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Die Reichsacht, dargestellt auf einem Brakteat Ottos II. von Brandenburg

Gerhard Müller
in: money trend 11/1982 S.25-27


Als der Fund von Kusey 1912 gehoben und von Emil Bahrfeldt bearbeitet wurde1), trat seine besondere geschichtsträchtige Zusammensetzung zu Tage. Trotz dem fanden sich aber nur wenige Interpreten, denn die geschichtlichen Zusammenhänge scheinen dem wissenschaftlichen Numismatiker nicht wichtig genug, und dem Historiker ist wohl die Ausdeutung von Münzbildern noch nicht geläufig.
Nur A. John wies in den Berliner Münzblättern2) auf den Brakteat Nr.3 dieses Fundes hin und bezeichnete das Gebäudemodell in den Händen des Markgrafen als mögliches Abbild der Klosterkirche zu Jerichow im Brandenburger Raum. Auch wenn damit die Jerichower Kirche nicht direkt gemeint wäre, mag die Modellkirche doch auf den ersten Backsteinbau im kirchlichen Bereich hinweisen, der in dieser Zeit aus den Niederlanden ins nordöstliche Deutschland eingeführt wurde. Die Jerichower Kirche gehörte jedenfalls dazu.
Zum Deuten mittelalterlicher Bildsymbole bedarf es der Erfahrung, des Einfühlungsvermögens und guter Kenntnisse des jeweiligen Zeitgeschmacks. Die Gestalt einer Sache, der messbare Teil, ist nur die eine Hälfte, die andere Hälfte verbirgt sich in den Zusammenhängen der Zeit.

   
Brakteat. Markgraf Otto II. von Brandenburg, 1184-1202.   Silber. Fund von Kusey Nr.1, Ø 24 mm, 1,04 g.
OTO MA - RCIO EST     (auf diesem Exemplar abweichend: OTO MA - RIIO EST)
Markgraf in Panzer und Sturmhaube mit Schwert und Fahne,
auf beiden Seiten im Feld je ein Reichsapfel mit Achtstern (Reichsacht).
Daneben :   Vergrösserung (Ausschnitt) des Reichsacht-Symbols (Brakteat des Autors).

Dieser Brakteat aus dem Fund von Kusey gilt als ein hervorragendes Beispiel für die Deutbarkeit mittelalterlicher Symbolik. Sein Bildgepräge ist eindringlich-einfach: Der stehende Markgraf im Panzer und mit Sturmhaube hält die Symbole seiner Macht, Schwert und Fahne in den Händen. Neben ihm, innerhalb zweier Bogenlinien, zu beiden Seiten, ein gleiches Reichssymbol. Ausserhalb der Bogen und zwischen dem Kerbreif die Umschrift: "OTO MA - RCIO EST" (Otto ist Markgraf). Für die wissenschaftliche Ausbeute ist dies ein Brakteat aus der Zeit vor 1200, unter Otto II. von Brandenburg (1184-1202), im Raum Nordmark, vielleicht in Stendal geprägt. Einer unter vielen Brakteaten, der sich aufgrund von Schrift und Duktus problemlos in das System der Territorialmünze einfügt.

Die Interpretation von Bild und Schrift begnügt sich nicht mit dem messbaren Teil des Brakteaten, sondern sucht nach den versteckten Zusammenhängen, mit denen er in seiner Zeit verbunden war. Zuerst zur Schrift, die Markgraf Otto als Herrn des Landes nennt, womit nur der Brandenburger gemeint sein kann. Dieses "EST" (ist) hatte keinen echten Sinn, wenn es für diejenigen Gebiete gelten sollte, in denen Otto II. seinem Vater Otto I. ohnehin folgte, sondern müsste sich auf solche Gebiete beziehen, die nicht zu seinem Erbteil gehörten. Als 1192 der Bruder Ottos II., Heinrich von Gardelegen, der die Nordmark besass, starb, entstand zwischen ihm und dem dritten der Brüder, Albrecht von Arneburg ein Streit, bei dem es sich, wie die Schrift auf dem Brakteat erkennen lässt, um die Nachfolge in der Nordmark gegangen sein muss. Der Streit wird kategorisch abgeschlossen mit der Feststellung: "Otto ist Markgraf". Es gab zu dieser Zeit in der Region Heinrich des Löwen, bevor sich die Machtverhältnisse dort stabilisierten, mehrere solcher Prägungen mit Imperativ-Zusatz: "Bernhardus ego sum" (ich bin Bernhard), "Henricus dux est" (Heinrich ist Herzog), die auf einen plötzlichen, unvorbereiteten Machtwechsel hindeuteten.

