten schon in dieser Epoche fremd. Natürlich sind oft, wenn vielleicht auch nicht jährlich, neue Pfennige geprägt, wie die oft nur in geringfügigen Kleinigkeiten abweichenden erhaltenen Münzen ausweisen, aber das geschah lediglich zu dem Zwecke, um den bei Hohlpfennigen erklärlicherweise recht hohen Abgang zu ersetzen und einem wachsenden Bedarf an Geld zu genügen. Die Funde wie die späteren Valvationstabellen zeigen aber, daß immer die älteren Pfennige weiter im Umlauf geblieben sind und nicht verrufen wurden.

Wenn somit der lübische Pfennig sich an geldgeschichtlicher Bedeutung und Verbreitung neben den Kölner, Regensburger, Wiener und Haller stellen durfte, konnte er als alleinige Münzsorte dem Verkehr bald nicht mehr genügen. Wir beobachten deshalb auch im hansisch-wendischen Kreise die drei überall zur Überwindung des Denarzeitalters führenden Erscheinungen, Barrenrechnung, Rechnung nach fremden und besonders Goldmünzen sowie endlich Übergang zu größeren Silbermünzen. Daß der Barrenverkehr und die Rechnung nach Mark Silbers mit den Zusätzen puri, examinati oder lodich im Sinne der Usualmark Silbers von bestimmtem Feingehalt auch in den Hansestädten üblich war, ist bereits gezeigt. Immerhin tritt im lokalen Geldverkehr die Barrenrechnung durchaus hinter der Rechnung nach der Zählmark in Pfennigen zurück. Im lübischen Urkundenbuch finden wir für die Zeit von 1200-1300 neben 64 Fällen der Rechnung nach marca denariorum nur 39 Abschlüsse in marca argenti. Für die Jahre 1301-36 ist das Verhältnis 110:15, 1337-50 54:10 und 1351-70 100:21. Dann nimmt die Markrechnung weiter zugunsten der Bargeldrechnung ab. Im Hamburger Urkundenbuch (bis 1310) finden sich gegenüber 113 Berechnungen nach marca denariorum u. ä. 31 mal marce argenti, im Hamburger Schuldbuch (1288-1301) stehen 23 Eintragungen nach Pfennigen (tal. oder marc) gegen sieben in Marken Silbers. In Lüneburg überwiegen für die Zeit bis 1300 noch die Eintragungen nach Marken Silbers (21) die in Pfennigen (13). Dagegen findet sich zwischen 1301 und 1325 nur eine einzige Berechnung in marca puri argenti gegen 25 mal in Marken lüneburgischer oder hamburgischer Pfennige, und für die Zeit von 1326-69 ist das Verhältnis 9:57. Dann nimmt 1370-79 vielleicht unter dem Einfluß der niedersächsisch-braunschweigischen Barrenmark die Rechnung nach lodeghen mark mit 24 Fällen wieder zu gegen 28 mit Pfennigrechnung, um nach 1380 aber wieder stark und nun dauernd zurückzutreten.

Fremde Geldsorten, also in erster Linie englische Sterlinge [670] sowie französische und niederländische Groschensorten, wie die seit 1266 von Frankreich ausgehenden Turnosgroschen und die entsprechenden Pfennige [677. 678], sowie Goldmünzen von Florenz (Floren seit 1252) und den französischen Königen haben im lokalen Verkehr in dieser Zeit noch keine Rolle gespielt. Wo diese Münzen in den Urkunden auftreten, handelt es sich fast immer um internationale Beziehungen namentlich zu den flandrischen Verkehrszentren, wie Brügge, dann zu den skandinavischen Reichen und dem preußischen Osten, Rom usw. Nur einige Beispiele mögen angeführt werden. Eine Anleihe in Brügge 1313 von 30 magnos florenos aureos soll in Lübeck in florenis similibus aut valore ipsorum zurückbezahlt werden (Lüb. U. B. II, Nr. 3II). Ein in Lübeck 1334 verstorbener Brüsseler hinterläßt Summen in Turnosgroschen, floreni parvi de Florentia, florenos magnos, unum ruyal und eine Summe in Sterlingen (ebenda Nr. 587/88). 1343 schuldet ein Lübecker einem Schweriner Kleriker 40 florenorum de Florencia boni ponderis et 8 grossi turonenses (ebenda II 2 Nr. 772). Im gleichen Jahre soll der Bischof von Schleswig Lübeck 1000 Mark in denariis Lubic. bezahlen und empfängt grossos turon. et sterlingos vel argentum Lubic., prout in prefato termino solucionis .. in civitate Lubic. solent et solvunt (ebenda 779). In der Klageschrift Stralsunds gegen die Grafen von Holstein 1343 werden die Verluste in sundischen Mark und in Turnosgroschen angegeben (H. U. B. 2 Nr. 727), und ebenso 1352 gegenüber Schweden (H. Rez. I 1 Nr. 175). Eine Rechnungsablage zwischen einem Thorner und einem Lübecker Bürger geschieht 1340 in Pfennigen von Tours (Lüb. U. B. II Nr. 699). Im Verkehr mit Norwegen, Schweden und Dänemark werden Zahlungen besonders gern in Turnosen und Sterlingen vereinbart. Auch die Zollsätze von Skanör 1251 und in Norwegen 1292 und 1296 sind in Sterlingen festgesetzt, die Fracht von Falsterbo nach England 1327 in grossi Turonenses (Hans. U. B. II Nr. 267). Daneben kommt die Mark Silbers nach kölnischem Gewicht gerade im skandinavischen Verkehr häufig vor und wird um 1290 mit 54 Turnosgroschen oder 13 sol. + 4 den. sterl. gewertet = 160 Sterlingen. Sterlinge, novi und veteres, kommen auch im hamburgischen Schuldbuch von 1288 7 mal vor neben einer Schuld in magnis Thuronensibus. In schleswigschen Urkunden von 1289-1337 sind Sterlinge, ebenfalls häufig als Zahlungsmittel belegt, ebenso in Mecklenburg 1262-1348. Ein 1345 vor der Maasmündung gestrandetes hansisches Schiff führte u. a. 150 clippeos aureos, 41 pauleone et 1 leon mit sich (Hans. U. B. III Nr. 63 S. 29 f.). Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts trat dann der flämische Grote mehr und mehr in den hansischen Verkehr ein (s. Tabelle VIII). Eine hamburgische Schifferordnung aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts setzt Bussen in groten Tornoysen fest (Hans. U. B. II 667). Das Handlungsbuch des Geldersen, das besonders gut die Arten der im hansischen internationalen Verkehr vorkommenden Münzen erkennen läßt, gehört erst der nächsten Periode an (1367-92), wie überhaupt auf das Verhältnis der fremden zu den hansischen Münzsorten später ausführlicher und im Zusammenhang zurückzukommen sein wird. Bemerkenswert ist, daß hier englische Sterlinge gar nicht mehr vorkommen, sondern nur noch niederländische brabantische Engelsche als 1/3 Grote.

Zunächst interessieren uns aber diese fremden Münzsorten nur insofern, als sie auf die weitere Entwicklung des Münzwesens der wendischen Städte eingewirkt haben. Es handelt sich vor allem um die Frage, ob die Städte das Bestreben gehabt haben, den internationalen Handelsmünzen, den Sterlingen, Turnosgroschen, Groten und Goldgulden von sich aus ähnliche eigene Gepräge oder Größen an die Seite zu stellen. Daß Lübeck dieses Ziel im Auge gehabt hat, scheint nicht zweifelhaft zu sein. In den Jahren 1339 und 1340 erwarb die Stadt von Ludwig dem Bayern zwei wichtige neue Münzprivilegien. Das erste gestattete den Lübeckern, das 1226 festgelegte Gepräge des Königsbildes beliebig zu verändern und in dem von 1340 wurde ihnen einmal das Recht der Goldprägung nach Schrot und Korn der Florene verliehen und zugleich gestattet, eine größere Silbermünze im Werte bis zu 6 Hellern zu schlagen.

Lübecks Floren und Witten: Mit diesem Privileg von 1340 ist Lübeck als die erste deutsche Stadt in den Kreis der Gold prägenden Münzstände eingetreten, und sie hat von ihrem Rechte sofort Gebrauch gemacht. Goldankäufe in Brügge, Münzrechnungen und Bestallungen für italienische Münzmeister aus den nächsten Jahren nach 1341 beweisen, daß die lübische Florenprägung alsbald einen ziemlichen Umfang angenommen hat, und auch in den lübischen Urkunden erscheint der florenus oder aureus Lubicensis seitdem häufiger, zunächst im Werte von 8-10 ß. Sein Goldwert entsprach dem guten alten Floren und Dukaten und behielt ihn auch bei, als die deutschen Goldgulden fielen. Sein Gepräge ist das der Florene mit einem kleinen Doppeladler links neben dem Kopfe des Täufers Johannes (Behrens 66) [541].

Mit dieser Goldmünze hatte sich Lübeck ein bequemes und hochwertiges Zahlungsmittel für den internationalen Verkehr geschaffen. Schwieriger ist es zu entscheiden, ob auch die alsbald auftretende neue Silbermünze, der Wittenpfennig zu 4 Pfennigen, für den internationalen Verkehr bestimmt gewesen ist oder ob er nur dem lokalen Zahlungsmittelbedarf dienen sollte.

Der Beginn der Wittenprägung, die offenbar von Lübeck ausging, aber sehr bald auch von Hamburg, Lüneburg, den mecklenburgischen, pommerschen und holsteinischen Städten aufgenommen wurde, läßt sich nicht genau bestimmen. Die ältere von Grautoff S. 84 und 122 vertretene Auffassung, die den Beginn der Wittenprägung ins Jahr 1325 setzte, wird heute wohl allgemein abgelehnt, ebenso eine Beziehung der Münzchronik-Notiz zum Jahre 1325 über die angeblich erste Pfennigprägung in Hamburg auf die Wittenpfennige. Auch die von Grautoff und Koppmann zur Stütze herangezogenen quadrantes von 1334, die von den hamburgischen Geistlichen als zu geringhaltig abgelehnt wurden, bis eine Verfügung von 1336 sie zur Annahme zwang, sind längst als 1/4 Pfennige erkannt. Schon 1372 wird auch in der Bursprake geboten, sie im Verkehr anzunehmen, und als Vierlinge erscheint diese kleine Münzsorte seit 1378 in den hamburgischen Kämmereirechnungen und seit 1379 auch in den wendischen Münzrezessen. Ich glaube diese Vierlinge in den stark kupferigen hohlen Münzehen Gaed. 1418/19 und 1419 a zu erkennen. Die Witten kommen urkundlich erst 1347 in Lübeck und 1348/49 in Wismar vor. Auch die Funde gestatten keine frühere Ansetzung als die 40er Jahre. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, daß die Wittenprägung zuerst auf Grund der Privilegien von 1339/40 in Lübeck erfolgt ist. Der Heller hatte 1326 noch 0,326 g Silbergehalt. Dann wurde er allerdings schlechter und durch das Münzgesetz Karls IV. von 1356 auf 0,643 g rauh und 1/3 fein = 0,211 fein festgesetzt, so daß also 6 Heller um 1340 zwischen 1,95 und 1,266 g Feinsilber enthielten.

Dieser Wert wird von den ältesten Witten nicht voll erreicht. Die hamburgischen Witten (Gaed. 1091-1101 [303]) des Fundes von Lelkendorf haben ein Durchschnittsgewicht von 1,28 g (aus 23 Stück), ebenso die Lüneburger (Bahrfeld 5 [305], aus 27 Stück), die lübeckischen (Behrens 44-47 [302]) 1,31, die von Wismar (Oertzen 235-256 [304]) 1,26 (aus 77 St.), die Rostocker (Oertzen 292-307 [307]) 1,25, die Stralsunder (Dbg. 259 [309-311]) 1,27 g (180 Stück). Auch die Witten der kleinen mecklenburgischen und holsteinischen Münzstätten Malchin, Parchim, Güstrow, Teterow, Kiel, Rendsburg, Itzehoe und Flensburg [320-344], die dem Beispiel der Hansestädte folgend Witten nach gleichem Typ prägten, erreichten ähnliche Gewichte (s. die Münzbeschreibung), soweit sie nicht wie Rostock, Gnoien und Güstrow u. a. gleichzeitig nach dem leichteren slawischen Fuß (0,73-0,85 g) [308. 318. 319. 327] geprägt haben. Auch die pommerschen Witten von Anklam und aus den herzoglichen Münzstätten Stettin, Treptow, Uckermünde, Barth und Wolgast [346-360], die sich dem Typ der Hansestädte anschlossen, aber zum guten Teil offenbar jünger sind, bleiben im Gewicht und Feingehalt geringer. Als Feingehalt darf wohl durchweg ein Korn von 13-14 Lot angenommen werden. Allerdings werden die älteren Nachrichten über 15-14 lötige Witten bestätigt durch die Angaben des lübeckischen Münzbuches. Danach betrug im Jahre 1366 der Zusatz an Kupfer nur 1-1¼ Lot, und die Witten waren also ideell 15-14¼lötig. Im folgenden Jahre 1367 sind sie 14½lötig, und zwar bis Juni. Dann fallen sie auf 7 Quentin Zusatz = 14¼lötig. Dabei ist es nach Maßgabe des Münzbuches in den Jahren 1368 und 1369, vielleicht auch länger, geblieben. Die nächste Eintragung darüber datiert erst von 1375 und 1376, wo man bei 3 Lot Zusatz, d. h. 13lötigem Silber, angelangt war. Es sind aber bisher keine Witten dieser Zeit bekannt geworden, die einen Feingehalt von 15-14 Lot aufweisen. Die Probe eines hamburgischen Witten ergab allerdings 858/1000 = 13½ Lot, während das Lüneburger Valvationsbuch von 1445 die ältesten Witten nur 12⅓lötig befindet. Die Schwierigkeit liegt hier einmal wieder in der Differenz zwischen dem ideellen und wirklichen (heute erkennbaren) Feingehalt und dann auch in der Unmöglichkeit, die einen Zeitraum von etwa 40 Jahren umfassenden typengleichen Witten zeitlich zu gruppieren.

Weniger gut unterrichtet uns die gleiche Quelle über die Ausschrotung der Witten, doch läßt die Notiz zum Jahre 1375, daß aus der Mark 3½ mr. 2 ß 2 Witten geprägt werden sollen, erkennen, daß aus der Gewichtsmark 176 Witten kamen, genau so wie es der Rezeß von 1379 vorsah. Offenbar ist auch die Bemerkung zu 1365: 174 dn. debent ponderare 1 mr. lodich auf die Witten zu beziehen; denn auf die Pfennige angewendet, wäre die Zahl unverständlich. - Als Kennzeichen aller dieser ältesten Witten gilt auf der Rückseite ein schlichtes Kreuz, das vielfach in der Mitte vierpaßartig durchbrochen erscheint. Dieser Typ darf als zeitlicher Anhaltspunkt für alle vor 1379 bzw. 1381 geschlagenen Witten gelten, da in diesem Jahre bestimmte Vorschriften des nunmehr sich bildenden wendischen Münzvereins das Gepräge verändert haben (s. Kap. IV).

Gleichzeitig mit den Wittenpfennigen wurden von den Städten 1/4 Witten oder 1 Pfennig-Stücke geprägt. Die oben mitgeteilte lübeckische Nachricht von 1353 bezieht sich bereits auf diese Münzsorte. Der damals befolgte Münzfuß, falls die Nachricht überhaupt richtig ist, ist dann 1373 bereits verlassen, wie uns das Münzbuch sagt, das aus diesem Jahre und von 1375 die Ausprägung von 9lötigen luttiken platen penninghen notiert. Die Viertelwitten von Lüneburg (Bahrfeld 6 1314]) und Hamburg (Gaed. 1222/23 und 1223a [313] bezeichnet sie noch als Blafferte) folgen ganz dem Typ der Wittenpfennige, und ihnen schließen sich auch die Viertelwitten von Güstrow [328], Parchim [334], Teterow [336], Malchin [332], Neukalen [338], Flensburg [340], Kiel [342] und Oldesloe [345] an. Von Wismar und Rostock wie von allen pommerschen Städten fehlen sie, während in Lübeck wohl der im Typ abweichende Pfennig Behrens 39a [312] als ein Viertelwitten dieser Zeit in Anspruch genommen werden darf. Dazu würde dann ein entsprechender Lüneburger Pfennig (B. 12 zu 0,33-0,43 g [316]) gehören. Als Durchschnittsgewicht gilt ein Gewicht von 0,4 g (Gaed. 0,39-0,44).

Wie stellen sich aber die neuen Wittenpfennige zu den anderen Münzsorten des hansischen Verkehrs? Der Witte leitet für unsere Gebiete allerdings die Periode der größeren Silbermünze ein, deren Ziel überall in Europa zunächst die Darstellung des Schillingwertes zu 12 Pfennigen in einem Geldstücke gewesen ist. Während Italien schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts diesen Weg beschritten und Frankreich seit der Münzreform Ludwigs IX. 1266 den Turnosgroschen [677] geschaffen hatte, der in den Niederlanden bis zum Rhein und in Böhmen [679] Nachahmung fand, waren in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts nord- und mitteldeutsche Münzstände noch nicht dazu fortgeschritten. Von unten her langsam zu größeren Münzsorten aufsteigend, haben die Hansestädte erst 1432 den vollen Schillingwert erreicht, nachdem freilich Lübeck einen bemerkenswerten, aber nur vorübergehenden Versuch mit hochwertigen Schillingen in der Zeit zwischen 1365 und 1375, also noch vor der Begründung des wendischen Münzvereins, unternommen hatte [505]. Wenn sich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts der Wert des flandrischen Groten dem Witten zeitweise genähert hat, so lag das an dem Niedergang dieser niederländischen Groschensorte, denn gerade in der Entstehungszeit des Witten zwischen 1340 und 1350 galt der Grote durchschnittlich 6 lübische Pfennige (s. Tabelle VIII) und kann als Vorbild für den Witten nicht gegolten haben.

Unabweisbar sind dagegen die Beziehungen des Wittenpfennigs zu der andern im Ost- und Nordseeverkehr wichtigen Handelsmünze, dem Sterling [670]. Der Sterling war ja an sich nichts weiter als der alte karolingische Pfennig, der sich hier in England besser auf seiner Höhe erhalten hatte als auf dem Festlande. Nur der kölnische Denar des 13. Jahrhunderts kam ihm nahe. Den übrigen deutschen Münzsystemen und Pfennigsorten gegenüber aber bedeutete er schon im 13. Jahrhundert eine Großmünze und trat nun umgekehrt seinen Siegeszug über die Münzstätten der Niederlande, des Niederrheins und Westfalens an. Besonders in Flandern, Brabant, Luxemburg usw. war der Sterling, zu 3 auf den Groten gerechnet, eine allgemein verbreitete Münzsorte [671. 672], die im 14. Jahrhundert am Rhein aufwärts bis nach Frankfurt und Bacharach vordrang. Im 14. Jahrhundert, zur Zeit Edwards III. (1327-77), war freilich der Sterling auch bereits iin Werte gesunken. Er wog um 1345 statt ursprünglich 24 nur noch 20¼ Grän (1 Pfund = 12 Unzen zu 10 den. zu 24 Grän.), zwischen 1346 und 1351 20 Grän und ging gegen Ende der Regierung Edwards nach 1351 weiter auf 18 herab. Ein Sterling wog also vor 1346 1,314 g, zwischen 1346-51 1,296 und dann 1,166 g bei einem Korn von 11/12 Unze (11,1) = 900/1000 fein. Ein Sterling der Zeit zwischen 1346- 51 enthielt also 1,188 g Silber, ein 13½lötiger Witten mit einem Rauhgewicht von ideell 1,328 (wie 1375 und 1379) 1,124 g (bei 15 Lot Feingehalt = 1,25, bei 14 Lot 1,16 g). Die Brabanter Sterlinge von Löwen [672], die man Johann III. (bis 1355) zuschreibt, wiegen freilich meist über 1,35 g (de Witte Nr.349ff.) und sind vielleicht doch älter; denn die nach der Konvention mit Flandern von 1339 geprägten (ebd. Nr. 384-386) weisen nur Gewichte von 0,8 g auf, während die Brüsseler (Nr. 366 ff.) Johanns im Durchschnitt 1 g wiegen. Ihr Feingehalt aber wird nicht höher gewesen sein als das der 1337 mit Hennegau verabredeten Halbgroten zu 9 den. = 12 Lot fein (124 = 1 Mark von Troyes, 1 Stück 1,97 g).

Zur Zeit der ersten Wittenprägung bestand demnach eine ziemlich genaue Übereinstimmung zwischen dem englischen Sterling und dem Witten, die ohne Frage von den Hansestädten beabsichtigt gewesen ist. Leider ist eine unmittelbare urkundliche Gegenüberstellung von Sterlingen und Witten nicht bekannt. Aber 1357 entsprechen auf Schonen bereits 10 Schilling lübisch = 40 Sterlingen, der Sterling also 3 lübischen Pfennigen, und ebenso heißt es bei der Festsetzung des Pfundzolls 1376 und 1377: enen enghelsen penningh alze gut alze dre Lubische penninghe. Damals aber enthielt der Sterling nur noch 1,068 g Silber, und dem hätten 3 lübische Pfennige (1373: 0,4 g rauh) bei Annahme 13¼lötigen Silbers zu 1,005 g fein entsprochen. Allerdings enthielt auch der Witte von 1379 zu 4 Pfennig nur 1,12 g fein, aber so genaue Feststellungen und Vergleiche sind im Mittelalter schwerlich schon gelungen. Jedenfalls ist es bei dem Verhältnis von 1 : 3 zwischen Sterling und lübischem Pfennig geblieben, und offenbar hat die Prägung von Dreilingen, die in Lübeck nach 1374 [412] und in Hamburg wenig später (zuerst erwähnt 1382) [417] begann, dem Rechnung getragen ebenso wie die dänischen Münzstätten Flensburg, Lund und Nestved seit Ende des 14. Jahrhunderts zur Prägung von Trepenning oder Engelsk übergegangen sind. Freilich enthielt der lübische Dreiling von 1392 nur 0,764 g Silber, und die dänischen Sterlinge wohl noch weniger. Nach 1412 sank indessen auch der englische Sterling werden auf 15 Grän = 0,86 g und 0,77 g fein.

Eine Handelsmünze von internationaler Bedeutung ist der Wittenpfennig nicht geworden. Als die Hansestädte 1361 für die Bestreitung der Unkosten des Krieges gegen Waldemar von Dänemark eine allgemeine Ausfuhrabgabe einführten und diesen Zoll 1367 erneuerten, wurde für die Berechnung des Schiffswertes und der Ladung das Pfund Grote zugrunde gelegt, und diese niederländische Münzsorte hat dann auch bekanntlich der Abgabe den Namen des Pfundzolls gegeben. Trotzdem hat der Wittenpfennig sich im norddeutschen interlokalen wie im Ostseeverkehr eine münzgeschichtlich bedeutende Stellung erobert und zwar besonders dadurch, daß nunmehr der wendische Münzverein sich bildete und eine feste Organisation der führenden wendischen Städte an die Stelle des nur losen und unverbindlichen Anschlusses an den lübisch-hamburgischen Münzfuß trat.



Viertes Kapitel
Der wendische Münzverein bis zum Ende des 15. Jahrhunderts.

Alle Vorbedingungen für die Bildung eines Münzbundes waren im siebenten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts erfüllt. In Lübeck war wie bei den oberdeutschen Münzbünden in Konstanz, Basel oder Ulm ein handelspolitisch beherrschender Ausgangs- und Mittelpunkt gegeben. Der durch das alte Münzbündnis mit Hamburg bereits auf breitere Basis gestellte lübische Münzfuß hatte die weiteste Verbreitung gefunden und durch den Übergang der Münzgerechtsame an alle wichtigen Städte im Bereiche der wendischen Ostseeküste neue Stützen erhalten. Dazu hatte die Verbindung der Hansestädte unter sich seit der Mitte des Jahrhunderts festere Formen angenommen und zu den ersten allgemeinen Tagungen und Beschlüssen politischer und handelspolitischer Art geführt. Die Bedrohung der Handelsstellung in der Ostsee durch König Waldemar von Dänemark hatte die Städte weiter enger zusammen geführt, und die waldemarischen Kriege (1361-70) die Macht des geeinten Städtebundes aufs glänzenste zur Geltung gebracht. Nach dem Stralsunder Frieden von 1370 begann die Hanse in ihre Blütezeit einzutreten, und so war auf jede Weise der Boden für die gemeinsame Regelung der verschiedensten Verhältnisse bereitet. Daß darunter dem Münzwesen eine besondere Beachtung geschenkt werden mußte, liegt nach alledem, was bereits über das deutsche Münzwesen und die Erscheinung der Münzvereine allgemein gesagt ist, auf der Hand. Die ersten Verhandlungen zwischen den Städten über eine gemeinsame Regelung von Münzfragen auf den hansischen Zusammenkünften fallen deshalb auch in die Jahre der waldemarischen Kriege, um im Jahrzehnt darauf ihren Abschluß in der Bildung des wendischen Münzvereins zu finden.

Verschiedene Motive haben die unmittelbare Veranlassung zur Besprechung von Münzfragen auf den Hansetagen gegeben. Das war einmal die Sorge um die Münzverhältnisse auf Schonen, dessen Heringshandel und Märkte zu Skanör und Falsterbo zu den Brennpunkten des hansischen Ostseeverkehrs zählten, ferner in Flandern und endlich die Regelung der Münzen unter den Städten selbst. Während aber die flandrischen Münzverhältnisse als eine alle am dortigen Handel beteiligten Städte angehende Angelegenheit die Hanse wohl häufig genug beschäftigt haben, ohne daß aber ein nennenswerter Einfluß erzielt und irgendwelche Beziehungen zum heimischen Münzwesen zu beobachten wären, sind die so viel näher liegenden dänischen Verhältnisse von ungleich größerer Bedeutung und Einwirkung gewesen.

In Dänemark hatten die Münzverhältnisse eine noch viel schlimmere Entwicklung genommen als in Deutschland, obwohl die Münze hier fast allein in der Hand der Könige lag und daneben nur die geistlichen Fürsten von Lund, Roeskilde und Ribe sowie der Herzog von Schleswig gewisse Münzgerechtsame hatten. Bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren die dänischen Pfennige zu fast reinen Kupfermünzen herabgesunken [687-691], und unter König Erich Menved (1286-1319) folgte eine Zeit weiterer Entwertung. Auf den Sterling z. B. gingen 1296 und 1330 10 Kupferpfennige, 1314 auf die Mark Silbers 10 Mark dänischer Pfennige. Innere und äußere Kriege ließen auch in der Folgezeit keine bessere Münzen aufkommen. Überall im Ostseeverkehr waren die dänischen denarii cuprei übel berufen.

Etwas besser war freilich die Münze auf Schonen, wo Lund die Hauptmünzstätte war und nur zeitweise auch in Skanör 1318-61 geprägt wurde. Auf 2 Mark dänischer Pfennige (seeländisch) kamen z. B. 1325 1 Mark (zu 8 Ör zu 3 Örtug zu 10 Pfennig = 240 Pfennigen) schonenscher Pfennige, die zu 4½-5 Mark auf die Mark Silbers gerechnet wurden. Das Verhältnis der schonischen Pfennige zu den lübischen war 1357 und 1369 2 : 1. Darin war auch während der Zeit, als Schonen unter schwedischer Herrschaft stand (1332-60), keine Besserung eingetreten, und unter Waldemar Atterdag trat im dänischen und schonischen Münzwesen eher wieder eine Verschlechterung ein. 1383 gingen 6 Mark schonischer Pfennige auf die Mark Silbers. Das Schlimmste und besonders für die auf Schonen zur Heringsfangzeit verkehrenden Hansen Unerträglichste waren aber die jährlichen Erneuerungen der Pfennige, die jedesmal mit einem Verlust von etwa 25 % verknüpft waren. Es gehörte deshalb zu den ältesten Bemühungen der Hansen, den Termin der Münzerneuerung, die für die dänische Krone eine wichtige Einnahmequelle bedeutete, möglichst spät zu verlegen. Bereits 1203 hatte König Waldemar ihnen zugesichert, daß mit neuen Pfennigen erst vom Sonntage vor Michaelis an der Zoll zu bezahlen sei. Seitdem kehrt diese Bestimmung öfter in den Privilegien für die Hansestädte wieder, so 1316, 1326, 1328 und 1336, sowie von König Magnus 1352. Da aber zur Zeit Waldemars Atterdag die hansischen Vögte auf Schonen wiederholt darüber klagten, daß die neue Münze schon am Tage nach Mariä Himmelfahrt (16. Aug.) ausgegeben werde, kehrte die Forderung nach Herstellung des alten Termins ständig in den Verhandlungen mit Waldemar wieder, und endlich wurde der Zeitpunkt auf acht Tage vor Michaelis sowohl von Albrecht von Mecklenburg 1368 wie im Stralsunder Frieden festgelegt. Aber die Wünsche der Städte gingen weiter. Sie zielten dahin, den König zu bestimmen, die jährliche Münzerneuerung ganz aufzuheben und die Münze auf Schonen der städtischen anzupassen. Fremdes Geld, Sterlinge und Grote, hatten schon vordem gelegentlich in Schonen Eingang gefunden. Ihr Gebrauch galt aber als ungesetzlich, und 1335 sah sich König Magnus veranlaßt, darüber bei Campen Klage zu führen. Über die Wünsche und Forderungen der Städte ist dann zuerst 1360 mit König Waldemar verhandelt worden, aber ohne Erfolg. Nur soviel wurde erreicht, daß 1361 die Strafe, die auf dem Gebrauche anderen als königlichen Geldes stand, dahin gemildert wurde, daß nur der auf frischer Tat Ertappte strafbar war, ein Zugeständnis, das auch König Albrecht und noch der Stralsunder Friede wiederholt haben. Einen Schritt weiter noch kam man im Waffenstillstandsvertrag mit Waldemar von 1364, in dem für die Zahlung bestimmter Gebühren und Löhne an die dänische Bevölkerung auf Schonen Grote, Engelsche und lübische Pfennige zugelassen waren. Nicht einmal die dänischen Zollbeamten wollten 1367 die einheimischen Pfennige mehr nehmen. Erst nach dem Stralsunder Frieden aber und im Pfandbesitz der schonischen Schlösser konnten die Städte ihrem eigentlichen Ziele näher kommen. Die jährliche Erneuerung hörte auf, und neben der königlichen Münze waren fortan auch die Münzen der wendischen und pommerschen Städte gesetzlich umlaufsfähiges Geld. Bereits der Friede mit dem dänischen Reichsrat von 1369 sah die Bezahlung der wichtigsten und ertragreichsten Abgabe, des Heringzolls, in Witten, Groten oder Engelschen vor, ebenso der endgültige Friede zu Stralsund. Eine genaue Regelung der Geldverhältnisse auf Schonen erfolgte dann im Zusammenhang mit der großen Erneuerung der nordischen Privilegien für die Hansestädte im Stralsunder Rezeß von 1376. Hierin waren das Geld von Lübeck, Hamburg, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Lüneburg und Salzwedel, ferner eine Reihe von Goldmünzen, alte Grote sowie Stettiner Geld für umlaufsfähige Münze auf Schonen erklärt. 1377 wurden noch Engelsche hinzugefügt. Der definitive Abschluß der waldemarischen Kriege durch diese großen Privilegien König Olafs von 1376/77 war außerdem für das gesamte dänische Münzwesen epochemachend, indem man nunmehr unter lübisch-hansischem Einfluß zu ganz neuen Münzsorten nach norddeutschem Vorbild überging. Die letzte Prägung von schlechtem Kupfergeld auf Schonen ist 1377 erfolgt. Die Münzen wurden sofort von den hansischen Hauptleuten verboten.

Hand in Hand mit diesem gemeinsamen Vorgehen der Städte in Münzfragen gegen Dänemark liefen nun Verhandlungen zwischen den Städten selbst, deren Ergebnis zum guten Teil die Erfolge auf Schonen erst bedingt und möglich gemacht hat. Zum ersten Male ist auf dem Hansetage zu Stralsund im März 1365, auf dem Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Kolberg und Kiel vertreten waren, über Münzfragen verhandelt worden. Allerdings waren die gefaßten Beschlüsse nur sehr allgemeiner Art, indem man sich einigte, die Hohlpfennige wie bisher beizuhalten und die Witten (potiores denarii) vor dem Einschmelzen zu schützen. Im Oktober desselben Jahres faßte der Rostocker Tag einen ähnlichen Beschluß und verbot sogar sub pena honoris et rerum, das Geld der beteiligten Städte zum Einschmelzen auszuführen. Den nicht vertretenen Städten Hamburg und Anklam wurde das mitgeteilt. Es handelte sich also bereits um gemeinsame Maßnahmen gegen die Abwanderung guten Geldes, den bekannten immer wiederkehrenden und immer neu bekämpften Krebsschaden des mittelalterlichen Münzwesens. Um einen anderen ebenso typischen Fall handelte es sich zwei Jahre später auf der Tagung in Lübeck im Dezember 1367, wo die Städte aufgefordert wurden, sich über das Flensburger [339. 340] und Kieler Geld [245. 341. 342] zu äußern, das sich als minderwertig erwiesen hatte. Flensburger Geld wurde schon 1359 in Lübeck gelegentlich einer Prüfung unterzogen, doch werden 1360 Lübecker und Flensburger denarii argentei (Witten) noch zusammen genannt. Aus späteren Nachrichten (1374) wissen wir aber, daß 26 Mark "Holsten ghelt" nur 22 Mark hamburgischer Pfennige und 13½ Mark "Kyler ghelt" = 11 Mark hamburgischer Pfennige entsprachen. Die Abwehr dieses schlechten Geldes vereinigte die Städte im März 1369 in Lübeck zu dem Beschluß, das Geld von Kiel und Flensburg, neben dem nun auch das von Itzehoe [259. 260. 344] genannt wird, zu verbieten. Ja, man ging noch weiter und bedrohte jede Stadt, die ähnliches schlechtes Geld prägen würde, mit dem gleichen Verbot und einer Geldstrafe von 3 Mark Silbers. Hier legten sich die Städte also bereits gemeinsame Zwangsmaßnahmen münzpolizeilicher Art bei. Ein Protest Kiels scheint keinen Erfolg gehabt zu haben, wenn auch die Städte im Juli in Lübeck über die Bitte Kiels, ihr eine Silberprobe als Stal zu überlassen, um sich danach richten zu können, zu beraten beschlossen.

Langsam aber mit zunehmender Deutlichkeit treten die Umrisse des sich bildenden Münzbundes hervor. Vier Jahre zwar hören wir nichts von weiteren Verhandlungen. Dann aber, nach dem Abschluß der waldemarischen Kriege, ist in den Beschlüssen des Rostocker Tages vom Juni 1373 ein guter Schritt vorwärts getan. Freilich ist auch dieser erste Münzrezeß, den am 29. Juni 1373 die Städte Lübeck, Hamburg, Rostock, Stralsund, Weimar, Greifswald, Stettin und Demmin auf Antrag von Hamburg und Lübeck abschlossen, noch sehr allgemein gehalten. In den acht Städten soll nur die Münze dieser Städte wechselseitig gelten, in den nächsten zwei Jahren aber nicht gemünzt werden, um das nötige Silber bereitzustellen für die neue Prägung, die dann "uppe eren olden punte" gebracht werden soll, d. h. man will Pfennige schlagen, die lötige Mark zu 3 Mark lübisch = 576 Pfennigen, und die sundische Mark zu 4½ Mark = 864 Pfennigen. Weitere Bestimmungen betreffen das Verbot des Silbereinschmelzens, der Silberausfuhr und die Regulierung des Silberpreises, Maßnahmen, die im Mittelalter in allen Münzstätten die größte Rolle spielten.

Über die Feinheit des Silbers wurde nichts bestimmt und auch noch nicht alle Städte unter einem einheitlichen Münzfuß zusammengefaßt, wobei wir uns an eine ganz ähnliche Zulassung von zweierlei Münzfuß in den Anfängen des oberrheinischen Münzbundes von 1377 und im schwäbischen Münzverein von 1404 erinnern. Offenbar haben sich auch die Abmachungen lediglich auf die Hohlpfennige bezogen, wie aus dem vorgesehenen Schrot für die lübischen und sundischen Pfennige geschlossen werden darf. Aus der Bestimmung, daß die Pfennige 1375 auf ihren alten Stand gebracht werden sollen, darf man auf eine vordem eingetretene Verschlechterung schließen, und die aus den Quellen ersichtlichen starken Schwankungen des Münzfußes seit der Mitte des Jahrhunderts (s. o. Kap. III) deuteten ebenfalls darauf hin. Vielleicht ist deshalb auch die etwa in diese Zeit passende Notiz in der mehrfach erwähnten Münzchronik nicht abzuweisen, die von einer Ausschrotung zu 53 Schillingen = 636 Pfennigen aus der 13lötigen Mark spricht. Das Verhältnis der lübischen zu den sundischen Pfennigsorten war freilich dasselbe, wie es schon in den Pfundzollabrechnungen seit 1363 begegnet und hier lediglich eine offizielle Festsetzung fand mit Rücksicht vor allem wohl auch auf den schonischen Verkehr, in dem beide Münzsorten nebeneinander zugelassen waren. Slawische Pfennige werden bezeichnenderweise nicht mehr erwähnt, da Wismar sich dem lübischen, Rostock dem sundischen Fuß angeschlossen hatten. Um die Wittenprägung hat es sich offenbar 1373 noch nicht gehandelt, denn im folgenden Jahre erst (Mai 1374) wandten sich Rostock, Stralsund und Wismar an Lübeck und Hamburg mit dem Wunsche, sich in Münzangelegenheiten mit ihnen zu verständigen und mit der gleichzeitigen Bitte, ihnen einen Stal zu verschaffen, "dar se eendrachliken na scloghen ere witten munte umme guder endracht willen unde umme mene nud des copmans". Lübeck und Hamburg versprachen zwar, sich auf dem nächsten Tage (Juli) zu Stralsund dazu zu äußern, doch besagt der Rezeß dieser Tagung nichts über weitere Verhandlungen.

Lassen sich in den Abmachungen und Verhandlungen zwischen 1365 und 1377 auch schon alle Elemente eines werdenden Münzvereins unschwer erkennen, so fehlte doch immer noch die feste Begrenzung des Münzgebietes und der Teilnehmer sowie bindende Bestimmungen über den Münzfuß und die zu prägenden Münzsorten. Auf dem Tage zu Lübeck endlich von 1379 ist es dazu gekommen, aber der Kreis der Städte, die am 9. Februar den ersten wendischen Münzrezeß im engeren Sinne abschlossen, war ein viel engerer, als der Vertrag von 1373 und die Rezesse von 1376/77 vermuten ließen. Es waren nur Lübeck und Hamburg, die beiden alten Münzverbündeten, sowie Wismar. Zur eigentlichen Vereinsmünze wurde nun der Wittenpfennig, der "penningh van veer penninghen", erhoben, der zu 3 Mark + 32 Pfennigen = 176 Stück aus der 13½lötigen Mark, also mit einem Sollgewicht von 1,328 g ausgeprägt werden sollte. Geringer im Münzfuß war der 1/4 Witten, der "lutteke penningh", der zum Unterschiede von den Hohlpfennigen (denarii concavi) "plat", d. h. zweiseitig, sein sollte. Hier kamen 516 Stück aus der 9lötigen Mark (0,45 g), während der hohle Pfennig nach dem Rezeß von 1373 zu 576 und wahrscheinlich ebenfalls 9lötig ausgebracht wurde (1367 8lötig).

Zum ersten Male finden sich im Rezeß von 1379 auch Vorschriften über das Gepräge. Jede Stadt führte zwar ihr besonderes Hoheitszeichen und den eigenen Stadtnamen, aber daneben als gemeinsames Kennzeichen des Münzvereins auf der Rückseite in der Mitte des Kreuzes ein Rund mit einem sechsstrahligen Stern, der ebenso auch zu Beginn der Umschrift oberhalb des lübischen Doppeladlers, der hamburgischen Burg und des mecklenburgischen Stierkopfes angebracht war. Die Umschriften selbst wichen voneinander ab, indem nur Hamburg für die Rückseite einen christlichen Spruch (BᗺnᗺDICTV S DᗺVS) wählte, die bei den anderen Städte aber sich als CIVITAS IMPᗺRIALIS bzw. MAGnO - POLᗺnSIS bezeichneten. Nach diesen Vorschriften haben die drei Städte auch geprägt: Witten, Gaedechens 1102-1113 und 1108a-1129c [363]; Behrens 48 [361]; Oertzen 257-264 [365]; 1/4 Witten, Gaedechens 1224-28 und 1226a-c [364]; Behrens 53 [362]; Oertzen 265-67 [366]- Die Gewichte dieser zahlreich erhaltenen Witten lassen sich, wie der Fund von Leikendorf mit besonders frischen Exemplaren und andere Angaben sowie die Sammlungen erweisen, mit durchschnittlich 1,29 g sehr wohl mit der Vorschrift vereinbaren, während die seltener vorkommenden 1/4 Witten stärker (zwischen 0,37 und 0,45 g) im Gewicht schwanken. Der Feingehalt der Witten von 1379 ließ sich bei einem hamburgischen Stück mit 798, also gut 12¾ Lot, ermitteln, während die Lüneburger Valvationstabelle für lübeckische und hamburgische Witten 12½, das dortige Valvationsbuch von 1445 für lübische und wismarsche 12⅓ Lot angibt. Die Prägung anderer Münzsorten wurde verboten bis auf Vierlinge und "Hellinghe" , d. h. Hälblinge, für den Kleinverkehr. Von den Vierlingen oder 1/4 Pfennigen war schon die Rede (Kap. III). Hälblinge kommen schon früh in Hamburg (1309) und Lübeck (nach 1347) vor und heißen 1379 auch bereits wie später regelmäßig Scherfe. Es gibt solche Scherfe vom Typ der Hohlpfennige von Hamburg (Gaedechens 1412-17 und 1411a-1417a [177. 178]), Lübeck (Behrens 28-29) [189/90], Lüneburg (Kat. Friedensburg 850 [199]) und Wismar (Oertzen 195 [201]). Vielleicht gehören auch die Hälblinge mit Stierkopf (Oertzen 187/88 [207]) nach Wismar, das überhaupt an der Hohlpfennigprägung dieses Typs beteiligt gewesen sein muß. Im übrigen enthielt der Vertrag eine Reihe der üblichen münzpolizeilichen Vorschriften zur Sicherung und Kontrolle einer vertragsmäßigen Prägung. Die Dauer der Abmachungen war auf 2 Jahre, der Beginn der neuen Prägung nach St. Peters-Tag (22. Februar) vereinbart. Vom Walpurgistage an (1. Mai) sollte kein anderes Geld als das der drei Städte mehr gelten.

