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Städtebilder auf Münzen

Joachim Datow
GN 14 Hft.68 (Nov.1978) S.277-9

Abbildungen in einem separaten Fenster

Zu den reizvollsten Darstellungen auf Münzen und Medaillen gehören Städtedarstellungen. Beschränkt man sich bei der Betrachtung auf Münzen, so stellt man fest, daß es verhältnismäßig wenige Prägeherren waren, die ein Stadtbild auf ihre Münze setzten. Der Darstellung von Potentaten, Wappen und Heiligen wurde im allgemeinen der Vorzug gegeben. Soweit dem Verfasser bekannt, gibt es aus der Antike zwar Münzdarstellungen von Gebäuden, meist Tempeln, aber keine Darstellungen von Ortschaften. Das Bild so bedeutsamer Städte wie das antike Athen oder Rom ist uns nicht auf Münzen überliefert.

Auf Brakteaten findet man öfter Mauerzüge wiedergegeben, mit denen man wohl eine Siedlung oder ein Kloster andeuten wollte. Als Städtedarstellungen im exakten Sinne kann man sie aber nicht bezeichnen. Die Kunst eine Landschaft und darin eine Stadt bildlich, natürlich darzustellen, entwickelt sich erst im 16. Jahrhundert. Frühe Höhepunkte dieser Entwicklung sind der große Städteatlas von Braun und Hogenberg Köln (1572-1618) und die Stiche Merians (1593-1650). Beide geben nach der Natur gezeichnete Ansichten von Städten mit ihrem Vorfeld, Mauern, Türmen, Kirchen und Bürgerhäusern. Diese Kunst wird Anfang des 17.Jahrhunderts auf Münzen übertragen und Städtebilder erscheinen erstmalig auf Münzen. Besonders waren dafür die großflächigen Taler geeignet. Es gibt aber auch Städtebilder auf Halb- und Vierteltalern, auf Dukaten und sogar auf Kreuzern (Frankfurt). Von den Dukaten existieren häufig Silberabschläge.

Als eine typische Prägung vom Anfang des 17. Jahrhunderts sei der Augsburger Taler von 1642 erwähnt. Man erkennt auf diesem Stück links oberhalb des Pinienzapfens das zweitürmige Rathaus mit dem spitzen Mittelgiebel. Über dem Zapfen steht der Perlachturm rechts davon der Kreutztorturm und im Vordergrund schützen die schweren Barockbastionen die Stadt (Siehe Augsburger Taler mit Stadtbild).

Untersucht man, welche Prägeherren das Stadtbild auf Münzen setzten, so findet man, daß es in erster Linie Freie Reichsstädte des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" waren, die stolz ihr Stadtbild zeigten: Als Beispiele seien genannt: Augsburg, Basel (Siehe Basel um 1700), Frankfurt, Freiburg, Köln, Konstanz (Regimentstaler 1623, 1629, 1724), Magdeburg, Memmingen, Nürnberg, Ravensburg, Regensburg, Ulm und Zürich. Es ist bemerkenswert, daß die berühmten italienischen Stadtrepubliken Venedig und Florenz ihr Stadtbild nicht auf Münzen prägten. Im nord- und ostdeutschen Raum erscheinen Städtebilder nur gelegentlich auf Gedenktalern z. B. auf dem Hamburger Reformationstaler von 1717, dem Danziger Schautaler von 1660 auf den Frieden zu Oliva, oder dem Thorner Brandtaler von 1629. Es gibt auch sonst noch einige Städtedarstellungen, die nicht von Freien Reichsstädten als Prägeherren veranlaßt wurden. Bekannt sind die Taler der Bistümer Bamberg 1800 (Bild) und Münster 1661 (Bild).