Das Wichtigste und Eigenartigste auf dem Brakteat ist die Darstellung eines Reichssymbols. Auch Bahrfeldt hatte schon darauf hingewiesen, dass der Ring mit dem Kreuz darüber den Reichsapfel kennzeichnen dürfte. Im späteren 13. Jahrhundert war die bildliche Darstellung des Reichsapfels keine Seltenheit, doch vor 1200 und überhaupt auf Brandenburger Münzen ist er sonst nie und später nur selten zu sehen. Auch die Stellung der beiden Reichsäpfel im Feld anstatt in der Hand des Dargestellten beweist, dass der Markgraf selber mit ihnen nicht in Beziehung stand.

Wer sich eingehender mit Symbolfiguren des Mittelalters befasst, findet keine Spitzfindigkeiten, sondern stets eine ganz vereinfachte, unkomplizierte Formel eines Ideengehaltes. Der Reichsapfel bedeutete die Einheit unter dem christlichen Glauben, dem Kreuz. Er ist zwar dem Bild der Weltkugel aus der Antike entlehnt, verlor aber die Idee der Weltherrschaft. Der achtstrahlige Stern war ein uraltes Zeichen der Macht, in frühester Zeit das Sonnenzeichen, bis heute als Ordens- und Ehrenzeichen verwendet. Als blasses dekoratives Zeichen und Schmuckelement ist der Stern natürlich in jeder Strahlenform bedeutungslos, nur in exponierter Stellung weist der Achtstrahl auf königliche Macht hin. Bei der Zusammensetzung von Reichsapfel und Achtstrahl, von Reichseinheit und Königsmacht muss es sich um den Ideengehalt der Reichsacht gehandelt haben, dessen Sinn auf den Zusammenhalt der Reichseinheit gerichtet war.
Eine so bedeutende und einmalige Darstellung auf der Münze eines Markgrafen kann nicht ohne geschichtlichen Hintergrund entstanden sein. Nach der Umschrift wurde der Brakteat nicht früher als 1192, nach dem Tod Heinrichs von Gardelegen, emittiert. Im gleichen Jahr begannen sich auch die inneren Spannungen des Reiches auszuweiten.

Gerade im Nordwesten der Nordmark, wo Heinrich von Gardelegen residiert hatte, vollzog sich jenseits der Grenze der Sturz Heinrichs des Löwen. Die ostsächsischen Teile des Herzogtums wurden nun an Bernhard von Anhalt und Aschersleben belehnt. Bernhard war der Onkel des Brandenburger Markgrafen Otto II. Der verbannte und nach England geschickte Heinrich der Löwe war schon 1189 wieder in sein aufgeteiltes Herzogtum zurückgekehrt und hatte die von ihm erbaute Stadt Bardowick, die sich seinen Wünschen widersetzte, brutal verwüstet. Er wandte sich weiter gegen Herzog Bernhards Ansprüche, die der Kaiser ihm im Lande des Löwen übertragen hatte. 1192 verschwindet der Sohn Heinrichs des Löwen aus der Gefolgschaft des Kaisers, den dieser zur Sicherheit als Geisel gegenüber der Rache des Löwen auf seinen Italienzug mitgenommen hatte. Über Heinrich den Löwen war bereits vom Kaiser Friedrich II. die Reichsacht ausgesprochen worden. Nun sprach Kaiser Heinrich VI. auch über den Sohn des Löwen die Reichsacht aus. Doch ungeachtet aller kaiserlichen Massnahmen sammelte der Löwe seine Kräfte, um zu einem Schlag gegen den staufischen Kaiserthron auszuholen.
Der Askanier Bernhard von Aschersleben stand allein da, um seine Ansprüche geltend zu machen. Der Wettiner, der Thüringer, der Zähringer und sogar der Erzbischof von Mainz sympathisieren mit dem Löwen3). Da muss auch Markgraf Otto II. von Brandenburg Partei ergriffen haben, gegen den Löwen natürlich, denn Bernhard, nun Herzog von Sachsen, gegen den sich der Hass des Löwen hauptsächlich richtete, war sein Verwandter und der vom Kaiser eingesetzte, rechtmässige Herzog von Ostsachsen.
In dieser unübersichtlichen Situation, das halbe Reich auf Seiten Heinrichs des Löwen, die andere Hälfte auf Seiten des Kaisers, entschloss sich Otto II. von Brandenburg, den Kaiser zu unterstützen. Um seine Entscheidung vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen, setzte er das Reichssymbol, den Apfel mit dem Zeichen der königlichen Macht, dem Achtstrahl, auf seine Münze. Jeder im Lande wusste, was diese Symbole bedeuteten, sie waren der Bevölkerung die nicht lesen konnte, ebenso vertraut wie den schreibgewandten Beamten. Das Zeichen der Reichsacht kann nur als Votum für den Kaiser gedeutet werden.
Vielleicht hat gerade der drohende Zerfall des Reiches den Brandenburger Markgrafen Otto II. noch mehr dazu angetrieben, das Erbe seines Bruders in der Nordmark allein anzutreten, um es fest in die Brandenburger Gebiete einzugliedern. Sein jüngerer Bruder Albrecht vollendete später die Integration. Welche Bedeutung hatte damals die Reichsacht? Die weltliche Acht war ebenso wie der kirchliche Bann eine der gefürchteten Strafen für Ungehorsam im Mittelalter.