Die Wirkung dieses Vertrages von 1379 war sogleich die, daß auch die übrigen wendischen Städte Anschluß an den neuen Münzbund suchten. Auf der Tagung zu Wismar im Oktober 1380 schon wandten sich Rostock und Stralsund mit dieser Bitte an die drei Münzvereinsstädte, die darüber zu verhandeln versprachen. Das Ergebnis war ein günstiges, denn gleichzeitig mit der Erneuerung des Bündnisses auf weitere 3 Jahre brachte der Rezeß vom 6. April 1381 in Lübeck den Anschluß von Rostock und Stralsund sowie von Lüneburg, die alle bereits seit längerer Zeit Witten nach lübischem Fuß und Typ geschlagen hatten. Neu vereinbarte man ein gemeinsames Silbergewicht, nämlich das lübische, d. h. die hier geltende kölnische Mark, und ferner zweimal im Jahre, nach Weihnachten und zu Johannes, eine Zusammenkunft der Münzmeister in Lübeck. Der Münzfuß wie die übrigen Bestimmungen blieben die gleichen wie 1379. Sternwitten gibt es seitdem auch von Lüneburg (Bahrfeldt 7 und 8 [367]), Rostock (Oertzen 337-48 [368]) und Stralsund (Dannenberg 261 [3701). In den Umschriften folgten Lüneburg und Stralsund dem hamburgischen Beispiel mit anderen Sprüchen (SIT LAVS DᗺO PATRI und DᗺVS In nOMInᗺ TVᗺ), Rostock dem Wismarer Muster. Die Gewichte dieser Witten entsprechen mit 1,3 g für Lüneburg (in der Sammlung zu Lüneburg 1,28 aus 19 Stück), 1,27 für Rostock (Leikendorf, Oertzen ermittelt nur 1,14 g Durchschnittsgewicht) und 1,26 in Stralsund ziemlich denen der drei älteren Verbündeten. Den Feingehalt gibt das Lüneburger Valvationsbuch wohl ziemlich summarisch mit 12⅓ Lot an. Rostock hat daneben auch Sternwitten mit fünfstrahligem Stern nach slawischem Fuß geprägt (Oertzen 349-57 [369]), die nur ein Durchschnittsgewicht von 0,92 g erreichen. Auch andere, nicht dem Münzverein angehörende Städte wie Friedland [372], Güstrow [373/74], Malchin [375], Parchim [376] und Flensburg [371] haben den sechsstrahligen Stern in das Kreuzrund ihrer Witten gesetzt, ebenso die pommerschen Herzöge von Stettin [377-379].

Der Vertrag von 1381 hätte 1384 erneuert werden müssen, doch ist davon nichts bekannt. Wohl aber besitzen wir aus diesem Jahre eine in Hamburg vorgenommene Probe der Witten aller sechs Städte. Daraus geht hervor, daß die Städte sich nicht völlig an die Vorschrift des Rezesses gehalten und statt 176 Witten deren 178-180 aus der Mark geschlagen hatten, die hier als marca puri argenti bezeichnet wird, aber die rauhe Mark bedeutet. Diese etwas geringere Ausschrotung, die für das einzelne Stück Gewichte von 1,29-1,3 g ergibt, paßt zu den wirklichen Gewichtsbefunden noch besser.

Diese offenbar stillschweigend vorgenommene Verminderung des Gewichts der Witten ist dann in einem neuen Rezeß zu Mölln am 1. Mai 1387 zum Gesetz erhoben worden. Freilich geht das aus der Urkunde selbst nicht unmittelbar hervor. Es heißt nur, daß die Witten und die Pfennige zu 1 Pfennig (1/4 Witten) so gut sein sollen wie die zur Zeit in Lübeck geschlagenen. Lübeck selbst sowie Rostock und Stralsund waren an diesem Rezeß nicht beteiligt, sondern nur Hamburg, Lüneburg und Wismar. Trotzdem blieb das lübische Geld auch weiter maßgebend für den Münzfuß und, wie ausdrücklich hervorgehoben wurde, umlaufsfähig in den anderen Städten. Daß aber der Münzfuß des neuen Rezesses dem in der Probe von 1384 festgestellten entsprochen hat, geht deutlich daraus hervor, daß am 25. Mai 1387 Lüneburg an Hamburg zwei Beutel mit Lübecker Geld und einer Silberprobe sandte und um Weitergabe an Wismar ersuchte zugleich mit dem Bemerken, daß die Münzmeister beider Städte sich auf ein Schrot von 45 Wurf = 180 Stück geeinigt hätten. Wichtig war in dem auf 2 Jahre geschlossenen Rezeß von 1387, der im allgemeinen die Bestimmungen von 1379 und 1381 wiederholte, die Veränderung des Gepräges. Das Rund auf dem Kreuz der Rückseite blieb fortan leer (slichte rundele middeme in dem cruce). Tatsächlich finden wir aber bei den meisten Witten dieses Rezesses in der Mitte des Kreises einen Punkt: Hamburg, Gaedechens 1132-40 und 1134a-1140h [380]; Wismar, Oertzen 268-76 [383]; Lüneburg, Bahrfeldt 9 [382]. Viertelwitten sind nur von Hamburg (Gaedechens 1229-31 und 1129a-1231b [381]) und Wismar (Oertzen 277/78 [384]) bekannt. Als Durchschnittsgewicht für die Witten darf 1,26 g gelten. Von Lübeck fehlt dieser Typ folgerichtig, wohl aber haben wieder Friedland [385], Güstrow [387/88] sowie Anklam (Dbg. 178, Kl.-Woltersdorf 49 [389]) ihn übernommen.

Nach Ablauf der zwei Vertragsjahre haben die drei Städte das Bündnis auf weitere 2 Jahre erneuert unter Beibehaltung des bisherigen Gepräges. Allerdings vermutet man, daß trotzdem eine Unterscheidung der Witten von 1389 möglich ist und die auf vielen Stücken beobachtete Füllung des Runds mit einer Rosette, einem Buchstaben oder Wappenzeichen in diese Zeit gehört. Gesichert ist diese zeitliche Ansetzung nicht, denn es ist auffällig, daß an den Witten und 1/4 Witten dieser Art außer Lüneburg (Bahrfeldt 10 u. 11 [390/91]) nur außerhalb des Münzvereins stehende Münzstätten wie Gnoien [392], Güstrow [393-398], Parchim [399-401] und Stralsund [407], auch Neukalen [402. 403] und Waren [404], vielleicht auch herzoglich pommersche Witten [408. 409] beteiligt sind. Ebenso gehören die Witten von Oldesloe [405] und Neustadt a. d. Elbe [406] ihrem Typ nach dazu. Die Witten der mecklenburgischen und pommerschen Münzstätten erwiesen sich aber gerade jetzt als minderwertig. Wir erfahren aus Artikel 6 des Rezesses von 1389, daß die Witten von Rostock und Stralsund, die seit 1384 nicht mehr dem Münzverein angehörten, nur drei lübische Pfennige gelten sollten, und die Wittengepräge von Parchim, Güstrow, Neukalen "und ander wentlandesch ghelt unde al andere ghelt, dat up wit ghelt slaghen is" sogar nur 2 Pfennige. Ganz verboten wurden die "lutteken pennighe" , die 1/4 Witten, die wir besonders viel in Mecklenburg antreffen [395-398. 400. 401. 403. 404]. Von Parchim z. B. wissen wir, daß hier 1384 die 1/4 Witten zu 2 Schilling = 24 Stück mehr aus der Mark geprägt wurden als in Lübeck. Weshalb Lübeck an den Verträgen von 1387 und 1389 nicht beteiligt gewesen ist, erscheint nicht ganz klar. Eine Meinungsverschiedenheit über die Herabsetzung des Münzfußes kann nicht der Grund gewesen sein, denn man richtete sich ja nach dem lübischen Gelde, so daß also praktisch der Bund der vier wendischen Städte der gleiche blieb und nur die östlicheren Mitglieder von ihm abrückten.

Mit dem Ablauf des Vertrages von 1389 im Jahre 1391 endet die erste Periode des wendischen Münzvereins, die durch die alleinige Vorherrschaft der Wittenmünze charakterisiert wird. Den Witten gegenüber waren die Hohlpfennige völlig aus der Prägung verschwunden, und auch die erlaubten Hälblinge und Vierlinge können nur in sehr beschränkter Anzahl geschlagen worden sein. Das Jahr 1392, in dem sich die drei Städte wieder mit Lübeck und auch Rostock auf 6 Jahre zusammenschlossen, bedeutete einen neuen Abschnitt in der wendischen Münzgeschichte. Der Wittenpfennig trat eine Zeitlang zurück und an seine Stelle zwei neue Münzsorten, die Dreilinge und Sechslinge. Gleichzeitig wurde die Prägung von Hohlpfennigen wieder aufgenommen. Etwas völlig neues freilich waren 1392 die Dreilinge und Sechslinge im hansischen Münzwesen nicht mehr. Dreilinge waren in Lübeck sowohl wie in Hamburg schon reichlich ein Jahrzehnt früher geschlagen worden. Ihre Prägung wird in Lübeck zuerst 1374 erwähnt, und zwar fühlte sich damals Hamburg durch diese den Verträgen zuwiderlaufende Münze beschwert. Seit 1382 erscheinen aber auch in den hamburgischen Kämmereirechnungen häufiger ternarii. Vielleicht sollten sie den leichteren slawischen und sundischen Witten oder den Sterlingen entsprechen. Auch Sechslinge hatte wenigstens Lübeck bereits 1388 ausgegeben, also zu einer Zeit, als es dem Münzverein nicht angehörte, und vielleicht ist das der Grund für die vorübergehende Sonderstellung Lübecks gewesen. Diese Sechslinge sollten damals aus 14lötigem Silber, die Dreilinge 12lötig ausgebracht werden. Der Vertrag von 1392 erhob nun beide Münzsorten zu solchen des Münzvereins, und zwar sollten sie beide 12lötig sein und weiß gemacht zu 114 bzw. 230 Stück aus der Mark ausgebracht werden, also 1,017 und 2,04 g wiegen. Als Gepräge war für beide Seiten das Stadtwappen im Schilde vorgeschrieben, wobei Wismar statt des Stierkopfes das auch bei den Witten von 1387 schon vorkommende "een half ossenhouet und enen halven schilt" verwendete. Um den neuen Münzsorten schnell Eingang im Verkehr zu verschaffen, wurden die Witten und 1/4 Witten zu Johannis verrufen, eine Maßnahme, die in den Städten nur ausnahmsweise begegnet. Auch kann die Durchführung keine sehr strenge gewesen sein, wie die Valvationen und Funde zeigen. Daneben wurde die Prägung von Hohlpfennigen zur Beschaffung des nötigen Kleingeldes wieder aufgenommen, und zwar mit einer ganz geringen Besserung des Gewichtes (558 statt576 Stück aus der Mark), aber Herabsetzung des Feingehaltes auf 9 Lot, wie er seitdem längere Zeit beibehalten ist. Vierlinge und Hellinge blieben außerdem zu prägen gestattet. Neu war die Kontingentierung der auszuprägenden Summen auf die Städte. Sechslinge und Dreilinge sollte jede Stadt halb und halb für 1000 Mark prägen oder mehr, wenn genügend Silber zur Verfügung stand. Die Prägung von Hohlpfennigen aber wurde für jede Stadt auf eine Summe von 200 Mark beschränkt, nur Lübeck durfte für 300 Mark schlagen. Man erkennt aus dieser Vorschrift die verständige münzpolitische Erwägung, die größeren Geldsorten stärker als die Kleinmünze zu vermehren.

Die sonstigen Vorschriften des Vertrages von 1392, die unter anderem zum ersten mal auch die Kosten der Prägung und den Münzgewinn berühren, sind ausführlicher als bisher und werden uns im Zusammenhang mit der Organisation des Münzvereins später beschäftigen (s. Kap. VI).

Zu den Münzen selbst sei bemerkt, daß sie nach der Vorschrift des Rezesses von allen beteiligten Städten vorliegen bis auf Rostock, von dem bisher nur ein sehr selten vorkommender Dreiling (Oertzen S. 89; Grimm 819; Evers 395, 11 [422]) bekannt geworden ist. Wir haben demnach Sechslinge von Hamburg (Gaedechens 1013/14 und 1014a-c 1,84-1,9 [416 u. 424]), Wismar (Oertzen 279-82 1,3-1,5 [420. 426]), Lüneburg (Bahrfeldt S. 458, Nr. 13, 1,28 g; Elmenhorst Nr. 64ff. 1,24-1,43 [418. 425]), Lübeck (Behrens 57a-m 1,35-1,85; Slg. Roeper 1,75 [410. 411. 423]); Dreilinge von Hamburg (Gaedechens 1168-78: Durchschnittsgewicht 0,82 [417]); Wismar (Oertzen 283-87 Durchschnittsgewicht 0,93 [421]); Lüneburg (Bahrfeldt Nr. 14 0,96 g [419]); Lübeck (Behrens 56a-w Durchschnittsgewicht 0,98, Slg. Roeper 0,97 g [412-415]). Die Gewichte scheinen besonders bei den Sechslingen nicht unerheblich von der Vorschrift abzuweichen. Dabei muß aber berücksichtigt werden, daß die Gepräge auch im 15. Jahrhundert bei leichterer Ausschrotung beibehalten sind und eine zeitliche Reihenfolge der Stempel und Beizeichen sich nur ungefähr geben läßt. Die ältesten Stücke [410. 412. 416. 417] zeichnen sich durch Größe und Gewicht aus. Die Dreilinge scheinen durchweg alle dem 14. Jahrhundert anzugehören, die Lüneburger und Wismarer Sechslinge sämtlich ins 15. Jahrhundert zu legen sein. Den Feingehalt gibt die Lüneburger Valvationstabelle bei einem älteren lübischen Sechsling mit 14, bei einem aber wahrscheinlich jüngeren Wismarer mit 10½ Lot an, während das Valvationsbuch von 1445 einen lübischen Sechsling mit 13 und einen lüneburgischen mit 10⅓ Lot verzeichnet. Ein Lüneburger Sechsling des Fundes von Elmenhorst (Nr. 64) war 728/1000 = 11⅔ Lot fein und gehört auch im Typ der ersten Zeit an. Die Dreilinge von Hamburg, Lübeck, Wismar und Lüneburg befindet die Valvationstabelle 11⅓lötig, das Valvationsbuch 11lötig, eine andere Lüneburger Probe um 1403 die lübischen dem Rezeß entsprechend 12 lötig. Dem Muster der Städte folgen auch Flensburger Dreilinge mit 0,84 g Durchschnittsgewicht [427] und wahrscheinlich auch Stralsund (Dbg. 266, Gr.-Cordshagen 17-24: Durchschnittsgewicht 0,78 g 10lötig [428]). Während die Dreilinge eine größere münzgeschichtliche Bedeutung im Mittelalter nicht erlangt haben und nur noch einmal 1422 in einem Rezeß Erwähnung finden, ist der Sechsling beibehalten und besonders in den mecklenburgischen und pommerschen Städten im 15. Jahrhundert eine sehr viel geprägte Münzsorte geworden.

Durch die Kenntnis des Vertrages von 1392 findet auch die von Grautoff abgedruckte undatierte hamburgische Bursprake ihre Datierung, die noch Bahrfeldt und Oertzen Schwierigkeiten machte und, indem man sie ins Jahr 1403 legte, zu einer zu späten Ansetzung (1403) der Dreilinge und Sechslinge (vgl. Behrens, Oertzen, Grimm und alle Kataloge) geführt hat. Diese Verordnung ist aber nichts weiter als ein Auszug aus dem Rezeß von 1392, worauf schon Techen und Curtius aufmerksam gemacht hatten.

Zunächst ist nun nach Ablauf der sechs Vertragsjahre 1398 ein neuer Rezeß vereinbart, als dessen Teilnehmer Lübeck, Hamburg, Wismar und Lüneburg, also ohne Rostock, erscheinen. Darin wurde die 1392 unterbrochene Wittenprägung erneut aufgenommen und trat für reichlich 2 Jahrzehnte wieder in den Vordergrund. Mit 193 Witten aus der 13lötigen Mark ist bei altem Feingehalt eine Verringerung des Gewichts (1,2 g) eingetreten. Die Hohlpfennige blieben bei 9lötigem Silber und wurden wieder zu 3 Mark = 576 Pfennigen ausgeschrotet, während die Hellinge nur noch 8lötig sein sollten. Vorschriften über das Gepräge der Witten enthält dieser Rezeß nicht. Man hat deshalb vermutet, daß die Witten mit beiderseits Stadtwappen im Dreipaß dieser Zeit angehören. Wir kennen solche Dreipaßwitten von Hamburg (Gaedechens 1163/64 0,96-1,12 g [430]), Lübeck (Behrens 50 1,16; Slg. Roeper 1,15 und 1,26 g [429]), Lüneburg (Kat. der Slg. Vogel 4 Nr. 2619, jetzt Slg. Roeper 1,11 g [432]), Wismar (Oertzen 227 1,1 und 1,6 [431]), Rostock (Oertzen S. 83 291a 1,15 [433]). Die geringe Anzahl der erhaltenen Stücke läßt allerdings kaum Schlüsse zu. Auch die Funde in denen sie vorkamen (Ruhwinkel, Kartlow, Gr.-Cordshagen. Bremen), ergeben keine sicheren zeitlichen Anhaltspunkte. Beachtenswert ist immerhin, daß die häufigeren Dreipaßwitten von Güstrow (Oertzen 471/74, Kl.-Woltersdorf 29, Fund von Schwiesow, Woldegck. Remlin, Arnswalde [387. 388]) auf der Rückseite in der Kreuzmitte ein dem Rezeß von 1387 entsprechendes Rund aufweisen und die Blumenenden der bei den senkrechten Kreuzbalken an das wismarsche Gepräge erinnern. Oertzen entscheidet sich bei den Dreipaßwitten von Wismar und Rostock für die Zeit vor 1379. Abzulehnen ist eine so späte Ansetzung, wie sie M. Bahrfeld versucht, indem er die Bestimmungen des Rezesses von 1403 (beiderseits Stadtwappen) auf diesen Typ anwendet. Ich möchte mich aus allgemeinen Erwägungen doch für 1398 entscheiden.

Die Dauer der Abmachungen von 1398 geht aus dem Text der Urkunde nicht hervor. Es scheint aber keine Lücke in der Überlieferung zu bestehen zwischen diesem und dem nächsten Rezeß vom 6. Februar 1403, an dem neben den vier Städten dieses Mal wieder Rostock und Stralsund beteiligt waren. Das Schwanken dieser Städte zwischen dem lübischen und dem leichteren sundischen Münzfuß tritt hier wieder mit besonderer Deutlichkeit hervor, befremdet uns aber nicht, wenn wir uns an die ähnliche Haltung einzelner Städte in anderen Münzvereinen (z. B. Zürich und Konstanz) oder an den neben dem rheinischen Münzverein bestehenden Mainz-pfälzischen Bund für bestimmte Münzsorten erinnern. Bei Rostock und den pommerschen Städten hat es sich immer nur um Witten nach lübischem Fuß gehandelt, während die Pfennige stets dem leichteren sundischen Fuße gefolgt sind. Stralsund hatte auch bereits 1395 mit Anklam und Greifswald einen Sondermünzbund geschlossen, der in Anlehnung an die lübischen Sechslinge, aber leichter, einen sogenannten "großen Pfennig" [499-504] zu 144 Stück aus der 12lötigen Mark (1,62 g) und daneben 7½ lötige kleine Pfennige vorsah. Der Rezeß von 1403 gestand deshalb ähnlich wie 1373 den beiden Städten Rostock und Stralsund ihren besonderen Pfennigfuß zu und suchte nur das offenbar nicht mehr bestehende Verhältnis 3:2 des sundischen zum lübischen Pfennig wiederherzustellen. Die Pfennige der beiden Städte sollten deshalb 9lötig zu 4½ Mark aus der rauhen Mark geprägt werden, während die vier alten Bundesstädte bei ihrem Schrot von 576 Pfennigen = 3 Mark und 9lötigem Silber (Hellinge 8lötig) blieben. Der Witten aber erfuhr für alle sechs Städte gleichmäßig eine geringe Verschlechterung .im Gehalt auf 12½ Lot bei einer Ausschrotung von 192 Stück aus der Mark (1,2 g). Das Gepräge wurde dahin geändert, daß fortan beide Seiten das Stadtwappen tragen sollten, und um eine möglichst große Übereinstimmung zu erzielen, war eine Anfertigung aller Münzstempel in Lübeck vorgesehen.

Da das neue Wittengepräge bis 1410 keine Änderung erfahren hat, lassen die reichlich erhaltenen Witten dieses Gepräges auf eine recht erhebliche Ausmünzung schließen. Es sind bekannt Witten dieses Typs von: Hamburg (Gaedechens 1141-57 und 1145a [436]), Lübeck (Behrens 49 [434]), Lüneburg (Bahrfeldt 15 [438]), Rostock (Oertzen 373 [439]), Stralsund (Dbg. 263) und Anklam (Dbg.I74) sowie entsprechende 1/4 Witten von Lübeck (B. 54 [435]), Rostock (Oertzen 374/75 [440]). Von Wismar hat man lange unbedenklich die Witten mit beiderseits Stierkopf (Oertzen 228-34 [437]) mit diesem Rezeß von 1403 in Verbindung gebracht, bis Oertzen (Berl. Mbl. 1902 S. 8ff. und II S. 60) sie aus typologisch-heraldischen Gründen in die Zeit vor 1379 verlegt hat. Gegen diese frühe Ansetzung spricht aber einmal das geringe Durchschnittsgewicht von 1,15 g und vor allem ihr Vorkommen im Funde von Peverstorf (unbeschrieben im Museum zu Lüneburg), der keine einzige vor 1403 geprägte Münze enthielt. Ich trage also kein Bedenken, diese Witten wieder zu 1403 einzureihen, zumal um diese Zeit Wismar auch Blafferte und Hohlpfennige mit Stierkopf geprägt hat. Die Durchschnittsgewichte der übrigen Witten sind für Hamburg 0,93-1,14, im Funde von Peverstorf 1,05 (7 Stück),Lübeck: 1,11 g, Slg. Roeper 1,16 (9 Stück), Rostock: 1,22, Lüneburg: Fd. von Kl.-Woltersdorf 128 0,88 und 1,22 g; Peverstorf 1,03 (14 Stück), Anklam: 0,97 und 1,05. Die 1/4 Witten schwanken zwischen 0,35 und 0,45 g. Bei diesen Gewichten ist indessen zu berücksichtigen, daß 1406 derselbe Wittentyp im Schrot auf 196 Stück (1,19 g) herabgesetzt wurde. Den Feingehalt gibt die Lüneburger Valvation für Lüneburger, Hamburger und Lübecker Stücke mit 11⅓, das Valvationsbuch für Lüneburg mit 10⅔ Lot an, wobei wiederum die Verminderung des Feingehaltes von 1406 auf 12 Lot zu bemerken ist. In einer anderen Lüneburger Quelle, die in diese Zeit gehören muß (s. Anm. 341), wird bei einer Probierung festgestellt, daß Stralsund 196, Rostock 200 und .Anklam [441] sogar 216 Witten aus der Mark geprägt haben, die in Stralsund 12 Lot - 2 Grän (1 Lot = 18 Grän), in Rostock 12 Lot - 5 Grän, in Greifswald 11 Lot + 2 Grän fein waren. Der Rezeß von 1406, an dem Rostock und Stralsund nicht wieder beteiligt waren, setzte die Witten dieser beiden Städte sowie die von Anklam und Greifswald auf drei lübische Pfennige; denn sie wurden damals bereits zu 5 Mark = 240 Stück (0,97 g) und nur 11¼ Lot fein ausgebracht, während eine spätere Probe (um 1410?) sie 10lötig und zu 56 Wurf = 224 Stück aus der Mark ausgebracht fand, aber zu der gleichen Wertung kam, ebenso der Rezeß des Jahres 1410. Dazu passen durchaus die Ergebnisse des bis um 1425 heraufreichenden Fundes von Kl.-Woltersdorf, wo z. B. für die in die Zeit nach 1403 gehörenden Stralsunder Witten (Nr. 37a-s zu Dbg. 267 [442 u. 443]) ein Durchschnittsgewicht von 0,844g (aus 60 Stücken) und einen Feingehalt von 652-656 / 1000 = 10½ Lot ergeben. Nach slawischem Fuß geprägte Rostocker Witten nach 1381 desselben Fundes (Nr. 12-14 = Oertzen 349-67 [369]) ergaben 0,854 (aus 82 Stück) und 627/1000 = 10 Lot fein. Anklamer Witten (Nr. 39-51 [441]) wogen im Durchschnitt 0,88 (bei Dbg. 0,95 g) und waren 630/1000 = 10 Lot fein, Greifswalder (Nr. 57-66 [444]) zeigen noch geringere Gewichte (0,80) und 642/1000 Feingehalt.

Damit hatte sich gezeigt, daß Rostock und die pommerschen Städte nicht mehr in der Lage waren, den lübischen Münzfuß aufrecht zu erhalten. Der Vertrag vom Februar 1403 war zwar im Dezember noch einmal bestätigt und durch eine Valvation der gebräuchlichsten Goldmünzen erweitert worden. Er fand aber vielleicht infolge der minderwertigen Prägungen der Pommern ein vorzeitiges Ende, denn obwohl auf 10 Jahre vereinbart, kam es bereits 1406 zum Abschluß eines neuen Rezesses, in dem nun neben den vier alten Verbündeten seltsamerweise Hannover als Mitglied des Münzvereins erscheint. Rostock und die pommerschen Städte gingen mehr und mehr ihre eigenen Wege. Allerdings ist 1411 noch einmal von einer Einladung dieser Städte zu einem Münztage seitens des Münzvereins die Rede und ebenso 1420 mit ihnen einschließlich Greifswald verhandelt worden. Auch zu den Verhandlungen über den Münzvertrag von 1424 mit Dänemark sind sie hinzugezogen worden und haben sogar 1425 ihren Anschluß erklärt und die vertragsmäßigen neuen Sechslinge geprägt (s. u.). Das war aber wie der dänische Vertrag selbst nur eine Episode, und bald entfernte sich das sundische Geld aufs neue vom lübischen.

Was Hannover veranlaßt hat, sich dem wendischen Münzverein anzuschließen, ist nicht ersichtlich. Wahrscheinlich waren die Beziehungen zu Lüneburg dafür maßgebend. Tatsächlich hat Hannover seit 1408 Witten [445] und wahrscheinlich auch neue Hohlpfennige nach lübischem Fuß geprägt, und zwar jedenfalls leichtere [229] Helmpfennige als die älteren schwereren [228] zu 0,5-0,7 g. Die offenbare Anlehnung an Lüneburg geht auch aus dem für die Witten als Umschrift gewählten Spruche Laus Deo Patri hervor. Von Dauer ist aber dieser Anschluß Hannovers an das wendische Münzsystem nicht gewesen. Im übrigen brachte der Münzrezeß von 1406 nichts neues. Das Hohlgeld blieb auf seinem bisherigen Stand. Eine Valvation von fremden Gold- und Silbermünzen schloß sich an. Darunter erscheinen auch preußische Schillinge [682], 13lötig, zu 6 lübischen Pfennigen und die livländischen kleinen Artige (arteghe), die 8lötig waren und zu 636 Stück aus der Mark geschrotet wurden [685/86]. Sie galten 2 lübische Pfennige.

Ganz übereinstimmend lauten die Artikel einer undatierten Münzordnung oder Rezesses, während wenig später offenbar von lübischer Seite ein Vorschlag auf Verbesserung der Wittenmünze gemacht ist. Aber Hamburg wandte ein, daß bei der vorgeschlagenen Erhöhung des Feingehaltes auf 12¼ Lot mit Rücksicht auf den steigenden Silberpreis ein Verlust von 7 ß an der Mark eintreten würde (s. Kap. VI). Als es dann im Dezember 1410 nach manchen Vorverhandlungen zwischen den vier Städten zu einem neuen Münzrezeß kam, blieb es bei 12lötigem Silber, während das Schrot der Witten weiter auf zoo Stück (1,17 g) verringert wurde. Für die neue Ausgabe wurde auch ein neues Gepräge bestimmt, das Stadtwappen und für die Rückseite "een dorgande (also die Umschrift teilendes) cruce". Wir haben diesen Wittentyp von Hamburg (Gaedechens 1158-62, 1160a und 1162a [448]), Lübeck (Behrens 51 [446]), Wismar (Oertzen 288-91 [449]) sowie einen 1/4 Witten von Lübeck (B. 55 [447]). Die nicht dem Vertrage von 1410 angehörenden Münzstätten Rostock und Stralsund wie Güstrow und Parchim haben den neuen Typ ebenfalls übernommen. Für Lüneburg führt Bahrfeldt Nr. 16 einen Witten mit durchgehendem Kreuz und vier Löwen in den Winkeln an [306]. Der Stil und ein Gewicht von 1,34 g, dem das eines anderen Exemplars in Lüneburg (1,3) entspricht, lassen aber Bedenken aufkommen, das Stück zu 1410 einzureihen. Es dürfte vielmehr vor 1381 geprägt sein. Die Gewichte sind für Hamburg 1 g, Lübeck 1,1 (Slg. Roeper und Fund von Peverstorf), Wismar 0,96. Von den Witten der mecklenburgischen und pommerschen Städte wiegen die Rostocker (Oertzen 376-81 [450]) durchschnittlich 1,1 g, die Güstrower (Oertzen 482-94 und Kl.-Woltersdorf 30-33) [452/53] aber nur 0,7 g, die Parchimer (Oertzen 532-37, Kl.-Woltersdorf 36/37 [454]) 0,72-0,74 und die Stralsunder (Dbg. 264 und 270, Kl.-Woltersdorf 76 [455]) 0,77 und 0,86 g. Das Lüneburger Valvationsbuch von 1445 befindet Lübecker und Hamburger Witten dieses Typs 10⅔ötig. Einen vorläufigen Abschluß fand die 1392 wieder aufgenommene Prägung von Hohlpfennigen, die 1410 bis auf weiteres verboten und bis auf Scherfe erst 1422 wieder aufgenommen wurde.

Dem Rezeß vom Dezember 1410 war nur eine sehr kurze Dauer beschieden, oder noch wahrscheinlicher ist er gar nicht zur Ausführung gekommen, da eine zweite Fassung besagt, daß die Städte sich bis zum 6. Januar 1411 über die Annahme erklären sollten. Wenn wir in dem Rezeß von 1410 lediglich einen Entwurf sehen, erklärt es sich auch, wenn im April 1411 bereits wieder Verhandlungen über die Münze für nötig erachtet wurden, die dann im September zu einem neuen Vertrage geführt haben. Er ist im wesentlichen gleichlautend mit dem Text von 1410, nur sind allein die Städte Lübeck, Hamburg und Lüneburg daran beteiligt, obwohl im April auch von Wismar und sogar Greifswald, Stralsund, Anklam und Rostock die Rede gewesen war. Auch gibt es, wie wir sahen. sowohl von Wismar wie von Rostock und Stralsund Witten mit dem durchgehenden Kreuz, das auch 1411 als Gepräge der Rückseite beibehalten wurde mit geringer Herabsetzung des Münzfußes auf 52 Wurf = 208 Witten (1,12 g) aus der 12lötigen Mark. Hohlgeld blieb weiterhin verboten, nur durften die Städte für 10 Mark, Lübeck für 20 Mark nach altem Fuß Scherfe schlagen, wie die Hälblinge hier zum ersten Male in einem Rezeß genannt werden.

Mit dem .Rezeß von 1411 endet zugleich die Periode der bereits durch die Sechslinge und Dreilinge durchbrochenen Vorherrschaft der Wittenprägung. Sie verschwinden allerdings keineswegs aus dem Verkehr, aber neu geprägt sind sie in den vier Städten seitdem offenbar nicht, bis sie zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch einmal wieder aufgetaucht sind. Wir sahen schon, wie die Wittenmünzen in vielen nicht dem Münzverein angehörenden Städten Mecklenburgs, Pommerns und Holsteins mit Anlehnung an die hansischen Gepräge und ihre Merkmale Nachahmung gefunden hatten, und werden bald auch von ihrer Einführung in den nordischen Königreichen hören. Schon im 14. Jahrhundert hatten sie sich nun auch weiter nach Westen und Süden verbreitet. In Göttingen waren die hansischen Witten 1421 umlaufsfähiges Geld, und Höxter sah 1476 die Prägung von Witten vor zu 224 Stück aus der nur 3 Lot 6 Grän feinen Mark. In Bremen hat Erzbischof Albert II. (1359-95) Witten geprägt (Jungk 37 [462]), und zwar wahrscheinlich vor 1369, dem Übergang der Münze an die Stadt. Diese ist dem Beispiel gefolgt und hat im Münzgesetz von 1387 die Prägung von Witten, 170 aus der 13lötigen Mark, beschlossen, die wir wohl in Jungk Nr. 378 [463] (1,3 g) vor uns haben. Dann finden wir Witten, und zwar mit bewußter Nachahmung hansischer Gepräge, am Niederrhein im Herzogtum Berg, wo Wilhelm II. (1360-80) in Mülheim den lübischen Typ von vor 1379 nachgeahmt hat [457] und jenseits des Rheins dieselben "Beischläge" in der Herrschaft Randerath (Arnold 1364-84) aus der Münzstätte "Lingena" (Linnich? [458]) sowie von Gottfried III. von Heinsberg, Grafen von Looz und Chiny (1361-95 [459]). Hamburgische Witten des ersten Typs prägten nach Salentin von Sayn-Homburg (1354-84 [460]) und des Typs von 1403 Wilhelm I. von Hohenlimburg (1401-42 [461]). Vielleicht gehören auch die Pfennige Gisberts I. von Anholt Bronkhorst (1408-32, Typ von 1410/11) in diese Reihe. Ferner wissen wir, daß der Herzog von Berg 1386 der ravensbergischen Münze in Bielefeld erlaubte, weiße Pfennige wie die der vier wendischen Städte zu schlagen. Daß die hansischen Witten, die hier ebenso wie die Brabanter Sterlinge "Engelsche" hießen, in Westfalen ein viel umlaufendes Geld waren, erfahren wir aus den Urkunden und Valvationen (1425, 1430, 1488/89) wie aus der Gegenstempelung solcher Witten, wie sie der Fund von Münster in größerer Zahl zutage gebracht hat. Man kennt bisher solche Gegenstempel von Münster, Osnabrück, Ravensberg, Soest, Lippe, Herford und Waldeck [477-483]. Auch wußte man die guten Witten nach lübischem Fuß sehr wohl von den schlechteren Rostockern und sundischen (stralet enghelsch) zu unterscheiden. Erstere galten z. B. 1425 2 Stück = 3½ Pfennige - 1 Vierling und 1430 7 Vierlinge, letztere 1½ Pfennig bzw. 6 Vierlinge. Mit freier Anlehnung an den hansischen Typ haben ferner Witten geprägt Gerhard III. gemeinsam mit Johann von Hoya (1327-77) und des ersteren Sohn Otto III. von Hoya (1383-1428) [465/66], Christian VIII. von Oldenburg (1398-1423) [464] und die ostfriesischen Häupflinge Ocko I. ten Brock (1376-91) [467], Widzald (1391-99) [468], Keno (1399-1417) [469], Ocko II. (1417-27) [470/71], Wiard von Faldern (1409-61) [472), wie endlich Sibet Papinga in Rüstringen (1414-33) und Hayo Harles in Jever [473-76]. Nach der Wiederaufnahme derWittenprägung durch den Münzverein 1502 hat dann noch einmal eine starke Nachahmung dieses Typs in Verden, Hoya, Diepholz, Otterndorf, Helmstedt, Schaumburg, Rietberg und Salzderhelden eingesetzt (s. u.). Auch die minderwertigen Stader Witten (Bahrfeldt, Stade Nr. 4 und 5, 5lötig) gehören dieser späten Zeit an, wenn wir in ihnen nicht vielmehr die gegen Ende des 15. Jahrhunderts und Anfang des 16. Jahrunderts in den hamburgischen Burspraken öfter verbotenen Stader Söslinge = 3 hamburgischen Pfennigen zu sehen haben. Ihr Gewicht von 1,05-1,25 (Durchschnittsgewicht 1,24 g) würde zu dieser Annahme stimmen und ebenso ihr Vorkommen im Funde von Bergedorf (s. u.).

Fast ein Jahrzehnt lang fehlen uns jetzt nähere Aufschlüsse über den Münzverein. Die in den Jahren 1417/18 beschlossenen allgemeinen Statuten der Hansestädte enthalten ihrer Natur gemäß nur ganz allgemeine münzpolizeiliche Bestimmungen über das Verbot der Silber- und Goldausfuhr, des Auswippens, Einschmelzens usw. Nur an einer Stelle (Nr. 397 § 80) ist besonderer Bezug genommen auf der Städte Münzen, "de tosamende den slach holden". Da die Hanse als solche ja kein einheitliches Münzgebiet darstellte, beschränkte sie sich auf solche allgemeinen münzpolizeilichen Vorschriften. Eine erste Anregung zu neuen Abmachungen innerhalb des Münzvereins treffen wir erst wieder auf der Tagung in Wismar von 1420. Hier beschlossen die vier Städte mit Rostock, Stralsund und Greifswald, sich wieder auf die lübische Münze zu einigen und das umlaufende auswärtige Geld gemeinsam zu verwerten. Erst im August 1422 aber ist ein neuer Rezeß, und zwar nur unter den vier wendischen Städten zustande gekommen. Neben den Witten erscheinen hier wieder die Sechslinge und Dreilinge als Vereinsmünze, aber es heißt nur ganz allgemein, daß alle Münzsorten in der bisherigen Weise geschlagen werden sollen. Neu sind dagegen die Bestimmungen über die wieder aufgenommene Hohlgeldprägung, die eine erhebliche Herabsetzung des Münzfußes erkennen läßt. Der Hohlpfennig soll nur 8lötig, d. h. also 1/2 fein, sein und zu 3½ Mark 1 ß oder 684 Pfennigen (0,34) aus der Mark geprägt werden. Da die feine Mark mit 6½ Mark eingekauft wurde, ergibt sich an der Mark Hohlpfennigen, die fein zu 7 Mark 2 ß ausgebracht wurde, wenn man die Unkosten mit rund 3 ß berechnet, ein Gewinn von 3 ß (s. Kap. VI und Tabelle V). Unmöglich aber hat man bei diesem Silberpreis noch die Witten nach dem Fuße von 1411 (die feine Mark zu 5 Mark 12 ß 4 Pfennigen) oder gar Sechslinge und Dreilinge nach dem Fuße von 1392 ausbringen können. Man wird also diesen Rezeß als nicht ausgeführt ansehen müssen, denn noch im gleichen oder sicher im folgenden Jahre ist bereits von einem wesentlich geringeren Sechsling die Rede, der zu 166 Stück aus der 12lötigen Mark (fast 7 Mark aus der feinen Mark) dem Silberpreis und den Unkosten (4 ß) Rechnung trug. Diese Angabe findet sich zuerst in dem Anhang zu einer hamburgischen Bursprake, die sich selbst inhaltlich mit dem Rezeß von 1422 deckt. In einem neuen Rezeß der vier Städte vom 16. Juli 1423 kehrt dieser Ansatz fast genau so (weiß gemacht 42 Wurf = 168 Sechslingen) wieder. Aber auch gegen diesen Münzfuß wurden noch Bedenken laut, indem der Lüneburger Münzmeister sich dahin äußerte, daß Silber für 6½ Mark schon nicht mehr zu haben und also die Prägung, wie sie Lübeck probeweise vorgenommen hatte, nicht ohne Verlust möglich wäre. Der Plan zu einem leichteren Sechsling - von Witten und Dreilingen ist nicht mehr die Rede -, wie er dann 1424 mit Herabsetzung des Feingehalts auf 11¼ Lot verwirklicht wurde, verquickt sich aber bereits mit Verhandlungen, die über das Gebiet des Münzvereins hinausgriffen und unter dem Einfluß der politischen Lage im Norden den Anschluß Dänemarks an den wendischen Münzfuß zum Ziel hatten.

