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Falschgeld im Auftrag des Königs
Wie Friedrich II. von Preußen Kriege und Luxusbauten finanzierte

Helmut Caspar
money trend 12/204, S.180f

Könige erheben sich gelegentlich über das Gesetz, die Geschichte ist voll von Beispielen für Rechtsbeugung und Verbrechen. Friedrich II. ließ, neben vielem anderem, Münzen fälschen, was da Zeug hielt. Dabei war das in Preußen und nicht nur dort strengstens unter Strafe gestellt. Während und nach dem Siebenjährigen Krieg (1757-1763) wurden unter großer Geheimhaltung auf Befehl Friedrichs II. massenhaft falsche Münzen geprägt. Geschätzt wird, dass der Monarch seine Kriegskosten zu einem Sechstel bis zur Hälfte aus der Herstellung und dem Vertrieb minderwertigen sächsischen und polnischen Geldes, der so genannten Ephraimiten, bestritten hat. Was normalerweise unter strengster Strafe stand, haben der König und nach ihm manche Historiker und Numismatiker als notwendiges Übel und hilfreich für die Rettung Preußens vor drohendem Untergang gerechtfertigt. Friedrich II., den die borussische Propaganda schon zu seinen Lebzeiten als das Glück der Völker und einen von seinen Untertanen geliebten großen Helden feierte, hatte schon vor dem Siebenjährigen Krieg fremde Münzen nachahmen lassen und damit ein schweres Verbrechen begangen.

Dass der König von dem Berliner Fabrikanten Veitel Heine Ephraim und einigen anderen jüdischen Unternehmern im besetzten Sachsen mit erbeuteten echten Münzen minderwertiges, also falsches Geld herstellen ließ, ist bekannt. Doch dass er auch nach dem Siebenjährigen Krieg, aus dem Preußen als Gewinner hervorging, von den kriminellen Machenschaften nicht abließ, geht erst jetzt aus dem Studium von kaum beachteten Akten im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem hervor. Deutlich wird, dass der König von Preußen, der für sich in Anspruch nahm, eine moralische Autorität zu sein, wissentlich den Ruin vor allem der polnischen Wirtschaft in Kauf nahm, eines Landes also, das bisher in Personalunion mit dem verhassten Sachsen verbunden war. Schon bald rissen sich Russland, Österreich und Preußen Teile der polnischen Monarchie unter den Nagel.


Die Mit- und Nachwelt flocht dem "Großen König" Lorbeerkränze und vergaß dabei gern das Abgründige in seinem Leben. Die Medaille von Jacob Abraham feiert die erste polnische Teilung im Jahre 1772 (Olding Nr.690): REGNO·REDINTEGRATO.   FIDES | PRAESTITA·MERIEBURGI· | MDCCLXXII

In großem Stil ließ der Monarch in Berlin alle möglichen polnischen Münzsorten aus schlecht versilbertem Kupfer sowie minderwertigem Silber oder Gold herstellen und sie durch Mittelsleute in das Nachbarland im Tausch einschleusen - natürlich gegen guthaltiges Geld.


In seinem Schreibkabinett heckte Friedrich II. Pläne aus, durch Anfertigung von minderwertigen und falschen Münzen zusätzliche Profite zu erwirtschaften. Die borussische Geschichtsschreibung nahm von diesen Machenschaften ungern Kenntnis. Illustration von Adolph Menzel in der 1840 veröffentlichten Biographie von Franz Kugler "Geschichte Friedrichs des Großen".

Was kleinen Gaunern strengstens verboten war und schlimmste Pein bis hin zur Todesstrafe eingebracht hätte, befahl der König ausgewählten Beamten seiner Finanzadministration, die sich verschwiegener Helfer bedienten. Alle Beteiligten wurden per Unterschrift oder, weil viele nicht lesen und schreiben konnten, durch drei Kreuze zu strengstem Stillschweigen über die "geheimen Ausmünzungen" verpflichtet. Wer redete, hatte mit Festungshaft und Schlimmerem zu rechnen. Die Hofmedailleure Abraham Abramson und Daniel Friedrich Loos schnitten akkurat die Stempel für polnische Münzen nach, sowie für russische Rubel, holländische Dukaten und was sonst noch nachgeahmt wurde und erhielten dafür Prämien. Die Belohnungen von jeweils hundert Talern pro Stempelpaar entsprach etwa einem Viertel des Jahresgehalts und war daher als Zubrot sehr willkommen. Die Ausmünzungen erfolgten in den beiden Berliner Münzstätten außerhalb des Normalbetriebs und zu nächtlicher Stunde. Deshalb wurden auch Nachtwächter unter Eid genommen.

Widerspruch gegen die Machenschaften von Seiten der Münzadministration wurde vom König nicht geduldet. Natürlich wusste er um die Unrechtmäßigkeit seiner Befehle, lockte aber seine Untergebenen mit Geld und Gnadenerweisen. Auf der anderen Seite drohte Friedrich II. rüde mit der Schließung der Neuen Münze in Berlin, was Entlassungen zur Folge gehabt hätte, die natürlich keiner wollte.

Forschungsbedarf besteht über die Frage, wofür der König den Gewinn aus der Geheimaktion verwendete. Während die Herstellung der berüchtigten, nach dem jüdischen Münzunternehmer und Kriegslieferanten Veitel Heine Ephraim benannten Ephraimiten mit Hilfe erbeuteter sächsischer Stempel in den von preußischen Truppen besetzten Münzstätten Leipzig und Dresden der Finanzierung des Siebenjährigen Krieges zugute kam, könnte es sein, dass der Alte Fritz den Profit aus den Münzmanipulationen nach 1763 für seine Sammlungen und Schlossbauten verwendete. Anzunehmen aber ist auch, dass die durch Falschgeld erwirtschafteten "extraordinaire Gewinne" in die Armee oder den Wiederaufbau des Landes nach dem Siebenjährigen Krieg gesteckt wurden.

Nach dem Tod Friedrichs II. (1786) ließ sich der Neffe und Nachfolger Friedrich Wilhelm II. über die Machenschaften seines Onkels informieren. Er strich noch hunderttausend Taler Gewinn ein, verbot dann aber weitere Münzfälschung. Die Unterlagen wurden preußisch-korrekt im Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem abgelegt und später von dem bekannten Münzforscher Friedrich von Schrötter in Veröffentlichungen der Schriftenreihe "Acta Borussica" ausgewertet, allerdings nur zum Teil. Neue Forschungen durch die Mitarbeiterin des Berliner Münzkabinett, Elke Bannicke (siehe auch "Beiträge zur Brandenburgischpreußischen Numismatik", Heft 11, Berlin 2003, S.85-111), und die von ihr vorgenommene Auswertung der Dahlemer Akten zeigen, dass die Falschgeldmachenschaften des "Großen Königs" umfangreich und riskant waren.

Pikant ist, dass sich um 1800 die preußische Münzverwaltung wortstark über massenhaft in England gefälschte und nach Preußen eingeschleuste Groschen empörte, für ihre Hersteller und Hehler die Todesstrafe forderte und die britische Regierung der Mitwisserschaft bezichtigte. Dass 30 Jahre zuvor Ähnliches auch in Preußen auf allerhöchste Anordnung geschah, war wohl schon vergessen, oder man hat es vornehm ignoriert.

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