Nach der sogenannten Zwei-SchwerterTheorie war der Bann die Waffe des Papstes, die Acht jene des Kaisers. Bei längerem Ungehorsam konnte die Acht zur Reichsacht gesteigert werden, die dann für das ganze Reichsgebiet Gültigkeit besass. Eine physische Vernichtung des Ungehorsamen wurde damit noch nicht angestrebt. Erst die letzte Stufe, die Oberacht, rechtfertigte die Vernichtung des Gegners4).
Der Bann des Papstes bestand in der Ausschliessung vom Empfang der Hl. Sakramente. Der Bann konnte nach einer gewissen Zeit auch die weltliche Achterklärung nach sich ziehen. Die Reichsacht bedeutete die Ausdehnung vom örtlichen Bereich auf alle Gebiete des Reiches. Jedermann im Reich hatte die Pflicht; den Ungehorsamen in Gewahrsam zu nehmen. Gewöhnlich durfte die Reichsacht nur im Zuge der Steigerung einer bereits bestehenden Acht ausgesprochen werden. In besonderen Fällen konnte sie der Reichshof aber auch direkt verhängen. Ausgesprochen werden konnte die Reichsacht jedoch immer nur vom König selber5).
Ein so komplizierter rechtlicher Begriff wie die Reichsacht liess sich nicht so leicht in bildliche Zeichen umsetzen. Im Mittelalter waren diese Zeichen aber nötig, um schwierige Dinge den Menschen die nicht lesen konnten, begreiflich zu machen. Der kirchliche Bann wurde oft in der Gestalt eines blitzeschleudernden Papstes dargestellt. Für die Reichsacht stehen anschauliche Darstellungen im Rechtsbuch des bebilderten Sachsenspiegels zur Verfügung. Er wurde etwa um 1350 geschrieben. Darin wird die Verhängung der Acht versinnbildlicht, indem das Schwert des Rechts den Hals eines Delinquenten durchbohrt, das heisst den Geächteten gewissermassen rechtlich stumm macht. Zur Kennzeichnung der Reichsacht benutzte man das gleiche Bild, doch zusätzlich wurde über den Schwertgriff


Vor dem gräflichen Richter. Zwei zur Acht und zur Reichsacht verurteilte Delinquenten (Schwert, Schwert mit Krone).   Sachsenspiegel um 1350. (Bild 38b/5)

eine Krone gestülpt, welche als Zeichen der Reichshoheit eine ähnliche Funktion wie der Reichsapfel gehabt haben dürfte. Wir wissen, dass sich der Reichsgedanke vom Inhalt wie vom Symbol her immer mehr zum Staatsbewusstsein veränderte. In Anlehnung an die Antike war zuerst der absolute Alleinanspruch des obersten Herrn, des Kaisers; er wurde durch den Reichsapfel vertreten. Später entstand im feudalistischen System ein staatstragendes Fürstengebilde, welches sich in der Gestalt des Herrschers oder der Krone vereinigte. Das bürgerliche Zeitalter dokumentierte sich in Deutschland unter dem Wappenzeichen des Adlers, während sich die Menschen der Neuzeit unter den Farbsymbolen einer Fahne zusammenfanden.