Dänemark: Nach dem Siege der Hanse über Waldemar hatte sich im dänischen Münzwesen ein völliger Wandel vollzogen. Es scheint, daß zunächst die dänische Münztätigkeit ganz aufgehört hat. Um so leichter gelang es den hansischen Münzen, die schon vordem in der Geldrechnung und im nordischen Verkehr eine große Rolle gespielt hatten, einzudringen, zumal seitdem das städtische Geld auf Schonen vertraglich umlaufsfähig war. Städtische Witten und Hohlpfennige bilden deshalb auch den Hauptbestandteil der um diese Zeit vergrabenen nordischen Funde, und in den Urkunden überwiegen besonders die Witten, die "staeder" oder "hvide (witte) penninge", oft auch nach den offenbar viel gebräuchlichen pommerschen Witten "strale og grib" genannt, alle anderen fremden Münzsorten bei weitem. Als deshalb Königin Margarete daran ging, das dänische Münzwesen neu aufzubauen, geschah dies mit völliger Anlehnung an das wendische Münzsystem. Vorangegangen war schon der Mecklenburger Albrecht auf dem schwedischen Thron, der in Kalmar außer den schon früher in Schweden üblichen Hohlpfennigen Witten [702] hatte prägen lassen mit möglichster Anlehnung an das deutsche Muster. Margarete folgte dem Beispiel ihres Gegners, indem sie zuerst 1392 in Ribe [692], dann 1396 nach der Krönung ihres Großneffen Erich von Pommern zum Könige und unter seinem Namen auch in Nestved [694] Witten schlug. Ihre Ergänzung fanden diese Gepräge in neuen Dreipfennigstücken, Sterlingen oder Engelsk, die in Anlehnung an die englischen Sterlinge seit 1405 mit Krone und Kreuz in Lund und Nestved unter Erichs Namen geprägt wurden [695]. Endlich kam nicht viel später nach deutschem Muster ein Hohlpfennig mit Krone im Strahlenrand hinzu [696].

Diese neuen und völlig dem hansischen Münzsystem angepaßten Münzen sollten auch den gleichen Wert wie diese haben, also 4, 3 und 1 lübischen Pfennig gelten. So bestimmte auch das aus Margaretes Zeit stammende Môtbok, die Môte, eine von den königlichen Beamten auf Schonen mit Einverständnis der städtischen Vögte erlassene Polizeiordnung. Sie gestattete neben dem königlichen Gelde die Witten von Hamburg, Lübeck, Lüneburg, Rostock, Stralsund, Greifswald, Anklam und Treptow, sowie das Hohlgeld von Hamburg, Lübeck, Lüneburg und Wismar (§ 53 und 54). 3 sundische Pfennige galten 2 lübische (s.o.). Die königliche Münze aber war "gelyk der veerleye munte", d. h. der 4 Städte des Münzvereins (§ 67). Sehr bald aber zeigte sich, daß das neue dänische Geld schlechter war als das der vier Städte. Schon 1403 ergaben sich Schwierigkeiten im Verkehr mit den dänischen Zollbeamten, die das dänische Geld wohl für vollwertig ausgaben, aber nicht wieder zum vollen Wert annehmen wollten. Die Königin versprach zwar hierin Wandel zu schaffen, aber bald erhoben sich neue Klagen. In seinem Münzrezeß von 1406 setzte der Münzverein deshalb das dänische Geld - und zwar handelte es sich wohl hauptsächlich um die Lunder Sterlinge - auf seinen wahren Wert, d. h. 2 lübische Pfennige, da eine Probe nur 10lötiges Silber und eine Ausschrotung zu 4½ Mark = 288 Sterlingen (0,81 g) ergeben hatte, während die hansischen Dreilinge von 1392 12lötig und zu 230 Stück ausgebracht waren. Bei dieser Wertung blieb es auch 1410, als sich das dänische Geld nur noch als 9¾lötig herausstellte, ebenso 1411 und 1418. In Lübeck wurden bereits aus der Bürgerschaft lebhafte Klagen über die Münzzustände auf Schonen laut, sowie daß "quades" , dänisches Geld das gute städtische verdrängte. Die Stadt entschloß sich deshalb 1407 bei den preußischen Städten einen gemeinsamen Schritt der Hanse in dieser Angelegenheit anzuregen, und diese sagten ihre Unterstützung zu. Die Lübecker Tagung im Mai deselben Jahres beschloß darauf, die Königin geradezu zur Niederlegung des Hammers aufzufordern, widrigenfalls die Hanse die dänische Münze überhaupt verbieten würde. Ihre Antwort (1409) war die Drohung, umgekehrt alles hansische Geld auf Schonen verbieten zu wollen. Trotzdem ließ man nicht nach, auf eine Besserung zu dringen, zumal die Klagen aus Schonen nicht aufhörten. Wir finden nach 1409 neue Verhandlungen mit Zuziehung Danzigs und der preußischen und pommerschen Städte eingeleitet, seit 1410 auch mit König Erich, und zwar dachte man 1411 daran, eine Einheitsmünze für den Verkehr auf Schonen zu schaffen, an dem die wendischen wie die pommerschen und preußischen Städte gleichmäßig interessiert waren. Auch die benachbarten Fürsten wollte man in diesen Münzbund einbeziehen. Für einen so weit ausschauenden Plan waren aber doch die Verhältnisse nicht angetan, der Gegensatz der Landesherren zu den Städten zu groß. Besonders begannen sich die Beziehungen zu Dänemark aufs neue zuzuspitzen, und die Antwort, die uns aus dem Jahre 1416 auf die Vorschläge und Vorhaltungen der Städte überliefert ist, lautete deshalb auch völlig ablehnend, ja geradezu verletzend, wenn der König meinte, er brauche der Städte Münze nicht, ihm genüge die seine vollauf und die Städte hätten sich ihm gegenüber nicht so bezeigt, daß er Neigung und Grund habe, mit ihnen in ein Münzbündnis zu treten. Vielleicht hat Erich sogar die fremden Münzen auf Schonen vorübergehend wirklich ganz verboten (Môtbok 53c). Dabei wurden die dänischen Münzen unter Erichs unruhvoller Regierung und bei der Finanznot des Landes immer ärger. Die Hohlpfennige mit der Krone wiesen nur noch einen Feingehalt von 3 Lot 10 Grän auf, und bald ging der König zur Prägung von kupfernen Sterlingen mit gekröntem ᗺ und Kreuz aus den Münzstätten Lund, Nestved, Odense und Randers über [697. 698], die zum Zwangskurs von 3 Pfennigen umlaufen sollten. Der Beginn dieser neuen Kupferprägung fällt ungefähr ins Jahr 1422, denn schon zu Beginn des folgenden Jahres wird eine Zahlung in "albis sterlingis bonis ... sicut fuerunt albi sterlingi, antequam cuprei sterlingi moderni cudebantur" vereinbar. Gleichzeitig erhoben sich auch die Klagen der geschädigten Kaufleute auf Schonen über die "swarten penninge", und in Dänemark selbst erhob sich lebhafter Unwille gegen die neue Münzverschlechterung. Selbst in Wismar mußte 1424 die Bursprake verbieten, daß die Frauen mit kupfernem dänischen Gelde in den Kirchen opferten, und noch 1438 und 1449 finden sich in Kaufverträgen Erwähnungen und Sicherungen gegen die schlechte Münze der Jahre 1422-24.

Zu Anfang des Jahres 1423 hatten nun gerade die kriegerischen Verwickelungen des Königs mit Holstein und die vielfachen Irrungen mit den Hansestädten einen vorläufigen Abschluß gefunden. Den Städten waren ihre Privilegien restlos erneuert worden, und nicht vergessen war dabei die Befreiung der Kaufleute von dem Zwange, die kupfernen dänischen Münzen annehmen zu müssen. Ihr Umlauf sollte überhaupt zu Pfingsten (23. Mai) ein Ende finden. Es kam sogar am 6. Januar 1423 zu einem Bündnis des Königs mit den wendischen Städten, und bei den folgenden Verhandlungen, die im Mai zu Kopenhagen stattfanden und endlich zur Ratifikation des Vertrages führten, verzichtete der König von neuem auf die Durchführung des Münzzwanges auf Schonen, ja er trat sogar, ganz im Gegensatz zu seiner früheren Haltung, an die Städte heran, ihm Vorschläge für eine Münzprägung nach gemeinsamen Münzfuß zu machen. Die Städte und namentlich Lübeck, dessen Politik die Verständigung mit Erich in erster Linie zu verdanken war, nahmen diesen ihren alten Wünschen so sehr entsprechenden Gedanken sofort auf, und so kam es bereits im Juli 1423 zu dem schon mitgeteilten Beschluß der vier Städte zur Ausprägung eines Sechslings, der als gemeinsame Münze gedacht war und auch den pommerschen Städten einen Anschluß möglich machen sollte. Auf der Grundlage dieses Beschlusses haben dann die weiteren Verhandlungen zunächst zwischen den Städten und dann mit Dänemark stattgefunden. Sie wurden vielleicht erleichtert durch die Abwesenheit König Erichs, der am 5. August 1424 eine schon lange geplante größere Reise nach Deutschland, Polen, Ungarn und endlich über Venedig ins heilige Land angetreten hatte. Die Regierung hatte er seiner Gemahlin Philippa übergeben, der die Hansestädte soeben die ungestörte Nutznießung ihres Leibgedinges in Schweden garantiert hatten. Mit ihr und ihren Räten ist man dann schnell zu einer Einigung gelangt, die in dem Münzrezeß vom 8. Oktober 1424 niedergelegt ist.

Die Hauptmünze des Vertrages war der Sechsling, der nun mit 11¼ Lot Feingehalt mit 3 Grän erlaubtem Remedium zu 42 Wurf = 168 Stück aus der Mark (1,35 g) ausgeprägt werden sollte. Auch der Hohlpfennig wurde in Gehalt wie Gewicht verringert und aus 7¼lötigem Silber zu 3½ Mark + 2 ß = 696 Stück (0,33) geprägt. Von dem bisherigen dänischen Gelde wurden die zu 4 Pfennige Nennwert ausgegebenen Stücke auf 2 neue Hohlpfennige, die alten Kronenhohlpfennige auf 1/2 neuen Pfennig herabgesetzt. Gleichwertig mit den dänischen waren die zu Åbo geschlagenen schwedischen Sterlinge Erichs (Kat. Bruun 216; Hildebtand 685), während die gotländischen. (Hildebrand S. 128 Nr. 798) zu 3 alten Hohlpfennigen gewertet wurden. Die hansischen Witten behielten ihren Wert von 4 Pfennigen. Die neuen Münzen sollten in allen drei Reichen außer in Bergen gleichmäßig umlaufen, ebenso in den vier Städten. Jede Verschlechterung des Geldes war ohne beiderseitige Einwilligung und Beschluß auf einem jährlich in Kopenhagen stattfindenden Münztage verboten.

Das Gepräge der städtischen Sechslinge blieb unverändert. Zwar lassen sich aus kleinen Beizeichen neben und über dem Schild verschiedenen Zeiten angehörende Ausgaben unterscheiden, ohne daß es aber. bisher gelungen ist, sie mit den Gewichten und Feingehaltsermittelungen zusammen in ein System zu bringen. Ich möchte aber zu erwägen geben, ob nicht die Sechslinge mit Stern, die von allen vier Städten vorliegen und die Hoecke (S. 45) erst in die Zeit der Schillingprägung, also nach 1432, verlegt, hierher gehören [486-489]. Ein solcher Sechsling kam nämlich von Lüneburg im Funde von Kl.-Woltersdorf (Nr. 127) vor, der doch nicht weit über 1425 hinabreicht, und den Stern zu Beginn der Umschrift haben auch die dänischen Sechslinge. Die Gewichte der wenigen bekannten Stücke lassen freilich keine Schlüsse zu. Für Dänemark war der Sechsling eine völlig neue Münzsorte. Als sein Gepräge wurde bestimmt drei Löwen im Schilde und für die Rückseite ein großes ᗺ auf Kreuz (Aarb. 1886 S. 173 Nr. 16: 1,20 g; Hildebrand S. 72 Nr. 669; Elmenhorst 174: 1,34 g; Kl.-Woltersdorf 134: 1,33 g [484]). Der neue Hohlpfennig zeigt einen leopardierten Löwen links im Strahlenrand (Aarb. Nr. 17: 0,3-0,38 g; Hildebrand N r. 670 [485]). Dem Vertrage hinzugefügt wurde endlich eine Wertung der gebräuchlichsten Goldmünzen.

Nicht ohne weiteres gelang es Lübeck, auch Rostock und die pommerschen Städte für den Vertrag zu gewinnen. Selbst Lüneburg verhielt sich wie schon vordem ablehnend gegen eine Verschlechterung der Münze. Aber Lübeck hielt unbeirrt an dem Vertrage fest, und nach längeren Verhandlungen sind alle entgegenstehenden Bedenken glücklich beseitigt worden. Auch Rostock, Stralsund und Greifswald traten nunmehr dem Rezesse von 1424 bei, indem sie im Oktober 1425 zu einem besonderen Münzbund zusammentraten und beschlossen, Sechslinge wie die des dänischen Vertrages auszuprägen, außerdem Hohlpfennige und Witten, 3 = 2 Sechslingen, sowie endlich kleine Pfennige, 3 = 2 Hohlpfennigen, also wohl Finkenaugen, zuließen.

Die Nachweisung der Gepräge dieser drei Städte macht gewisse Schwierigkeiten, da weder die zeitliche Reihenfolge der Typen noch die Nominale hinreichend feststehen. Mit einiger Sicherheit darf man die von Oertzen angeführten Rostocker Stücke (Nr. 399ff., Kl. Woltersdorf 17 u. 18 [490. 491]) als Sechslinge nach 1425 ansehen, obwohl ihr Gewicht (nach Oertzen 1,39 g aus 45 Stück, Kl. W. 1,16. 1,28. 1,32; Elmenhorst 172 u. 173: 1,4 u. 1,32; Fund v. Remlin 1,4 g aus 134 Stück) im Vergleich mit den Sechslingen der anderen vier Städte ungewöhnlich hoch erscheint und sie deshalb auch wohl für Schillinge angesehen worden sind. Enger noch als die Rostocker schließen sich die Güstrower Sechslinge den wendischen Städten an (Oertzen 497 ff. 1,32 g; Rernlin 1,3 g [494. 495]). Aus Stralsund ist bislang nur ein in diese Zeit passendes Stück aus dem Funde von Kl. Woltersdorf (79 = Kat. Bahrfeldt 960 [492]) zu 1,23 g bekannt geworden. Ob auch von den Greifswalder Sechslingen (Dbg. 213 [493]) einige zum Vertrage von 1425 gehören oder erst auf Grund der Abmachungen von 1428 geprägt sind, steht nicht fest. Sicher ist das letztere anzunehmen von den Stralsunder Sechslingen des Remliner Fundes [499], die ein Durchschnittsgewicht von 1,5 g und darüber erreichen. - Zu den Witten gehören wahrscheinlich für Rostock Oertzen 430-432 (= Kl. Woltersdorf 19) [496] mit 0,7 g; zu Stralsund Dbg. 271 (Kl. Wolterdorf 77) [497] mit 0,86. 0,96 und 1,25 g; für Greifswald Dbg. 211 (Kl. Woltersdorf 64-66) [498] mit 0,6 bis 0,85 g Durchschnittsgewicht.

Dem hansisch-dänischen Münzvertrage konnte nach der Lage der Dinge eine Dauer nicht beschieden sein. Tatsächlich hat Philippa zwar vertragsmäßig die vorgesehenen neuen Sechslinge und Hohlpfennige prägen lassen, aber ihr verhältnismäßig seltenes Vorkommen läßt auf keine sehr umfangreiche Ausmünzung schließen. Im Mai 1425 traf auch König Erich wieder im Lande ein, und sofort begannen neue Mißverständnisse und Gegensätze, die nach wenigen Jahren zu dem langen und erst durch den Frieden von Wordingborg 1435 beendeten Kriege mit der Hanse geführt haben. Infolge dieser Verhältnisse ist deshalb auch die Münzeinigung mit den Städten sehr bald wieder zerrissen. Nur die Anlehnung des dänischen Münzwesens an das der Städte blieb bestehen. Das gilt besonders für Schonen, wo Erichs Nachfolger Christoph (1439-48) wie Christian I. (1448-81) in Malmö Sterlinge und Witten (hvid) [703. 704. 766] sowie einen unmittelbar nach hansischem Muster neu geschaffenen Schilling zu 12 Pfennigen [705] geprägt haben. Erich selbst hat dagegen noch am Ende seiner Regierung ein neues Münznominal, den Groschen zu 9 Pfennigen, geschaffen [699], während er in Schweden, in Stockholm, Västeras und Åbo im Anschluß an König Albrechts Wittenprägung die hier fortan Örtug genannte und etwas schwerere Münzsorte zu 8 Pfennigen weiter geprägt hat [700. 701].

Auch der erneute Anschluß von Rostock und den beiden pommerschen Städten an den wendischen Münzverein blieb, wie schon bemerkt wurde, ohne nachhaltige Wirkung. Rostock ging schon 1425 zu einer unterwertigen Ausprägung seiner Sechslinge über (44 statt 42 Wurf, 1,33 g), wodurch die Zuteilung der oben angeführten Gepräge in dieser Zeit noch mehr in Frage gestellt wird. Von den Pommern hören wir nichts wieder, aber 1428 schlossen fünf pommersche Städte mit ihren Herzögen einen eigenen Münzvertrag, der einen großen Pfennig zu 12 sundischen Pfennigen = 2 Stettiner Witten zu 106 Stück aus der 8½ lötigen Mark (2,2 g) einführte. Es waren das also sundische Schillinge [499-504]. In der Folgezeit (1433 und 1435) sind neue Verträge unter ihnen abgeschlossen worden, womit sie sich vom wendischen Münzverein aufs neue entfernten.

Immer grössere Nominale: Mit der Prägung von 4- und 6 Pfennig-Stücken hatte der wendische Münzverein den Weg beschritten, den die gesamte europäische Münzentwicklung früher oder später genommen und der bei der fortschreitenden Münzentwertung zur Hervorbringung immer größerer Nominale geführt hat. Man bezeichnet im allgemeinen das späte Mittelalter als die Periode der Groschenprägung, durch die das Zeitalter der alleinigen Herrschaft des Denars oder Pfennigs abgelöst wurde. Schon im Laufe des 14. Jahrhunderts war ein großer Teil auch von deutschen Münzständen dahin gelangt, den jahrhundertelang nur als Rechnungseinheit geltenden Solidus- oder Schillingwert zu 12 Pfennigen in einem Geldstück darzustellen. Bei der Differenzierung aber, der der Pfennig in den verschiedenen Ländern und Landschaften unterlegen hatte, war auch dieser Schillingwert entsprechend sehr verschieden ausgefallen. Selbst seine Benennung ist unter dem Einfluß sprachlicher wie münzgeschichtlicher Verhältnisse und Beziehungen eine sehr mannigfache geworden. Die italienischen grossi, Matapane usw. des 13. Jahrhunderts zu 22 kleinen Pfennigen und die ihnen folgenden Zwainziger und Aquilini (Kreuzer) von Tirol waren ganz andere und weit geringere Münzen als die breiten Turnosgroschen zu 12 Pfennigen von Tours, wie sie 1266 Ludwig IX. von Frankreich zu 58 Stück aus der Mark von Troyes (über 4 g schwer, aus 958 feinem Königsilber) geschaffen [672] und König Wenzel von Böhmen seit 1300 nachgeahmt hatte (Mitte des 14. Jahrhunderts 3,5 g, 14lötig) [679]. Von hier fanden sie zugleich mit dem tschechischen Namen "Groschen" Eingang in Sachsen und Thüringen [680], verfielen aber schnell der Verschlechterung und Differenzierung (1444 Groschen zu 80 und 120 aus der Mark). Der 1351 zuerst geprägte englische Groat zu 4 Sterlingen kam wieder dem Turnosgroschen nahe. Die unter französischem Einfluß in den Niederlanden entstandenen Groschenarten, besonders die im hansischen Verkehr eine so große Rolle spielenden flandrischen Groten [673-75], waren um die Mitte des 14. Jahrhunderts Münzen etwa 3,5 g, aber nur1/2 fein, und 1390 nur noch 2,5 g schwer und 5 den. = 7½ Lot fein. Man ging deshalb hier bereits zur Prägung von Doppelgroten [676] zu 60 aus der Mark (rund 4 g) über. An diese Gepräge suchte auch Lübeck Anschluß, als es in der Zeit zwischen 1365 und 1370 mit dem Münzmeister Gude einen Vertrag abschloß über die Prägung eines "groten penningh von twelf penninghen" zu 57 aus der 15lötigen Mark, also 4,1 g schwer. Als Münzbild waren der thronende Kaiser und Johannes der Täufer vorgeschrieben (Behrens 59; Hoffmann Tf. I 10 [505]). Am Rhein war der Weißpfennig eine Geldsorte von (1386) 2043 g und (1409) 2,25 g, 12½, dann 12 Lot fein. Die unter Winrich von Kniprode (1351-82) in Preußen einsetzende Prägung von größeren Münzsorten brachte guthaltige Schillinge zu 1,3 g [682] und den stattlichen "Halbschoter" (1 preuß. Mark = 24 Scot) zu 16 Pf. [683] (rund 3 g) hervor. Den bald schlechter werdenden preußischen Schillingen schlossen sich später die livländischen in Reval, Riga und Dorpat an [684]. Die dem Riedlinger Vertrag der schwäbischen Münzstände von 1423 entsprechende Schillingsmünze war eine Größe von 1,68 g und 2/3 = 12 Lot fein, etwas geringer der fränkische Schilling zu 6 Pfennigen (1441 106½ aus der Mark, 1/2 fein). Die Stadt Nürnberg prägte seit 1429 Schilling zu 86 Stück aus der 1/2 feinen Mark (fein 1,3). Größer und schwerer war dann endlich wieder der schweizerisch-süddeutsche Plappert, der z. B. 1425 zu 94 aus der 1/2 feinen Mark ausgebracht wurde und rauh etwa 2,5 g wog. Erst spät, nach der Mitte des 15. Jahrhunderts, drang die Groschenmünze auch in die niedersächsischen Gebiete ein. In der Nachbarschaft der Hansestädte war aber jedenfalls um 1430 noch kein Münzstand dazu übergegangen, wenn man nicht die pommersehen Großpfennige zu 12 Pfennigen als Schillinge ansehen will. Die in vielen deutschen Städten umlaufenden und gegengestempelten böhmischen und meißnischen Groschen sind über Lüneburg nordwärts offenbar nicht vorgedrungen. In Lüneburg kommen mit dem Löwen gegen gestempelte Groschen vor [681]; auch finden sie sich im Valvationsbuch von 1445.

Verglichen mit den genannten Groschen- und Schillingsorten war demnach der städtische Sechsling von 1392 zu 2 g aus 12lötigem Silber bereits eine ansehnliche Münze, besser jedenfalls als der flämische Grote und etwa dem preußischen Schilling entsprechend, der deshalb 1406 auch zu 6 lübischen Pfennigen gewertet wurde. Trotzdem war es natürlich das Ziel der Städte, den so häufig im Verkehr erforderlichen Wert des lübischen Schillings zu 12 Pfennigen, der dem gesamten Münzsystem zugrunde lag, in einem Geldstück auszuprägen. Lübecks Versuch, in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (um 1365-70), 15lötige Schillinge zu prägen, war außerdem noch gewiß nicht vergessen. Nach Verhandlungen, die bis ins Jahr 1430 zurückreichen, geschah der entscheidende Schritt durch den Lübecker Rezeß des Münzvereins vom 18. September 1432. Der neue Münzwert erscheint in diesem Beschluß der vier Städte als ein Geldstück zu 2,54 g (92 aus der Mark) und 10lötig, d. h. mit einem Silbergehalt von 1,59 g. Auch Sechslinge nach gleichem Fuß, also 184 aus der Mark (1,27 bzw. 0,795 g) waren vorgesehen. Verglichen mit dem Münzfuß der Sechslinge von 1424 bedeutete das natürlich eine erhebliche Verschlechterung (2,04 bzw. 1,53 g), die aber in der Erhöhung des Silberpreises ihre Erklärung findet und zu der sich einzelne Städte offenbar schon vordem genötigt gesehen hatten. Immerhin stellte sich der neue lübische Schilling als eine ansehnliche und gute Münze neben die schon bestehenden Groschensorten, und wenn er im Laufe des 15. Jahrhunderts auch nicht völlig von dem Schicksal der Verschlechterung verschont geblieben ist, so hielt sie sich doch immerhin in erträglichen Grenzen. Während der ersten Periode der Schillingprägung, mit der wir es zunächst zu tun haben und die bis zur Mitte des Jahrhunderts reicht, war sie ganz unerheblich. Der schon 1433 folgende Rezeß bestimmte bei gleichem Feingehalt eine Ausschrotung zu 95, der von 1439 96 und der von 1441 wieder 94-95 Stück aus der Mark, also Sollgewichte von 2,46 bis 2,43 g, während der nur 1433 noch einmal erwähnte halbe Schilling auf 195 Stück aus der Mark (1,2 g) herabgesetzt wurde. Seit der Mitte des Jahrhunderts hielt sich der Schilling dann mit 100-103 Stück aus der 9lötigen Mark ziemlich gleichmäßig und wurde z. B. in der großen Würzburger Valvation von 1496 mit den meisten besseren deutschen Groschensorten auf eine Stufe gestellt.

Schillinge: Über das Gepräge der Schillinge sind keine Vorschriften erlassen. Der Typus ist aber bei allen vier Städten der gleiche, wenn auch im einzelnen kleine Unterschiede zu beobachten sind und besonders die Umschriften überall verschieden lauten. Wismar verzichtete wieder auf einen Spruch und bezeichnete sich auf der Rückseite als CIVITAS MAGnOPOLEnSIS, während Hamburg den Spruch BEnEDICTVS D0MInVS DEVS und nur einmal (Gaed.905 [508]) den Lüneburger GLORIA LAVS DEO PATRI übernahm. Die Lübecker Umschrift der Rückseite lautet: CRVX FVGAT OMnE MALVM. Das Münzbild zeigt bei allen Städten auf der Vorderseite das Stadtwappen, auf der Rückseite ein glattes befußtes Kreuz mit und ohne Winkelfüllungen. Hamburg (Gaed. 894-905 und 899a-904c [506-508]) wählte dafür die Nesselblätter, Lübeck (Behtens 60a-n [509-514]) Sterne, Ringel oder Kleeblätter. Lüneburg (Bahrfeldt S. 476 [515]) und Wismar (Grimm 362-372 [516]) verzichten auf diese Zutaten. Die große Übereinstimmung im Stempelschnitt aller dieser Gepräge mag sich sehr wohl aus der Bestimmung des Rezesses von 1439 (§ 14) erklären, der ebenso wie schon einmal 1403 die Anfertigung aller Münzeisen in Lübeck vorsah.

Die beste Übersicht über die erste Periode der Schillingprägung gewährt der um die Mitte des 15. Jahrhunderts vergrabene Fund von Elmenhorst, der neben einigen Sechslingen und Goldgulden besonders Schillinge der vier Städte enthielt, die also zu den Rezessen von 1432-41 gehören müssen. Auch der schon mehrfach erwähnte Fund von Peverstorf in Lüneburg ist gleichaltrig und heranzuziehen, obwohl hier die Stücke durch eine reichlich starke Reinigung an Gewicht eingebüßt haben. In Stempelschnitt, Beizeichen wie in den Umschriften lassen sich zwar verschiedene Ausgaben erkennen, aber nicht zeitlich genau festlegen. Da aber Schrot wie Korn bis zur Mitte des Jahrhunderts nur geringfügigen Veränderungen unterlegen haben, dürfen die Bestände bei der Funde unbedenklich als eine Gruppe zusammengefaßt werden. Die Durchschnittsgewichte des Fundes von Elmenhorst ergaben für Lüneburg 2,33 g (Pev. 2,2 aus 31 Stück) bei einem Feingehalt von 650 und sogar 678 = 10½ Lot; für Hamburg 2,46 (Pev. 2,2 aus 16 Stück) 614, 616 und 634, also rund 10 Lot fein; für Lübeck (Ausgabe mit Ringeln oder Sternen) 2,35 oder (mit Kleeblättern) 2,34 g und 655 = 10½ Lot fein; endlich für die wismarschen Schillinge 2,33 (Pev. 2,25 g aus 24 Stück) 623 und 638, also ebenfalls reichlich 10 Lot fein. Dazu seien die von Behrens ermittelten Gewichte für Lübeck mit 2,31 und 2,39 g, sowie für die hamburgischen Gepräge die Angaben bei Gaedechens mit 2,33 und endlich eigene Wägungen von den Exemplaren der Staatssammlung mit 2,26 g Durchschnittsgewicht angeführt. Dieses Material zeigt zur Genüge, daß die Fundergebnisse sich durchaus mit den Bestimmungen der Rezesse in Einklang bringen lassen und daß besonders der Feingehalt von 10 Lot eingehalten und vielfach sogar überschritten ist. Auch im Lüneburger Valvationsbuch von 1445 ist ein lübeckischer Schilling als 10lötig bezeichnet. Die Würzburger Valvation von 1496 findet diese älteren Schillinge von Lübeck und Hamburg 9½, die von Lüneburg 9¾lötig und im Gewicht zu 106 und 108 auf die Nürnberger Mark, d. h. 2,24 und 2,2 g, Gewichte, die sich aus dem langen Umlauf wohl erklären.

Für die 1432 und 1433 vorgesehenen und dann noch einmal 1438 in einem Vorschlage Lübecks an Hamburg erwähnten Sechslinge liegt ein gleiches umfangreiches Material nicht vor. Nur ungefähr lassen sich die zu den entsprechenden Schillingen gehörenden Sechslinge, die im übrigen das Gepräge von 1392 beibehielten, durch den Stil, Beizeichen (z. B. von Lüneburg mit liegendem Kreuz über dem Schilde) erkennen (vgl. besonders Elmenhorst 71 [520]). Außerdem gibt es von Lübeck und Hamburg seltene Sechslinge, die von dem alten Typ abweichen und sich ganz dem Schillinggepräge anschließen. Als Durchschnittsgewicht der Sechslinge des Fundes läßt sich etwa 1,2 g feststellen [517-519].

Die Rezesse von 1432 und 1433 hatten auch wieder die Prägung von Hohlpfennigen, und zwar zu einem weiter herabgesetzten Münzfuß von 744 und 768 aus der 7, dann 6½lötigen Mark vorgesehen (0,31 und 0,30 [176. 185. 198. 200]). Dann aber ist von neuem für längere Zeit ein Stillstand in der Ausmünzung dieser Geldsorte eingetreten, wenn auch wohl nicht bis 1468, wie man aus den Rezessen schließen müßte. Jedenfalls haben die Verträge von 1439, 1441 und 1461 die Prägung von Hohlgeld, und zwar Blafferten sowohl wie Pfennigen und Scherfen, ausdrücklich untersagt, es sei denn, daß man sich im Bedarfsfalle darüber untereinander verständigt habe. Dann heißt es 1467, daß noch genügend Hohlgeld vorhanden sei, um den Kleinverkehr zu versorgen. Der Rezeß von 1468 zwischen Hamburg und Lübeck sah dagegen wieder Blafferte und Pfennige vor, und 1491 ist abermals eine Hohlgeldprägung in Aussicht genommen worden, bis der Rezeß von 1492 zum ersten Male wieder einen bestimmten Münzfuß für diese Münzsorten vorschrieb. Die Prägung von Hohlgeld war also auch in diesem Zeitraum immerhin möglich, wenn sie auch wohl mehr und mehr in den Hintergrund getreten ist. Ganz gewiß gehören aber die im Rezeß von 1439 genannten und damit bereits vorausgesetzten Blafferte oder hohlen Zweipfennig-Stücke zum großen Teil in diese Zeit. Eine Münzsorte des wendischen Münzvereins im eigentlichen Sinne sind sie freilich nicht gewesen oder vielmehr erst 1492 geworden. Geprägt worden aber sind Blafferte von allen vier Städten, und wahrscheinlich auch, wenn auch in sehr viel geringerem Umfange, von Rostock, Stralsund und Greifswald. Insofern gehört diese Münzsorte also doch der Geschichte des Münzvereins an. Ihre genauere zeitliche Unterbringung stößt freilich immer noch auf Schwierigkeiten, da die urkundlichen Nachrichten über die Blafferte sehr dürftig sind. Außer dem Verbot im Rezeß von 1439 kennen wir einen undatierten Sondervertrag zwischen Hamburg und Lüneburg, der eine Änderung des Gepräges vorsah, weil Nachahmungen vorgekommen waren. An die Stelle wahrscheinlich reiner Wappengepräge traten eine halbe Burg und ein halbes Nesselblatt [279. 280] bzw. der aufgerichtete lüneburgische Löwe [287]. Dann werden "blaffardi" 1450 in den hamburgischen Kämmerei-Rechnungen erwähnt und wenig später, 1452, in einem Schreiben Wismars an Lubeck. Endlich haben wir in der hansischen Münzchronik eine leider ebenfalls undatierte Nachricht von der Ausprägung von 6lötigen Blafferten. Da der Münzfuß und die gleichzeitig mitgeteilten Angaben der Chronik über den Silberpreis und die Guldenwertung etwa in die Zeit um 1450 gehören und eine andere Quelle dieselbe Notiz ins Jahr 1451 setzt, ist damit wenigstens eine einigermaßen verläßliche zeitliche Ansetzung gegeben.

Einige Anhaltspunkte geben auch die Fundergebnisse. Blaffertartige Hohlpfennige, die man nach Rostock (Oertzen 196; Dannenberg, Pommern 344a zu 0,44 und 0,52 g [293]), Greifswald (Dbg. 501 0,4 bis 0,5 g [294]) und Stralsund (Dbg. 507 zu durchnittlich 0,46 g und 275a [295.296]) legen darf, kamen in den Funden von Remlin, Schwiesow und Woldegk vor, die bald nach 1425 oder 1428 vergraben sind. Ein lübeckischer Blaffert mit Doppeladler im Strahlenrand hängt an der Lüneburger Valvationstabelle (Nr. 15) und soll 9⅓lötig sein, wird also in den Anfang des 15. Jahrhunderts gehören. Auch von Hamburg gibt es ältere 8-9lötige Blafferte (Gaed. 1248a, auch wohl 1260/61, 0,48 g) mit voller Burg. Für Lüneburg brachte der Fund von Cronsforde (Nr. 19) einen Blaffert mit dem Löwen im Strahlenrand (0,61 g, fein 11-12lötig [285a]). Dann gibt es Blafferte mit der Burg (Bahrf. 24-26) die 7-9lötig sind [286]. Das wären dann die vor dem erwähnten Vertrage zwischen Hamburg und Lüneburg entstandenen Blafferte, über die möglicherweise auch bereits eine Einigung stattgefunden hatte. Während Lübeck das schon im 14. Jahrhundert beobachtete Gepräge seiner Blafferte nicht verändert hat und den Doppeladler beibehielt, gingen Hamburg und Lüneburg auf Grund des erwähnten Vertrages zu den Münzbildern mit halber Burg über (Gaed. 1249- 59; Bahrfeldt 27). Der Hamburg-Lüneburger Vertrag paßt nach der Tagesangabe in die Jahre 1438, 1449, 1455 und 1466. Da die entsprechenden Blafferte zuerst im Funde von Peverstorf, wo sie neben den Schillingen nach 1432 zahlreich auftraten und der um 1440 vergraben sein wird, und dann wieder im Funde von Stendal aus der Mitte des 15. Jahrhunderts vorkamen, muß man spätestens das Jahr 1438 für den Abschluß des Vertrages ansetzen. Allerdings sind die hamburgischen Blafferte dieses Typs, der wieder eine Reihe von Varianten aufweist, zum Teil noch 7¼. und 7lötig bei Gewichten von 0,5-0,6 g (die Peverstorfer Stücke wiegen im Durchschnitt nur 0,46 g aus 12 Stück), und die entsprechenden Lüneburger 7lötig mit 0,5 g Durchschnittsgewicht (Pev. aus 9 Stück, Cronsforde 18 0,49-0,55 g 36 Stück). Sie würden also auch in eine noch etwas frühere Zeit passen, wenn man den Münzfuß der Hohlpfennige von 1424 (0,33 g, 7¼löt.) oder 1432/33 zugrunde legt (0,3 bis 0,3ig; 7-6½lötig). Zu bedenken ist dabei freilich, daß nach Analogie der Scherfe die höheren Nominale immer etwas besser im Korn ausgebracht worden sind. Man wird deshalb vorsichtig sagen dürfen, daß dieser Typ seit dem 4. Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts geprägt worden ist, bis er in Hamburg sowohl wie Lüneburg gegen Ende des Jahrhunderts wieder durch geringere 6lötige Blafferte· mit voller Burg abgelöst wurde (Gaed. 1262-64; Bahrfeldt 28). In den Funden aus dieser Zeit bis ins 16. Jahrhundert hinein kommen diese Blafferte zahlreich vor, und Durchschnittsgewichte von 0,5 g und darunter weisen sie in die Nähe des Rezesses von 1492 (s. u.).

Zu den Blafferten von Lübeck, Hamburg und Lüneburg kommen ferner die von Wismar, für die man nicht nur die Stücke mit dem geteilten Stadtwappen (Oertzen 190-92, bis 0,5 g), sondern auch die offenbar älteren und schon bei Peverstorf vorkommenden mit Stierkopf (Oertzen 165-71, bis 0,65 g [290-292]) ansehen muß. Auch aus der Münzstätte Grevesmühlen sind Blafferte nach hansischem Vorbild hervorgegangen (Oertzen 189, 0,5-0,6 g [297]). Ebenso sind wahrscheinlich in Oldesloe Blafferte geschlagen (Lange S. 8; Kat. Bahrfeldt Nr. 1921 [298]). Die holsteinischen Blafferte mit dem oldenburgischen. Schild (Lange 10 [299]) werden Christian I. nach 1460 (bis 1481), die mit halbem Schild und halbem Nesselblatt [300] Friedrich I. zugeschrieben. Beide kamen im Travemünder Fund mit Durchschnittsgewichten von 0,5 und 0,47 g vor. - Hannover hat nachweislich schon 1438 Blafferte geprägt, doch ist das nach Lüneburger Vorbild geprägte Stück (Bahrfeldt, Lüneburg 29; Engelke Tf. I 17; Zt. f. N. XIII S. 177 zu 0,43 g) offenbar jünger. - Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wird in den hamburgischen Burspraken häufig gewarnt vor Vörder (Bremervörde) und Stader Blafferten (so 1492 und Wismar an Lübeck 1496, Archiv Lüb.). Der zu Bremen gelegte Blaffert (Jungk 32) wird hierher gehören [301].

Hohlpfennige und Scherfe: Neben den Blafferten sind in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts auch weiter Hohlpfennige und Scherfe geprägt worden, wie drei größere Funde von Netzow bei Havelberg (nach 1412 oder früher), Clötze in der Altmark (nach 1424) und Lübeck II (3. Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts) ausweisen, wenn sie auch zum großen Teil noch aus Pfennigen des 14. Jahrhunderts bestanden. So ergab z. B. der doch wohl um 1400 anzusetzende Fund von Netzow noch Durchschnittsgewichte von 0,47 (Lübeck), 0,44-0,46 (Hamburg), 0,38-0,46 (Lüneburg) und 0,45-0,46 g (Salzwedel), der von Clötze für alle drei Städte sowie Salzwedel 0,4 g mit einem Feingehalt von 719-858 (Lüneburg) und 782 (Lübeck) = 11¾-12¾ Lot. Im zweiten Lübecker Funde sind nur noch Gewichte von 0,33 g und 0,16-0,17 g für Scherfe zu beobachten [186]. Der erst 1422 gegenüber dem 14. Jahrhundert wesentlich herabgesetzte Münzfuß macht sich also erst in diesem letzten Funde vollständig geltend. Im Funde von Peverstorf ergaben dann die hier vertretenen Hohlpfennige von Lübeck, Hamburg und Lüneburg [176. 185. 198] Durchschnittsgewichte von 0,27 g. Für Wismar aber kommen fraglos die Stierkopfpfennige dieses Fundes (ähnlich Oertzen 183 mit 0,29 g Durchschnittsgewicht [206]), der ausschließlich städtisches Geld enthielt, in Betracht. Die nächsten Hohlpfennigfunde sind dann erst wieder die schon bei den Blafferten genannten aus dem letzten Viertel des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts. Im Stendaler Fund ergaben die lübischen Pfennige Gewichte von 0,23-0,31 g, im Bergedorfer die hamburgischen 0,24 g Durchschnittsgewicht und im Travemünder Fund die lübischen 0,27 g bei 5lötigem Silber.

Die Urkunden bezeugen ebenfalls ein starkes Zurücktreten der Hohlpfennige im Verkehr. Seit etwa 1440 wird deshalb auch bei Zahlungen in Mark lübischer Pfennige, lübischen Geldes oder lübischen pagiments vielfach ausdrücklich ausbedungen "mit gudeme pagemente" oder "an gudem groven pagimente", häufig auch mit dem weiteren Zusatz "unde harden schillingen" und vor allem "butenscheden de holen unde klenen penninge". Auch der Rezeß von 1450 (H. R. II 3, Nr. 676) sah vor, daß bei Zahlungen über 20 Mark nur der dritte Teil in Hohlgeld bezahlt werden dürfte, zwei Drittel aber in "grovem ghelde" oder Gold, während 1467 und 1468 der in Hohlpfennigen zulässige Betrag auf ein Zehntel herabgesetzt wurde.