Betrachtet man die Stadtbilder auf Münzen etwas genauer, so blickt man gewöhnlich über das "Glacis", das freie Schußfeld vor den Befestigungen, zu den Stadtgräben, Bastionen, Wällen und Mauern. Starke Türme schützen die Eingänge. Dahinter erheben sich über niedrigen Bürgerhäusern die Türme der Rathäuser und noch höher die Dächer und Türme der Kirchen. Es ist ein mittelalterliches Stadtbild, das sich häufig über das Barock hinaus in vielen Städten erhalten hatte. Betrachten wir heute Regensburg von den Steinernen Brücke aus, so bietet sich immer noch ein Bild, das ziemlich genau mit der Talerdarstellung von 1754 übereinstimmt (Bild 2). Zwar sind die äußeren Brückentürme gefallen, aber den Stadteingang "beschützt" noch immer der Torturm und die Stadtmauer. Dahinter erhebt sich der Dom. Seine beiden Türme sind aber heute höher und spitzer als auf dem Taler gezeichnet. Man hat, ähnlich wie beim Kölner Dom oder Ulmer Münster, die ursprünglich in der Gotik geplanten hohen Türme erst im vorigen Jahrhundert ausgeführt. Am Uhrenturm erkennt man auf der rechten Seite das Rathaus. Auch die übrigen Türme lassen sich nach Stadtplan zuordnen. Auf dem Nürnberger Taler von 1768 sieht man neben der Burg, die links auf einem Hügel liegt, deutlich die Kirche St. Sebaldus (Bild 3). Rechts der ausfließenden Pegnitz erhebt sich St. Laurentius. Im Vordergrund steht an der Stadtmauer einer der dicken runden Türme, mit Spitzdach. Die ursprünglich eckigen Türme wurden später mit runden Mänteln versehen, um feindliche Kugeln abgleiten zu lassen.

Sehr beliebt war es, einen Stadtausschnitt von der Wasserseite der Flüße her zu zeigen und auf dem Bild die wichtigsten und stolzesten Gebäude der Stadt gedrängt und überhöht darzustellen. Dadurch entstanden so eindrucksvolle Bilder wie auf dem Frankfurter Taler von 1772 (Bild). Auf dem Züricher Taler von 1727 schaut man vom Züricher See in den Ausfluß in den Limnat, dabei bietet sich das Bild beider Ufer mit seinen großen Kirchen und den Brücken. Um dem Beschauer ein recht umfassendes Bild der Stadt zu geben, ist der Blick aus der Vogelschau gewählt. Auf diese Weise werden rückwärtige Teile der Stadt nicht durch Gebäude im Vordergrund verdeckt (Bild).

Um 1800 verfällt die Kunst der Städtedarstellung auf Münzen. Der Bamberger Halbtaler von 1800 gibt ein sehr undeutliches und unkünstlerisches Bild der Domstadt (Bild). Auf dem Frankfurter Doppeltaler von 1843 (Bild) ist die Stadt nur noch ein Teil der Flußlandschaft. Sie hebt sich nicht mehr beherrschend heraus.

In unserem Jahrhundert haben sich sowohl die künstlerische Auffassung als auch die Städte selbst gewandelt. Nachdem durch die politische Entwicklung die Freien Reichsstädte ihre Selbständigkeit verloren hatten, schuf der Versailler Friedensvertrag eine neue "Freie Stadt", Danzig, eine rein deutsche Stadt unter polnischer Hoheit. Danzig prägte in dieser Zeit seine berühmt gewordenen Städtemünzen. Hier sei nur das Fünf-Guldenstück von 1924 erwähnt, das das noch vorhandene mittelalterliche Stadtbild mit der Marienkirche und den Bürgerhäusern in stilisierter markanter Zeichnung zeigt (Bild). Reizvoll ist es auch, die Stadt Jerusalem auf Münzen verschiedener Staaten zu vergleichen. Da ist einmal das transjordanische Ein-Dinar-Stück von 1969 mit einer konventionellen Stadtdarstellung, die besonders islamische Gebäude hervorhebt (Bild). Die Rückseite zeigt König Hussein. Das israelische Zehn-Pfund-Stück von 1968 (Bild) ist in schwungvoller moderner Zeichnung ausgeführt und läßt auf dem Berge das Gebäude der israelischen Knesseth thronen.

Das Zehn-Markaa-Stück Finnlands von 1971 (Bild) gibt ein Bild von der Stadt und dem Hafen Helsinki. Die Ansicht erfolgt wie bei den Züricher Talern des 18. Jahrhunderts aus der Vogelschau. Der Künstler zeigt als einzigartige Besonderheit im Vordergrund die Spiegelung der Gebäude im Wasser. Das Zehn-Mark-Stück der DDR von 1974 (Bild) kombiniert typische Gebäude aus verschiedenen Städten des Landes.

Zu den eindruckvollsten Münzbildern aus Anlaß der Olympiade 1976 in Kanada kann man das Städtebild von Montreal (10 Dollar 1976) rechnen (Bild 10). Durch ein Frachtschiff im Vordergrund deutet der Künstler den Anblick von der Wasserseite her an. Während auf den mittelalterlichen Stadtansichten die gotischen Kirchen wie Finger den Menschen zum Himmel wiesen und damit auf ein jenseitiges Dasein, so sind die mächtigen Hochhäuser von Montreal ein Symbol für das Selbstbewußtsein des technisierten Menschen unserer Tage.



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