Vor dem Lehnsherrn zwei zur Acht und zur Reichsacht Verurteilte, denen der Lehnseid verweigert wird (Der Lehnsherr wendet sich ab).   Sachsenspiegel um 1350 (Bild 64a/3)

Das bildliche Symbol der Reichsacht wird auf dem Brakteat Nr.1 des Kuseyer Fundes einfach und durchschaubar dargestellt. Man macht sich heute kaum einen Begriff davon, wie gravierend die Folgen der Entmachtung Heinrich des Löwen waren, der sich bis zum Tode 1195 verbissen gewehrt hatte. Die Zerschlagung seines mächtigen Herzogtums führte zu einschneidenden Veränderungen in politischen wie wirtschaftlichen Beziehungen. Sein Gebiet zerfiel in viele Teile, einige kamen an den Kölner Erzbischof, Bayern ging an Otto von Wittelsbach, Ostsachsen erhielt Bernhard von Aschersleben; nur der Braunschweiger Hausbesitz blieb Heinrich.
Es gibt mehrere Münzprägungen, besonders unter den bayrischen Denaren oder Halbbrakteaten, welche auf die Ereignisse um Heinrich den Löwen Bezug nehmen. Dannenberg bringt in einem Exkurs über die Prägung von Denkmünzen6) Hinweise auf solche, die unter Otto von Wittelsbach geprägt wurden. Er fährt fort: "Der Sturz Heinrichs des Löwen, ein Ereignis von folgenschwerer Bedeutung, hat auch im Norden unseres Vaterlandes, für den es doch von ganz besonderer Wichtigkeit war, eine unleugbare Geschichtsmünze hervorgerufen, den Brakteat nämlich, auf welchem Bernhard, sein Nachfolger in der sächsischen Herzogwürde, erscheint, wie er sitzend, den überwundenen Löwen zu den Füssen, seinen Vasallen Achtung ihrer Freiheiten eidlich angelobt." 7)
Während die Darstellungen auf den Münzen Ottos von Wittelsbach und Bernhards von Aschersleben auf die bereits vollzogene Absetzung Heinrichs des Löwen Bezug nahmen und die symbolische Gestalt des Löwen verhöhnten, enthielt sich Otto von Brandenburg jeder Stellungnahme. Er setzte allein das bildliche Zeichen des Reichsacht-Beschlusses, um die beiden Welfen, zu warnen, auf seinen Brakteaten.
Zwei Fragen, die in diesem Komplex eine wesentliche Rolle spielen, seien noch näher erörtert. Erste Frage: welchen Wert haben Symbole? Zu Symbolen werden Figuren, Zeichen, Formen, wenn sie eine Vertreterstelle für ganz bestimmte Sachverhalte, Zusammenhänge oder Ideengänge einnehmen.
Das Kreuz zum Beispiel ist das Zeichen des Christentums, Buchstaben oder Markenzeichen können Symbole einer Geschäftsfirma, Gesellschaft oder Partei darstellen, Verkehrszeichen bestehen aus symbolischen Darstellungen. Technische Belange werden heute immer mehr durch Symbole gesteuert, weil dies der schnellste und einfachste Weg ist. In der Computertechnik, in der Datenverarbeitung, überall setzt man Symbole ein, die in Blitzesschnelle eine Vielzahl bestimmter Informationen geben können. Auch Lochkarten sind Symbolsysteme. Die· technischen Symbole sind die modernste Form der Wissensspeicherung und Nachrichtenübermittlung.
Eine andere Zweckbestimmung, Fakten in die engste Form zu bringen, hatte auch die mittelalterliche Symbolik nicht, nur die elektronische Umsetzung in fassbare Daten fehlte. Die Wappen und die Hausmarken waren damals gewählte oder übertragene Symbole, der Bundschuh das Sinnbild der aufbegehrenden Bauernbünde, die Zünfte hatten ihre Zeichen; der Handschuh auf der Stange symbolisierte den Markt; Gegenstände wie der Weinkrug wiesen auf das Wirtshaus hin. Ein schönes Symbolzeichen ist das Posthorn, das heute noch an postalische Einrichtungen erinnert.
Vor der Aufschlüsselung solcher alten Symbole, der Reinigung von späteren Überlagerungen, die den Sinn veränderten, sollten auch die Numismatiker nicht kapitulieren, wenn sie sich der mittelalterlichen Münzforschung zuwenden.
Zweite Frage: Kann ein Einzelstück zu wichtigen Schlüssen führen? Dieser Streit begann im vorigen Jahrhundert mit der Definierung des Begriffs Denkmünze. Die eine Seite bestritt kategorisch, dass Münzen zum Zweck des Gedenkens an ein Ereignis geprägt worden seien, die andere Seite wies immer wieder auf solche Darstellungen auf Münzen hin, die kaum bezweifelbare historische Momente zur Ansicht brachten. Mal sprach man solchen Darstellungen den Charakter eines Zahlungsmittels ab, mal sah man in ihnen Manifestationen von höchstem kulturellem Wert.
Nachdem Menadier wegen seiner Ansicht über einen Hochzeitspfennig Heinrichs des Löwen von P J. Meier heftig angegriffen worden war, verfasste Menadier 1890 die Rechtfertigung seines Standpunktes, dass dieses Thema eigentlich bereinigt sein sollte8). Er verwies auf eine Unmenge von Beispielen mit ähnlichen Bildern und betonte: "Meinem Urtheile zufolge ist dem letzteren Münzbilde, in dem die Herzogin neben dem Herzog auftritt, eine unbedingt zwingende Beweiskraft beizulegen." Es handelte sich um einen Brakteat mit der Darstellung eines architektonisch reich verzierten, grossen Torbogens, in dem nach links ein Löwe postiert ist. Über dem Torbogen standen rechts und links getrennt die beiden Brustbilder des Herzogpaares an nicht dominierender Stelle. Meier widersprach dieser Rechtfertigung Menadiers nicht mehr, sondern lenkte ein, eine Modifizierung wonach es zwar solche Prägungen gegeben habe, die aber nicht ausserhalb der regulären Münzprägung anzusiedeln wären, sondern das Gedenkmerkmal nur als Begleiterscheinung geführt hätten. Da Menadier in seinen Ausführungen gar nichts anderes gemeint hatte, war der Streit beendet. Später bestätigte Friedensburg in einer Arbeit9) noch einmal das Streitergebnis: "Daran kann kein Zweifel bestehen und darüber herrscht, wie es scheint, Einigkeit, dass sehr zahlreiche Münzbilder in irgendeiner Weise, bald mehr, bald minder deutlich auf geschichtliche Ereignisse anspielen oder solche darstellen."10)
Wenn es also keine Zweifel darüber geben kann, dass bestimmte Ereignisse Bildelemente auf einzelnen Münzen veranlassten, dann muss man umgekehrt von eindeutig erkennbaren Bildmerkmalen einzelner Münzen auf sonst nicht bekannte, politisch oder persönlich motivierte Vorgänge schliessen dürfen. Damit kommt auch der Einzelmünze konkret eine Stelle an der Seite der schriftlichen Dokumente zu, das heisst sie besitzt die gleiche Beweiskraft. Voraussetzung ist natürlich ein sicheres Interpretationsvermögen und die Kenntnis der Umstände, unter denen die Münze entstand.