Nachahmungen: Dabei war der lübische Pfennig immer noch eine beliebte Münzsorte und hat zu mancherlei Anlehnung anderer Münzstände an das hansische Muster geführt. Dabei handelt es sich einmal, ähnlich wie bei den Witten, um bewußte Nachahmungen besonders hamburgischer und lübischer Pfennige, die aus den benachbarten Münzstätten hervorgegangen sind, dann aber auch um die Verbreitung des Typs an sich in Gebieten, wo der Hohlpfennig nicht wie in Niedersachsen seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert zu Hause war. Nachahmungen hansischer Pfennige sind schon aus dem 14. Jahrhundert bekannt. Man vermutet Beischläge zu den hamburgischen Torpfennigen z. B. aus Itzehoe [259. 260], Oldesloe [261/63] und Neustadt a. E. Ein ziemlich oft schon in Funden des 13. und 14. Jahrhunderts vorkommender Pfennig hamburgischen Typs mit einem Kreuz im Tor [264] wird allgemein für Bistum Verden in Anspruch genommen, wo ja schon im 13. Jahrhundert Hohlpfennige bezeugt sind und lübische Währung neben der Bremer in Geltung war. Ebenso mag ein Pfennig mit Kopf im Tür (Kat. Friedbg. 613 Tf. IV [265]) hierher gehören. Daß in Verden auch im 15. Jahrhundert noch die unberechtigte Nachbildung hansischer Gepräge betrieben ist, beweist eine Zusicherung des Bischofs von 1440, die verspricht, künftig kein Geld mehr "uppe des rades und der stad Luneborg und der anderen stede Lübecke, Hamborch und Wismer slach und teken" schlagen zu lassen. - Aus Mecklenburg und Pommern haben wir ebenfalls Beispiele für eine Anlehnung an die hamburgischen Torpfennige [267-271], und auch unter den Hohlpfennigen des Deutschen Ordens finden sich manche auffallend ähnliche Stücke [258]. Endlich erscheint bei einem solchen Beischlag der oldenburgische Balkenschild im Tor [266], der nur eine Deutung auf die holsteinischen Herzöge aus dem Hause Oldenburg nach 1460, also wahrscheinlich Christian 1., zuläßt. Auch der Blaffert (?) mit dem Hoyaer Bärentatzenschild im Tor [273] mag hier erwähnt werden. Von den lübischen Hohlpfennigen sind sichere Nachahmungen nicht nachweisbar, doch ist die Ähnlichkeit mancher mecklenburgischer Stierkopfpfennige mit dem lübischen Königskopf sicher kein Zufall, und vielleicht sind auch die vielumstrittenen Greifswalder Königskopfpfennige und die Albrechts von Mecklenburg in Schweden (Hildebrand S. 47 und 70 [276]) sowie an der Oberweser entstandene Hohlpfennige mit gekröntem Kopf [277] auf lübisches Muster zurückzuführen. Ein Königskopfpfennig des Siedenburger Fundes [274] wird nach Lauenburg gelegt, ebenso ein Blaffert mit einköpfigem Adler [275].

Nicht um die Nachahmung hansischer Gepräge, sondern um den Ubergang vom zweiseitigen Pfennig zum Hohlpfennig nach lübischer Art handelt es sich seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Brandenburg. Hier waren ja, wir wie sahen, in Salzwedel schon lange Hohlpfennige nach lübischem Fuß geprägt und nach 1434 ihm angepaßt worden im Feingehalt von 6½ Lot. Dann wurden die salzwedelschen Pfennige [251] allerdings schlechter, so daß 1465 7 auf 6 lüneburgische und 1478 13 salzwedelsche auf 11 lüneburgische gingen. Nach 1369 ist auch Stendal [252] und der Münzbezirk Berlin mit den Münzstätten Berlin und Frankfurt a. O. [253] zur Prägung von Hohlpfennigen mit Strahlenrand übergegangen, die bereits im Funde von Netzow vorkamen. Unter den ersten Hohenzollern hat dann der Hohlpfennig in Brandenburg völlig die Oberhand gewonnen [254. 255]. Ganz im Osten reicht die Hohlpfennigprägung des Deutschen Ordens bis ins 15. Jahrhundert [256-258].

Das Vordringen der Hohlpfennige nach Dänemark war, wie wir sahen, nur von kurzer Dauer, und auch die auffallende Nachricht, daß 1416 der livländische Landmeister der Stadt Reval freistellte, lübische Pfennige zu schlagen (vielleicht sind auch Witten gemeint), falls Dorpat es tue, hat keine Folgen gezeitigt. Dagegen ist nach Westen hin, im Gebiet des westfälischen und kölnischen Pfennigs, eine Verbreitung des lübischen Pfennigs erfolgt. An der Unterweser in Oldenburg, Hoya, Verden usw. war ja die Rechnung nach lübischer Mark nie ganz erloschen und gelegentlich auch Hohlpfennige und Witten geprägt worden. Auch weiter südlich hat Hameln 1436 eine Sorte Hohlpfennige dem lübischen Münzfuß angenähert (720 aus der Mark) und später Höxter 1476 im Gehalt sehr schlechte Pfennige (3¼lötig) zu 768 aus der Mark zu prägen beschlossen. Von hier gehen dann die Verbindungslinien zu Hannover, das nach dem Aufhören der ständischen Prägung der Helmpfennige (bis 1438) Kleeblattpfennige geprägt hat, die den lübischen entsprachen [230], und anderen nieder sächsischen Städten, die im 15. Jahrhundert sämtlich Hohlpfennige (1461 576 = I Mark) geprägt haben, ebenso Lippe. In Bremen hat zwar im 15. Jahrhundert der westfälische schwere Pfennig (Sware) den leichten (lübischen) mehr und mehr verdrängt, doch ist noch 1412 (4½lötig 0,375 g) und noch einmal 100 Jahre später ihre Ausprägung vorgesehen. Auch in Minden sind im 15. Jahrhundert leichte (lübische) Hohlpfennige geprägt worden, und weiter vorgedrungen bis Essen und Werden. In rheinischen Funden (Weidenpesch bei Köln, Trier, Aachen) sind 1370/75 hamburgische und lübische Hohlpfennige vorgekommen, und "Lübische" 1370 auch urkundlich in dieser Gegend erwähnt. Dieselbe Münzsorte erscheint 1392/93 auch in einer Kölner Münzordnung, ebenso wieder 1420, und seit 1464-1477 haben Köln und Trier solche Hohlpfennige (= 1½ Heller, 8 = 1 Weißpfennig) vom bekannten Vierschildtyp geprägt, bald auch Jülich, die Städte Köln und Neuß sowie die Abteien Essen und Siegburg. Endlich sind sie für Trier und Jülich als eigene Münzsorte oder "alte Möhrchen" = 1½ Heller nach Pfalz-Mainzer Münzfuß in den rheinischen Münzvertrag von 1477 übernommen und erscheinen als solche auch 1493 im Köln-Jülicher Münzvertrag. Zu 0,332, dann 0,270 g und 5 den. = 6,66 Lot fein entsprach ihr Münzfuß ungefähr dem der lübischen Pfennige dieser Zeit.

Goldmünzen: Neben dem Silbergeld war im Rezeß von 1450 auch von Goldmünzen als Zahlungsmittel die Rede. Es ist das freilich keineswegs das erste Mal. Wir sahen bereits, wie Lübeck als einer der ersten deutschen Münzstände 1340 mit der Prägung von Florenen begonnen [541] und wie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts neben ihnen auch englische, niederländische und franzosische Goldmünzen im hansischen Verkehr Eingang gefunden hatten. Es waren in erster Linie die abweichend von den Florenen und ihren vielfachen Nachbildungen größer und breiter geprägten englischen Nobel von über 7 g [550] und die ihnen entsprechenden Gepräge von Flandern [555], ferner andere niederländische Sorten wie Rider, Lions, Schilde (Klinkart) usw. [554], die zum guten Teil wieder auf französische Vorbilder zurückgingen, und endlich französische Goldmünzen selbst, wie Schilde [551], Franken [552], Moutons und Kronen [553]. Seit 1403 begegnen die englischen und Genter Nobel und gelegentlich auch französische Kronen und Franken in den Valvationen der wendischen Münzrezesse (1403, 1406, 1410, 1424, 1441, 1450). Während aber diese großen Goldmünzen in Deutschland selbst keine Nachahmung gefunden und die Städte eine Valvierung in heimischem Silbergeld nur wegen ihres Umlaufs im internationalen hanseschen Nord- und Ostseeverkehr vorgenommen haben, erlangte seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts der aus dem Floren hervorgegangene kleine Goldgulden für das gesamte deutsche Geldwesen steigende Bedeutung. Da seine Hauptträger die vier zu einem Münzverein zusammengeschlossenen rheinischen Kurfürsten waren (s. I), wurde er allgemein als rheinischer Gulden (florenus renensis) bezeichnet [556/57]. Wenn auch die Hoffnung, in diesem Goldgulden gegenüber der Verschlechterung des Silbergeldes einen allgemeingültigen und gleichbleibenden Wertmesser zu erhalten, sich nicht erfüllt hatte, so fand er trotzdem schnell die weiteste Verbreitung, zumal als er nach 1419 ziemlich auf dem Stande von 19 Karat Feingehalt bei einem Rauhgewicht von rund 3,5 g stehen blieb. Man hat für das 15. Jahrhundert sogar von einer Art Goldwährung in Deutschland gesprochen. Für manche Gegenden mag das auch zutreffen, und wir sahen, wie manche Münzvereine den Münzfuß ihres Silbergeldes auf dem Goldgulden aufgebaut hatten. Für den wendischen Münzkreis trifft das in dieser Form freilich nicht zu, aber völlig hat auch er sich der Einwirkung des Goldguldens auf die gesamten Münz- und Geldverhältnisse nicht verschließen können.

Zunächst läßt sich auch in den Hansestädten seit der Wende des 14. und 15. Jahrhunderts eine zunehmende Verwendung des Goldguldens im Geldverkehr feststellen. Abgesehen davon, daß er seit 1403 in allen Valvationen der Münzrezesse zu finden ist, werden Zahlungen vielfach in grobem Silbergeld oder Gold oder auch nur in Gold festgesetzt, während die Mark Silbers so gut wie ganz verschwunden ist. In lübischen Urkunden der Zeit von 1417-26 finden sich 19 Abmachungen in rheinischen Gulden und nur eine in lübischen, 1427-40 15mal rhein. fl., 1440-50 23mal, 1451-60 19mal, 1461-65 14mal und 1466-70 18mal. Die hamburgischen und lüneburgischen Kämmereirechnungen lassen Ähnliches erkennen. Der Rezeß von 1432 sah den Silbereinkauf in Gold vor, die hamburgische Bursprake von 1454 gestattete die Ablösung von Renten mit Goldgulden, und schon läßt eine Eintragung im lübischen U. B. von 1451 (IX 26) erkennen, daß man den Goldgulden bereits als beständigen Wertmesser für das Silbergeld verwendete.

Dazu kam nun, daß zwar nicht der wendische Münzverein als solcher, wohl aber Hamburg und Lüneburg neben Lübeck selbst zur Prägung von Goldmünzen übergingen. Während aber Lübeck im Gegensatz zu den meisten deutschen Münzständen und im Anschluß an die ungarische und italienische Goldprägung an dem feinen Goldgulden zu 23⅔ Karat festhielt [542], der nunmehr auch unter dem venezianischen Namen Ducat erscheint, ließen sich 1434 Lüneburg und im Jahre darauf Hamburg vom Kaiser ein Privileg erteilen, Goldgulden nach dem Schrot und Korn des Kaisers und der Kurfürsten, d. h. also rheinische Goldgulden, damals zu 19 Karat fein und 68 Stück aus der Mark (3,43 g), prägen zu dürfen. Beide Städte haben sofort von diesem Recht Gebrauch gemacht und Goldgulden mit Reichsapfel und Namen des Kaisers geschlagen, Hamburg bereits unter Sigismund (bis 1437) in erheblichem Umfange (Gaedechens Nr. 255-66 und 255a-261a: 3,42 g [543]), dann auch mit Namen Albrechts und sehr reichlich in der Zeit Friedrichs III. (Gaedechens 263-266 und 264a-266a: 3,34 g). Von Lüneburg kennen wir ebenfalls Goldgulden mit Namen Sigismunds, Albrechts und Friedrichs (Bahrfeldt S. 471f. [546].

Wenn diese Goldgulden auch vielleicht den vorgeschriebenen Feingehalt und das gesetzliche Gewicht nicht immer streng eingehalten haben, so daß eine Frankfurter Probe sie 1460 noch nicht voll 18karätig befand, so waren sie doch nicht erheblich schlechter als alle anderen kaiserlichen und rheinischen Gulden und wurden ihnen immer gleich gewertet. Dagegen wurde es bald eine Hauptfrage der Städte, die vielen schlechten Guldensorten abzuwehren, die zugleich mit der großen Verbreitung des rheinischen Guldens besonders aus niederländischen Münzstätten hervorgingen und das Reich überschwemmten. Es waren das in erster Linie die in Amheim geschlagenen der Herzöge Reinald (1402-23 [558]) und Amold (1423-73) von Geldern sowie die unter dem Namen Postulats- und auch Bischofsgulden umlaufenden Gepräge der Bischöfe Friedrich (1393-1423) und Rudolf (1431-55 [559]) von Utrecht. Auch von den Bischöfen von Lüttich [560] gab es ähnliche minderwertige Goldgulden. Geldernsche, Arnheimer oder Reinalds- und Arnoldusgulden finden sich vielfach in den Valvationen und Urkunden, wo sie stets um einige Schillinge geringer als die rheinischen Gulden gewertet werden. So galt z. B. 1441 der lübische Gulden 26 ß, der rheinische 21, der Reinaldsgulden 16 und der Bischofsgulden 15 ß (s. Tabelle VI). Die Utrechter Postulatsgulden aber suchte man ganz zu verbieten (Rezeß von 1441 § 18 und die hamburgischen Burspraken von 1453, 1454, 1460); doch mußte immer wieder vor ihnen gewarnt werden (hamburgische Burspraken 1459, 1460, 1462, 1486), ebenso wie vor falschen und beschnittenen Gulden. Trotzdem hielten sich die Postulatsgulden im Verkehr und fanden selbst in den Valvationen der Rezesse von 1467 und 1468 wieder Erwähnung. Eine weitere Maßnahme gegen unterwertige Guldensorten bestand darin, daß man die guten rheinischen oder einheimischen Gulden durch einen Stempel, in Hamburg z. B. einen Nesselblatteinschlag, in Lübeck durch einen kleinen Doppeladler, kenntlich machte. Umgekehrt ist aber auch die Zeichnung schlechter Gulden belegt. Ein florenus arnemiensis signatus wird schon 1423 erwähnt, und die hamburgische Bursprake von 1432 sah die Gegenstempelung von drei verschiedenen Sorten von Arnoldusgulden zu 13, 12 und 10 ß vor, während der gute rheinische Gulden 20 ß galt. Beide Arten der Gegenstempelung, die auch später noch (so um 1461/62) durch amtlich bestellte Sachverständige zu bestimmten Stunden vorgenommen wurde, um das Publikum vor Schaden zu schützen, sind an einer ganzen Reihe von erhaltenen Stücken festzustellen [561-565]. Außerdem hängte man Tafeln mit Abbildungen der schlechten Gulden auf (1479), und zwar, wie es 1504 heißt, "uppe dem vorhuse (des Rathauses) unde wanthuse".

In einem auffallenden Gegensatz zu allen diesen Nachrichten, die von einer ausgedehnten Verwendung der Goldmünze im Verkehr der Hansestädte zeugen, stehen nun gleichzeitige Verordnungen der Rezesse, die eine Beschränkung, ja ein Verbot des Goldgeldes zum Ziele zu haben scheinen. Zuerst besagt der Rezeß von 1441 (§ 14), daß niemand mit Gold "copslagen" soll, sondern nur in lübischen Marken. Die Rezesse von 1450 (§ 8) und 1463 (§ 14) wiederholten das Verbot, während die Bestimmungen von 1467/68 sich darauf beschränkten zu sagen, daß nur in lübischen Marken gehandelt werden dürfte und im übrigen lediglich die Innehaltung der fiir die verschiedenen Goldmünzen festgesetzten Preise einschärften, die im Verkehr oft überschritten wurden. Es ist nicht von der Hand zu weisen, wenn man in diesen Bestimmungen eine Art Reaktion gegen das Vordringen des Goldgeldes hat sehen wollen, zumal auch in anderen Gegenden Deutschlands ähnliches zu beobachten ist. Man hat in diesem Zusammenhange z. B. auf die Klage der livländischen Städte über die Abschlüsse in Gold im Baiensalzhandel von 1430 sowie auf Bestimmungen in der sächsischen Münzordnung von 1444 und im fränkischen Münzvertrag von 1454 hingewiesen. Auch im Rezeß der fünf pommerschen Städte von 1448 findet sich die Vorschrift, daß nur "by marken" gehandelt werden soll. Da weitere Nachrichten fehlen, kann nur die Vermutung ausgesprochen werden, daß man tatsächlich das Gold zugunsten des Silbergeldes, auf dem doch die Währung des Münzvereins beruhte, hat zurückdrängen wollen. Daß dieser Versuch nicht gelingen konnte, liegt angesichts der gesamten Münz- und Geldverhältnisse auf der Hand. Derselbe Rezeß von 1450, der das Goldgeld verbot, ließ es an einer anderen Stelle wieder zu (§ 9), und alle enthalten sie Valvationen von den gebräuchlichsten Goldmünzen.

Wertrelation Gold zu Silber: Wahrscheinlich bestehen aber doch Beziehungen zwischen diesem Versuch und Fragen, die nach der Mitte des 15. Jahrhunderts mehr und mehr in den Vordergrund treten und zeigen, wie sehr die Goldmünze doch Einfluß auf das städtische Münzsystem und die Politik des Münzvereins zu gewinnen drohte. Es handelte sich bald nicht mehr allein um die Wertbestimmung des Guldens nach dem jeweiligen Silbergeld, sondern um die Schaffung einer festen Wertrelation, die vor allem die herrschende Silberwährung vor der zunehmenden und verhältnismäßig zu hohen Wertschätzung des Goldes schützen sollte. Das versuchte zuerst der Münzvereinsvertrag von 1441, indem er (§ 5) die Ausbringung des Schillings, 20 auf den rheinischen Gulden, nach der Mark Goldes = 106 Mk. 11 ß berechnete und damit das Silber in ein Verhältnis von 1 : 11,09 setzte. Das würde mehr der am Rhein (1437-54) und in Basel (1433-54) geltenden Relation von 1 : 11,53 entsprochen haben, während wir in England noch 1412 nur 1 : 10,33 und in Frankreich 1421 1 : 10,29 und 1432 1 : 10,87 finden. In Wirklichkeit galt aber 1441 der rheinische Gulden im Gegensatz zu der Ansetzung des Rezesses im Verkehr bereits 21-23 ß, wodurch sich die Relation zuungunsten des Silbergeldes zu 11,6-12,75 verschlechterte. Mit einer einseitigen Herabsetzung des Guldens in Verordnungen und Rezessen, wodurch ein auch in anderen Städten, wie z. B. in Basel, beobachtetes Mißverhältnis zu dem Guldenpreis im Verkehr entstand, ließ sich allein nichts erreichen.

Die verschiedensten Versuche sind nun in den folgenden 25 Jahren gemacht worden, die Silbermünze mit dem Goldgulden in Einklang zu bringen und ein vernünftiges und bleibendes Verhältnis herzustellen. Zunächst ist 1450 angeregt worden, einen zwar im Schrot leichteren, aber im Feingehalt besseren Schilling, nämlich zu 147 Stück aus der 15lötigen Mark zu prägen, der zu 21 auf den rheinischen Gulden gerechnet werden sollte. Tatsächlich hätte das aber eine Verschlechterung des Schillings bedeutet, da er nur 1,49 g Feinsilber gegenüber 1,54 g von 1441 enthalten haben würde. Die Relation zum Golde hätte sich unwesentlich auf 1 : 11,3 verschoben. - Viel weitgehender war ein anderer Vorschlag, der etwa der gleichen Zeit angehört und offenbar von Wismar ausgegangen ist. Hierin waren Doppelschillinge und Schillinge, 60 bzw. 120 aus der 15lötigen Mark geprägt, vorgesehen und durch die Gleichsetzung von 16 ß = I Mark = 1 rheinischen Gulden ein für die Rechnung außerordentlich einfaches und bequemes Verhältnis begründet. An eine Verwirklichung dieses sehr theoretisch aussehenden Planes war freilich nicht zu denken, denn die dadurch herbeigeführte Relation zum Golde von 1 : 10,6 entsprach, wie wir bereits sahen, keineswegs den tatsächlichen Verhältnissen und hätte sich auch niemals mit ihnen vereinigen lassen. Der Gedanke eines solchen "Markguldens" zu 16 ß ist aber auch späterhin 1474 noch einmal wieder aufgetaucht.

Noch einmal hat dann 1463 ein nur zwischen Lübeck, Hamburg und Lüneburg vereinbarter Rezeß den Goldgulden auf 21 ß zu halten versucht dadurch, daß man Doppelschillinge und Schillinge zu 75 bzw. 150 Stück aus der ISlötigen Mark prägen wollte, die zu 10½ bzw. 21 auf den Gulden gerechnet werden sollten (1 Schilling rauh 1,56, fein 1,46 g). Die Relation hätte sich damit auf 1 : 11,26 und bei einer Wertung des Guldens mit 23 ß auf 1 : 12,3 gestellt. Zur Ausführung ist auch diese Idee nicht gekommen. Die weitere Entwicklung neigte sich vielmehr, wenn auch unter stetem Widerstreben der Städte, einem anderen Wege zu, dem der weiteren Verschlechterung des Schillings. Es war die einzige Möglichkeit, die übrig blieb, der Überschätzung des Guldens zu begegnen, indem man eben das in den Schillingen enthaltene Silberäquivalent herabsetzte, ohne formell und zahlenmäßig den Guldenpreis herabzusetzen. Bereits eine Nachricht von 1451 in der Münzchronik und daraus übernommen bei Leibniz und wohl auch bei Rentzel wie im Lüneburger Valvationsbuch besagt, daß damals 100 ß, also 5 ß mehr als 1441 vorgeschrieben war, aus der 10lötigen Mark geprägt worden seien. Das erscheint auch durchaus nicht unglaubwürdig. 10 Jahre später, 1461, wollte man weiter auf 104 ß aus der nur noch 9lötigen Mark heruntergehen (1,26 g fein) und gleichzeitig Doppelschillinge zu 70 Stück aus der 12lötigen Mark ausbringen. Bei der damals herrschenden Bewertung des Guldens mit 23 ß hätte man bei dieser Verschlechterung des Schillings eine Relation von I: 10,64 erhalten, die sich niemals hätte durchsetzen lassen. Daß eine Valvierung des Guldens zu 21 ß nicht mehr zu halten war, mußten indessen auch die Städte einsehen, und im Oktober 1461 haben sie sich auf dem Tage zu Mölln wenigstens zu einer Wertung zu 22 ß entschlossen, die 1462 in der hamburgischen Bursprake auch verkündet worden ist. Darauf folgte dann 1463 der schon erwähnte Versuch, durch eine Verbesserung des Schillings den Gulden auf 21 ß herabzudrücken, und an diesen letzteren Rezeß schlossen sich neue lange Verhandlungen zwischen den vier Städten und namentlich mit den Bürgerschaften der Städte, die in dieser Frage zum ersten Male einen merklichen Einfluß auf die Gestaltung des Münzwesens ausgeübt haben. Im folgenden Jahre wird es ganz still; aber auf einem Münztage vom 3. Mai 1465 in Mölln wurde die Frage der Herabsetzung des Goldguldens aufs neue zur Sprache gebracht, ohne daß aber hier wie bei den nachfolgenden Verhandlungen eine Einigung erzielt werden konnte. Die Stadtregierungen versuchten wenigstens eine Herabsetzung auf 22 ß zu erreichen, aber auch dieser Vorschlag scheiterte an dem hartnäckigen Widerstand der Bürgerschaften, namentlich in Hamburg, wodurch auch die Bürger der übrigen Städte sich beeinflussen ließen. Der Grund dieses Widerstandes in den Kreisen der Bürger war offenbar der, daß man von solchen Eingriffen in die im Verkehr gebildeten Wertverhältnisse Störungen des Handels und Unsicherheiten befürchtete und sich deshalb den münzpolitisch gewiß gut begründeten Vorschlägen des Rats verschloß. Auch daß der rheinische Gulden im Gehalt sich langsam verschlechterte, blieb offenbar verborgen.

Trotzdem haben die Städte nicht nachgelassen, ihre für richtig befundene Münzpolitik gegen den Willen der Bürgerschaften weiter zu verfolgen. Die Verhandlungen, die 1467 wieder aufgenommen wurden, haben dann schneller zu einem Ergebnis geführt. Es stellte sich aber auch als dringend notwendig heraus, daß wieder Geld geprägt wurde, wenn nicht die hansische Währung ganz zusammenbrechen und der Verkehr nicht völlig abhängig von fremden Geldsorten werden sollte. Schon hatten sich die alten Schillinge völlig verlaufen, da man ja 23 für den Gulden gab, "dar zee vel tho gud vor zint", und schlechtes Geld lief in Mengen um, von dem oft nicht 29 ß einen Gulden wert waren. Vorsichtig sind wieder zuerst die verschiedensten Schillingswerte vorgeschlagen und nach Schrot und Korn geprüft worden, ob und wie sie sich dem Goldgulden anpassen ließen immer mit dem Ziele, dessen Herabsetzung zu erreichen. In Lüneburg haben sich zwei Berichte über derartige Proben erhalten, deren eine vom 10. September 1467 datiert ist. Danach lagen vor Schillinge aus 14, 13 und 10 Lot 1 Quentin feinem Silber zu 21 oder 20 auf den rheinischen Gulden oder nach einer zweiten undatierten Probe Doppelschillinge aus 14 oder 13 Lot 9½ Grän feinem Silber zu 72 aus der Mark und zu 10½ = 1 fl., ferner Schillinge, "geboget" und "ungeboget", zwischen 13 Lot 6 Grän und 10 Lot 1 Quentin fein zu 144-100 aus der Mark und 21 und 20 = 1 fl. Auf dem bald danach am 20. September 1467 in Lübeck stattfindenden Münztage hat man sich für den leichtesten und schlechtesten Schilling entschieden, aber auch jetzt noch keine endgültige Entscheidung getroffen, sondern nunmehr den Bürgern die Wahl gelassen zwischen einem Schilling aus 10¼ lötigem Silber zu 100 aus der rauhen und 158 aus der feinen Mark (fein 1,48 g), von denen 20 auf den Gulden gehen sollten (Relation 1 : 10,87) und einem Schilling zu 101 Stück aus der 9¾ lötigen Mark (1,41 g fein) und 21 = 1 Gulden (1 : 10,8). Außerdem waren für 1/10 - 1/15 der Gesamtsumme entsprechende Sechslinge sowie Doppelschillinge aus 13lötigem Silber, 67½ aus der Mark und 10½ = I fl. vorgesehen. Bis zum Michaelistage (September 29) sollten die Städte sich entschließen und dann im Oktober der neue Münzfuß endlich beschlossen werden, um zu Beginn des Jahres 1468 mit der Prägung beginnen zu können.

Der Rezeß, der dann auch am 15. Oktober 1467 in Lübeck abgeschlossen ist, zeigt, daß die Städte sich für den schlechteren Schilling (101 Stück, 9¾lötig, 21 = 1 fl.) und entsprechende Doppelschillinge und Sechslinge entschieden haben. Sofort aber ergaben sich neue Schwierigkeiten. Eine Münzordnung der vier Städte, deren Inhalt und ausführliche münzpolizeilichen Vorschriften sich im wesentlichen mit der Fassung vom September 1467 decken, ist zwar am 22. Februar 1468 in Hamburg und Lübeck verkündet worden, aber sie enthält wohl die Valvation der Goldmünzen und des rheinischen Guldens zu 21 ß, nicht aber die entscheidenden Artikel über den Münzfuß der neuen Schillinge und Doppelschillinge. Lüneburg und Wismar aber konnten sich nicht entschließen, den Gulden auf 21 ß herabzusetzen und erklärten, bei 23 ß bleiben zu müssen, Wismar unter Berufung auf den Einwurf des mecklenburgischen Herzogs Heinrich. Darauf sind dann Hamburg und Lübeck selbständig vorgegangen und haben am 15· Juni 1468 einen Münzvertrag verabredet, der den Schilling weiter auf 103½ Stück aus der 9lötigen Mark herabsetzte (1,278 g fein) und außerdem und offenbar zum gleichen Münzfuß für 1/20 der Gesamtsumme Sechslinge sowie Doppelschillinge zu 69 aus der 12lötigen Mark und endlich Blafferte und Pfennige vorsah. Die Hälfte der Gesamtsumme sollte aber in Schillingen als der wichtigsten Münzsorte ausgeprägt werden. Von den neuen Schillingen sollten nun 22 auf den Gulden gehen und damit eine Relation von 1 : 10,34 begründet werden.

Es ist nicht ganz klar ersichtlich, ob auch dieser Vertrag nur Entwurf geblieben ist. Sicher ist, daß die Ausmünzung alsbald begonnen hat. Der hier festgelegte Münzfuß der Schillinge findet sich fortan auch mehrfach (so 1483 und 1492) in den Rezessen neu bekräftigt. Auch besagt eine braunschweigische Nachricht von 1468, daß die lübischen Schillinge geringer geworden seien und jetzt zu 24 statt zu 21 Stück auf den Gulden gingen. Anders liegt die Sache freilich mit der Wertung des Guldens. Hier haben sich offenbar auch in Hamburg und Lübeck Widerstände erhoben und wahrscheinlich bereits im Juli zu einer Vereinbarung auf 23 Schillinge geführt, mit der dann auch Lüneburg und Wismar sich einverstanden erklären konnten, zumal nachdem Köln sich im August gutachtlich geäußert hatte, daß der Gulden zu 68⅔ aus der Mark und 19karätig geprägt würde. Mit dieser Wertung war eine Relation von 1 : 10,8 geschaffen, die für das Silbergeld recht günstig war und auch bei einer Wertung des Guldens zu 24 Schillingen mit 1 : 11,19 etwa der seit 1465 in England (11,15) und 1456 in Frankreich (11,77) herrschenden entsprach. Auch im rheinischen Münzverein bestand seit 1464 eine Relation 1: 11,03, die dann aber 1477 auf 1: 10,34 herunterging. In Basel hat sich von 1462-76 die niedrige Relation 1 : 10,31 gehalten, ist dann auf 1 : 10,78 und seit 1478 auf 1 : 10,94 gegangen.

Münzfuß-Einigung von 1468: Somit darf man das Jahr 1468 als den Abschluß der langwierigen Verhandlungen über den Münzfuß der Schillinge und ihr Verhältnis zum Goldgulden sowie gleichzeitig als den Beginn einer neuen Prägetätigkeit aller vier Städte ansehen. Alle Nachrichten sprechen dafür, daß erst jetzt mit der Prägung der nun auch im Gepräge abweichenden neuen Schillinge und der neuen Münzsorte der Doppelschillinge begonnen ist. Die hamburgischen Kämmereirechnungen verzeichnen in diesem Jahre eine Ausgabe von 234 Pfund 13 ß "ad monetam novam transcussam ... propter noviorem monetam faciendam sub alio valore" und verschiedene andere Summen für Geräte und zur Instandsetzung der offenbar längere Zeit unbeschäftigten Münze wie des Wechsels. Zum Jahre 1469 wird auch zum ersten Male wieder nach langer Zeit ein Gewinn aus der Münze und dem Wechsel gebucht, und zwar 313 Pfund 12 ß, davon 208 Pfund "de lucro cambiature ab annis preteritis nove moneture" und 105 Pfund 12 ß von der Münze selbst, Einnahmen, die sich dann unter dem Posten "de lucro monete" in den Jahren 1471-73 ziemlich auf gleicher Höhe halten. Die Lüneburger Rechnungen verzeichnen schon 1467 6 rheinische Gulden für "etlike munte yserne" 'und ebenso 1468 noch einmal 10 Mark, Summen, die nach den späteren Angaben auf die Anfertigung von über 20 Eisen schließen lassen. Auch in den Jahren 1474-86 sind in Lüneburg fast in jedem Jahre Ausgaben für Münzstempel gemacht worden, und zwar für 36 Paar zu je 3 Eisen, dazu noch für 6 Obereisen und 2 Untereisen (1475), 12 Stempel (1479), 15 "munte iser stempel" (1485) und 2 Eisen (1486) 492. Endlich besagen auch Nachrichten über Silberankäufe für die lübeckische Münze von 1470, daß der Münzbetrieb in diesen Jahren lebhaft im Gange gewesen ist.

Für die neuen Schillinge dürfen wir die von allen vier Städten vorliegenden Gepräge gleichen Typs in Anspruch nehmen, deren Rückseite im Gegensatz zu dem schlichten Kreuz der älteren Ausgaben bis etwa 1450 ein mit dem Stadtwappen im Vierpaß belegtes und in den Winkeln reicher verziertes Kreuz aufweisen. Es kommen in Betracht für Hamburg: Gaedechens 906-11 und 906a-910c mit Durchschnittsgewicht von 2,2 g [521]; für Lübeck: Behrens 62/63 [522], Fd. v. Bergedorf 2,17 g aus 26 Stück; Wismar: Grimm 373 und 843-46 [524]; für Lüneburg: Bahrfeldt S. 477 und Bode Tf. V 8 [523] zu 2,18 g. Für die Umschrift wählte Hamburg den Spruch: Signo Crucis Salvemur, Lüneburg: Crux solvit omne malum, während Lübeck und Wismar die alte Umschrift beibehielten. Die entsprechenden Sechslinge sind: Gaedechens 1016 und 1016a mit 1,15 g [525], Behrens 58a/b 1,15 g [526], Bahrfeldt a. a. O. 1,01 und 1,16 g mit dem Spruch: Cruce redemtus homo [527/28]. Von Wismar sind keine Sechslinge dieser Art bekannt. - Die neuen Doppelschillinge endlich tragen auf der Vorderseite den Stadt- oder Domheiligen, auf der Rückseite ein mit dem Stadtschild belegtes Blumenkreuz : Gaedechens 745-49 zu 3,28 g [530], Behrens 65 zu 3,35 g Durchschnittsgewicht [531]. Von Lüneburg und Wismar sind keine derartigen Doppelschillinge bekannt. Wenn das vorliegende Material für diese jüngeren Schillinge auch nicht so groß ist wie für die älteren, so darf einem Sollgewicht der drei geprägten Sorten von 3,39, 2,27 und 1,13 g gegenüber doch eine ungefähre Übereinstimmung mit den Münzdenkmälern angenommen werden.

Dank der verständigen und vorsichtigen Münzpolitik der Stadtregierungen hatte die Silbermünze des Münzvereins die Krisis glücklich überstanden. Auch die neuen Schillinge und Doppelschillinge standen im Norden Deutschlands fraglos als das ansehnlichste und beste Geld da. Das lehrt ein Blick in jede auswärtige Valvation der Zeit, wie z. B. die der westfälischen Münzstände von 1489 oder die der niedersächsischen Städte von 1490. Weder die seit 1459/60 geprägten brandenburgischen Groschen aus 5¼lötigem Silber noch die Bremer Grote und die verschiedenen Groschensorten der niedersächsischen Münzstätten erreichten den Wert des wendischen Schillings, ganz abgesehen von den pommerschen und mecklenburgischen Sorten, die über sechslingartige Größen lange Zeit nicht hinausgekommen sind. Allerdings hat sich das Verhältnis von 23 ß auf den rheinischen Gulden nicht lange halten können. Bereits 1470 mußte man auf 24 ß hinaufgehen, ohne dadurch aber die bisherige Relation wesentlich zu verändern (11,19).

1474 beklagte sich König Christian von Dänemark beim Kaiser, daß die vier Städte in den letzten 3 Jahren Schillinge schlügen, deren 24 bis 25 auf den Gulden gerechnet werden müßten, wodurch Zinsen, Renten und Zölle, die auf 23 ß = I fl. gegründet seien, beeinträchtigt würden. Außerdem werde der lübische Gulden um 1½ ß zu gering ausgebracht, Vorwürfe, gegen die sich Lübeck natürlich am kaiserlichen Hofe energisch verwahrte. Der rheinische Gulden galt im Verkehr tatsächlich allgemein 24 ß, ja auch 2-6 Pfennige darüber, und ein Beschluß der Städte von 1474 trug dem Rechnung. Als dann 1477 der rheinische Gulden sich verschlechterte (2,647 g fein statt 2,72), hat man sogleich auch versucht, ihn wieder auf 23 ß herabzudrücken, ohne daß sich das aber im Verkehr durchsetzen ließ. Bei einer Wertung zu 24 ß war eine Relation von 1 : 11,51 allerdings eine ziemlich hohe (am Rhein 1 : 10,741; in Basel 10,78). Als dann 1490 der rheinische Gulden abermals fiel (2,52 g fein), nahmen die Städte 1492 erneut Veranlassung, den Gulden wenigstens auf 22 ß herabzusetzen, ohne aber einen besseren Erfolg damit zu erzielen, obwohl bei 24 ß die Relation 1 : 12,06 bei weitem zu ungünstig für das unverändert gebliebene Silbergeld war (bei 22 ß I1 : 11,05).

Aber zu Beginn der 80er Jahre des 15. Jahrhunderts trat die Sorge um das Verhältnis zum rheinischen Gulden offensichtlich in den Hintergrund gegenüber einem neuen Versuch, auf anderem, wenn auch ähnlichem Wege die lübische Silberwährung in ein festes Verhältnis zum Golde zu bringen, und zwar versuchte man es jetzt, nachdem der rheinische Gulden sich je länger desto mehr als unbeständig herausgestellt hatte, mit dem lübischen Gulden oder Dukaten. Es mag daran erinnert werden, daß noch 1474 der Gedanke, einen "markgulden" zu 16 ß zu schaffen, erörtert war. Statt dessen kam man jetzt auf einen Gulden zu 2 Mark, eben den lübischen, der seinen Feingehalt von 23½ Karat und ein Schrot von 65 aus der Mark (rauh 3,59, fein 3,52 g) bewahrt hatte. Auch Hamburg hatte sich 1475 vom Kaiser ein Privileg verschafft, solche Goldgulden oder Dukaten nach gleichem Fuß prägen zu dürfen. Um nun der lübischen Mark Silbergelds "ene ewige beständige enkede were und werde to makende und bestedigende an silver und golt" sollte dieser Gulden zu 2 Mark = 32 Schillingen nach dem Fuße von 1468 gewertet werden, was einer Relation von 1 : 11,5 entsprach. Nach diesem Verhältnis sollte sich alles andere Geld, Gold und Silber, richten, "es möchte risen efte dalen und afweken na legenheit der tyt, wo sik temede und behörde". Diesen Gedanken hat, soweit ich sehe, zuerst der hamburgische Bürgermeister Hermann Langenbeck ausgesprochen und 1483 z. Z. des Aufstandes in Hamburg, mit den Bürgern darüber verhandelt. Im Mai desselben Jahres hat sich der wendische Städtetag in Lübeck bereits mit dem Vorschlage befaßt, und seitdem verschwindet nun die Aufrichtung der "ewigen werigen und beständigen Lubeschen mark" nicht wieder aus den Urkunden, bis endlich 1492 ein Abschluß der Verhandlungen erzielt und in einem umfangreichen Rezeß von 31 Artikeln niedergelegt ist. Hier war es nun deutlich ausgesprochen, daß man "de sulvere munte unde penninge na den Lubeschen gulden to ordinerende unde to schickende" gewillt· sei, um nicht durch die Anpassung an den "heimlich" schlechter werdenden rheinischen Gulden mit dem Münzfuß der Schillinge immer weiter heruntergehen zu müssen und endlich auf den Stand der sundischen Mark zu kommen. Deshalb wurde der Münzfuß von 1468 beibehalten, also 69 Doppelschillinge aus der 12 und 103½! Schillinge aus der 9lötigen Mark geprägt. Die Sechslinge wurden etwas schlechter, zu 188-190 aus der 8lötigen Mark, ausgebracht. Für die Blafferte und Pfennige endlich war ein Münzfuß von 4½ Mark = 864 Pfennigen oder 432 Blafferten aus 6lötigem Silber festgesetzt (0,27 und 0,54 g, fein 0,1 und 0,2 g). Die Kontingentierung der auszuprägenden Gesamtsumme erfolgte wieder mit einer starken Bevorzugung der beiden groben Münzsorten, von denen zu gleichen Teilen für 1100 Mark, und zwar in Lübeck für 400, in Hamburg für 300 und in den beiden anderen Städten für 200 Mark geprägt werden sollten. An Sechslingen waren jeder Stadt 40, an Hohlgeld 60 Mark freigestellt. Unter Zugrundelegung des lübischen Guldens hätte die neue Ordnung des Münzwesens eine Relation von 1 : 11,61 geschaffen, die gewiß nicht zu günstig für das Silbergeld war. Der rheinische Gulden aber, der jetzt nur noch 2,52 g fein war, wurde erneut auf 22 ß gesetzt und dadurch in ein Verhältnis von 1 : 11,05 zum Silbergeld gebracht, das z. B. etwa dem in Basel damals herrschenden (11,16) entsprach.

Erste Gemeinschaftsprägung: Der Erfolg dieses gewiß von den besten Grundsätzen geleiteten Vertrages von 1492 war indessen ein sehr bescheidener. Zunächst hat sich die wirkliche Ausprägung der beiden größeren Münzsorten offenbar in ganz engen Grenzen gehalten. Das gilt in erster Linie für die Doppelschillinge, für die der Rezeß ein neues Gepräge vorgeschrieben hatte. Auf der Vorderseite erscheint das betreffende Stadtwappen und auf der Rückseite die um ein Dreieck gestellten Wappenschilde der übrigen drei verbündeten Städte. Es war also das erste Gemeinschaftsgepräge im eigentlichen und engeren Sinne, wie wir es ähnlich schon beim rheinischen und fränkischen Münzverein wie bei den Vereinsmünzen der Städte Campen, Deventer und Groningen oder Zwolle kennengelernt haben. Nach dieser Vorschrift geschlagene Doppelschillinge liegen zwar von allen vier Städten vor (Hamburg, Gaedechens 750 [532] Exemplar des Mus. f. Hbg. Gesch. 304 g; Lübeck, Behrens, fälschlich zu 1463, Nr. 64, 3,25 g, ein Stück auch im Lüneburger Münzpokal von 1536 [533]; Wismar, Hamb. Exemplar 3,39 g [534]; Lüneburg, Bahrfeldt S. 475 nach Galvano [535]), aber diese Münzen gehören zu den numismatischen Seltenheiten. Eine in Lüneburg erhaltene und jedenfalls in die Zeit nach 1492 gehörende Münzmeisterabrechnung berichtet allerdings von der erfolgten Ausprägung von 6 Mark 8 Lot in Doppelschillingen, 64 Mark in Schillingen, 211 Mark 8 Lot in Sechslingen und 493 Mark I Lot in Blafferten und Pfennigen. Es wurde demnach also genau umgekehrt, wie der Rezeß vorgeschrieben hatte, viel mehr kleines als grobes Geld geprägt, das nur in sehr bescheidenen Mengen hergestellt wurde. Von der Anfertigung der Stempel für die drei größeren Sorten in Lüneburg ist 1493 die Rede. Im übrigen besitzen wir keine Nachrichten über diese Prägungen und können nur mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuten, daß die nach 1492 geschlagenen Schillinge und Sechslinge das bisherige Münzbild beibehalten haben, da sie sich auch noch in den bis ins 16. Jahrhundert hineinreichenden Funden, wie z. B. bei Bergedorf, fanden. Durch das Beispiel der Hansestädte hervorgerufen sind fraglos die Güstrower Doppelschillinge der Herzöge Magnus und Balthasar, die 1492 beschließen, einen Doppelschilling zu 54 Stück aus der 8lötigen Mark zu prägen (4,3 g). Auch im Gepräge entsprechen sie mit den drei Wappen den hansischen [536/37]. Der Versuch der Mecklenburger, wieder Anschluß an die hansischen Prägungen zu gewinnen, verdient gewiß Beachtung, zumal diese Bestrebungen sich im 16. Jahrhundert fortsetzen (s. Kap. V). Dagegen hielt Pommern mit einer 1492 beschlossenen Schillingprägung von 176 Stück aus der 7lötigen Mark an seinem, dem lübischen Sechsling entsprechenden sundischen Schilling fest.

Wahrscheinlich sind gegen Ende des Jahrhunderts auch Dreilinge geprägt worden, wie sie der Fund von Bergedorf von Hamburg (Gaedechens 1179 und 1179a: 0,8 g [529]), Lübeck (Behrens 466: 0,7 g [539]) und Wismar (Grimm 561-63:0,6 g [540]) enthielt. Der lübeckische und hamburgische Dreiling kam auch bei Travemünde vor.

Sehr lebhaft ist dagegen, nach verschiedenen Anzeichen zu urteilen, die Prägung von hohlen Blafferten und Pfennigen in dieser auf den Rezeß von 1492 folgenden Zeit betrieben worden. Einige Nachrichten lassen sogar vermuten, daß man sich im Mai 1492 zunächst überhaupt nur über die Prägung dieses Kleingeldes geeinigt hat. Im Oktober tagte jedenfalls bereits wieder eine Münzzusammenkunft in Mölln. Das starke Auftreten der Blafferte gerade in den schon erwähnten Funden aus dem Ende des 15. und Beginn des 16. Jahrhunderts, bei Bergedorf, Travemünde u. a., zeugt jedenfalls davon, daß damals eine lebhafte Ausprägung dieser Geldsorte stattgefunden hat. Mecklenburgische Blafferte sollten 1492 zu 468 aus der 5¼lötigen Mark geprägt werden. Lüneburg ließ 1494 ein "blaffert-iseren und ein penningk-iseren" machen, und eine andere Lüneburger Aufzeichnung von 1498 bezeugt die Ausprägung von 6lötigen Blafferten zu 76 ß = 456 Stück aus der Mark. Endlich haben 1495 Hamburg und Lüneburg im Juli in Harburg über beanstandete hamburgische Hohlpfennige verhandelt, und eine nicht weiter bestätigte Nachricht von 1497 weiß ebenfalls nur von Blafferten und Pfennigen aus Lübeck, Hamburg und Lüneburg zu berichten. Die Prägung von Hohlgeld hat sich bis ins 16. Jahrhundert fortgesetzt, und noch im 3. Jahrzehnt werden uns Blafferte von Wismar und Lüneburg wie aus den herzoglich mecklenburgischen Münzstätten Gadebusch und Grevesmühlen begegnen. Dabei hören wir beständig Klagen über den Mangel an eigener guter Münze und das Überhandnehmen schlechten fremden Geldes. Bremer Grote [712], dänische Dreilinge, Stader Sechslinge [716], Blafferte und Pfennige waren darunter am übelsten berufen. Auch der Kampf gegen die schlechten Guldensorten und überhaupt gegen die zu hohe Wertung der Goldmünzen nahm seinen Fortgang. Überall im Verkehr galt der rheinische Gulden 24 ß, und offenbar haben sich die Städte bald dazu verstehen müssen, wenigstens den alten rheinischen Gulden zu diesem Werte anzuerkennen. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts setzte eine neue Periode der Gegenstempelung guter Gulden ein, die bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts umgelaufen sind. Neue Schwierigkeiten machte dann das Verhältnis zwischen dem lübischen und dem nach rheinischem Fuß in Hamburg und Lüneburg geprägten Gulden. Letztere wurden nunmehr zu 70 aus der 18½karätigen Mark geprägt (3,34 g, fein 2,57) und ihrer 4 entsprachen 3 lübischen Gulden. Darüber hat man sich indessen einigen können. Vielleicht ist aber Hamburg dadurch veranlaßt worden, neben den seitdem seltener werdenden Goldgulden in stärkerem Maße wie bisher Dukaten zu prägen. Die mit der Jahreszahl 1497 versehenen hambuigischen Dukaten sind besonders häufig [445]. So schien gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Goldmünze erneut in den Vordergrund treten zu wollen, während die 1492 versuchte Reform der Silberwährung als so gut wie gescheitert angesehen werden kann. Und doch war gerade um diese Zeit innerhalb der allgemeinen europäischen Münzgeschichte die zeitweilige unverkennbare Vorherrschaft der Goldmünze bereits ihrem Ende nahe. Im Süden Europas und auch Deutschlands schon seit 2 Jahrzehnten vorbereitet, begann um die Jahrhundertwende eine neue Epoche, die der Großsilberprägung, die in Deutschland durch die Schaffung des Talers ihre Ausbildung erfahren sollte. Auch der wendische Münzverein tritt damit in eine neue und zugleich die letzte Epoche seiner Wirksamkeit ein, und es zeugt im Gegensatz zu den meisten deutschen Münzverbänden von seiner und der hinter ihm stehenden Städte Lebenskraft, daß es ihm gelang, ohne Bruch mit der Tradition ein trotzdem der neuen Entwicklung sich anpassendes Münzsystem zu begründen.



Fünftes Kapitel
Die Großsilberprägung und der Ausgang des wendischen Münzvereins.

Bei der Unbeständigkeit der meisten deutschen Münzsorten mochte es zeitweise und in vielen Gegenden Deutschlands den Anschein haben, als ob man einer mehr oder minder ausgesprochenen Goldwährung zutreibe. An Ansätzen dazu hat es, wie uns auch die hansische Münzgeschichte gezeigt hat, während des 15. Jahrhunderts nicht gefehlt. Der Verfall aber des deutschen Goldguldens selbst, der verhältnismäßig geringe Goldvorrat und die Bedürfnisse des täglichen Verkehrs haben daneben immer auch die weitere Ausbildung des Silbermünzsystems befördert, die naturgemäß zur Hervorbringung immer größerer Nominale führte. Es ist das ja die bekannte und keineswegs nur mittelalterliche Erscheinung, daß eine Münzsorte oder ein Nominal, sei es Pfennig, Groschen, Taler oder auch Gold, eine mehr oder weniger schnelle Minderung seines Edelmetallgehalts und damit seiner Kaufkraft erfährt und ganz von selbst zur Prägung höherer Einheiten zwingt. Daß aber bei den im 15. Jahrhundert bestehenden Verhältnissen der Edelmetallproduktion und bei der Lage des damaligen europäischen Verkehrs für Deutschland allein das Silber als eigentliches Münz- und Währungsmetall in Frage käme, war gegen Ende dieses Jahrhunderts so gut wie entschieden. Freilich führen die Anfänge größerer Silbermünzen, die über Groschenwerte hinausgingen, wiederum nach Italien. Die Lira des Dogen Nicolo Trono von 1472 (= 1 Pfund oder 240 Pfennige, 6,5 g), der ihr entsprechende "Pfundner" des Tiroler Erzherzogs Sigismund (6,35 g), dann die 1474 zuerst in Mailand geprägten größeren Testone der oberitalienischen Münzstätten sowie die ihnen folgenden schweizerischen und südwestdeutschen "Dicken" (9,8 g, drei einen Goldgulden) waren die ersten Ansätze zu dieser Entwicklung, die nunmehr in Deutschland mit seinen zum Teil gerade damals neu erschlossenen Silberbergwerken ihr eigentliches Ziel, die Schaffung einer dem Goldgulden entsprechenden Silbermünze, erreichen sollte. Der "münzreiche" Erzherzog Sigismund von Tirol war es, der 1484 zum ersten Male eine Silbermünze ausgeben ließ, deren Silberwert einem Goldgulden entsprach und die danach die Bezeichnung "Guldengroschen" erhielt. Die neue Münze hatte ein Gewicht von 2 Lot oder einer Unze = 31,83 g. Die Nachfolge von mehreren schweizerischen und süddeutschen Münzstätten mit ihren prachtvollen Guldengroschengeprägen war weniger bedeutungsvoll als die Aufnahme der neuen Münzsorte in den Bergwerks- und Münzstätten Sachsens und Böhmens, von wo nun seit der Jahrhundertwende der Guldengroschen oder, wie er bald nach der gräflich Schlickschen Münzstätte Joachimstal genannt wurde, der "Taler", seinen Siegeszug über die deutschen und außerdeutschen Länder antrat. Es ist demnach keine Konstruktion, mit dem Auftreten dieser Münze die numismatische "Neuzeit" zu beginnen.

Auch im deutschen Norden hat es, unabhängig von der Entwicklung im Süden, nicht, an Versuchen gefehlt, zu größeren Silbernominalen fortzuschreiten, deren Ausbildung gleichsam in der Luft lag. Der "Snaphan" des Herzogs Karl von Geldern (1492-1538), ein auf einen geringeren Münzfuß geschlagener Dicken, der als "slaper" urkundlich zuerst 1496 nachweislich ist (25½ aus der Mark von Troyes, 11 den. minus 4 Grän fein), sowie dem hansischen Kreise näher der "Bugslaver" des Herzogs Bogislav X. von Pommern (= 1/2 sund. Mark, 48 aus der 14⅛lötigen Mark, 6 auf einen Gulden, rauh 4,87 g), der 1500 geprägt wurde, sind hier zu nennen, ohne daß diese Münzsorten aber eine größere münzgeschichtliche Bedeutung erlangt haben. Ob diese Versuche auf den wendischen Münzverein irgendwelchen Einfluß geübt haben, wird schwer zu entscheiden sein. Auch hier geht der Anfang zu der neuen Entwicklung in das 15. Jahrhundert zurück. Wir erinnern uns an die Schwierigkeiten der vier Städte, ihr Münzwesen auf der Grundlage der lübischen Silbermark und doch im Einklang mit der Bewertung des Goldguldens neu zu ordnen. Der Rezeß von 1492 war wohl ein gewisser Abschluß dieser Bestrebungen, aber ohne nachhaltigen praktischen Erfolg, wie die schwache Ausprägung dieser Zeit gezeigt hat. Auch der Versuch, die Silbermünze statt auf den rheinischen Gulden auf den lübischen Gulden oder Dukaten zu basieren, war gescheitert, und diese Erkenntnis hat die Städte im Einklang mit der bereits in ihren Grundzügen klar zutage tretenden gesamtdeutschen Entwicklung sehr bald dazu geführt, ihr Münzwesen allein auf dem Silber und einer neuen größeren Münzeinheit aufzubauen. Daß man in diesem Bestreben aber nicht wie die süddeutschen Münzstände auf den Silberwert des Goldguldens zurückgriff, sondern die lübische Silbermark nach ihrem damaligen Silberwert zur Grundlage nahm, wird verständlich, wenn wir an die Bemühungen der Städte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts denken, eine "beständige werige lubische mark" als Währungsgrundlage aufzurichten. Noch waren kaum süddeutsche oder sächsische Guldengroschen in den hansischen Verkehr eingedrungen, geschweige denn benachbarte Münzstände zur Prägung der neuen Münzsorte übergegangen, als die Städte des wendischen Münzvereins bald nach 1500 eine Großsilberprägung ins Werk zu setzen begannen. Wahrscheinlich hat sich bereits der am 25. und 26. April 1501 zu Mölln abgehaltene Münztag damit beschäftigt. Freilich haben wir über einen damals wegen neuer Prägungen abgeschlossenen Vertrag der Städte nur abgeleitete Quellen, die aber durch lübeckische Aktenstücke und den Entwurf einer Münzordnung von 1501 im wesentlichen eine Bestätigung erfahren. Aus diesen Nachrichten geht mit Sicherheit hervor, daß man zunächst Stücke zu 16 Witten, 3 = 1 lübische Mark, 6 = 1 lübischen Gulden, also ein 1/3 Markstück, "en drilingh oft ternarius eiusdem marce Lubicensis", prägen wollte, und zwar 34½ Stück aus der Mark feinen Silbers (6,76 g fein, 1 Mark = 20,28 g fein). Vorgesehen waren ferner Doppelstücke zu 32 Witten oder 2/3 Mark, 17¼ aus der feinen Mark (13,52 g fein), sowie als kleinere Sorten Stücke zu 8 Witten, 69 aus der feinen Mark (3,39 g fein), endlich Witten, Blafferte und Pfennige. Das Silber der Stücke zu 32, 16 und 8 Witten war als 15lötig vorgesehen. Über den Münzfuß der Witten ist nichts gesagt, doch wissen wir aus anderen Quellen, daß sie zu 216 Stück aus einer 5¼lötigen Mark geprägt werden sollten. Die erhaltenen Münzen sprechen nicht gegen diese Nachricht. Die Blafferte endlich sollten 6lötig sein, und 438 Stück aus der Mark geschrotet werden.

Das auf uns gekommene Münzmaterial bestätigt diese urkundlichen Nachrichten über die beginnende neue Prägung großer Silbermünzen. Allerdings sind 1/3- und 2/3-Markstücke mit der Jahreszahl 1502 nur von Lübeck und Lüneburg bekannt. Das 1/3-Stück, das sich auch in der Umschrift als "Ternarius Marce Lubicensis" bezeichnet, folgt ganz dem Gemeinschaftsgepräge des Doppelschillings von 1492 mit den drei Wappen der verbündeten Städte auf der Rückseite (Lübeck: Behrens 78 zu 7,25 g [566]; Lüneburg: Bode Tf. V, 11 [571]). Das 2/3-Markstück dagegen zeigt das Stadtwappen und den Stadtheiligen (Lübeck: Behrens 198 zu 14,4 g, als Doppelstück B. 85 und Hoffmann Tf. II, 17 [567]; Lüneburg: Madai I 2373 [572]). An der ebenfalls 1502 wieder aufgenommenen Wittenprägung sind auch Wismar und Hamburg beteiligt gewesen (Lübeck: Behrens 52 [591]; Lüneburg: Bode Tf. V, 10 [594]; Hamburg: Gaedechens 1165 a/b [595]; Wismar: Grimm 564/66 [598]). Zur Ausprägung der größeren Nominale hatten sich die letzteren beiden Städte offenbar noch nicht entschließen können, doch war ihr Anschluß nur eine Frage der Zeit.

Deutlich geht aus allen Nachrichten hervor, wie man bestrebt war, sich durch die neue Prägung unabhängig von der Bewertung des Goldes zu machen und eine reine Silberwährung aufzurichten. Die schon 1501 beschlossene Wertung des Guldens mit 21 ß 4 Pf. und der feinen Mark mit 8¼ Gulden oder 10 Mark 15 s. war bereits mit der Maßgabe erfolgt, daß der Gulden sich fortan nach dem Silbergelde richten sollte. Bei der Wahl der Nominale von 1502 hat dann zwar wieder das Verhältnis zum Goldgulden eine gewisse Rolle gespielt, aber die Verhandlungen des Jahres 1504 zeigen nun deutlich, daß man die lübische Silbermark allein zur Grundlage der Währung und des Münzsystems machen und ihren vom Golde unabhängigen Silberwert in einem Geldstück ausprägen wollte. Die, nach ihrer heutigen großen Seltenheit zu schließen, nur in sehr geringem Umfange geprägten 1/3- und 2/3-Markstücke waren also nur die Vorläufer der kommenden Großsilberprägung. Auf dem wendischen Städtetag im August 1504 wurde bereits beschlossen, "eynen penninck von eyner mark Lubisch" 5¼ Quentin schwer und aus 15lötigem Silber, die Mark fein zu 13 Mark, zu prägen, dazu 1/2- und 1/4-Markstücke. Aus diesem Münzfuß ergibt sich ein Silbergehalt von rund 18 g für eine Mark, während eine Mark oder 192 Pfennige nach dem Münzfuß von 1492 noch 19,392 g Silber enthalten müßte. Wenn damit auch grundsätzlich die Richtlinien für die neue Münzreform der vier Städte festgelegt waren, ist es zu ihrer praktischen Durchführung doch noch nicht sofort gekommen. In Hamburg, wo die Ratssendeboten im November 1504 aufs neue verhandelten, gab sich der uns bereits bekannte münzsachverständige Bürgermeister Langenbeck die größte Mühe, die Bürgerschaft von den Vorteilen der geplanten neuen Münze zu überzeugen. Er stellte aus der Kenntnis der Vergangenheit bereits fest, daß die lübische Mark in ihrem Werte von 3 auf 11½ Mark in umlaufender Münze gesunken wäre und sagte voraus, daß sie weiter auf 16 Mark, d. h. den Wert eines Schillings, fallen würde, wenn man sich nicht zu einer energischen Reform entschließen würde. Auch die für den Kurs des Silbergeldes und die Kaufkraft so verhängnisvolle Überschätzung des Goldes im Verkehr wurde aufs neue erörtert. Am 13. Dezember ist dann endlich durch eine gemeinsame Beurkundung der Städte die neue Münzordnung zustande gekommen. Sie enthielt zwar keine Einzelheiten und Ausführungsbestimmungen, aber den wichtigen grundsätzlichen Beschluß, das Goldgeld fortan nach dem Silbergelde zu werten und die lübische Mark "by macht unde werde" zu erhalten. Der Goldgulden erfuhr erneut eine Herabsetzung auf 21 s 4 Pf., während er im Verkehr mit 24 s bezahlt wurde. Mit Rücksicht auf die noch im einzelnen zu vereinbarenden neuen Prägungen wurde den Bürgern anempfohlen, sich bis Petri 1505 (Februar 22) alles schlechten und fremden Geldes zu entledigen. Der Wechsel erhielt die Aufgabe, bei der Einziehung der minderwertigen fremden Geldsorten mitzuwirken. In der hamburgischen Thomas Bursprake (Dezember 21) wurde die neue Münzordnung bereits verkündet.

Zu einer Ausführung der Beschlüsse ist es aber auch im folgenden Jahre noch nicht gekommen. Jedenfalls ist es ein Zeichen, daß die Städte sich über die Einzelheiten noch nicht einigen konnten, wenn Hamburg jetzt noch anfing, nach dem Vorbilde von Lübeck und Lüneburg 1/3- [578] und 2/3-Markstücke [579] mit der Jahreszahl 1505 zu prägen, wenn auch ebenfalls nur in sehr beschränktem Umfange (Gaedechens 718, 698 und 698a; Kat. Schellhaß 6979/80). Auch im Münzfuß folgte Hamburg offenbar den Vorschriften von 1501, die eine bessere Prägung bedeuteten als die von 1504. Entsprechend den oben mitgeteilten urkundlichen Nachrichten ergeben die Gewichte der erhaltenen 1/3- und 2/3-Markstücke, die zwischen 7 und 7,15 g bzw. 14,3-14.4 g schwanken, ein ideelles Markgewicht von rund 21,3 g und bei 15lötigem Silber einen Gehalt von rund 20 g, die Mark fein zu 11,7 Mark. Auch Lüneburg hat im gleichen Jahre die Absicht gehabt, mit der 1502 begonnenen Prägung von 1/3- und 2/3-Markstücken fortzufahren. Jedenfalls liegt ein von 1505 datierter Beschluß vor, Pfennige, Blafferte, Witten sowie Stücke zu 8, 16 und 32 Witten zu prägen. über die Ausführung ist indessen nichts bekannt.

Die Verhandlungen über das Münzabkommen von 1504 gingen inzwischen weiter. Im Januar 1506 machte Bürgermeister Langenbeck den hamburgischen Bürgern nähere Mitteilungen, und im Februar verhandelten die Städte bereits über die Münzstempel und die Fassung der Umschrift für die neuen Markgepräge. Noch zu Mittfasten hoffte man sie in Umlauf setzen zu können. Ob das geschehen ist, wird schwer zu entscheiden sein. Wahrscheinlich bedeutet aber erst der Rezeß vom 29. Dezember 1506 zu Hamburg den endgültigen Abschluß der Verhandlungen. Hierin war nun endlich die Prägung eines "markpenning" aus 15lötigem Silber und 5¼ Quentin oder 19,18 g schwer beschlossen, die Mark fein mit allen Unkosten ausgebracht zu 13 Mark. Außerdem waren ein "halber markpenning", ein "verding" sowie "schedegeld" vorgesehen, worüber aber nähere Angaben fehlen. Der Münzfuß war also der gleiche wie 1504 vorgesehen geblieben. Die neue Münze war das eigentliche Währungsgeld. Daneben und wenn es an Silbergeld fehlte, sollte der rheinische oder Kurfürstengulden zu 72 Stück aus der Mark mit 1½ Mark oder 24 s "in betalinge gande bliven", aber sein Wert, er sei "denne geresen oft gefallen", sich nach dem Silber richten. Auch Barrensilber, "jedoch dat dormit de slethschat ungerekent sy", blieb als Zahlungsmittel zulässig.

Mit der Ausführung dieses Rezesses setzt nun die Markprägung des wendischen Münzvereins ein. Die ersten Gepräge von ganzen, 1/2- und 1/4-Markstücken, letztere nunmehr als "Semis" und" Quadrans Marce Lubicensis" bezeichnet, tragen in allen vier Städten die Jahreszahl 1506 und auf der Rückseite sämtlich die drei Wappen, während die Vorderseiten wechselnd das Wappen der prägenden Stadt oder ihren Patron zeigen. Hamburgs Gepräge haben immer die Madonna in der Mandorla und die Jahreszahl 1506 beibehalten, aber die Zahl der bis zur Mitte des Jahrhunderts reichenden Stempelverschiedenheiten ist eine sehr große. Schon Gaedechens verzeichnet vom ganzen Markstück [580] deren 34 (Gaedechens 658-83 und 660a-683a), von der halben Mark 6 (700-705a [581]) und vom Verding [582] 9 Stempel (7I9-727a). Lübeck hat auf den ganzen [568] und 1/4-Markstücken [570] den Doppeladler, auf den 1/2-Markstücken [569] den Täufer Johannes angebracht. Außer der Jahreszahl 1506 (Behrens 71, 76 und 79 [570]) kommen auf ganzen Markstücken auch die Jahre 1523 und 1546 (B. 72 und 73), sowie bei allen drei Sorten und besonders häufig die Jahreszahl 1549 [568] vor. Von diesem Jahrgang verzeichnet Behrens 6, 4 und 2 verschiedene Stempel, deren Zahl sich fraglos vermehren läßt (B. 75a-f, 77a-d [569], 80a/b). Aus Lüneburg sind von ganzen Markstücken die Jahrgänge 1506 und 1546 [573] bekannt (Madai 7193/94), von dem Halbstück [574 u. 575] ebenfalls, von der 1/4 Mark nur 1506 [576]. Auf einem Stempel der ganzen Mark von 1546 findet sich an Stelle des hamburgischen Wappenschildes der eigene lüneburgische (Madai 7194). Dazu kommt der sogenannte "Wendentaler" von 1541, ein breites Gepräge mit den auf beide Seiten verteilten Wappenschilden der sechs wendischen Städte einschließlich Rostock und Stralsund, über deren Beteiligung an der Markprägung sonst nichts bekannt ist. Das sehr selten vorkommende Stück nennt sich selbst "status duarum marcarum", ist also ein Zweimarkstück [577]. Wismar ist mit einer nur als Dickstück zu 30 g bekannten ganzen Mark von 1506 mit dem heiligen Laurentius vertreten (Madai 235, Grimm 719 [583]). Dann folgt als Unikum eine Mark von 1545 [584] (Grimm 720) und erst 1550 in größerer Anzahl vorliegende ganze [585], halbe [586] und viertel [587] Markstücke (Grimm 721-28). Die Vorderseite zeigt hier den geteilten Stadtschild auf Kreuz.

Gegenüber der Ausbringung der 1/3- und 2/3-Markstücke von 1502 und 1505 bedeutete, wie wir sahen, der 1504 und 1506 beschlossene Münzfuß bereits eine Verminderung. Auch in der Folgezeit ist er nicht völlig unverändert geblieben. Bereits zum Jahre 1506 bemerkt die hansische Münzchronik, aus der Leibniz für seine "Notitia" schöpfte, daß auch Markstücke zu 11¾ und 12 Stück aus der 14½lötigen Mark geprägt seien. Ein neuer Rezeß von 1512, der auf einer Zusammenkunft im folgenden Jahre in Bergedorf bestätigt wurde, setzte den Münzfuß auf 13 Stück aus der 15lötigen Mark fest, die aber noch mit 1/2 Lot Kupfer vermischt werden sollte. Die Prägeunkosten waren mit 4 s in Ansatz gebracht. Bemerkenswert ist auch die damals bestimmte Kontingentierung: für Lübeck 800 Mark, für Hamburg 600 und für Lüneburg und Wismar je 400. Davon war mehr als die Hälfte für die groben Sorten und nur 90 Mark für Blafferte und Pfennige bestimmt. Schon 1515 erfolgte eine neue Veränderung des Münzfußes, indem eine Ausprägung von 12 Markstücken aus einer 14½lötigen Mark beschlossen wurde. Auf demselben Stande finden wir die Mark noch 1529 im hamburgischen Stadtrezeß. Eine dann 1543 in Lübeck vorgenommene Münzprobe fand die Markstücke zu 12 aus der 15lötigen Mark ausgebracht. Ein Jahr später hören wir, daß die in Wismar geprägten Markstücke mangelhaft und nur 14½Lot ½ Quentin fein seien. Bei den langwierigen Verhandlungen über die Münze in den Jahren 1544-46 ist sogar eine Mark zu 11&drac14; Stück aus der 14lötigen Mark vorgeschlagen worden. Die Nürnberger Valvation endlich zur Reichsmünzordnung von 1551 befand die hansischen Markstücke zu 12 Stück und 14 Lot 8 Grän fein geprägt.

Diese Nachrichten sind zwar keineswegs lückenlos, aber sie lassen doch so viel erkennen, daß sich der Münzfuß der Markgepräge in dem Zeitraume zwischen 1506 und 1550 wohl verändert, aber doch nicht wesentlich und vergleichbar den Schwankungen der Silbermünzen des 15. Jahrhunderts verringert hat. Die recht zahlreich auf uns gekommenen Gepräge selbst bestätigen das. Sie erreichen für die ganze Mark (gewogen wurden 33 ganze, 14 halbe und 10 viertel Markstücke) ein Durchschnittsgewicht von 19,1 g, waren also durchweg zu rund 12 Stück aus der rauhen Mark geprägt. Nur die wismarschen Gepräge von 1550 scheinen leichter zu sein. Abschließend kann man sagen, daß es jedenfalls gelungen war, in der neuen Münzsorte ein beständiges und gutes Silbergeld zu schaffen, das sich dem süd- und mitteldeutschen Taler ebenbürtig an die Seite stellen konnte.

Die Markprägung der Hansestädte hat deshalb auch in der Nachbarschaft bald manche Nachfolger gefunden. Die ersten waren die mecklenburgischen Herzöge Magnus und Balthasar wie Heinrich und Albert, die mit der Jahrzahl 1502 ein dem 1/2-Stück des Münzvereins mit den drei Wappen durchaus ähnliches Gepräge schufen (Evers 47,1; Kat. Schultheß-Rechberg 4093; Kat. Hauer 81). Diese seltenen Münzen gelten in der Literatur allgemein als halbe Taler, doch hat schon Erbstein im Kat. Schulthess richtig bemerkt, daß es sich bei Heinrich und Albert um ein Stück zu 32 Witten oder ein 2/3-Markstück nach dem Muster der Hansestädte handelt [601]. Das von ihm angegebene Gewicht von 1 Lot oder 14,62 g (das Exemplar des Mus. f. Hamburg. Gesch. wiegt 13,5 g) würde dazu stimmen. Das entsprechende Stück von Magnus und Balthasar in Schwerin wiegt 18 g [600]. Auch die von Evers S. 56 mitgeteilte Nachricht von 1546, wo von Herzog Albrechts "Markstücken" die Rede ist, wäre zu beachten. Sie sollen damals 1 Lot wiegen und die Mark zu 12 Lot 3 Quentin ausgebracht werden. In Wismar und den anderen Städten gelten sie 12 s. Offenbar gehört auch das als "halber Reichsort" oder 4 s-Stück geltende typengleiche Gepräge hierher (Kat. Hauer 80 [537]), das mit 3,70 g der ersten Zeit Alberts angehört und nur ein Doppelschilling nach dem Münzfuß von 1492 sein kann, sowie endlich ein Stück zu 7,5 g [602], das von Herzog Heinrich 1543 in Grevesmühlen geschlagen ist (Schwerin). - Markgepräge kennen wir ferner aus Bremen (1/4 Mark 1511, Jungk 106 [603]), von Friedrich von Holstein in Husum 1514 (ganze Mark Lange 11, 18,9 g [604]; 1/2 Mark, Lange 11 A [605], Exemplar des Mus. f. Hamb. Gesch. 9,5 g; 1/4 Mark Lange 11 B 4,66 g [606]). In Schweden hat Sten Sture 1512 Markstücke geprägt (15,65-18,23 g). In Livland haben die Heermeister allein und gemeinsam mit den Erzbischöfen von Riga ganze und halbe Mark geprägt, zuerst Walter von Plettenberg und Erzbischof Jasper von Linde 1516, Walter allein 1528, dann wieder seit 1553 hauptsächlich halbe Mark. Später folgten die Stadt Riga (1565) und die Schweden in Reval (1562). In Dänemark wurde ebenfalls die Mark eingeführt ("Mark danske" seit 1541) und hat sich hier ebenso wie in Schweden unter schneller Herabminderung ihres Wertes dauernd behauptet (in Dänemark 1 Krone 1618 = 8 Mark). Im 17. Jahrhundert ist das Marksystem sogar noch in Bremen und Oldenburg vorübergehend eingeführt worden. Auch die Hansestädte selbst sind damals mit ihren 8-, 16- und 32-Schillingsstücken als Kurantgeld wieder zur Mark zurückgekehrt und dabei geblieben.

Wichtiger noch als die Schaffung der silbernen großen Währungsmünze war aber die Neuordnung der kleineren Münzsorten. Schon die Tatsache, daß 1537 das Markstück bereits wieder mit 20 s. und seit 1543 allgemein mit 21 s. bewertet wurde, läßt darauf schließen, daß es nicht gelungen war, auch hier ein beständiges Verhältnis zu begründen und der Verschlechterung der Scheidemünze Einhalt zu tun. In der Tat haben sich fast alle Verhandlungen bis zum Ende des Münzvereins wieder um Doppelschillinge, Schillinge, Blafferte usw. gedreht. Die Klagen über den Mangel an eigenem Kleingeld und das Überhandnehmen von schlechten fremden Münzen, besonders solcher von Stade, Bremervörde und Dänemark, heben schon bald nach dem Rezeß von 1492 wieder, an. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts werden weiter hannoversche, Vörder und Otterndorfer Witten [609], Stader' Söslinge [716] und Blafferte, Bremer und Vörder Grote [712-14], goslarsche und hannoversche Groschen u. a. genannt, bald auch mecklenburgisches Geld sowie braunschweigische und Hildesheimer Groschen. Seit 1521 kommen Klagen über das Eindringen dänischer "klippenpennige", die ganz geringhaltig und ohne "upryktige geborlike gestalt unde forme eynes gemunteden pennynges myt ummescryfte unde gantzen wapenen edder tekenen" waren [711]. Das gute grobe Geld der Städte aber ging außer Landes. Die Wittenprägung des Jahres 1502, mit der die Städte die Prägung von kleinen Münzen wieder aufnahmen, sind schon erwähnt. Der neue Witten war aber zu einer recht geringen Münze geworden, von der, wenn die Nachricht über den Münzfuß richtig ist, 16 Stück nur einen Silbergehalt von 5,66 g statt 6,7 g des 1/2-Markstücks von 1502 enthalten hätten. Vielleicht hatte deshalb Stralsund nicht so ganz unrecht, als es 1509 beim wendischen Münzverein um die Zulassung seines Geldes ersuchte, da es ebensogut wäre als "de nyge witten". Die vier Münzvereinsstädte verhielten sich jedoch ablehnend gegen die damals in Stralsund wie Rostock sehr reichlich betriebene Wittenprägung, und auch Herzog Magnus von Mecklenburg unterschied 1503 noch zwischen den "srale witten", von denen vier auf den lübischen Schilling gingen und den lübischen zu 3 = 1 s. Witten vom gleichen Typ und Münzfuß wie 1502 gibt es auch von 1506, aber nur in Hamburg (Gaed. 1166/67a-g; Kat. Schellhaß 116/I7 [596]). In Lüneburg plante man 1505 ebenfalls die Ausprägung dieser Münzsorte, und vielleicht haben wir in dem "Dreiling" des Kat. Bahrfeldt 2346 dieses Jahres einen Witten vor uns. Erneut haben sich die vier Städte 1512 zur Prägung von Witten entschlossen, die wir in den bisher immer als Sechslinge angesehenen Geprägen mit den drei Wappen der Verbündeten haben (Behrens 420 [592]; Gaed. 1017/23 [597], Grimm 729-731 und Thomsen 7131 [599]). Nur von Lüneburg fehlen sie noch. Im Münzfuß scheinen sie den Witten von 1502-06 mit Gewichten von durchschnittlich 1,03 g zu entsprechen. Mit diesen Geprägen finden die Witten des Münzvereins ihr Ende. Noch einmal wandte sich 1515 Lüneburg wegen eines Münzeisens zur Wittenprägung an Lübeck, erhielt aber zur Antwort, daß weder Witten noch Blafferte geprägt werden sollten. Nur in Mecklenburg und Pommern dauert ihre Prägung an, doch verschmelzen sie hier völlig mit dem Dreiling und sind um die Mitte des 16. Jahrhunderts zu 4lötigen Münzen zu etwa 280-290 aus der Mark geworden. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts taucht hier auch die Bezeichnung "Witten" noch einmal auf, in Stralsund 1666-1708 und noch 1763 für Münzen zu 1/192 Taler (Bratring , B. Mbl. 1907 Nr. II8 ff.) und in Mecklenburg-Güstrow unter Gustav Adolf (1636/96) in der Zeit 1674-92 als Kupfermünzen zu 3 Pfennigen (Kat. Pelzer 703-714).

Merkwürdigerweise haben die letzten hansischen Witten noch einmal, ähnlich wie in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, eine weit verbreitete Nachahmung gefunden, so besonders im Bistum Verden nach lüneburgischem Muster, ebenso in Otterndorf durch Johann IV. und Magnus von Lauenburg (bis 1507 [609. 610]), in Stade (1510 und 1511 [608] und ähnlich in Diepholz durch Graf Konrad (1510/14 [611]), ferner in Salzderhelden durch Herzog Heinrich IV. von Braunschweig wie Heinrich d. J. in Helmstedt 1512 [612], in Rietberg [613], Schauenburg 1512 und Hoya [614]. Es sind das, wie namentlich die Stader, Otterndorfer und Verdener Gepräge, die "contrafegeden witten", vor denen in dieser Zeit immer wieder gewarnt wird und bei deren Vertrieb in Lübeck 1512 ein Münzmeister mit seinen Helfershelfern gefaßt wurde.

Sehr viel länger als die Witten haben sich die Blafferte als geprägte Münzsorte bis in die Neuzeit behauptet. In der Münzordnung von 1501 findet sich die Notiz, das die Blafferte und Pfennige bisher zu 4 M. 8 s aus der 6lötigen Mark geprägt seien, doch müsse man wegen der erhöhten Kosten auf ein Schrot von 4 M. 11 s oder 12 M. 8 s aus der feinen Mark zurückgehen. Das ist ein Schrot, wie es für Pfennige noch 1540/41 in Lüneburg vorkommt, ohne daß freilich der Feingehalt überliefert ist. Blafferte waren auch 1502 vorgesehen, 1505 in Lüneburg geplant, auch im Rezeß von 1512 erwähnt, während sich 1515 Lübeck gegen die Ausprägung dieser Münzsorte aussprach. Offenbar gehört aber ein Teil der schon im vorigen Kapitel besprochenen Blafferte dem ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts an. Dann hören wir lange Zeit nichts von Blafferten, bis sie im 5. Jahrzehnt wieder auftauchen und ihre Prägung erneut einen ziemlichen Umfang angenommen zu haben scheint. Lüneburg ließ 1541 Stempel zu Blafferten anfertigen, und 1544 ist zwischen Lübeck, Hamburg und Lüneburg über Blafferte verhandelt worden und dabei auch Wismar berücksichtigt worden. Die Blafferte erscheinen hier als eine schlechte, aber offenbar wegen Mangel an Kleingeld nicht auszuschaltende Münze. In dem gleichen Jahre wendet sich auch König Christian von Dänemark an Lübeck mit der Bitte, ihm für seine neue Münzstätte Flensburg verschiedene Münzsorten, darunter auch Blafferte, als Proben zu übersenden. Vor allem aber haben damals die mecklenburgischen Herzöge Heinrich und Albert in ihren Münzstätten Gadebusch und Grevesmühlen Blafferte geprägt, über deren Zulassung in Wismar und Lübeck in den Jahren zwischen 1546 und 1549 mehrfach gestritten ist. Aus diesen Verhandlungen geht ferner hervor, daß damals sowohl Wismar wie Lübeck und Lüneburg noch Blafferte geschlagen haben. Eine 1546 in Wismar in Gegenwart herzoglich mecklenburgischer Räte wie von Abgeordneten der Städte Rostock, Lübeck und Wismar vorgenommene Probe ergab für Gadebuscher, Wismarer und Lübecker Blafferte einen Feingehalt von 4 Lot und ein Schrot von 480 Stück aus der Mark (0,49 g). Endlich stellte Herzog Heinrich 1549 fest, daß seine Grevesmühlener Blafferte, die man in Lübeck verboten hatte, ebensogut oder besser seien als die lübeckischen und sogar der Reichsmünzordnung entsprächen. Was die Blafferte selbst betrüft, so sind für Gadebusch und Grevesmühlen Stierkopfgepräge zu erwarten, für Wismar solche mit geteiltem Stadtschild, wie z. B. Oertzen I Nr. 191 ein Exemplar mit Jahreszahl 1542 kennt (vgl. auch Kat. Schellhaß 231). Lübeck wird an seinen Doppeladler Blafferten festgehalten haben, und von Lüneburg gibt uns das kleine Beizeichen einer Gans auf Wappen-Blafferten Aufschluß über die Zeit ihrer Entstehung. Sie sind vom Münzmeister Hermann Gante (1544- 59) geschlagen worden [289].