Anmerkungen
[1] Bahrfeldt, Emil: Altmärkischer Münzfund. In: Berliner Münzblätter. Berlin 1915/16.
[2] John, A.: Ist der Brakteat des Markgrafen Otto II. von Brandenburg eine Gedächtnismünze? In: Berliner Münzblätter 1931.
[3] Schmidt, Richard: Heinrich der Löwe. München/Berlin 1936.
[4] Franklin, Otto: Das Reichsgericht. Bd. 2. Weimar 1867.
[5] Franklin, Otto: dito.
[6] Dannenberg, Hermann: Kannte das Mittelalter Denkmünzen? In: Zeitschrift für Numismatik 13. Bd. Berlin 1885.
[7] Abbildung bei Elze, Theodor: Die Münzen Bernhards, Grafen von Anhalt, Herzog von Sachsen. Heft 1, Tafel 1h. Berlin 1870.
[8] Menadier Julius: Der Hochzeitspfennig Heinrichs des Löwen. In: Berliner Münzblätter. Berlin 1890-92.
[9] Friedensburg, Ferdinand: Die Symbolik der Mittelaltermünzen. 2. bis 3. Teil. Berlin 1922.
[10] Besonders lehrreich in der Übersetzung funktioneller Begriffe in Bilder und Gebärden ist das Studium der Bilder des Sachsenspiegels. An dessen Stelle wurde das Faksimilie der Dresdner Bilderhandschrift benutzt. Leipzig 1902.



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