Die Hauptsorge aber der Städte galt auch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wieder den Doppelschillingen, Schillingen und Sechslingen als den eigentlichen Verkehrsmünzen. Nur wenn ihr Münzfuß sich mit dem der Markstücke in ein haltbares Verhältnis bringen ließ, konnte man hoffen, dem bisherigen Übelstand abzuhelfen. An die Stelle der Goldmünze, deren Überschätzung auf der einen und Verschlechterung auf der anderen Seite die bisherige ständige Herabminderung des Münzfußes der kleineren Silbermünzen herbeigeführt hatte, war jetzt die Mark getreten, und sie wurde, wie wir sahen, bis zur Mitte des Jahrhunderts ziemlich unverändert gut ausgeprägt. Der eine Grund für die Verschlechterung der kleineren Nominale war also beseitigt. Trotzdem ist eine solche eingetreten und hat sich bald, wie bereits angedeutet wurde, darin geäußert, daß die Markstücke nicht zu 16, wie noch der Hamburger Stadtrezeß von 1529 bestimmte, sondern zu 21 s gewertet wurden. Der Schilling und der Doppelschilling waren also schlechter geworden, und der Verkehr, der sehr wohl auf den wirklichen Metallwert des Geldes achtete, hatte darauf reagiert. Der Begriff der Scheidemünze, der uns heute so geläufig ist, daß wir kein Bedenken tragen, eine im Gehalt wertlose und mindere Kleinmünze zu ihrem Nominalwert anzunehmen, ist verhältnismäßig jungen Ursprungs, genau so wie die strenge Scheidung und klare Erkenntnis der Währungsarten als Gold-, Silber- und Doppelwährung. Die Ausbildung aller dieser Begriffe und ihre praktische Anwendung vollzog sich erst mit dem 18. Jahrhundert. Wohl fanden wir schon im 15. Jahrhundert Ansätze zu einer Art Scheidemünze, wenn z. B. von "schedegeld" die Rede war und die in kleinem Gelde zu zahlen erlaubte Summe gesetzlich eine bestimmte Begrenzung erfuhr. Auch der Grundsatz, die kleineren Münzsorten stets geringer im Korn auszubringen als die größeren, war durchaus geläufig. Dazu führten ganz von selbst die bei diesen Münzen sich ergebenden höheren Prägungskosten, ganz abgesehen von den fiskalischen Gesichtspunkten. Wenn es trotzdem nicht zur Ausbildung einer Scheidemünze im modernen Sinne gekommen ist, so lag das einmal an dem Mangel an einer klar ausgesprochenen und gesetzlichen obersten Währungsmünze, und wenn eine solche sich im Verkehr einmal herausgebildet hatte, wie etwa Gold- und fremde gute und beständige Silbermünzen, hat doch die prägende Obrigkeit während des Mittelalters nie vermocht, ihren eigenen kleineren Münzen einen festen Kurswert mit Zwangswirkung beizulegen. Immer - und das spricht von münzgeschichtlicher Seite mit aller Schärfe gegen die allgemeine Geltung von Knapps bekannter staatlichen Theorie des Geldes - hat der Verkehr sich an den realen Metallwert gehalten und die Münzen danach gewertet. Wenn während des Mittelalters manche Münzsorten über ihren Metallwert hinaus geschätzt worden sind, hat das meist mehr verkehrspsychologische Gründe gehabt, die in dem Gesamtcharakter des mittelalterlichen deutschen Münzwesens begründet liegen. Dagegen haben alle obrigkeitlichen Verordnungen nichts ausrichten können.

Als die Münzvereinsstädte 1502 an die Prägung großer Silbermünzen gingen, hatte man die besten Absichten, auch die kleineren Sorten, nämlich Stücke zu 8, 4 und 2 Witten den 1/3- und 2/3-Markstücken entsprechend aus gutem Silber herzustellen. Da von den 1/3-Stücken 6 einem lübischen Gulden oder 32 s entsprechen sollten, war beabsichtigt, die Mark auch in kleiner Münze auf 16 s zu halten. Mit der Ausführung dieses Beschlusses hat es aber sofort sehr gehapert. Nur von Lübeck haben wir mit der Jahreszahl 1502 Münzen zu 3,5 [588], 2,75 [589] und 1,25 g [590], die Behrens (Nr. 350, 401 und 419, Hoffmann Tf. II 20 u. 22) als Doppelschilling, Schilling und Sechsling bezeichnet. Offenbar haben wir es hier aber mit den Unterteilungen des 1/3-Markstückes zu tun. Von Lüneburg kennen wir nur ein Stück der mittleren Größe zu 2,4 g, das den gleichen Typ wie die lübischen (Jahreszahl in den Kreuzwinkeln) aufweist.

Bei diesem Anlauf ist es vorläufig geblieben. Der Rezeß von 1506 traf über die kleineren Münzen keine Bestimmungen. 1512 waren 1/8 Markstücke oder Doppelschillinge zu 104 Stück aus der 15lötigen Mark vorgesehen (fein 2,012 g) und auch von Schillingen die Rede. Außer den Witten dieses Jahres ist aber keine andere Münze bekannt. Dasselbe gilt vom Jahre 1515, als ein Schilling zu 106-108 aus einer 8 lötigen Mark geplant war. Man darf getrost sagen, daß zur Zeit der ersten Markprägungen keine Doppelschillinge, Schillinge und Sechslinge geprägt worden sind. Auf dem wendischen Städtetage von 1514, wo darüber verhandelt wurde, herrschte eine pessimistische Stimmung. Hamburg schlug schlechthin vor, den Hammer ganz niederzulegen, und Lübecks Absicht, Doppelschillinge und Schillinge ohne erhebliche Verschlechterung prägen zu wollen, ist nicht zur Ausführung gekommen. Lüneburgs Münzmeister beklagte sich 1525, daß der Hammer vier Jahre lang still gelegen und er keinen Verdienst gehabt habe. Vor allem beklagte man sich wieder, daß die Münzen der benachbarten Fürsten schlechter als die städtischen seien und nach den genugsam bekannten Erfahrungen das bessere hansische Geld verdrängten und aufsogen. Es ist deshalb damals der Gedanke einer Erweiterung des Münzvereins durch vertragliche Vereinbarungen mit den benachbarten Fürsten erneut ernstlich erwogen worden. In erster Linie kamen dabei die mecklenburgischen Herzöge in Frage, dann die von Pommern, Holstein und der Kurfürst von Brandenburg. Auch der Erzbischof von Bremen sollte herangezogen werden und selbstverständlich die ehemaligen Mitglieder, die Städte Rostock und Stralsund. Die veränderte Zeitlage und die wachsende Macht und Bedeutung der Territorialfürsten begannen sich auch in ihrem zunehmenden Einfluß auf die Gestaltung des Münzwesens geltend zu machen. Wenn auch die Blütezeit der deutschen Städte im 16. Jahrhundert noch durchaus nicht erloschen war und viele, besonders süddeutsche Gemeinwesen, erst von Maximilian I. und Karl V. das lang ersehnte oder bestrittene Münzrecht erlangten oder erneuert erhielten (Konstanz 1499, Worms 1505 und 1510, Isny 1507, Rottweil 1512, Hagenau 1516, Augsburg 1522, Donauwörth 1532, Bremen 1541, Ulm 1552, Frankfurt a. M. 1555, Magdeburg 1567), so gewahren wir in Norddeutschland doch deutlich eine zunehmende Münztätigkeit der Territorialfürsten, die im 14. und 15. Jahrhundert so ganz hinter der der Städte zurückgetreten war. Lüneburg holte 1492 ausdrücklich die Zustimmung der Stände des Landes Lüneburg zum Abschluß des Münzvereinsvertrages von 1492 ein. Die mecklenburgischen Herzöge Magnus und Balthasar drohten 1497 der Stadt Rostock, deren Turnosen und Witten zu verbieten, wenn deren Prägung fortgesetzt würde. Der Stadt Stettin wurde das Münzrecht von den Landesfürsten 1491 kurzerhand entzogen, und 1504 verloren es alle pommerschen Städte mit Ausnahme von Stralsund, das sich aber dem Landesmünzfuß anpassen mußte. In Mecklenburg und Holstein geht die städtische Prägung ebenfalls stark zurück. Nur Wismar und Rostock haben ihr Münzrecht behauptet. Jedenfalls waren die Fürsten in Münzsachen ein Faktor geworden, mit denen auch die größeren Städte, wie Lübeck und Hamburg rechnen mußten, während andererseits für die Fürsten eine Anlehnung an die eingeführten Münzsysteme und die ältere Münzpraxis der Hansestädte als wünschenswert erschien. Bereits 1503 hatten in Lübeck und im Beisein der mecklenburgischen Fürsten wie holsteinischer Räte Verhandlungen stattgefunden. Auf dem wendischen Städtetag von 1515 kam man jetzt darauf zurück, obwohl auf Seiten der Städte von vornherein Bedenken laut wurden, sich mit den Fürsten und ihrer z. T. von ganz anderen Gesichtspunkten ausgehenden Münzpolitik, "so se vordel an sleschatte darby szoken", einzulassen. Die Lage zwang aber dazu, und so sind dann durch die Vermittlung der in Frage kommenden Landstädte mit den Landesfürsten Verhandlungen angeknüpft worden, die wenigstens einen gleichen Münzfuß herbeiführen und den bisherigen Zustand. einer verschieden gerichteten städtischen und fürstlichen Münzpolitik beseitigen sollten. Ohne daß wir über die positiven Vorschläge der Städte näher unterrichtet sind, führten die Verhandlungen zu keinem Ziel. 1522 können sie als endgültig gescheitert gelten. Auch die allgemeine politische Lage, der gegen die Städte gerichtete Bund der Fürsten von 1520 und der bald darauf beginnende offene Kampf gegen Christian II. von Dänemark waren solchem Unternehmen nicht günstig. Einige Fürsten, wie die Holsteiner und die Pommern, erklärten wohl ganz allgemein und unverbindlich ihre Zustimmung. Die Mecklenburger waren "under malkander twesplitterich", und der Kurfürst von Brandenburg war gar nicht gefragt, weil Lüneburg es für zweck- und aussichtslos hielt. Selbst Rostock und Stralsund, letzteres gebunden an den pommerschen Landesfuß, ließen sich nicht mehr für die Annahme des lübischen Münzfußes gewinnen, worauf letzten Endes die Verhandlungen doch zielten. So verlief die Sache im Sande.

Unter den vier Münzvereinsstädten selbst aber haben die Verhandlungen auf dem Städtetage von 1522 nun endlich zu dem Beschluß geführt, mit der Prägung von kleineren Münzsorten anzufangen. Lübeck begann 1522, Wismar 1523, Hamburg 1524 und in weiterem Abstande Lüneburg 1530 Doppelschillinge zu prägen, die sich im Typ (Heiligenbild, Rs. Stadtschild auf langem Kreuz oder Lilienkreuz) deutlich als Vereinsgepräge kennzeichnen, wenn sie auch auf ein Gemeinschaftsgepräge wie 1492 und die Markstücke verzichten. Über den Münzfuß sind offenbar bindende Abmachungen nicht zu erzielen gewesen, denn das Schrot schwankt in den Städten zwischen 56 (Lübeck) und 58 (Hamburg und Lüneburg) Stück aus der Mark, der Feingehalt zwischen 7¾ Lot und 7 Lot 7 Grän (rund 1/3 Lot). Eine Münzprobe der Zeit ergab eine noch etwas geringere Ausprägung, nämlich in Hamburg 58, in Lübeck und Wismar 60 und in Lüneburg 61 Stück aus der Mark, die in Lüneburg und Wismar 7 Lot 9½ Grän, in Lübeck 7 Lot 8 Gr. und in Hamburg 7 Gr. fein war. Das Rauhgewicht der neuen Doppelschillinge müßte demnach für Lübeck und Wismar 3,89 g, für Hamburg 4,03 g und für Lüneburg 3,83 g betragen. Wägungen von Doppelschillingen dieser Jahrgänge, die von allen Städten reichlich vorliegen (Hamburg: Gaed. 751-795 und 755a-793a, im ganzen 74 Stempel, Lübeck: Behrens 357-59, 23 Stempel [615], Wismar: Grimm 205-11 und 821-826 [616], Lüneburg: Knyphausen 5060 [619]) ergaben für hamburgische Doppelschillinge ein Durchschnittsgewicht von rund 4 g und für Lübeck 3,9 g. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, daß Hamburg bis 1553 und Lübeck bis 1550 Jahreszahl und Gepräge ihrer Doppelschillinge nicht wesentlich verändert haben, wohl aber der Münzfuß sich in der Zwischenzeit, wie wir sehen werden, um etwas gesenkt hat. Von Wismar kennen wir einen besonderen Jahrgang 1530 [617], 1532 und 1536, von Lüneburg solche von 1533, 1535 und 1536. Alle diese Doppelschillinge zeigen auf der Vorderseite den Stadtschild auf Lilienkreuz oder befußtem Kreuz, auf der Rückseite den Stadtpatron.

Verglichen mit dem Münzfuß der Doppelschillinge von 1492 war also ein nicht unerheblicher Rückgang zu verzeichnen. War damals die feine Mark zu 11 M. 8 s ausgebracht, wurde sie 1522-30 zu 14 M. 6 s bis 15 M. 10 s ausgemünzt, und 8 Stück enthielten rund 15,6 g Silber gegenüber einem Silbergehalt des Markstücks von 17,6 g. Aber auch dabei ist man nicht stehen geblieben. Neue Abmachungen, die nach dem Ende der an die Person des Bürgermeisters Jürgen Wullenwever sich knüpfenden außen- und innenpolitischen Unruhen in Lübeck 1537 getroffen wurden, hielten sich zwar noch ziemlich an den bisherigen Münzfuß, indem beschlossen wurde, Doppelschillinge zu 60 Stück aus der 7½ lötigen Mark zu prägen (Mark fein zu 16 Mark). Dagegen erfahren wir, daß Hamburg seine Doppelschillinge 1541 nur noch zu 63 Stück und 7 lötig ausbrachte (feine Mark zu 18 M.). Offenbar war dies das Ergebnis einer Münzprobe, denn noch 1545 bei den Verhandlungen über eine neue Münzreform beruft man sich stets auf die Beschlüsse von 1537.

Wenn auch die Verhandlungen bis 1522 zu einer vertraglichen Einigung mit den benachbarten Münzständen nicht geführt hatten, so haben diese sich aber z. T. doch offenbar stillschweigend dem lübischen Münzfuß angepaßt. Das gilt vor allem von den mecklenburgischen Herzögen, die sich ja bereits 1492 nach den Städten gerichtet hatten (s. Kap. IV). Ebenfalls nach dem Vorgange der Städte ließ nun Herzog Heinrich 1524/25 in Grevesmühlen Doppelschillinge zu 57½ aus der 7¾lötigen Mark prägen [620], und seit 1523 (bis 1528) Herzog Albert in Güstrow [621] und Wittenburg. Seine Doppelschillinge sollen 1531 einen Münzfuß von 60 Stück und 7½ Lot fein haben, ebenso die 1540 in Ribniz geschlagenen. Dieser Münzfuß aber entsprach durchaus dem lübischen, und offenbar sind dem auch die holsteinischen Doppelschillinge Friedrichs I. (seit 1522 [622]) und Christians III. (1534, 1536 und 1537 [623]) mit Gewichten von 3,8 g gefolgt. In der 1544 neu eröffneten Münzstätte Flensburg sollte ausdrücklich nach lübischem Fuß geprägt werden. Wir kennen Sechslinge aus Flensburg von 1546, später auch andere Sorten, die aber 1567 als minderwertig befunden werden (I s = 9 lüb. pf.). Damals hat auch Stralsund noch einmal Anschluß an den lübischen Münzfuß gesucht und sich vom Herzog Philipp 1538 die Erlaubnis erteilen lassen, Doppelschillinge lübischer Art zu prägen. Sie liegen mit der Jahrzahl 1538 und etwa 3,5 g schwer neben gleichzeitigen sundischen Schillingen vor.

Die Verabredungen von 1537 sahen zum ersten Male auch wieder Sechslinge vor, und zwar 184 Stück aus einer 5½ lötigen Mark (Mark fein zu 16 M. 11½ s). Davon durfte jede Stadt für 800 Mark prägen, Doppelschillinge dagegen nach Belieben. Während Hamburg an der Prägung dieser Münzsorte vor 1553 nicht beteiligt war, hat Lübeck bereits 1528 [625] und dann wieder 1536 damit begonnen und die Prägung 1537 fortgesetzt (Behrens 421-23 [626]). Wismar begann damit ebenfalls 1537/38 (Grimm 489 ff. [627], dann wieder 1543 und 1545). Für die Sechslinge beider Städte ist der oben spitz zulaufende Schild charakteristisch, während die Kreuzseite verschieden ausgestaltet ist. Von Lüneburg gibt es nur einen Sechsling (1/2 Schilling) vom alten Schillingtyp von 1544 (Bode Tf. V, 9, Knyphausen 5093 [628]). Dagegen haben die mecklenburgischen Münzstätten ebenfalls seit 1537 und offensichtlich beeinflußt durch den Münzverein eine sehr reichliche Sechslingprägung entfaltet. Sie führen hier merkwürdigerweise die Bezeichnung "Tornosen" und setzen zwischen 1492 und 1497 in Güstrow unter Magnus und Balthasar ein (zuerst 125, dann 178 aus der 5¼lötigen Mark). Auch in Parchim sind damals Sechslinge geprägt worden. Dann ließen Herzog Albert 1531 und besonders 1537 in Güstrow [631] und Wittenburg [632] sowie Herzog Heinrich 1537138 in Grevesmühlen Sechslinge prägen (K. Pelzer 71/72 und 97-100 [630]), deren Münzfuß wiederum dem des Münzvereins entsprach (184-186 Stück aus der 5½ lötigen Mark). In Ribniz und Güstrow ist die Prägung in den 40 er Jahren fortgesetzt worden (Evers S. 53 f.). Eine Lüneburger Münzprobe von 1540 befand die Sechslinge von Lübeck und Wismar recht gut, nämlich zu 181, die Grevesmühlener zu 188 aus der 5½lötigen Mark. Auch die Rostocker Probe von 1543 stellte fest, daß die lübeckisehen Sechslinge zu 182 Stück 6½lötig waren, die Rostocker gut 5½ Lot fein und sundische Schillinge von 1538 zu 186 Stück ebenfalls 5½lötig. Endlich ersehen wir aus den Aufzeichnungen des Münzmeisters Dietrich Becker, daß Wismar in den Jahren 1547/48 größere Mengen von Sechslingen (für über 400 Mark) geprägt hat, und zwar aus der Mark 46-47 Wurf, d. h. 184-188 Stück. Ein Korn ist nicht angegeben. In Holstein haben sowohl Friedrich I. wie Christian III. seit 1532 eine ziemlich umfangreiche Prägung von Sechslingen veranstaltet und sich dabei im Typ und Münzfuß an die Städte angelehnt (Lange 16, 22 und 23 und Nachträge). Schillinge hat in dieser Zeit nur Lüneburg (1544 [629]) geprägt.

Über die Prägung von Dreilingen sind in dieser Zeit Vereinbarungen unter den Städten nicht getroffen worden. Ganz geruht hat sie indessen nicht. Lüneburg ließ 1542 Stempel für Dreilinge anfertigen. Reichlicher ist diese Münzsorte in Mecklenburg, in den Münzstätten Güstrow und Wittenburg, geprägt worden, so 1528/29 [633] und 1537 [634] (Kat. Pelzer 101-113). Johann Albrecht setzte sie 1549 fort (ebenda 147-153). Die hamburgischen und lübeckischen Burspraken klagen wiederholt über die Minderwertigkeit dieser Münzen, und 1546 sollten sie angeblich wieder eingeschmolzen werden. Diese mecklenburgischen Dreilinge bedeuteten ebenso wie die von Rostock und Stralsund die Fortsetzung der Wittenprägung. Die Ausgabe von ganz kleinen Scheidemünzen ist völlig den einzelnen Städten überlassen geblieben. Ob im 16. Jahrhundert noch Hohlpfennige nach Art derjenigen des 15. Jahrhunderts geprägt worden sind, wird schwer zu entscheiden sein. Wo sie, wie z. B. 1501 und 1505 neben den Blafferten genannt werden, muß wohl an Hohlpfennige gedacht werden. Auch an Lübecks Stellungnahme gegen alle Hohlgeldprägung von 1515 mag erinnert werden. In anderer Form werden uns einseitige Pfennige noch nach der Mitte des Jahrhunderts begegnen. Für den Wert des halben Pfennigs oder Scherfs taucht jetzt zum ersten Male das Kupfer als Münzmetall in unserer Gegend auf. Den Anfang machte Lüneburg, das 1531 Stempeleisen, "dar men de kopperen scherve mede slan scholde" anfertigen ließ. Es waren das zweiseitige Gepräge [635], die auch 1540 vorkommen und ferner mit den Jahreszahlen 1533 [635], 1547, 1551 usw. (Kat. Schellhaß 363; Neumann, Kupfermünzen 8258ff.) bekannt sind. Lübecks Kupferscherfe setzen 1542 ein (B. 547ff. [636]), während Hamburg erst 1574 folgt. (Gaed. 1240, undatierte G. 124rff.). Wismars entsprechende Gepräge sind erst seit 1570 datiert, doch reichen undatierte Stücke offenbar weiter zurück (Grimm 691-702 [6371). Von den mecklenburgischen Herzögen hat sich Ulrich von Güstrow 1570 angeschlossen (Evers S. 234).

• Aufkommen der Taler: Nach der reichlichen Prägung der Doppelschillinge von 1522-30 und der Sechslinge aus den 30er Jahren war im Münzbetriebe der Städte eine neue Stockung eingetreten, die durch die verschiedensten Ursachen bedingt war und seit 1542 von neuem zu eingehenden Beratungen über eine Münzreform führten. Die allgemeine Lage war jetzt die, daß nunmehr die süd- und mitteldeutsche Talerprägung sich auch im Bereiche des wendischen Münzvereins auszuwirken begann. Die Taler wurden einmal genau wie früher die Goldgulden zu hoch bewertet, und außerdem machte sich ein empfindlicher Mangel an Prägesilber bemerkbar, weil die Bergwerksherrn ihre Silberausbeute in großem Umfange selbst vermünzten. Der Preis für das Silber zog infolgedessen an. Dazu kamen die üblichen mehr oder weniger berechtigten Klagen über das Einströmen von minderwertigen Münzen der Nachbarländer, besonders mecklenburgischer und sundischer Sechslinge und Dreilinge. Die Meinung ging jedenfalls dahin, daß der Münzfuß von 1522 und 1537 sich nicht mehr aufrechterhalten ließ. Redlich hat man sich bemüht, von neuem Ordnung in das Münzwesen zubringen und es auf gesunde wirtschaftliche Grundlagen zu stellen. Dabei sahen die verbündeten Städte jetzt davon ab, mit den Fürsten zu verhandeln, zogen aber Rostock und Stralsund erneut zu den Beratungen heran. Man kann nicht sagen, daß die Ergebnisse der von 1542 bis 1546 sich hinziehenden Verhandlungen, die zu weitläufigen Gutachten der Sachverständigen in den Städten geführt haben, besonders fruchtbare gewesen sind. Eine Lockerung des Münzvereins macht sich bereits deutlich bemerkbar. Im allgemeinen einigte man sich dahin, als Scheidemünzen Doppelschillinge und Sechslinge zu prägen, erstere zu 61 bIS 63 Stück aus der 7½lötigen Mark, die Sechslinge wie bisher zu 184 bis 190 Stück und 5½ Lot fein. Freilich äußerten auch gegen diese Vorschläge die Münzmeister Bedenken, ob sie mit einem Prägelohn von 12 s von der Mark auskommen könnten, ganz abgesehen von einem Münzgewinn. Das Korn der Markstücke wurde mit 14½ Lot beibehalten, ohne daß man sich aber mit dieser Münzsorte viel beschäftigt hätte und Lübeck 1545 sogar vorschlug, keine neuen mehr zu prägen. Daß dies nicht geschehen ist, wissen wir aus den oben behandelten Geprägen von 1546-50.

Mehr und mehr aber ist bei den Verhandlungen der Taler in den Vordergrund gerückt. Die Städte und in erster Linie Lübeck konnten sich nicht länger der Einsicht verschließen, daß diese neue Geldsorte der Mark und dem Golde gegenüber die maßgebende zu werden versprach. Die Talerprägung hatte bisher im deutschen Norden wenig Fuß gefaßt, wenn wir von den wenigen frühen und seltenen Geprägen der Erzbischöfe von Bremen (1511, Jungk 105, 151-53.; 1522: J. 191/92), Schwedens (1516 und 1518) und Friedrichs von Holstein-Dänemark in Husum (1522, Lange 12) absehen. Lübecks erste talerartige Prägung (vgl. Anm. 525) war ein Silberguldener von 1528 zu rund 22 g (B. 81-83 [638]), sowie aus dem gleichen Jahre ein typengleiches schwereres Stück (B. 87) und ein halber Taler zu 15 g (B. 199). Im Jahre 1537 folgten die nach dem Beizeichen des Bürgermeisters Nikolaus Brömse, Wullenwevers erbitterten aber nunmehr siegreichen Gegners, sogenannte Brömsentaler (B. 88-90 [639]), bis 1544 die Talergepräge mit dem Münzbilde des Täufers Johannes einsetzten (B. 91ff.). In Mecklenburg haben zuerst Magnus und Balthasar 1502 einen als Dickstück zu 68 g erhaltenen "Grossus novus" (Madai 3815) [643], dann Albert 1527 einen viertel Taler geprägt [644]. Dann begannen Herzog Heinrich 1540 in Grevesmühlen und Albert 1542/43 in Gadebusch in ziemlichem Umfange ganze, halbe und viertel Taler zu prägen. Der erste Taler der Stadt Bremen datiert von 1542 (Jungk 433). Im niedersächsischen Gebiet begann Herzog Erich von Braunschweig-Calenberg 1543 (Fiala 16) und die Stadt Braunschweig 1543. Herzog Heinrich d. J. von Wolferibüttel prägte bereits seit 1531 Taler. Die drei verbündeten Hansestädte Hamburg, Wismar und Lüneburg hielten sich vorläufig noch zurück, doch war es nur eine Frage der Zeit, daß auch sie zur Talerprägung übergingen. Freilich ist der Taler niemals zu einer offiziellen Münze des Münzvereins geworden, aber man hat sich doch bereits 1545/46 über den Münzfuß verständigt, und zwar in Anlehnung an den sächsischen Taler auf 8 Stück aus der 14¼ Lot feinen Mark. In lübischer Währung sollte er 30 s gelten, doch ist der Kurs im Verkehr bald auf 31 s gestiegen, während die Bewertung mit 24 meißnischen Groschen nur 28 s 7 Pf. lüb. entsprochen hätte. Darauf haben nun auch Lüneburg 1546 (Knyphausen 5043 [640]) und Wismar 1547 (Grimm 27 [641]) mit der Talerprägung begonnen und Lübeck 1546 die seine auch mit halben und viertel Talern lebhaft fortgesetzt (B. 92/93, 200 und 243). Nur Hamburg hielt sich auch weiter zurück und begann erst 1553 mit der Prägung seiner Madonnen-Taler (Gaed. 285 ff. [642]). Neben den Talern hat auf Grund offenbar der Verhandlungen von 1544-46) auch die Markprägung 1546-50 wieder eingesetzt, ohne daß aber das Markstück ein festes Verhältnis zum Taler hatte. Auch mit der .Bewertung der immer noch in erheblichem Umfange umlaufenden Goldmünzen hat man sich erneut beschäftigt. Der rheinische Gulden zu 72 Stück aus der Mark wurde auf 2 Mark oder 32 s, also höher als der Taler, festgesetzt. Daneben liefen weiter gestempelte rheinische Gulden um, die 34-35 s galten und in denen wir die älteren guten Gulden zu 68 aus der Mark sehen müssen. Die schlechteren niederländischen Sorten von Geldern, Friesland, Campen, Deventer und Zwolle wurden mit 24 s valviert, die Postulatsgulden mit 16 s. Außerdem waren verschiedene französische und dann vor allem spanische und portugiesische große Goldmünzen im Verkehr, darunter auch die später von Hamburg und einigen anderen norddeutschen Münzständen übernommenen "Portugalöser" zu 10 Dukaten und aus 23½ karätigen Gold, die mit 28-30 Mark bewertet, aber doch mehr als "scovepenninck" angesehen wurden (1545).

Die eigene Goldprägung der Städte hat während dieser Zeit der beginnenden Großsilberprägung begreiflicherweise so gut wie ganz geruht. Vereinzelt kommen Lüneburger Goldgulden vor von 1532, 1548 [548] (Kat. S. Rosenberg XXV Nr. 6425), dann 1562 und 1568. In Hamburg setzte sie nach langer Pause erst 1553 [544] (dann 1561 und 1566) wieder ein (Gaed.268 ff.), die Dukatenprägung erst 1575 (G. 89). Lübeck, dessen Dukatenprägung in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine sehr schwache war, hat 1583 begonnen, Goldgulden nach rheinischem Fuß zu prägen (B. 551 ff.), und von Wismar endlich gibt es aus dieser Zeit nur einen Goldgulden von 1558 [549].

Schwer zu entscheiden ist es, ob die Prägung von kleineren Münzsorten durch die Beschlüsse von 1545/46 beeinflußt ist. Auffallend ist vor allem ein Lübecker Sechsling mit dem Wappen der drei verbündeten Städte auf der Rückseite von 1550 (B. 425 [653]), zu dem aber entsprechende Stücke aus den anderen Städten nicht bekannt sind. Neben der wismarschen Mark von 1550 ist dies das letzte hansische Gemeinschaftsgepräge. Die nächstfolgenden Sechslinge Lübecks von 1552, 1557 und 1559 (B. 426-428 [654]) zeigen wieder das alte Gepräge von 1536/37, undatierte Sechslinge werden zwischen 1549 und 1554 angesetzt (B. 424 [652]), ebenso entsprechende Dreilinge (B. 467-469 [655J). Lübeckische Doppelschillinge gibt es von 1550, 1554 [648] und mit verändertem Gepräge von 1563 [649] (B. 360-362).Wismars Sechslinge beginnen wieder 1553 (Grimm 499 ff. [659]), die Schillinge 1555 (Gr. 376 ff. [658]) und Doppelschillinge erst 1563 (Gr. 219 ff. [651]). Dreilinge haben wir von 1558 [660] und 1560 (Gr. 567-571). Für Hamburg ist das Jahr 1553 auch der Beginn einer umfangreichen Prägung von Doppelschillingen [661], Schillingen [662] und Sechslingen [662], denen 1557-59 1- und 2-Pfennigstücke [664. 665} folgen (Gaed. 1232-39). Aus Lüneburg gibt es von Schillingen die Jahrgänge 1554, 1558 [668] und 1562, Doppelschillinge von 1558 [666] und 1562 [667] und Sechslinge von 1558 [6691 und 1561.

Über den Münzfuß, haben wir nur sehr spärliche Nachrichten. Eine Münzprobe in Braunschweig vom November 1554 stellt fest, daß 120 lübische Schillinge aus einer 6¼ lotigen Mark geprägt wären. Dementsprechend befand eine lüneburgische Münzprobe von 1556 lübeckische Doppelschillinge zu 60 Stück aus der 9¼ Lot und ½ Quentchen feinen Mark und lübeckische Sechslinge zu 180 Stück und 5¾ lötig. Hinzugefügt wurde aber, daß man letztere "darup nicht wol munten kann". Demgegenüber wird berichtet, daß Hamburg 1557 66 Doppelschillinge aus der 7 Lot 1 Grän feinen Mark schlug, während die Stadt im April 1560 an Bremen den Münzfuß der wendischen Städte folgendermaßen mitteilte: Doppelschillinge zu 64 Stück 7¼ lötig, Schillinge zu II5 Stück 6½ lötig. Endlich soll Wismar 1560 Schillinge gemünzt haben, 120 aus der 6 Lot 1¼ Grän feinen Mark, die Mark fein demnach zu 19 Mark 1 Pfennig bei einem Silberpreis von 17 Mark 4 s. Ein Schilling dieses Jahrgangs ist nicht bekannt, aber wir wissen z. B. auch aus Hamburg, daß hier die Jahrzahl 1553 längere Zeit, bis 1566, beibehalten worden ist und wohl die Datierung des Münzfußes bedeutet. Wie der Münzfuß des städtischen Geldes 1566 war, erfahren wir aus den Probationen der niedersächsischen Kreisbeamten. Danach wurden die hamburgischen Doppelschillinge und Schillinge ausgebracht zu 68 oder 128½ Stück, 7 Lot 4½ Gr. oder 6 L. 8 Gr. fein, lüneburgische Doppelschillinge zu 67, 7 L. 4 Gr. fein und wismarsche zu 66, 6 L. 16 Gr. fein. Nicht schlechter waren die Grevesmühlener Doppelschillinge Herzog Ulrichs, und auch Rostock, das die Beamten nicht zur Probe zuließ, behauptete, Doppelschillinge wie Lübeck zu prägen.

Alle diese Tatsachen lassen soviel erkennen, daß von einer festen und bindenden Ordnung innerhalb des wendischen Münzvereins keine Rede mehr sein konnte. Es war so recht eine Zeit des Übergangs, wo die alten im 14. Jahrhundert begründeten Verhältnisse überlebt und die neuen noch nicht völlig zur Reife gelangt waren. Auch die politischen Dinge, die sinkende Macht der Hanse und das schon angedeutete Emporkommen der fürstlichen Gewalten haben dabei eine Rolle gespielt. Noch haben die Städte freilich versucht, die alte Tradition ihres Münzbundes aufrechtzuhalten. Wir wissen, daß 1554 in Mölln wieder ein Münztag stattgefunden hat. An ihm nahmen außer dem Rostocker auch wieder die fürstlichen Münzmeister von Flensburg und Gadebusch teil. Die Beschlüsse, nach lübischem Schrot und Korn zu prägen und die Mark Silbers nicht höher als mit 17 Mark zu bezahlen sowie den Taler mit 31 s 4 Pfennigen zu bewerten, waren ziemlich nichtssagend und ohne praktische Bedeutung. Im Oktober 1558 hat dann abermals ein Münztag der vier Städte stattgefunden, und zwar in Wismar und wiederum unter Beteiligung fürstlicher Münzstände. Die mecklenburgischen Herzöge Johann Albrecht und Ulrich waren sogar in eigener Person anwesend, die pommerschen ließen sich durch ihre Räte vertreten. Aber der Versuch der Mecklenburger, die Städte für einen Münzverein zu gewinnen, hatte keinen Erfolg. Vor allem handelte es sich in Wismar aber bereits um eine Frage, die nunmehr für die letzten Jahre und den Ausgang des Münzvereins entscheidend werden sollte, nämlich die Stellungnahme zu den Münzreformbestrebungen von Reichs wegen, an denen begreiflicherweise nicht nur der Münzverein, sondern alle Münzstände aufs höchste interessiert waren.

• Reichsmünzordnungen: Es kann hier natürlich nicht der Ort sein, die Geschichte dieser ein halbes Jahrhundert umspannenden Reformbestrebungen im einzelnen zu verfolgen. Der Gedanke zu einem Eingreifen des Reiches in die Münzverhältnisse war an sich kein neuer, aber im Zusammenhang mit den Reformen in der Verfassung und Verwaltung des Reiches zur Zeit Maximilians I. nahm er zum ersten Male feste und greifbare Formen an. Sein Ziel ging letzten Endes dahin, an Stelle der immer unerträglicher werdenden Münzzersplitterung, wie wir sie ja auch in unserer Darstellung zur Genüge kennen gelernt haben, im ganzen Reiche ein einheitliches Münzwesen zu begründen. Nach langen Verhandlungen unter den Ständen des Reiches fanden diese Bestrebungen ihren ersten reichsgesetzlichen Niederschlag in der am 10. November 1524 zu Eßlingen publizierten Reichsmünzordnung, die sich auf der neuen großen Silbermünze, dem jetzt "Guldener" genannten Guldengroschen oder Taler aufbaute. Bei den Gegensätzen aber, die auf politischem wie religiösem Gebiete damals im Reiche und unter den Reichsständen und zum Kaiser herrschten, war ein Erfolg von vornherein sehr fraglich. Er wurde noch mehr in Frage gestellt dadurch, daß die Reichsmünzordnung für die neue oberste Währungsmünze, eben den Taler, einen anderen Münzfuß einzuführen beschloß, als er sich bei den wichtigsten Silber produzierenden Münzständen, vor allem in Kursachsen, bereits praktisch durchgesetzt hatte. Nur ganz wenige Münzstände haben sich deshalb auch vorübergehend, danach gerichtet, und der Kaiser selbst hat das Gesetz bald durch Sonderbestimmungen für seine österreichischen Erblande durchbrochen. Nach diesem deutlichen Mißerfolg hat man während des vierten und fünften Jahrzehnts erneut verhandelt. Das endliche Resultat war die neue Reichsmünzordnung, die 1551 in Augsburg verabschiedet wurde. Da man hierin aber den Münzfuß des Silberguldens, dessen Wert dem des Goldguldens entsprach, sogar erhöht hatte (7½ Stück aus der 14 Lot 2 Grän feinen Mark, 1 Stück rauh 31,18 g, fein 27,5), war die Aussicht noch geringer geworden, mit den sächsischen und niedersächsischen Münzherren eine Einigung zu erzielen. Ihr Taler blieb vielmehr bei dem alten Fuß von 8 Stück aus der 14 Lot 8 Grän feinen Mark (rauh 29,23 g, fein 26,39 g). Diesem Talerfuß folgte durch Beschluß von 1555 auch die Mehrzahl der niedersächsischen Münzstände mit einer Unterteilung des Talers in 24 meißnische oder 36 Mariengroschen. Nur Herzog Heinrich d. J. von Wolfenbüttel hat vorübergehend nach der Reichsordnung von 1551 geprägt, die im ganzen aber nur von etwa 10 Reichsständen befolgt worden ist. In einem Punkte freilich kam die neue Ordnung den Ständen entgegen, durchbrach aber damit zugleich auch in verhängnisvoller Weise die angestrebte Einheit an der Wurzel. Sie hielt nämlich nicht mehr wie das Gesetz von 1524 an der Vereinheitlichung auch aller kleineren Münznominale fest, sondern ließ in weitgehendem Maße die bisherigen wichtigsten Landesmünzsorten als gültig zu. Dazu zählten nach dem Befunde des Nürnberger Valvationstages auch die lübischen Schillinge (24 Stück = 60 Kreuzer) und Sechslinge sowie die den letzteren entsprechenden sundischen Schillinge, ferner Dreilinge = den sundischen Witten und endlich die Pfennige. Man fand die lübischen Schillinge ausgebracht zu 109½ Stück und 7 Lot fein, die sundischen Schillinge zu 173 Stück und 5 Lot 9 Gr. fein, Dreilinge oder sundische Witten zu 318 Stück 5lötig. Die Markstücke des Münzvereins wurden zwar nicht offiziell anerkannt, aber auf 46 Kr. festgesetzt (12 Stück aus der 14 Lot 8 Gr. feinen Mark). Die bisher geschlagenen lübeckischen und lüneburgischen Taler fand man ebenso wie die Taler Johann Albrechts von Mecklenburg 14lötig und zu 8 Stück aus der Mark ausgebracht (= 68 Kr.), die Goldgulden vollgültig (= 72 Kr.), die hamburgischen und lübeckischen Dukaten 23 Karat 4 Grän fein. Dagegen wurde festgestellt, daß die mecklenburgischen ganzen, halben und viertel Taler Alberts aus Gadebusch minderwertig, nämlich nur zu 9 Stück aus der 12 Lot 14 Grän feinen Mark geprägt seien. Sie wurden mit 53,26 und 10½ Kr. bewertet, ihre weitere Prägung aber verboten.

Man sieht nicht, daß die ersten beiden Reichsmünzordnungen auf die wendischen Städte und die benachbarten Münzherren irgendeinen Eindruck gemacht haben. An den Verhandlungen beteiligt war keiner von ihnen. Sie spielten sich fast ausschließlich unter den süddeutschen Münzständen ab. Erst später, auf dem Speyerer Münztage von 1557, haben pommersche Abgesandte eine gewisse Rolle gespielt. Freilich erscheinen auf lübeckischen undatierten Schillingen, Sechslingen und Dreilingen der Zeit zwischen 1549 und 1554 der gekrönte Doppeladler und die Wertzahlen 12 bzw. 6 und 3 (B. 403, 424 und 467 [651.652.655]). Dazu gehört ein Pfennig von 1568 mit Reichsapfel und Wertzahl 1 (B. 543 [656]). Zum ersten Male erwähnt finden wir die Reichsmünzordnung im Bereiche des Münzvereins 1549, 3.ls Herzog Heinrich von Mecklenburg den Städten vorhielt, daß ihre Markstücke gegen die Reichsordnung verstießen. Von einer Stellungnahme aber dazu ist erst auf der Wismarer Tagung von 1558 die Rede gewesen, an der, wie wir sahen, auch pommersche Räte teilnahmen und ihre Speyerer Erfahrungen hier verwertet haben mögen. Die in Wismar gefaßten Beschlüsse kamen der Reichsordnung keineswegs entgegen. Man einigte sich auf einen Taler zu 28 s und zu 8 Stück aus der 14¼ Lot (= 4½ Grän) oder wenigstens 14 L. ½ Qu. (= 2¼ Grän) feinen Mark. Damit blieb man noch unter dem sächsischen Talerfuß (14 L. 8 Gr.), verhieß aber, nach Ablauf von zwei Jahren sich diesem ganz anzuschließen. Außerdem sollten Goldgulden und Markstücke nach ihrem Wert in Umlauf bleiben.

Inzwischen hatten neue Verhandlungen zu der Augsburger Reichsmünzordnung von 1559 geführt. Hierin war zunächst der schwere Silberguldener von 1551 und die Gleichsetzung mit dem Goldgulden als unhaltbar aufgegeben und ein neuer leichterer "Reichsguldener" zu 60 Kreuzern beschlossen, 9½ Stück aus einer 14 Lot 16 Grän feinen Mark (rauh 24,62 g, fein 22,91). Die 1551 zugelassenen Landesmünzen blieben auch weiter in Geltung, doch sollte die Einheitlichkeit einer Reichsmünze auf den Talern und seinen Unterteilungen durch den Reichsadler und den Namen des Kaisers betont und außerdem durch entsprechende Wertzahlen das Verhältnis der Landesmünzen zum Taler ausgedrückt werden. Dabei war der lübische Schilling mit 28 Stück auf den Taler, der sundische mit 48 Stück bewertet. Neben dem Reichsguldener wurden nun auch die Goldgulden und Dukaten zu einem bestimmten Münzfuß für Reichsmünzen erklärt und ersterer mit 75 Kreuzern (72 Stück aus der 18 Karat 6 Grän feinen Mark, rauh 3,25 g, fein 2,48), der Dukat mit 104 Kr. (67 aus der 23⅔karät. Mark, rauh 3,49 g, fein 3,44) bewertet.

Auch diese neue Ordnung war nicht geeignet die sächsischen und niedersächsischen Münzherren von ihrem alten Taler abzubringen. Nur das Reichsgepräge mit dem Doppeladler und Kaisernamen auf der Rückseite wurde von einigen angenommen. Auch die wendischen Städte, die sich 1560 mit der neuen Reichsordnung befaßten, hatten große Bedenken und instruierten in dem Sinne den lübeckischen Abgeordneten zu den Verhandlungen mit den übrigen niedersächsischen Kreisständen. Man verlangte erhebliche Änderungen vor allem im Münzfuß, anderenfalls die Städte bei ihren alten Münzen bleiben wollten. Den wirklichen Verhältnissen in verständiger Weise Rechnung tragend, erließ endlich Kaiser Maximilian II. 1566 den Augsburger Münzabschied, der nun auch den alten Taler zu einem wenig veränderten Münzfuß (8 Stück, 14 Lot 4 Grän fein zu 29,23 bzw. 25,98 g) zu 68 Kr. gestattete. Als nach einigem Zögern auch Kursachsen als der wichtigste in Frage kommende Münzstand sich dieser Verordnung angeschlossen hatte, war damit wenigstens ein gewisser Abschluß der Reform erreicht, deren Ergebnis man nicht unterschätzen sollte. Soweit man auch von einer wirklichen Münzeinheit im ganzen Reiche entfernt war und verschiedene Münzstände, voran der Kaiser selbst, bald wieder eigene Wege gingen und vor allem in der wichtigen Frage der Scheidemünze eine befriedigende Einigung durchaus nicht erzielt war, war mit dem Reichstaler trotzdem eine bleibende oberste Einheit und Norm geschaffen. Dazu kam die Einteilung des Reiches in Münzkreise, die in den Kreistagen, Probationen usw. Organe besaßen, die im gegebenen Falle eingreifen und den schlimmsten Auswüchsen steuern konnten. Wenn alle diese Einrichtungen ihre Aufgabe letzten Endes doch nicht haben erfüllen können und das deutsche Münzelend sich noch weiter fortgeschleppt hat, so lag das in den allgemeinen politischen Verhältnissen Deutschlands begründet.

• Niedersächsischer Münzkreis: Mit dem Einsetzen der Tätigkeit des niedersächsischen Münzkreises, der auch für das Gebiet des wendischen Münzvereins zuständig war, nähern wir uns der letzten Phase seines Bestehens. Durch die Einführung der Reichsmünzordnung und der Münzkreisverfassung war die Rolle der mittelalterlichen Münzvereine, soweit sie überhaupt noch bestanden (s. Kap. I), ausgespielt. Ihre Funktionen gingen von selbst auf die Kreise über, die mit münzpolizeilichen Befugnissen versehen waren und sie durch die bestellten Kreismünzmeister und -wardeine, regelmäßige Probationen usw. ausüben konnten, alles Dinge und Organe, die bisher Aufgabe der Münzvereine gewesen waren. Erst nach dem Versagen dieser Organisationen haben sich unter wesentlich veränderten politischen Verhältnissen und auf ganz anderen Grundlagen seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts neue Münzvereinigungen gebildet, die dann bis ins 19. Jahrhundert hineinreichen.

Schon die Reichsmünzordnung von 1524 hatte für die Handhabung des Münzwesens eine Kreiseinteilung des Reiches im Anschluß an die Landfriedenskreise von 1512 vorgesehen, aber für die Zwecke der Münzverwaltung nur sechs, nämlich einen fränkischen, bayerischen, schwä bischen, oberrheinischen, niederrheinischen und sächsischen Kreis. Diese auf eine straffere Zentralisation berechnete und der bisherigen landschaftlichen Entwicklung wenig entsprechende Einteilung hat eine praktische Durchführung nicht erfahren. Auch nachdem die Probationsordnungen von 1551 und 1559 eine neue Teilung nunmehr in zehn Kreise, darunter einen rheinischen, westfälischen, ober- und niedersächsischen Kreis, vorgenommen hatten, blieb diese Regelung auf dem Papier. Erst die Auswirkungen des Münzedikts von 1566 haben dazu geführt, daß die vorgesehenen Kreise sich zu konstituieren begannen. Für den niedersächsischen Kreis geschah das auf dem Kreisdeputationstag (Ausschoßtag) zu Lüneburg vom 7. bis 11. Januar 1567, wo man sich ganz allgemein über die im Kreis erlaubten Münzsorten und ihren Münzfuß einigte. Für die wendischen Städte kamen außer dem Taler und seinen Unterteilungen bis zum 1/4 Taler Doppelschillinge, Schillinge, Sechslinge, Dreilinge, Pfennige und Scherfe in Betracht. Man sah für die ersten vier Sorten eine Ausschrotung zu 61½, 106, 177 und 219 Stück sowie ein Korn von 7, 6, 5 und 4 Lot vor. Schon hier in Lüneburg hat Lübeck versucht, auch die Markstücke zur Anerkennung zu bringen, ohne damit aber Erfolg zu haben, ebensowenig wie Bremen mit seinen Groten.

Am 17. Februar haben die vier Städte auf einer Tagung in Mölln bereits zu den Lüneburger Vorschlägen, die den nächsten Kreistag beschäftigen sollten, Stellung genommen. Es ergaben sich mancherlei Bedenken, z. B. gegen den zu hohen Münzfuß der kleineren Nominale, der bei dem vorgeschriebenen Silberpreis zu einer unterwertigen Ausprägung führen müßte, Unbedingt wollten die Städte ferner an ihren Markgeprägen und an ihrem Kurantgulden (zu 24 lüb. s, 7 Stück = 6 Reichsgulden) festhalten und endlich sich einer Beschränkung der Münzstätten auf zwei im ganzen Kreise widersetzen. Jedenfalls verlangte Lübeck als diesseits der Elbe Münzstätte zu bleiben. In allen diesen Fragen war man entschlossen, gemeinsam vorzugehen. Ein nennenswerter Erfolg ist in den Verhandlungen der nächsten Jahre, die zum Abschluß und Annahme einer Münzordnung, einer Probationsordnung und einer Valvation des Kreises vom 31. Januar 1568 und endlich zu einer Kreismünzordnung von 1572 geführt haben, nicht erzielt worden. Es zeigte sich doch jetzt deutlich, daß man nur ein Teil des Kreises war. Unter den Kreisständen überwog das fürstliche Element und namentlich der Einfluß der welfischen Herzöge der verschiedenen braunschweig-lüneburgischen Linien. Von den jährlichen Probationstagen sollte der eine in Braunschweig, der andere in Lüneburg stattfinden, so daß wenigstens ein Mitglied des alten wendischen Münzvereins in der Geschichte des Kreises eine gewisse Rolle gespielt hat.

Der Lüneburger Kreistag hat im März 1567 die Bedenken der wendischen Städte an den Kaiser weitergegeben, aber bei den Beratungen über die Münz- und Probierordnung und die Valvation von 1568, an denen lüneburgische und lübeckische, aber keine hamburgischen Sachverständigen sich beteiligten, ist die Anerkennung der Markstücke abermals abgelehnt worden. Noch einmal, am 7. Februar 1569, sind die vier Städte in Lübeck zusammengetreten, um zu den Beschlüssen des Kreistages von 1568 Stellung zu nehmen. Es kam im wesentlichen auf eine Annahme der Kreisbeschlüsse hinaus, nachdem Lübeck und Lüneburg bereits durch ihre Talerprägung von 1568 mit den der lüneburgischen Valvation entsprechenden Wertzahlen 27.6, d. h. 27 lüb. ß und 6 Pfennige, den Kreisbeschlüssen Rechnung getragen hatten [646. 647]. Zwar haben die Städte nochmals versucht, ihre Mark aufrechtzuerhalten. Besonders Hamburg zeigte sich stark daran interessiert, weil hier der Verkehr sich durchweg auf der Grundlage der Mark vollzog. Eine daraufhin eingeleitete neue Vorstellung beim Kaiser hatte keinen besseren Erfolg. So war das Schicksal der Markgepräge besiegelt, aber deshalb ist die Rechnung nach Mark keineswegs aufgegeben worden und im 17. .Jahrhundert die Schaffung eines Kurantgeldes auf der Grundlage einer Mark zu 16 s = 1/3 Taler neu belebt. Das neue deutsche Reich hat 1871 die Münzeinheit der Mark aus dem Kreise der Hansestädte übernommen.

• Letzter wendische Münztag: Der Münztag vom 7. Februar 1569 ist offenbar der letzte des wendischen Münzvereins gewesen. Eine formelle Auflösung ist nicht erfolgt, aber indem man die Kreisordnungen für das Münzwesen von 1568 und 1572 annahm und nach ihren Bestimmungen münzte, war der Bund von selbst gegenstandslos geworden. Die Bedenken gegen die Beschränkung der Zahl der Münzstätten erledigten sich durch den Beschluß des Kreistages von 1572, der auf Grund eines Reichstagsabschiedes von 1570 Lübeck und Hamburg ausdrücklich als Münzstätten anerkannte. Einige Schwierigkeiten machte noch die vom Reiche wie vom Kreise vorgeschriebene Einführung der "Reckebank", einer maschinellen Einrichtung, die eine gleichmäßige Ausschrotung bewirken sollte. Sie wurde deshalb von den Münzarbeitern lebhaft bekämpft. Endlich erklärten sich die Städte aber auch damit einverstanden. Ferner blieben eine große Reihe der bisherigen Münzsorten auch weiter im Umlauf, worum die sechs wendischen Städte im April 1569 den Kreistag erneut ersucht hatten. An der Aufstellung einer am 24. Mai 1571 in Lüneburg verabschiedeten Münzprobation, die dann in die Münzordnung von 1572 übergegangen ist, haben sich neben den Münzbeamten von Lübeck und Lüneburg auch die von Hamburg und Rostock beteiligt. In der 1572 gedruckten und mit Abbildungen versehenen Valvation des Kreises finden sich von den älteren Talern der Städte die lübeckischen von 1559 und die hamburgischen von 1553 mit 30 s 5 ₰, die lüneburgischen von 1546 mit 30 s 10 ₰, die wismarischen von 1552 mit 30 s 5 ₰ und die Rostocker von 1563 mit 30 s bewertet. Auch die mecklenburgischen Taler von Herzog Albert (1542/43), Ulrich (1556) und Johann Albrecht (1549) gehörten zu diesen etwas leichteren Talern. Die alten lübeckischen Doppelschillinge von 1522 galten jetzt 2 s 1 Heller, die späteren von 1536 1 s 9 ₰, die hamburgischen von 1566, die von Wismar 1536 und Lüneburg 1562 1 s 10 ₰. Von den Schillingen waren die lübeckischen, die hamburgischen von 1553 und die wismarischen von 1556 auf 10 ₰, die lüneburgischen von 1562 auf 11 ₰ herabgesetzt, die Sechslinge (Lübeck 1537, Hamburg 1553, Lüneburg 1544, Wismar 1555, Rostock und Stralsund 1538) im allgemeinen auf 5 ₰.

Der nun für die nächsten Jahrzehnte entscheidende und maßgebende Lüneburger Kreisabschied vom 26. April 1572 bestimmte für die Münzen lübischer Währung folgenden Münzfuß:
Doppelschillinge  114 Stück aus der Mark  12 Lot13½ Grän
Schillinge145   "8 Lot
Sechslinge187½ "5 Lot2½ Grän
Dreilinge232 "3 Lot3 Grän
Pfennige654 "2 Lot15½ Grän
Auf den Taler gingen 32 Schillinge, in den anderen niedersächsischen Gebieten 24 Groschen oder 36 Mariengroschen. Erst im 17. Jahrhundert stieg der Reichstaler auf 48 Schillinge.

Die nach 1572 und bereits mit dieser Jahrzahl geprägten Münzen der wendischen Städte tragen fortan auf der Rückseite den Doppeladler des Reiches, den Lübeck zwar schon vordem, aber in seiner Eigenschaft als Reichsstadt als Münzbild gewählt hatte. In der Umschrift erscheint der Name des Kaisers und auf der Brust des Adlers bei den größeren Nominalen die Anzahl der Schillinge, die ihren Wert ausmachen, beim Taler also 32, bei den 1/2, 1/4 und 1/8 Taler entsprechende Zahlen. Die Doppelschillinge, Schillinge, Sechslinge und Dreilinge weisen die Wertzahlen 16, 32, 64 und 128 (= 1 Taler) auf, und zwar bis auf die Doppelschillinge, die den Doppeladler führen, in einem einfachen Reichsapfel. Die ersten von Hamburg und Lübeck nach 1572 geprägten Pfennige sind einseitig und zeigen zwei Schildchen mit Reichsapfel und Stadtwappen, darüber N S P (Neuer Stadt Pfennig). Hamburgs nur kurze Zeit geprägte Pfennige sind undatiert (Gaedechens 1408/09), von Lübeck kommen sie mit den Jahrzahlen 1574 und 1582 vor (B. 545/46). Die kupfernen Scherfe tragen kein Reichssymbol. Von Lübeck gibt es außerdem zweiseitige Pfennige von 1573 und 1575 ohne Reichssymbole (B. 544 a/b).

Die Tätigkeit des Münzvereins der vier wendischen Städte, die durch 3 Jahrhunderte das norddeutsche Münzwesen maßgebend beeinflußt hatte, war damit erloschen. Seine Nachwirkungen aber reichen weiter. Die Rechnung nach hamburgisch-lübischen Schillingen und Mark ist auch im Rahmen der Reichs- und Kreisordnungen lebendig geblieben, auch in Mecklenburg, Holstein und Pommern wie in Lüneburg. Hamburg und Lübeck aber haben ihre alten engen Beziehungen auch weiter aufrechterhalten und zur Kipperzeit sogar noch einmal ein Gemeinschaftsgepräge (Doppelschilling von 1619) ausgehen lassen. Als Hamburg im 17. Jahrhundert die Mark als Kurantgeld zu 16 s wieder erstehen ließ und Doppelmark, Mark, 8- und 4-Schilling Stücke neben dem Reichs- oder Bancotaler, nunmehr zu 48 s, und seinen Unterteilungen prägte, hat Lübeck sich angeschlossen und nach 1725 auch den neuen hamburgischen Münzfuß, den 34-Markfuß = 11⅓-Talerfuß, angenommen, der in bei den Städten bis zum Erlöschen der selbständigen Prägung in Geltung geblieben und sich auch über Mecklenburg ausgedehnt hat. Hamburgs Taler reichen bis 1763, das Kurantgeld bis 1813, die Dukatenprägung bis 1871 und die kleine Münze bis 1862. Lübeck hat den letzten Taler 1776, Schillinge bis 1789, Doppelmark bis 1797 und Dukaten bis 1801 geschlagen. Dem deutschen Münzverein von 1838 und dem preußischen 14-Talerfuß haben beide Hansestädte sich nicht angeschlossen. In das neue Reich ist die hamburgische Münze als Münzstätte J übernommen. Wismar hat sein Münzrecht nicht lange über den Beginn der schwedischen Herrschaft (1648) hinaus ausgeübt. Seine Silbermünzen reichen bis 1695, und nur Kupfergeld hat die Stadt auswärts bis 1854 schlagen lassen. Auch Rostocks Kupfermünzen reichen bis tief ins 19. Jahrhundert (1864), während Gold zuletzt 1796, Silber 1750, beides aber in großen Zwischenräumen, gemünzt worden ist. Ein früheres Ende hat wie in den meisten welfischen Landstädten Lüneburgs eigene Münzung gefunden. Sie ist im wesentlichen schon im 17. Jahrhundert erloschen. Nur ein 2/3 Taler (Gulden) von 1702 und Kupfergeld bis 1745 reichen ins 18. Jahrhundert hinein. Von den beiden ehemaligen pommerschen Mitgliedern des Münzvereins hat Greifswald 1524 und noch einmal 1629 vergeblich versucht, sein Münzrecht wieder zur Geltung zu bringen. Stralsund dagegen hat seine städtische Prägung auch in schwedischer Zeit fortgesetzt, und zwar bis 1708 sowie noch einmal 1763.



Sechstes Kapitel
Die Organisation des wendischen Münzvereins.

Die Organisation des Münzvereins war entsprechend der des Hansebundes selbst der Form nach zunächst eine sehr lockere. Erst in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, deutlich erkennbar in den Rezessen von 1439 und 1441, nehmen die Satzungen des Münzbundes festere Formen an, nachdem auch die Hanse selbst durch die Statuten von 1417/18 eine stärkere formelle Festigung erfahren hatte. Mit dem formellen Ausbau der Organisation steht es aber nicht in Widerspruch, wenn der Münzverein bereits bald nach seiner Begründung eine recht hohe Stufe einer erfolgreichen Wirksamkeit erreicht hat. Zwischen der Hanse und dem wendischen Münzverein bestanden keine unmittelbaren Beziehungen. Die Zusammenfassung aller Hansestädte zu einem großen Münzbezirk war zur Zeit der Begründung des wendischen Münzbundes und bereits viel früher unmöglich. Schon im 13. Jahrhundert waren die Münzverhältnisse etwa im Rheinland und Westfalen bis zur Weser, dann an der Niedereibe, im alten Niedersachsen zwischen Harz und Elbe und endlich im preußischen Osten so sehr auseinander gegangen, daß nur noch Zusammenfassungen von der Ausdehnung, wie sie der wendische Münzverein erreicht hat, möglich und haltbar waren. Die Hanse als solche hat sich mit Münzfragen immer nur dann beschäftigt, wenn es sich um die Wahrung von gesamthansischen Interessen, also in erster Linie um die Münzverhältnisse im Ausland, und hier wiederum vor allem in Schonen und Flandern, handelte. Gegen dänische und flandrisch-burgundische Münzordnungen hat die Hanse wiederholt Stellung genommen. In den Statuten der Hanse von 1417/18 finden sich freilich auch einige Bestimmungen über Münzangelegenheiten, aber es handelt sich um ganz allgemeine münzpolizeiliche Vorschriften, wobei allerdings auf den Schutz des Geldes der Städte, "de tosamende den slach holden", also des wendischen Münzvereins, besonders Bezug genommen ist. Die Vormachtstellung Lübecks und der wendischen Städte innerhalb der Hanse kam darin zum Ausdruck. Im übrigen sind naturgemäß die Beschlüsse des Münzvereins sehr häufig im Anschluß an die Hansetage oder später gelegentlich der wendischen Städtetage, oft aber auch an anderen Orten, so besonders in Mölln auf dem Wege zwischen Hamburg und Lübeck, verhandelt worden.

Der Münzverein hat seine Abmachungen in der Form von Verträgen und Rezessen niedergelegt. Nicht alle Münzrezesse, wie sie uns vorliegen, sind als der Niederschlag endgültiger und abschließender Beschlüsse anzusehen. Sie stellen vielmehr oft neue Verhandlungen oder die entscheidende Stellungnahme der einzelnen Städte in Aussicht, wie 1410, 1424, 1450, 1461, 1463, 1467, 1492 und 1501. Der auch in allgemein hansischen Angelegenheiten vielfach übliche Vorbehalt der Ratssendeboten, das "torugge bringen", hat auch die Verhandlungen und Entscheidungen des Münzvereins oft arg verzögert. Viele Urkunden müssen deshalb als Entwürfe und Vorschläge gewertet werden, die nicht immer, wie 1424/25 und 1492, die Zustimmung aller Städte gefunden haben. Der Rezeß von 1492 z. B. ist in einer besonderen Urkunde von Hamburg und Lübeck ausdrücklich bestätigt und angenommen worden. Oft ist dann freilich der Text des Entwurfes ziemlich wörtlich in die endgültige Fassung übergegangen, wie 1410/11, 1432/33, 1467/68. Auffallend erscheint die bei den Rezessen von 1432 und 1433 bezeugte Beglaubigung der Urkunden durch Chirogramm.

Nicht immer sind alle vier Städte, wenn wir von den zeitweisen Mitgliedern Hannover, Rostock und den Pommern einmal ganz absehen, an den Rezessen beteiligt gewesen. Lübeck fehlt unter den Vertragschließenden 1387 und 1389, Wismar 1411. Sonderverhandlungen zwischen zwei Städten sind nicht selten, und das Münzmaterial zeigt außerdem, daß immer auch von einer oder mehreren Städten Münzsorten geprägt worden sind, die keine Vereinsmünzen waren. Das gilt von den Goldmünzen wie von den Sechslingen und Dreilingen, die in Hamburg und Lübeck bereits vor 1392 geprägt worden sind. Ebenso sind die Blafferte erst spät (1468 bzw. 1492) eine offizielle Vereinsmünze geworden, nachdem Hamburg und Lüneburg um 1438 über diese Münzsorte einen Sondervertrag geschlossen hatten. Wie wenig bindend die Vorschriften der Rezesse oft gehandhabt sind, zeigen besonders die Gepräge des 16. Jahrhunderts, wo z. B. die Anbringung bestimmter Jahrzahlen auf den Markgeprägen durchaus nicht gleichmäßig gehandhabt worden ist und die Prägung der Doppelschillinge nach 1522 in den Städten zu ganz verschiedenen Zeiten eingesetzt hat.

Die ersten in der Zeit zwischen 1379 und 1403 abgeschlossenen Rezesse sind immer auf eine ganz bestimmte Anzahl von Jahren verabredet, auf 2, 3. 6 und 10 Jahre, und nach Ablauf dieser Fristen pünktlich erneuert worden. Seitdem fehlen derartige Befristungen, offenbar aus dem Grunde, weil man bei der Veränderlichkeit der Silberpreise, der Relation zwischen Silber und Gold u. a. den Münzfuß nicht für eine bestimmte Zeitspanne festlegen wollte, sondern sich lieber neue Bestimmungen vorbehielt. Die Rezesse folgen deshalb oft kurz aufeinander oder der im Entwurf vorgesehene Münzfuß erscheint in der endgültigen Fassung des nächsten Jahres bereits wieder verändert (1410/11, 1432/33, 1439/41, 1504/06). Wo längere Zwischenräume zwischen den Rezessen bestehen, wie 1411/22, 1424/32, 1450/68, 1468/92, ist die Zwischenzeit entweder durch Verhandlungen, Entwürfe usw. ausgefüllt oder sind politische oder andere Störungen hemmend dazwischengetreten. Vielfach hat die Prägung auch wirklich so gut wie ganz geruht.

Die • Hauptaufgabe des Münzvereins mußte naturgemäß darin bestehen, mit allen Kräften für die Aufrechterhaltung des vereinbarten Münzfußes sowie für eine den wirtschaftlichen Interessen der Städte und ihrer Bürger entsprechende Handhabung des Geld- und Münzwesens überhaupt Sorge zu tragen. Es galt vornehmlich, auf Grund der wohlerwogenen münzpolizeilichen Vorschriften der Rezesse alle die Übel zu bekämpfen, an denen fast jeder mittelalterliche Münzbetrieb krankte. Die Ausführung im einzelnen freilich blieb den Städten selbst überlassen, da ja innerhalb des Münzvereins keine gemeinsame Münzstätte bestand, sondern jedes Mitglied ihren eigenen Münzbetrieb und ihr eigenes Personal besaß. Die sorgsame Überwachung aber des gesamten Münzbetriebes und des Personals war nach einheitlichen Gesichtspunkten geregelt, und die entsprechenden Vorschriften nehmen in den Rezessen einen breiten Raum ein. Sie lassen aber zugleich auch erkennen, wie viele Möglichkeiten es für die am Münzbetriebe beteiligten Personen gab, einen geregelten Münzbetrieb und einwandfreie Prägungen den Verordnungen zum Trotz zu vereiteln. Die ständige Wiederholung und Einschärfung dieser Verordnungen ist ferner der sicherste Beweis, daß die völlige Ausschaltung von Münzvergehen aller Art niemals erreicht worden ist. Soweit dabei das Personal der Münze selbst in Frage kam, waren ein unrechtmäßiges Überschreiten des vorgeschriebenen zulässigen Remediums nach Gewicht oder Gehalt des geprägten Geldes sowie ein Mißbrauch der Münzstempel zur Ausprägung minderwertigen Geldes die am nächsten liegenden Vergehen oder Nachlässigkeiten, die sich der Münzmeister und sein Unterpersonal zuschulden kommen lassen konnte. Schon die ersten Rezesse des 14. Jahrhunderts bedrohen deshalb ganz allgemein den der einzelnen Stadt eidlich verpflichteten und verantwortlichen Münzmeister für jeden Verstoß gegen die Bestimmungen mit Strafe. Er soll vor allem das Geld gleichmäßig schwer ausschroten und auch seine Arbeiter und Gesellen eidlich darauf verpflichten. Für nachweisbare Vergehen sollte er "an sin hogeste" gerichtet, d. h. an Leib und Leben gestraft werden. Im Rezeß von 1406 kommt dann zum ersten Male die seitdem in fast allen Verträgen bis 1467 wiederkehrende Formel auf, die Münze solle unter einem bestimmten zulässigen Remedium geschlagen werden "up den ketel". Das ist die Bedrohung des Münzers mit der Strafe des Kessels, d. h. des Siedens in heißem Öl oder Wasser, einer Strafe, die bereits seit dem frühen Mittelalter für alle Falschmünzer und Münzbetrüger vorkommt. Ihre Vollstreckung ist in Hamburg 1375 und 1477, in Stralsund 1431 belegt.

Nähere Bestimmungen über die Kontrolle der Münzer finden sich erst 1410 und 1411. Die Vorgesetzten des Münzmeisters waren die beiden Münzherrn; Mitglieder des Rates der Stadt, wie sie uns in Lübeck schon in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bezeugt sind. Ihnen muß der Münzmeister Rechenschaft ablegen über das empfangene und verprägte Silber. Nach den Rezessen von 1410/11 sollen sie auch die Pfennige vor ihrer Ausgabe prüfen. Die Münzer sollen ferner nur mit dem Rat "selscop" haben, d. h. wohl geschäftlich verkehren. Eine Vorsichtsmaßregel war die Bestimmung, daß Münzer und Knechte, die schon einmal in einer Münze der vier Städte und dann später auswärts, wo man schlechteres Geld prägte, gearbeitet hatten, nicht wieder zugelassen werden durften. Auch den Münzgesellen wurde 1422 ein Eid abgenommen. Noch ausführlicher und schärfer wurden die Kontrollvorschriften seit 1432. Schon das Blei für die Vornahme der Kapellenprobe wird vom Rat geliefert, um Betrug zu verhindern. Das Glühen und Wiegen der Zaine wie die Berechnung und Wägung des geprägten Geldes geschieht in Gegenwart einer der beiden Münzherrn, der dann den Münzern ihren Prägelohn auszahlt. Alle Vorteile, die der Münzmeister bisher noch genossen hatte, auch der Gewinn aus dem Remedium, fielen fort und kamen der Stadt zugute (ebenso 1433). Der Rezeß von 1439 überträgt aufs neue den beiden Münzherrn die gesamte Überwachung des Münzbetriebes und des Prägevorganges, worüber sie zu Ostern und Michaelis vorm Rat Rechenschaft ablegen mußten. Sie mußten (1441) dem Rate sogar eine Buße zahlen, wenn zur Zeit ihrer Amtsführung Unregelmäßigkeiten vorgekommen waren. Ähnliche Bestimmungen kehren fortan in jedem Rezeß wieder, 1467/68 noch ergänzt durch die Vorschrift, daß zur Prüfung des geprägten Geldes von jedem Werk zwei Stücke in einer verschlossenen Büchse aufbewahrt werden sollen. Das ist die im Mittelalter und auch später noch überall gebräuchliche "Fahrbüchse", deren Inhalt den offiziellen Münzproben zugrunde lag (ebenso 1492).

Das erlaubte Remedium, d. h. das erlaubte und allein schon durch die mittelalterliche Münztechnik bedingte und unvermeidbare Abweichen vom vorgeschriebenen Münzfuß, betrug vom Feingehalt in der Regel ½-1 Quentin oder 1/64 Lot. Das sind 0,228 g Feinsilber, und auf die feine Mark 0,78-1,56%. Beim Gewicht oder Schrot des Geldes war 1439 bei den Schillingsstücken 1/2 Schilling, 1441 und 1450 ein ganzer Schilling mehr aus der Mark zu schlagen erlaubt, also bei 94 Schillingen rund 1 %. Das Remedium kam der Stadt zugute (1432/33) und wurde 1467/68 dem Münzmeister vom Prägelohn abgezogen. Der Rezeß von 1468 bestimmte ferner, daß ein Werk nicht leichter als um einen Schilling oder Doppelschilling sein dürfte und anderenfalls mit einem zweiten besser gelungenen Werk gemischt ausgegeben werden sollte. - Ein weiterer zulässiger Gewichtsverlust gegenüber dem gesetzlichen Münzfuß trat nach der Prägung ein beim "Weißmachen" , d. h. dem Sieden der Münzen in Weinsteinsäure zur Erzielung einer silberglänzenden Oberfläche. Dieser Verlust war bei der Prägung von Sechslingen 1392 auf einen Sechsling auf die Mark, 1423/24 auf zwei und 1433 auf drei Stück berechnet. Bei den Schillingen sollte 1433 die Mark 1 Schilling und 1441 nicht mehr als 2 Schillinge an Gewicht verlieren. Die Dreilinge verloren 1392 vier Stück oder 1 Schilling, Hohlpfennige 1422 12 und 1433 30 Stück. In Wismar durften 1523 nach dem Weißmachen 58 statt 57 Doppelschillinge aus der Mark geprägt sein. Der vom Prozeß des Weißsiedens erzielte Vorteil einer etwas leichteren Ausschrotung sollte 1433 der Stadt zugute kommen.

• Personal: Vom Personal der städtischen Münzbetriebe erfahren wir recht wenig, abgesehen von den Münzmeistern, deren Namen und Verhältnisse uns häufig in den Urkunden begegnen. Der Münzmeister war natürlich eine sehr wichtige Persönlichkeit, auf dessen technische und geschäftliche Fähigkeiten ungemein viel ankam. Die Stadt schloß in der Regel mit dem Münzmeister einen Vertrag, der ihn eidlich zum Dienste für die Stadt verpflichtete und im einzelnen seine Rechte und Pflichten regelte. Solche Verträge sind uns aus Lübeck mehrere überliefert, wie aus der Zeit der ersten Goldprägung mit den Florentiner Münzmeistern aus der Familie Salimbene, dann um 1365-70 mit Rolf Gude über die Prägung von Schillingen wie von Goldgulden und endlich der Vertrag von 1388 mit Peter Huck. Nicht immer machte man mit den Münzmeistern, die oft von Ort zu Ort ziehende und vielgewandte, aber auch persönlich nicht immer einwandfreie Leute waren, gute Erfahrungen. Peter Huck z. B. machte Konkurs, und über seine Amtsführung erhoben sich in der lübeckischen Bürgerschaft lebhafte Beschwerden. Auch der Münzmeister Rudolf Cumhar machte Konkurs, und ein Prozeß, den 1430-34 die Stadt Salzwedel mit ihrem Münzmeister führte und in dem Hamburg und Lübeck als Schiedsrichter auftraten, ist ein weiteres Beispiel für die vielen und auch aus anderen deutschen Münzstätten reichlich belegten Unzuträglichkeiten der Münzstände mit den Münzmeistern, deren Beruf offenbar die Gefahr von Unehrlichkeiten und allerlei nicht einwandfreien Geschäften mit sich brachte. - Einen besonderen Wardein hat es, soweit ich sehe, in den einzelnen Städten erst später gegeben. In Lübeck gab es 1481 einen Goldschmied Claus Rugesee als "sworen werdenen". In Hamburg waren 1432 zwei Goldschmiede mit der Prüfung und Stempelung der Goldgulden beauftragt, von denen freilich einer, Hans Schult, auch als Münzmeister vorkommt. 1461 ernennt der Rat wieder einen Goldschmied, an bestimmten Stunden öffentlich die Prüfung von Goldgulden vorzunehmen. Ein Wardein Dirk Ostorp begegnet in Hamburg erst um 1520.

Sehr spärlich fließen die Quellen über das untere Münzpersonal. Gehilfen des Münzmeisters, famuli monetarii, werden schon in der lübeckischen Rechtsaufzeichnung von 1226 genannt (Lüb. U.B. I, Nr. 32). Im lübeckischen Münzbuch aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wird neben dem Münzmeister nur ein Münzknappe genannt, aber bei dem damaligen Umfang der Prägung (s. u.) muß das technische untere Personal ein recht zahlreiches gewesen sein. Erst 1472 erfahren wir, daß jeder Münzmeister vier Knechte und einen Glüher halten sollte, und im Rezeß von 1492 wird jeder Stadt nur ein Münzer mit einem Knecht und einem Jungen zugestanden. Jedenfalls wird die Stärke des unteren Personals je nach der Beschäftigung der Münze sehr geschwankt haben.

• Münzeisen: Ebenso wie das Personal der Münze unterlag die Herstellung der Münzeisen der städtischen Kontrolle. Der Rezeß von 1392 verbot allen Goldschmieden ohne Wissen und Einwilligung des Rats Münzeisen zu schneiden, eine Bestimmung, die 1403, 1410 und 14II wiederkehrt. Eine noch schärfere Überwachung der Münzeisenschneider zur unbedingten Vermeidung von Mißbrauch suchte dann der Rezeß von 1403 herbeizuführen mit der Bestimmung, daß sämtliche Münzeisen für alle am Münzverein beteiligten Städte in Lübeck hergestellt werden sollten. Dabei war Fürsorge getroffen, daß die verwendeten Punzen von dem vereidigten Eisenschneider richtig dem Nachfolger überantwortet würden. Obwohl die Rezesse nach 1411 nur noch einmal, nämlich 1492, Bestimmungen über das Gepräge der Vereinsmünzen enthalten, kehrt die Vorschrift einer gemeinsamen Anfertigung der Stempel auch 1439 und 1463 wieder, während 1468 immer ein Eisenschneider für je zwei benachbarte Städte vorgesehen war. Das waren für Hamburg und Lüneburg der als Goldschmied und Münzmeister bekannte Hans Schröder in Hamburg, für Lübeck und Wismar der als Verfertiger kunstvoller Arbeiten bekannte Lübecker Goldschmied Claus Rugesee. Als Preise waren ihnen vorgeschrieben für die Eisen zum Doppelschilling ein rheinischer Gulden oder 21 Schillinge, für die Schillingstempel 12 und für die Sechslingeisen 8 Schillinge. Geliefert wurde für diese Summe immer ein Paar zu drei Stempeln, und zwar ein Untereisen und zwei durch den Hammerschlag schneller verbrauchte Obereisen. In den Lüneburger Kämmereirechnungen von 1467-86 finden sich die gleichen Preise. Zugleich geht aber aus dieser Quelle auch hervor, daß damals die Münzeisen in Lüneburg selbst hergestellt worden sind. Wahrscheinlich auf Grund des Rezesses von 1492 hat dann aber Lüneburg 1493 mit Lübeck über die Anfertigung neuer Münzeisen mit dem Lübecker "segelgraver" Meister Jacob verhandelt. In den folgenden Jahren 1494/95 und im 16. Jahrhundert (1531 und 1542) enthalten aber die Kämmereirechnungen Lüneburgs aufs neue Ausgaben für Münzstempel an einheimische Eisenschneider. Ob eine gemeinsame Anfertigung der Münzstempel für alle Städte von der Hand eines Meisters jemals erfolgt ist, wird sich aus der großen Ähnlichkeit und Typengleichheit der Gepräge allein nicht erweisen lassen. Den Markprägungen von 1506 sind verschiedene Verhandlungen über das Gepräge und die Umschrift vorausgegangen. Fälle von einem Mißbrauch der Münzstempel in den vier Städten sind nicht überliefert. Nur auswärtige Münzstätten haben, wie wir sahen, die hansischen Münzen mehr oder weniger getreu nachgeahmt, und in Lübeck ist 1512 ein Münzmeister wegen des Vertriebes von dänischen und Verdener Witten hingerichtet worden.

• Schützmaßnahmen: Nicht minder wichtig als die Kontrolle des Münzbetriebes und des Prägevorganges selbst, aber sehr viel schwerer durchzuführen war die Verhütung der zahlreichen Schädigungen, die außerhalb der Münze im Verkehr seitens der Bevölkerung und gewisser am Geldverkehr besonders beteiligter Kreise die Aufrechterhaltung des Münzfußes und eines geregelten Münzwesens überhaupt ständig in Frage stellten. Dazu gehörte in erster Linie das Einschmelzen und die Ausfuhr der guten einheimischen Geldsorten und die Einfuhr fremden schlechteren Geldes sowie das verbreitete Seigern und Beschneiden der Geldstücke. Alle diese Übel nach Möglichkeit zu verhindern, war der Zweck der vielseitigen und in allen Rezessen immer wiederkehrenden münzpolizeilichen Vorschriften. Das Ziel war letzten Endes die Aufrechterhaltung des Grundsatzes der städtischen Münzpolitik, die eigene gute Münze in der Stadt fest- und die fremden und schlechteren fernzuhalten, denn die Erfahrung lehrte immer aufs neue, daß schlechtes Geld das bessere verdrängt. Im Zusammenhang damit stand für alle Münzstände, die wie die vier Städte nicht über eigene Silberquellen verfügten, die ständige Sorge um die Beschaffung des Prägematerials, und zwar zu einem Preise, der mit dem Münzfuß in Einklang zu bringen war. Allgemein bestand deshalb das in fast allen Rezessen aufs neue eingeschärfte Ausfuhrverbot für städtisches Geld, Silber und Billion. Die Strafen, die Bürger wie Gäste bedrohten, waren Geldbußen, Verlust des Geldes oder Silbers, bei Münzern und ihren Knechten, die bei einem solchen Vergehen betroffen wurden, auch Leibesstrafen. Der Angeber erhielt einen Teil des konfiszierten Gutes zur Belohnung und als Anreiz zu solchen Anzeigen. Erlaubt war die Ausfuhr lediglich, wenn das Silber für eine der verbündeten Städte bestimmt war, ebenso Reise- und Zehrgelder von Fremden.

Genau so häufig wie diese Ausfuhrverbote kehren in den Rezessen die Verbote wieder von fremden und schlechten sowie auf den Schlag des Münzvereins nachgeprägten und falschen Münzen. Nach dem mittelalterlichen Grundsatz: Der Pfennig gilt nur da, wo er geprägt wird, war in den Städten auch nur das Geld der vier Verbündeten gesetzlich umlaufsfähig. Als Lübeck eine Zeitlang dem Münzbunde fern blieb, wurde seine Münze ausdrücklich zugelassen. Freilich hat sich bei der Art des hansischen Handels dieser strenge Grundsatz nicht vollständig aufrechterhalten lassen, zumal es ja nachweislich zu manchen Zeiten an der hinreichenden Menge von eigenen Zahlungsmitteln gefehlt hat. Seit 1389 und regelmäßig seit 1403 finden wir in den Rezessen bestimmte auswärtige Geldsorten der benachbarten Münzstätten, so namentlich das Geld der pommerschen Städte, von Mecklenburg, Rostock, dann Dänemark, Livland [685/86] u. a. zu einem festgesetzten Kurs als umlaufsfähig erklärt. Wenn dann auch nach 1425 derartige Valvationen von fremden Silbermünzen mehr und mehr aus den Rezessen verschwinden und die meisten sich ganz allgemein auf ein Verbot fremden Geldes beschränken, sind doch immer wieder in den einzelnen Städten und wohl zumeist auf Grund von Vereinbarungen mit den Vereinsmitgliedern bestimmte auswärtige Münzsorten hervorgehoben worden, die zu einem festen Kurs zulässig blieben. Besonders die hamburgischen Burspraken enthalten darüber viele Verordnungen. Genannt werden hier vor allem Bremer und Stader Sware, Blafferte und Sechslinge, die dann zeitweise wieder ganz verboten wurden wie auch dänische Dreilinge, und zu Beginn des 16. Jahrhunderts dänische Klippenpfennige [711], Otterndorfer [609] und Vörder Witten, sundische Sechslinge und brandenburgisches, goslarisches und mecklenburgisches Geld. Über die Zulassung mecklenburgischer Blafferte, besonders in Wismar und Lübeck, ist noch 1546-49 mehrfach gestritten, da sich die fürstlichen Münzherrn durch Verbote ihrer Münzen geschädigt glaubten. Ein gutes Bild von den im Bereiche der vier Städte umlaufenden fremden Geldsorten gewähren die Lüneburger Valvationen. Die Rolle um 1440 enthält neben dem hansischen Gelde auch Hohlpfennige von Bremen, Braunschweig und Hannover. Im Valvationsbuch von 1445 finden wir auch französische Turnosgroschen [677], böhmische [679], Meißener [680] und sogar Metzer Groschen, sowie braunschweigische Hohlpfennige und Bremer Sware [715]. 1506 werden in Lüneburg Bremer und Vörder einfache, doppelte und vierfache Grote sowie goslarsche und hannoversche Groschen valviert, offenbar aber ebenfalls auf Grund von gemeinsamen Vereinbarungen. Der Bergedorfer Rezeß von 1513 enthält wieder Bestimmungen über den Wert von mecklenburgischen und pommerschen Münzsorten.

Ständig beschäftigen sich sämtliche Rezesse des 15. und 16. Jahrhunderts, Burspraken, Verhandlungen wie Korrespondenzen aller Art mit der Bewertung der fremden Goldmünzen. Von diesem Problem ist aber bereits ausführlich die Rede gewesen. Zur leichteren Kenntlichmachung der schlechten Guldensorten werden zuerst 1495 und dann erneut 1504 und 1513 gedruckte (geprentet) Plakate mit Abbildungen vorgesehen.

• Einschmelzverbot: Ebenso gefährlich wie das Eindringen von schlechten fremden Münzen und die Abwanderung des guten städtischen Geldes war das Einschmelzen von einheimischem Geld zum Zwecke der Ausfuhr. Offenbar wurde dieses von geschäftstüchtigen Leuten gerne als ein gewinnbringender Handel betrieben. Dadurch wurde einmal die Menge des umlaufenden guten Geldes geringer, und vor allem auch der Münze das Prägematerial entzogen. Neben dem Ausfuhrverbot kehrt deshalb auch das Verbot und die Beschränkung des Silberschmelzens immer wieder. Nur einmal wird in einer zum Rezeß von 1422 gehörenden hamburgischen Münzordnung (Graut. S. 207f.) das Einschmelzen älterer Gepräge ausdrücklich gestattet, und zwar neben Hohlpfennigen die beiden letzten Wittenausgaben von 1403 und 1411. Selbst den Wechslern und Goldschmieden war das eigenmächtige Schmelzen von Silber untersagt, und vor allem auch dem Münzmeister selbst. Diese Bestimmungen sind auch in die Statuten der Hansestädte von 1417/18 übergegangen. Noch 1467 und 1492 wird den Goldschmieden und jedem, der sonst Silberschmelzen hatte, das Einschmelzen ohne Wissen und Genehmigung des Rats untersagt.

Mit solchen Vorschriften verband sich dann von selbst eine Kontrolle der Goldschmiede, und zwar ebenfalls als eine allgemeine hansische Angelegenheit. Diese Kontrolle erstreckte sich vor allem darauf, daß die Goldschmiede im Interesse der Münze nicht mehr Silber einschmelzen sollten, als sie verarbeiten mußten, und vor allem keinen Handel damit trieben. Der Rat konnte sogar Haussuchungen anstellen lassen, ob unerlaubte Mengen Silbers sich im Besitz eines Meisters befänden (1467). Andere Bestimmungen betrafen die Feinheit des zu verarbeitenden Silbers, das immer 15lötig sein sollte. Der Rat hatte das Recht, von jedem Meister jährlich ein Stück zu prüfen, das mit dem Zeichen der Stadt wie dem des Meisters gezeichnet sein mußte (Rezesse von 1439, 1441, 1450, 1463). Die engen Beziehungen zwischen Münzbetrieb, Silberhandel und Goldschmiedehandwerk rechtfertigte die Aufnahme solcher Artikel in die Münzrezesse. Aus den Kreisen der Goldschmiede gingen auch vielfach die Münzmeister und Wardeine hervor.

• Silberbeschaffung: Ein guter Teil der bislang besprochenen Verordnungen war bedingt durch die Sorge um die Silberbeschaffung, die natürlich von der größten Wichtigkeit sein mußte, weil keine der Städte über eigene Silberbergwerke verfügte. Die ersten Nachrichten gibt uns das lübeckische Münzbuch aus den Jahren 1365-76. Damals wurde das Silber zumeist durch die Vermittlung lübeckischer Kaufleute aus Böhmen, Erfurt und Braunschweig (Harzsilber) bezogen, und zwar das böhmische Silber sehr viel über Stralsund (sundisches Silber). Das Silber kam in Barren verschiedener Größe (z. B. 1366 Apr. 2.: 4 stucke sundes sulvers weghen 29 mr. 5½ lot) als argentum purum oder lodiges sulver, später als brandsulver im Gegensatz zur garnalie (garnalien, granalien), d. h. alten Münzen und Bruchsilber, in den Handel. Der Feingehalt war verschieden. Vor allem war es meist weniger fein als das lübeckische lötige Silber. Es gaben z. B. 91½ mr. 5½ Lot 1 Quentin argenti brunswicensis im Jahre 1365 nur 80 mr. 6 Lot in lübeckischem Silber, und an einer anderen Stelle entsprechen 38 mr. 1 Lot braunschweigischen Silbers 32 mr. 6½ Lot lübeckischem. Auch das über Stralsurd bezogene Silber war nicht gleichwertig, denn 1366 kamen aus 28 mr. 5½ Lot sundischen Silbers nur 25 mr. 3 Lot lübeckisches (1:0,89). - Der Preis des Silbers war dementsprechend ebenfalls verschieden. Die Mark braunschweigischen Silbers wurde 1365 mit 3 mr. und 3-6 Pfennigen bezahlt. Dagegen kostete die Mark Erfurter Silbers regelmäßig über 3½ mr. Etwas billiger war das böhmische (sundische) Silber, das durchweg mit 5 mr. sund. = 3 mr. 5 s. lüb. bezahlt wurde.

Nach Möglichkeit wurde vom Münzverein versucht, den Silberhandel in den Städten im Interesse der Materialbeschaffung für die Münze zu monopolisieren. Von Zeit zu Zelt werden in den Rezessen Vorschriften erlassen, die jeden An- und Verkauf von Silber dem städtischen Wechsel vorbehalten, oder aber Silber wie Gold sollten auf der Münze und durch einen städtischen vereidigten Wieger gewogen werden (1439, 1441, 1463). Offenbar hat aber der Wechsel nicht vermocht, das nötige Silber für die Prägungen bereitzustellen. Jedenfalls kennen wir aus Lübeck zwei Verträge von 1470, die seitens der beiden Bürgermeister qer Stadt mit einem lübeckischen Bürger über Silberlieferungen abgeschlossen sind. Der Lieferant erhält einmal 1000 und das zweite Mal 2000 mr., wofür er granalia, "so he de best unde sulverrikest krigen kan", aber auch "gebrandes sulver", liefern soll, die feine Mark zu 7½ Gulden. Der private Silberkauf wird 1467 ausdrücklich denen gestattet, die auf eigene Rechnung in der Münze prägen lassen wollen, sowie unter gewissen Einschränkungen auch den Goldschmieden.

Weiter suchte man durch die Festsetzung von Höchstpreisen für Silber der Münze die Materialbeschaffung zu sichern (1411I, 1450). Wiederholt werden Münzer und Münzherrn verpflichtet, das Silber nicht höher als festgesetzt einzukaufen, damit die Unkosten nicht zu große würden (1422, 1433, 1439, 1441, 1498 u. ö.). Vielfach waren aber diese Preise zu niedrig bemessen, und die Münzmeister klagen des öfteren darüber, daß zu dem in den Rezessen festgesetzten Preisen kein Silber zu bekommen und infolgedessen dann der vorgeschriebene Münzfuß ohne Verlust nicht durchzuführen sei. Auch den Goldschmieden wird 1492 ein Höchstpreis vorgeschrieben.

Noch im 16. Jahrhundert, z. B. 1506 und bei den Verhandlungen von 1545, finden wir die Notwendigkeit einer Kontrolle des Silberhandels im Interesse der Materialbeschaffung für die Münze lebhaft gefordert, also zur Zeit der beginnenden Talerprägung, als die Bergwerksherren in Böhmen, Sachsen, Harz und Tirol ihre Ausbeute in großem Umfange selbst vermünzten. Aus Hamburg haben wir darüber eine auch handelsgeschichtlich interessante Quelle in einem Gutachten der hamburgischen Münzsachverständigen anläßlich der Reformverhandlungen von 1545. Darin wird besonders hervorgehoben, daß vordem Silber für die Münze hauptsächlich und reichlich durch Leipziger und Magdeburger Kaufleute eingeführt worden sei, die es für Waren, namentlich Fische, Natural- und Kolonialprodukte in Zahlung gaben, weil ihr eigenes Geld in Hamburg nicht gangbar war. Jetzt aber brächten sie ihr Silber entweder in die Münzstätten, wo sie wegen des dortigen schlechteren Münzfußes ein paar Schillinge mehr bekämen oder aber bezahlten mit Talern, die in den Hansestädten übermäßig hoch im Kurse standen. Daran knüpfen sich dann die Reformvorschläge.

Das Silber kam nicht als feines Silber in den Handel, und zwar auch nicht fein nach damaligen Begriffen und Möglichkeiten. Schon die Eintragungen im lübeckischen Münzbuch des 14. Jahrhunderts ließen verschieden feine Silbersorten erkennen. Zur Zeit des Barrenverkehrs war natürlich für das lübeckische Silber ein bestimmter Feingehalt vorgeschrieben, der durch das Zeichen der Stadt genau wie in den niedersächsischen Städten garantiert wurde. Später galt 15lötiges Silber offenbar als lötiges lübeckisches Silber. So schreibt es jedenfalls der Rezeß von 1441 vor. Im 16. Jahrhundert, 1521, erfahren wir dann, daß die Feinheit des Silbers im Handel 15¼ Lot betrug. Einmal (1463) wird auch das 23/24 feine französische Königssilber (argent de roi) zugrunde gelegt.

Von geringerer Wichtigkeit war die Beschaffung von Gold für die lübeckischen Florene und später für die hamburgischen und lüneburgischen Goldgulden. Aus Lübeck haben wir Nachrichten, daß man das erforderliche Gold aus Flandern bezog.

Eine im Mittelalter weit verbreitete Unsitte, die eine Aufrechterhaltung des Münzfußes gefährdete, war das Seigern oder Auswippen der schwereren Geldstücke, da ja die mittelalterliche Technik eine absolute Gewichtsgleichheit der Schrötlinge nicht erreichen konnte und sich mit der almarco-Prägung begnügen mußte. Durch das Seigern wurden nun die schwersten Stücke dem Verkehr entzogen, wodurch eine allgemeine Verschlechterung des Geldes eintrat. Fast alle Rezesse nehmen mit scharfen Strafandrohungen dagegen Stellung, und auch die Statuten der Hansestädte besagen, daß jeder, der Pfennige auswippt und ausführt, das Bürgerrecht verlieren und in keine andere Hansestadt aufgenommen werden soll. Der Angeber eines solchen Vergehens erhielt ein Drittel des beschlagnahmten Geldes.

• Kontrolle des Wechsels: Auch durch eine Kontrolle des Wechsels suchte man diesem und anderen Übeln im Geldverkehr zu steuern, sowie gleichzeitig diese Einrichtung für die Silberbeschaffung heranzuziehen. In jeder Stadt gab es einen öffentlichen städtischen Wechsel, der durch die Umwechselung von fremden in ortsübliche Münze oder von Barrensilber einen Gewinn abwarf. Den Lübeckern erteilte schon Kaiser Friedrich 1. die Wechselfreiheit außer vor dem Hause der damals kaiserlichen Münze, und 1189 erhielten die Hamburger das gleiche Privileg gegenüber der gräflichen Münze. Mit dem Übergang des Münzrechts auf die Städte wurde dann auch der Wechsel städtisch und man war bestrebt, ihn als ein Monopol zu behandeln. Münzmeister und Wechsler waren oft die gleiche Person, wie in Lübeck 1262 oder später 1388-1407 Peter Huck. Auch Rolf Cumbar in Lübeck war Münzmeister, Bankier und Wechsler. Zu seiner Zeit kommt für das städtische Wechselinstitut zuerst die Bezeichnung "Bank" auf (1421: in banco Lubicensi). Später (1461) erscheinen Godeman von Buren und nach ihm Adolf Greverade als vom Rate bestellte Wechsler. Diese lübeckische Bank war sowohl eine eigentliche Wechsel- wie auch Giro- und Depositenbank. In Hamburg finden wir 1369 einen Dethardus campsor und 1497 Hinrich Rentzel als nummularius et campsor. Vor letzterem war der Münzmeister Johann Schröder auch zugleich Vorsteher des Wechsels. Der Münzverein als solcher legte Wert darauf, daß es in jeder Stadt nur einen öffentlichen Wechsel gab (Rezeß von 1410), der nach späteren Zusatzbestimmungen (1467/68, 1504, 1507) dazu dienen sollte, das schlechte fremde Geld aus dem Verkehr zu ziehen. Besonders die schlechten Goldgulden sollten hier zerschnitten werden. Einkünfte aus dem Wechsel werden in den hamburgischen Kämmereirechnungen 1469 erwähnt (de lucro cambiature 208 mr.), und in Lübeck beklagt sich die Bürgerschaft 1408 darüber, daß aus Münze und Wechsel seit 16 Jahren kein Gewinn erzielt worden sei (Lüb. UB. V. n. 188). - Neben dem öffentlichen Stadtwechsel hat es aber nachweislich immer auch private Wechsler gegeben. In Lübeck sind z. B. 1316 12 und 1346 sowie 1352-55 zwei campsores bezeugt, und ein Kämmereibuch Eintragung zwischen 1316 und 1338 spricht von fünf Wechslern, deren jeder jährlich 60 mr. gäbe, und zwar als eine Konzessionsgebühr an die Stadt. Die Wechsler saßen an der Nordseite des Marktes in fünf Buden, aber offenbar nur als Mieter. Der Name Campsor erscheint im 13. Jahrhundert unter den ratsfähigen Familien, doch waren sie 1290 keine Wechsler mehr. Auch der Münzmeister Huck hat in seinem Hause offenbar einen privaten Wechsel und Geldgeschäfte betrieben, die zu Unwillen in der Bürgerschaft Anlaß gaben. Im 16. Jahrhundert wiederholen sich seitens des Münzvereins die Bestrebungen, den Wechsel auf den offiziellen des Münzmeisters zu beschränken.

• Münzsorten: In den Rezessen verpflichteten sich die Städte in der Regel zur Ausprägung von einer oder mehreren bestimmten Münzsorten, während die Prägung anderer untersagt blieb. So war z. B. 1403, 1441 und 1463 die Prägung von Hohlpfennigen verboten. In anderen Fällen wurden an kleinem Gelde nur Hälblinge oder Scherfe und Vierlinge erlaubt (1387, 1389, 1392). Die Ausgabe der Münzen mit neuem Gepräge oder verändertem Münzfuß erfolgte zu einem bestimmten Termin, am Peterstage (Febr. 22.), zu Ostern, Johannis oder Michaelis, und wurde den Bürgern in den Burspraken zu Petri (Juni 29.), Martini oder Thome (Dezember 21.), aber auch je nach Vorschrift der Rezesse zu anderen Terminen verkündet. Ein öffentlicher Aushang der Münzordnung wurde 1411 angeordnet. Eine Verrufung der alten Gepräge war mit der Erneuerung der Münze und der Ausgabe neuer Münzsorten in der Regel nicht verbunden. Nur bei der ersten Wittenprägung des Münzvereins 1379 und 1392 bei Einführung der Sechslinge und Dreilinge als Vereinsmünzen wurde den Bürgern aufgegeben, sich der alten Münzen bis Johannis "los to makende". Aber auch noch nach diesem Termin blieb ein Umtausch in der Münze gestattet. Im übrigen können wir aus verschiedenen Anzeichen ersehen, daß den Städten eine mit teilweiser Entwertung verbundene Münzverrufung fremd gewesen ist. Nur die Einziehung fremden Geldes wurde verschiedentlich zu bestimmten Terminen geboten.

Kontingentierung: Wie die jeweils zu prägenden Münzsorten war auch der Umfang der Prägung, in der Form einer Kontingentierung in den Rezessen vereinbart. Lübeck steht dabei zahlenmäßig zunächst immer an erster Stelle. Es darf für gewöhnlich (1392, 1403, 1406, 1422) für 300 mr. Hohlpfennige prägen, während die übrigen Städte auf je 200 mr. beschränkt blieben. Sechslinge und Dreilinge sollte dagegen jede Stadt zu gleichen Teilen für 1000 mr. prägen. Das Verhältnis verschob sich zugunsten Hamburgs 1439, indem die Stadt ebenso wie Lübeck für 1800 mr. in Schillingen, Lüneburg und Wismar aber nur für je 1200 mr. prägen sollten. Mit 600 und 300 mr. kehrt das gleiche Verhältnis 1467 wieder, doch ist 1492 Lübeck mit einem Kontingent von 400 mr. vor Hamburg mit 300 und je 200 mr. für die beiden kleineren Städte erneut bevorzugt. An Hohlgeld war hingegen allen vier Städten gleichmäßig nur für 60 mr. auszugeben erlaubt. Auch 1512 waren für Lübeck wieder 800 mr., für Hamburg 600 und für Lüneburg und Wismar für 400 mr. vorgesehen. Von diesen Summen sollte die Hälfte immer in groben Sorten, Markstücken und Doppelschillingen, ausgeprägt werden. Bei den Verhandlungen von 1537 wurde bestimmt, daß alle Vierteljahr nicht mehr als für 200 mr. in Sechslingen, Doppelschillinge aber nach Belieben gemünzt werden dürften. Die letzte derartige Festsetzung ist noch 1569 beschlossen worden. Auf je 100 mr. in Talern sollten 50 mr. in kleineren Sorten kommen, und zwar für 20 mr. Doppelschillinge, 20 mr. Schillinge, 5 mr. Sechslinge, 3 mr. Dreilinge und endlich 2 mr. Pfennige. Diese Kontingentierungen hatten vor allem den Zweck, ein richtiges Verhältnis zwischen den größeren und kleineren Münzsorten herbeizuführen, d. h. eine übermäßig starke Prägung von Kleingeld zu unterbinden. So durften z. B. 1403, als man das Hohlgeld neu zu prägen verbot, beliebig viele Witten geschlagen werden. Die Schillinge wurden 1468 und 1492 in der Weise bevorzugt, daß immer von 2 mr. Silber die eine zu Schillingen, die andere zu Doppelschillingen, Blafferten und Pfennigen vermünzt werden sollte. Für Blafferte und Pfennige waren 1512 nur 90 mr. des Gesamtkontingents von 800 bzw. 600 und 400 mr. vorgesehen, und ganz besonders deutlich kommt dieser Grundsatz in der Bestimmung des letzten wendischen Münztages von 1569 zum Ausdruck.


Wirkliche Durchführung: Eine Frage ergibt sich all den Bestimmungen der Rezesse gegenüber von selbst: Wie war es mit der wirklichen Durchführung bestellt und gab es vor allem im Münzverein eine Instanz oder gemeinsame Organe, die mit den nötigen Befugnissen ausgerüstet waren und durch Strafoder Zwangsmaßregeln die einzelnen Städte zur Innehaltung ihrer vertraglich übernommenen Verpflichtungen anhalten konnten? Freilich war ja im allgemeinen vorauszusetzen, daß die Städte ganz von selbst ein Interesse an der Durchführung der vom Münzverein beschlossenen Bestimmungen hatten und vernünftige münzpolitische Erwägungen in den Ratskollegien immer den Ausschlag gegeben haben. Trotzdem konnten Schwierigkeiten der verschiedensten Art nicht ausbleiben, und mehr als einmal läßt sich beobachten, wie eine Stadt sich über die andere wegen Abweichung von den Vorschriften der Rezesse beschwert. Allerdings fällt die Klage Hamburgs über die vertragswidrige Prägung von Dreilingen in Lübeck wohl noch vor 1379 und betrifft also nur den lübeckisch-hamburgischen Münzbund. Rostocker Geld wird 1425 als unterwertig beanstandet, und 1427 bemängelt Lübeck die von Lüneburg geprägten Sechslinge. In der Zeit nach 1463, als es sich um die Herabsetzung der Goldgulden handelte, finden sich wiederholt Kragen über die Nichtdurchführung der gemeinsamen Beschlüsse. Über angeblich minderwertige hamburgische Hohlpfennige wie Goldgulden verhandeln 1495 Lüneburg und Hamburg. Lüneburg seinerseits beabsichtigte 1515 entgegen den Abmachungen Witten und Blafferte prägen zu lassen. Endlich wurden 1544 wismarische Prägungen beanstandet. Das sind nur einige wenige Beispiele von Verstößen der einzelnen Städte gegen die Rezesse, die sich nach anderer Richtung hin vermehren ließen.

Nun hat es in der Tat nicht an Einrichtungen gefehlt, die in oberer Instanz die Durchführung der Bestimmungen in den Städten überwachen sollten. Dazu gehörten in erster Linie regelmäßige Zusammenkünfte der Münzmeister und sonstigen Sachverständigen, die durch die Probierung des Geldes etwaige Abweichungen vom vereinbarten Münzfuß feststellen konnten. Schon im Rezeß von 1379 wird gesagt, daß eine Stadt die andere "varen", d. h. prüfen kann, wenn sie es für nötig hält. Wenn irgendwelche Verfehlungen stattgefunden haben, soll eine Zusammenkunft der Münzsachverständigen in Lübeck die Angelegenheit untersuchen. Bei der Erweiterung des Bundes 1381 wird dann eine zweimal im Jahre tagende Konferenz verabredet und außerdem bei entstehenden Mißverständnisssen weitere außerordentliche Zusammenkünfte (ebenso 1387). Diese regelmäßigen Tagungen werden 1389 wieder aufgegeben, und nur von Fall zu Fall sollen Probierungen angestellt werden, zu denen jede Stadt einen zuverlässigen Mann mitbringt, "der syk sulverberndes versta". Die Valvation von 1406 ist, wie ausdrücklich hervorgehoben wird, auf einer Zusammenkunft der vier Münzmeister entstanden. Im Vertrage mit Dänemark ist 1424 dann wieder eine jährliche Prüfung des geprägten Geldes in Kopenhagen vereinbart. Der Rezeß von 1441 schrieb zu Ostern und Michaelis eine Zusammenkunft der Münzherrn aus den vier Städten vor, die einander eidlich zu versichern hatten, daß in ihren Städten alle Bestimmungen innegehalten worden seien, und 1467 wurde sogar eine vierteljährliche Konferenz der Münzmeister und Wardeine in Lübeck vorgesehen, wo das in den Fahrbüchsen vorgefundene Geld geprüft wurde (wiederholt 1468). Ähnliche Bestimmungen enthält der Rezesß von 1492 mit dem Zusatz, daß neben den Münzherrn und Münzmeistern noch ein weiteres Ratsmitglied aus jeder Stadt zugegen sein sollte. Erneut wird 1545 ein jährlicher Probationstag gefordert.

Die Vornahme solcher Proben ist mehrfach bezeugt, so 1384, 1387, um 1406, 1410 und 1467. Auch aus dem 16. Jahrhundert haben wir einige Nachrichten und Aufzeichnungen darüber (1513, um 1530, 1540, 1543, 1546, 1556), doch sind sie meist nicht vom Münzverein als solchen, sondern von den einzelnen Städten vorgenommen, wie 1540 in Lüneburg, 1543 in Lübeck, 1546 in Wismar und wie sie ähnlich auch in den mehrfach erwähnten Lüneburger Valvationsrollen des 15. Jahrhunderts vorliegen. Das Ergebnis war in den meisten Fällen die Feststellung von mehr oder weniger erheblichen Abweichungen vom vorgeschriebenen Münzfuß. Nach der Probe von 1384 z. B. wurden statt 176 Witten deren 178-180 aus der Mark geprägt. Lübeckische Dreilinge wurden dagegen um 1406 als dem Rezeß von 1392 entsprechend befunden. Auch die Lüneburger Valvationsrolle verzeichnet bei einigen Sorten einen geringeren Feingehalt, z. B. für die Witten nach dem Rezeß von 1403 und 1410 11⅓ statt 12 Lot, ebenso für Dreilinge und für die Witten von 1379 nur 12½ statt 13½ Lot. Bei den Doppelschillingen von 1522-30 stellte man Abweichungen im Schrot bis zu 3 bis 4 Stück auf die Mark fest.

Mit der Feststellung und etwaigen Rügung solcher Verstöße scheint man sich aber im allgemeinen begnügt zu haben, denn von irgendwelchen wirksamen Zwangsmaßnahmen des Münzvereins gegen eine Stadt hören wir so gut wie nichts. Nur einmal (1439 bzw. 1441) wird eine Bestrafung angedroht, die bei ihrer Durchführung allein wirksam gewesen wäre und die man in den Anfängen des Münzvereins (1367 und 1369) offenbar mit gutem Erfolg gegen fremdes minderwertiges Geld, wie das von Kiel und Itzehoe und später gegen dänisches, mecklenburgisches und anderes Geld angewandt hatte, nämlich das Verbot des beanstandeten Geldes der betreffenden Stadt. Sonst aber beschränkte man sich darauf, die Stadt, die unterwertiges Geld ausgeben würde, mit einer Geldbuße zu bedrohen, die in den Rezessen von 1392-1410 regelmäßig 100 mr. lüb. betrug, 1411 und 1422 auf 300 mr. erhöht, 1432/33 aber wieder auf 100 ermäßigt wurde. Im Rezeß von 1441 wurden auch die verantwortlichen Münzherrn der Städte mit einer Buße von 60 mr. bedroht. Dann tritt 1463 erneut der alte Strafsatz von 100 mr. auf, und seit 1467/68 wird die Strafklausel in die Form gekleidet, daß eine angeschuldigte Stadt sich durch einen Eid vor den Ratssendeboten reinigen und rechtfertigen soll. Im Weigerungsfalle soll sie 50 mr. bezahlen. Wir wissen nicht, ob jemals derartige Strafgelder eingegangen und in welche Kasse sie geflossen sind. Wahrscheinlich sind die Strafandrohungen reine Formeln geblieben, denn Maßregeln, wie auf politischem Gebiet die Verhansung, standen dem Münzverein nicht zur Verfügung.

• Wardeine: Außer den Tagungen der Ratssendeboten und den Zusammenkünften und Probationen der Münzmeister hatte der Münzverein zunächst keine gemeinsamen Organe. Erst 1392 wurde die Anstellung eines Wardeins beschlossen, der von einer Stadt zur anderen ziehen und das geprägte Geld auf seine Richtigkeit prüfen sollte. Später hat dann offenbar ein solcher Beamter nicht mehr genügt, und so wurde 1432 bestimmt, daß immer zwei Städte, nämlich Hamburg und Lüneburg wie Lübeck und Wismar zusammen einen Wardein halten sollten, "der de ene den anderen alle tyd varen schal". Bei dieser verstärkten Kontrollmaßnahme ist es dann in der Folge geblieben (1433, 1463, 1492). Ob es diese beiden gemeinsamen Wardeine immer gegeben hat, muß bezweifelt werden. Die urkundlichen Quellen besagen wenigstens so gut wie nichts darüber. Als ein Wardein der vier Städte kommt lediglich 1494 in Lübeck ein Sander Oldendorp vor, während die im gleichen Jahre in Lübeck, Hamburg und Lüneburg geforderten Wardeine zur Prüfung der Goldgulden wohl eine Angelegenheit der einzelnen Städte waren. Bei den Verhandlungen von 1545 ist erneut die Anstellung eines gemeinsamen Wardeins gefordert worden.

Auf den Zusammenkünften der Münzmeister sind nicht nur die Münzen, sondern auch die Münzgewichte einer Prüfung unterzogen worden. Wir wissen ja, daß die Gewichtsgrundlage für die Silbermünzen die lübeckische Mark gewesen ist, die identisch war mit der kölnischen Mark. Die Rezesse von 1433 und 1463 haben das noch besonders betont, daß die kölnische Mark allen Gewichtsberechnungen zugrunde zu legen sei. Offenbar gab es in Lübeck ein Normalgewicht, denn 1493 läßt Lüneburg sein Markgewicht, das im Gebrauch um ein Grän (1/18 Lot) zu leicht geworden war, nach dem lübeckischen richten. Auch das Goldgewicht ist Gegenstand der gemeinsamen Prüfung gewesen. Hamburg will 1495 sein Goldgewicht mit zur Zusammenkunft nach Eßlingen a. EIbe bringen. 1504 wird das Gewicht einer Unze nach Rückfrage bei Nürnberg, Frankfurt a. M. und Leipzig erneut festgestellt. In Lübeck finden wir im 16. Jahrhundert auch bereits die feineren niederländischen Gewichte in Gebrauch, die bis auf das "esken" oder As zu 1/17 Richtpfennig (1/256 Mark) hinuntergingen. Bei Goldmünzen war ein Passiergewicht von einem "duseken" oder zwei "esken" erlaubt.

Nicht minder wichtig wie das richtige Gewicht war ein Stal zur Prüfung des Feingehalts. Ein solcher wird in Lübeck schon zwischen 1316 und 1338 erwähnt und diente damals zur Prüfung des Barrensilbers. Dieser Stal wog 6 Mark. 1374 wenden sich Rostock, Stralsund und Wismar an Lübeck mit der Bitte um Mitteilung eines Stals für den Feingehalt der Witten, und 1392 besagt der Rezeß des Münzvereins, daß die Städte für die neuen Dreilinge und Sechslinge einen Stal aufgerichtet haben.

• Umfang der Prägungen:Von ganz besonderem Interesse wären endlich noch Feststellungen über den Umfang der Prägungen wie über den erzielten etwaigen Münzgewinn oder Schlagschatz. Leider fehlen für derartige Untersuchungen durchweg die urkundlichen Unterlagen. Um so wertvoller sind deshalb die wenn auch vor die Zeit des Müuzvereins fallenden Angaben des lübeckischen Münzbuches für die Jahre 1365-76. Damals stand die Wittenprägung im Vordergrunde, und man ist erstaunt über den Umfang, den die Ausprägung dieser Münzsorte in den Jahren angenommen hatte. Es wurden an Witten geprägt:
1367 für10.197 mr. =1784.475 Stück Witten
1368 für11.800 mr. =2065.000 Stück Witten
1369 für11.302 mr. =1977.850 Stück Witten
1370-72 für45.008 mr. =7526.400 Stück Witten
1375 für5.056 mr. =884.800 Stück Witten
1376 für5.120 mr. =896.000 Stück Witten
Dazu kommen 1373 für 3412 lötige Mark Witten und 1/4 Witten zusammen und 1375 für 300 mr. puri oder 431 Prägemark = 215.000 Stück 1/4 Witten, sowie 1367 für 1222½ mr. einschließlich des Zusatzes Hohlpfennige = 704.160 Pfennige. Das sind erstaunlich große Zahlen, die in gewissen Jahren bei rund 300 Arbeitstagen eine tägliche Produktion von 5950, 6590 und 8360 Stück ergeben. Nun wäre es freilich falsch, aus diesen Angaben Schlüsse allgemeinerer Art zu ziehen. Das Münzbuch umfaßt gerade die Zeit des dänischen Krieges und nach dem Stralsunder Frieden, also eine Zeit erhöhten Geldbedarfes und wirtschaftlichen Aufschwungs, wobei auch mit einer starken Geldausfuhr zur Verwendung auswärts zu rechnen ist. Gerade damals wurde der Wittenpfennig zur beliebtesten Münze des Ostseegebietes. Das Nachlassen der Prägungen in den Jahren 1375/76 sei nicht übersehen. Nur eine sehr mittelbare Quelle für die Ermittlung des Umfanges der Prägungen oder vielmehr des Bedarfs sind die Kontingentszahlen in den Rezessen. Wie wir sahen, handelt es sich hierbei in der Regel um kleinere Zahlen, z. B. für Lübeck 1392-1422 jedesmal 300 mr. Hohlpfennige und 1392 für alle Städte 1000 mr. an Sechslingen und Dreilingen, 1439 1800 mr. in Schillingen usw., alles Zahlen, die an die des Münzbuches nicht heranreichen, wenn man annimmt, daß sie die Jahresproduktion bezeichnen sollen und in lötigen Mark ausgedrückt sind. Das ergäbe 1422 für 600 raube mr. oder 410.400 Stück Hohlpfennige, 1392 für 1225 mr. oder 139.650 Stück Sechslinge und 1439 für 2925 mr. oder 280.800 Stück Schillinge. Unmittelbare Nachricht über den Umfang der Prägungen haben wir dann nur ganz vereinzelt noch aus Lüneburg für die Zeit von 1492/93, 1533 und 1540/41, doch besagen die dort genannten Zahlen sehr wenig. Es wurden z. B. 1492 für 493 mr. Blafferte und Pfennige, für 211 mr. und 8 Lot Sechslinge, für 64 mr. Schillinge und für nur 6 mr. 8 Lot oder 560 Stück Doppelschillinge, 1533 für 380 mr. "ghewegen" Doppelschillinge, und zwar mit der Jahreszahl 1530, 1540/41 endlich für rund 300 mr. Pfennige und für 20 mr. Scherfe geprägt. Endlich haben wir noch eine Münzabrechnung aus Wismar von 1547/48. Danach wurden für 11½ mr., d. h. 92 Stück, Taler und für 543 mr. = 25.521 Stück Sechslinge vermünzt. Einige Anhaltspunkte ergeben sodann auch die Aufzeichnungen über die Einkünfte aus dem Münzbetriebe, über die uns vor allem die hamburgischen Kämmereirechnungen einigermaßen unterrichten, während aus Lübeck zunächst nur Notizen aus der Zeit von 1421-30 überliefert sind. Hamburgs Einnahmen aus der Münze schwanken außerordentlich und fallen für manche Jahre überhaupt aus, so 1356/57, 1372, 1374/75, 1379, 1382-84, 1386/87. Für die übrigen Jahre in dem Zeitraum 1352-90 schwanken sie zwischen 48 und 630 Ų, doch läßt sich als jährlicher Durchschnitt etwa eine Summe von 200-350 Ų erkennen (1353: 200 Ų, 1370: 340, 1376: 356, 1377: 240, 1378: 200, 1380: 240, 1385: 240), und nur selten sind Summen von 600 Ų und darüber verzeichnet (1354, 1360, 1373). Mit 100 Ų = 125 mr. und darunter sind die Jahre 1352, 1371, 1381 und 1390 zu nennen. Dann folgt eine große Lücke gerade aus den für den Münzverein wichtigsten Jahrzehnten. Nur aus Lübeck haben wir einige Angaben, wonach die Münze 1424 34 mr. 9 s, 1426 80 mr. 12 s, 1427 48 mr. 6 s und 1428 111 mr. an Einnahmen gebracht hat. Mit 1461 setzen die hamburgischen Rechnungen wieder ein und verzeichnen zuerst ganz geringfügige Summen von 10-32 Ų, die mit dem Stilliegen des Hammers in dieser Zeit zusammenhängen werden. Nach der Wiederaufnahme der Prägung finden wir 1469 sogleich eine Einnahme von 313 Ų 12 s, wovon aber 208 Ų ausdrücklich als Gewinn aus dem Wechsel bezeichnet werden. Es folgen die Jahre 1470 mit 100 Ų, 1471 mit 120 Ų, 1472 wieder 100 Ų, 1473 mit 191 Ų 2 s und 1479-81 mit 24 Ų. Diese Zahlen lassen wenigstens soviel erkennen, daß in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Münztätigkeit in Hamburg eine sehr rege gewesen, nach 1468 aber eine recht beschränkte geblieben ist.

Etwas besser steht es mit der Möglichkeit, den Münzgewinn zu berechnen. Bereits aus der Zeit vor Begründung des Münzvereins lassen sich aus den Angaben über den Silberpreis und den Münzfuß einigermaßen zutreffende Berechnungen anstellen. So stand z. B. 1325 einem Silberpreis von 2 mr. 15 seine Ausmünzung der feinen Mark zu 3 mr; 9 ₰ gegenüber, so daß in 1 s 9 ₰ die Prägekosten und der Münzgewinn begriffen sein mußten. Eine andere undatierte Nachricht um 1350 berichtet von einem Silberpreis von 3 mr. 2 s und einer Ausprägung von 3 mr. 9 s 11⅔ ₰ (+ 7 s 11⅔ ₰). Direkte Angaben über den Münzgewinn gibt uns dann wieder das lübeckische Münzbuch für die Zeit von 1365-76. Von einer Mark geprägter Witten läßt sich daraus der Gewinn folgendermaßen berechnen:
1366: 1 s 7 ₰, 1 s 10 ₰, 2 s, 3½ s und 4 s
1367: 3 s 5½ ₰
3 s 4½ ₰ = 5,1 %
4 s 3 ₰
4 s 5 ₰ = 6,6 %
3 s 2 ₰
1369: 3 s 2 ₰
1370: 4 s
1370-72: 12 s = 20 %
1372: 13 s
Von den 1/4 Witten wurde 1375 ein Gewinn von 5 s. 4 ₰ oder 9 % von der Mark erzielt. Die Summen, die Lübeck aus dem Münzbetriebe gewann, waren entsprechend beträchtliche. Ich notiere aus den Angaben des Münzbuches nur:
1366:  1037 mr. 5 s
1367:  1476 mr.
1369:  (bis März) 682½ mr.
1370-72:  2973 mr. 9 s
1373:  170 mr. 10 s
Für die Jahre 1375/76 läßt sich außerdem ein Gewinn von jährlich über 1000 mr. errechnen. Ein Vergleich mit den bereits oben genannten Zahlen aus den hamburgischen Kämmereirechnungen ist recht lehrreich. In Hamburg betrug der Gewinn:
1370:  340 Ų oder 425 mr.
1371:  100 Ų oder 125 mr.
1373:  600 Ų oder 750 mr.
1376:  356 Ų oder 445 mr.
1377:  240 Ų oder 300 mr.
Der Ertrag war also in Hamburg zur gleichen Zeit immer erheblich geringer, was auf eine weniger lebhafte Prägetätigkeit schließen läßt und wozu die Kontingentszahlen aus der ersten Zeit des Münzvereins stimmen.

Soweit der Münzgewinn in Frage kommt, läßt das lübeckische Münzbuch jedenfalls soviel erkennen, daß ein Gewinn erzielt wurde, der sogar eine auch prozentual steigende Tendenz zeigt. Leider fehlen uns zur Fortsetzung dieser Untersuchung und zum Vergleich aus der Zeit des Münzvereins ähnliche unmittelbare Angaben. Einige Schlüsse gestatten immerhin die in der Tabelle 6 zusammengestellten Angaben über den Silberpreis und die hier und da überlieferten Unkosten der Prägung, wie sie sich in einigen Rezessen, z. B. 1392, 1441, 1467/68 und 1492 finden. Überschätzt dürfen allerdings diese Zahlen als Quelle nicht werden, da sie im allgemeinen auf theoretischen Berechnungen und Erwägungen beruhen und mit der Praxis, dem wirklichen Silberpreis und den tatsächlichen Ausgaben für den Münzerlohn usw. nicht immer in Einklang stehen. Auch rein rechnerisch wollen die Zahlen in den Rezessen nicht immer zu unseren Berechnungen stimmen. Der Rezeß von 1392 berechnet z. B. bei den Sechslingen und Dreilingen einen Verlust von einem Schilling auf die Mark, während die Nachrechnung bei den Sechslingen weder Gewinn noch Verlust, bei den Dreilingen einen kleinen Gewinn von 6 ₰, bei den Hohlpfennigen aber ein Plus von 6 s 5 ₰ ergibt. Immerhin läßt sich aus der Gesamtheit der Überlieferung feststellen, daß der Münzgewinn im 15. Jahrhundert geringer geworden ist. Er läßt sich nach den Rezessen 1439. mit 3,2 %, 1467 mit 3,63 % und 1492 mit 3,8 % ermitteln. Immer war der Gewinn bei den größeren Münzsorten wegen der relativ geringeren Unkosten niedriger als bei den kleineren, eine Tatsache, die sich auch anderweitig beobachten läßt. Der Riedlinger Vertrag der schwäbischen Münzstände von 1423 sah z. B. bei den Schillingen von der feinen Mark einen Schlagschatz von einem Schilling, bei den Pfennigen 2 s 2 ₰ und bei den Hellern 3 s vor. Daraus erklärt sich zum Teil auch die Neigung zu einer vorzugsweisen Ausprägung von kleinem Gelde. Umgekehrt wurde im wendischen Münzverein 1467 vorgeschlagen, den Schilling auf dem alten Münzfuß zu halten, indem man beim Doppelschilling einen Gewinn erzielte und ihn den Schillingen zugute kommen ließ.

Neben dem Silberpreis war der Prägelohn für den Münzmeister ausschlaggebend für die· Erzielung eines eventuellen Schlagschatzes. Im lübeckischen Münzbuch wird 1365 für die Mark Witten ein Prägelohn von 18 ₰ verzeichnet, wie wir es aus einer anderen Quelle auch für 1370 wissen. Der Rezeß von 1392 sah für die Mark Sechslinge und Dreilinge 2 s oder 24 ₰ vor, für Pfennige aber 27 ₰. 1411 war der Münzlohn für Witten bereits auf 3 s oder 36 ₰ gestiegen. Für die Prägung der ersten lübeckischen Schillinge um 1365-70 war ein Lohn von einem Schilling vereinbart, während bei der gleichen Münzsorte 1439 5, 1467 7¼ und 1468-92 9 s bezahlt werden sollten, und zwar war 1468 vorgesehen, daß der Münzmeister immer für die Ausprägung von 2 mr. 18 s erhielt, wofür er aber die Hälfte zu Doppelschillingen, die andere zu Schillingen, Sechslingen und auch zu Blafferten und Pfennigen vermünzen mußte. Bei den Doppelschillingen von 1522-30 war man wieder auf 5 s Prägelohn herabgegangen. Von den Markstücken erhielt der Münzmeister einen Lohn von 4 s von der Mark. 1567 erklären die Münzmeister, daß sie für die Mark in Talern 8 s, für Doppelschillinge 1:2, für Schillinge 16 und für Sechslinge und Dreilinge 20 und 24 s haben müßten. Vom Münzlohn hatte der Münzmeister die verschiedensten Unkosten zu bestreiten, wie 1468 "snyder, graver unde munteyseren" und um 1523 in Wismar "alle pildinge, der gesellen lon, winsten, kopper, kalen, degel und de munte besorgen myt ambolt und hemer, munteisen und kost und beer". Für die Prägung von 1000 Stück Goldgulden erhielt der Münzmeister Gude in Lübeck 1365 8 s.

Wiederholt haben die Städte des Münzvereins zum Ausdruck gebracht, daß die Erzielung eines Schlagschatzes oder Münzgewinns nicht der maßgebende Gesichtspunkt ihrer Münzpolitik sei und sie haben diesen Standpunkt gegenüber den benachbarten Fürsten des öfteren ausgespielt. Schwer wird sich entscheiden lassen, ob immer mit Recht. Wenn wir aber die Gesamtgeschichte des wendischen Münzvereins, die urkundlichen Quellen wie das Münzmaterial selbst überblicken, will uns scheinen, daß die Städte mit Recht stolz sein konnten auf ihr Münzwesen, das bei allen Schäden und so wenig es im einzelnen den idealen Vorschriften der Rezesse entsprechen mochte, doch einen durchaus gesunden Grundzug und ein ehrliches Streben aufzuweisen hat.


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