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Die erste deutschsprachige Münzensammler-Zeitschrift

U. E. G. Schrock
Münzenrevue 5/2003 S.133-138


1. Die Voraussetzungen

Die Lust, alte und neue Münzen und Medaillen zu sammeln, galt seit der Renaissance als standesgemäße Beschäftigung von Fürsten. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Beschäftigung mit Münzen zu einer weiter verbreiteten Mode. Fürsten, Edelleute, Gebildete und Künstler sammelten und legten je nach Geldbeutel ihre Münzkabinette an. Weniger Betuchte sammelten Kopien, Abgüssel und Abdrücke, die Herrschaft Originale. Gebildetes Bürgertum unterstützte diese Sammellust durch seine Zeit intensive Arbeit, indem es die Sammlungen seiner Herren betreute, ordnete und katalogisierte.

dem Titel "Münzbelustigungen" und "Münzvergnügen" traten im 18. Jahrhundert die ersten periodisch erscheinenden Zeitschriften auf, die speziell Münzen und Medaillen thematisierten.

Johann David Köhler (1684-1755) machte seit 1729 mit der Publikation des ersten Heftes unter dem Titel "Historische Münz-Belustigung ... darinnen allerhand merkwürdige und rare Taler / Ducaten / Schaustücken / Klippen und andere sonder bahre Gold- und Silbermünzen ... accurat in Kupfer gestochen, beschrieben und aus der Historie verständlich erklärt werden" den Anfang. Bis 1750 publizierte er noch weitere 21 Teile. Köhler war zunächst Professor an der Universität Altdorf bei Nürnberg, später an der Georgia Augusta in Göttingen und wandte sich mit seiner Münzzeitung an ein weit verstreutes interessiertes Publikum.

Ein Vorläufer für seine Publikation existierte in gewissem Sinne in Wilhelm Ernst Tentzels von 1689 bis 1698 edierten "Monatlichen Unterredungen einiger guten Freunde von allerhand Büchern und anderen ansehnlichen Geschichten". Diese zweite deutschsprachige Zeitschrift überhaupt beinhaltete auch mannigfaltiges numismatisches Material. Tentzel, der von 1659 bis 1707 lebte, sollte später (1705-1713) durch seine numismatischen Monographien der Wettiner Ernestinischer und Albertinischer Linie berühmt werden.

Weitere "Münzbelustigungen" folgten, so von Georg Andreas Will (1764-1767), Peter Paul Finauer (1768) und Johann Jacob Spies (1768-1774). Darin stellten Gelehrte wie der Universitätsprofessor Will (Universität Altdorf 1727-1798) einem gleichfalls gelehrten und gebildeten Publikum historisch bemerkenswerte Münzen und Medaillen vor, in dem sie diese mittels Kupferstich abbildeten und erläuterten. Legenden wurden aufgelöst, übersetzt, die Ikonographie erklärt und auf besondere Merkmale, z. B. bei Fehlprägungen, hingewiesen.

2. Die "Neuigkeiten für alle Münzliebhaber"

Doch alle diese gelehrten Zeitschriften kümmerten sich nicht oder kaum um die Belange der Sammler. Das sollte sich mit dem kaiserlichen Hof-Faktor und Buchhändrer George Bauer in der freien Reichsstadt Nürnberg ändern.

Faktor (aus dem Lateinischen) bedeutet der "Machende", der "Besorgende". Er war ein Kommissionär oder Handelsvermittler, hier im Handels- und Gewerbezentrum Nürnberg der Leiter der kaiserlichen Einkaufs- und Verkaufsstelle. Für die mannigfaltigen Bedürfnisse des kaiserlichen Hofes besorgte er Luxusgüter wie silbernes Geschirr, Musikinstrumente, Prunkharnische, kostbare Gläser, Kunstgegenstände, edle Weine etc.

George Bauer wagte den mutigen Schritt, auf eigene Kosten 1764 das erste Stück seiner "Auserlesenen und nützlichen Neuigkeiten für alle Münzliebhaber" (NfaM) drucken zu lassen und es in seinen Räumlichkeiten in Nürnberg "gegen dem Bitterholz über" feilzubieten. Der Verleger und Redakteur, hatte schon zuvor numismatisch gearbeitet: "Noch ehe er anfieng, diese Münzneuigkeiten zu verlegen, veranstaltete er das neueröffnete Münzcabinet, wobey der seelige Herr Professor Joachim in Halle die Feder führte". Johann Friedrich Joachim (1713-1767) hatte in Leipzig 1739-52 das "Neu eröffnete Groschen-Kabinett" erscheinen lassen und - wie gesagt - im Verlage Bauers 1761 (Teil 1), 1764 (Teil 2) und 1770 (Teil 3) seines bis 1773 fortgeführten "Neueröffneten Münzkabinetts" publiziert. Im vierten Stück seiner NfaM kündigte Bauer im Februar 1765 Band drei dieses "Münzkabinetts" an:

"ADVERTISSEMENT" An denen zum Dritten Band des neueröffneten Münzcabinets bestimmten Münzen wird noch mit allem Eifer fartgestochen. Es kommen dabey viele merkwürdige Thaler, allerley schöne seit 1764 her in Wien, London und Berlin geprägte Medailles, und andere sehr curiose Münzen vor, die aus dem unschätzbaren Münzcabinet Jhro Majestät des Kaisers mitgetheilet worden sind, und welche nirgends abgebildet und beschrieben zu finden. Ein neuerfundenes Titelkupfer und artige Vignettes sollen bey diesem Bande angewendet werden. Sollten hohe Personen allenfalls noch Münzen, die sie haben prägen lassen, bemeldem Dritten Band einverleiben lassen wollen, so bittet man, solche baldigst an George Bauer, Buchhändler in Nürnberg, franco einzusenden."

Doch zurück zu Bauers Münzzeitung. Das erste Stück seiner NfaM umfaßte 32 Seiten im Quartformat und wies 4 kleine Münzabbildungen im Text als Kupferstich auf. Als Drucker trar der Nürnberger M. K. F. W Erbstein auf, der den Titel mit einem hübschen emblematischen Kupfer schmückte. Dieses zeigt einen säenden und einen Bäume pflanzenden Landmann unter der Devise "AUXILANTE DEO LEVABOR", zu deutsch etwa: "Durch Gottes Hilfe werde ich unterstützt." (Abb. 1)


Abb. 1.: Titel 1764 mit Emblemata-Kupfer

Im "Vorbericht" zum ersten Stück erläutert Bauer sein Vorhaben: Er ist sich bewußt, daß er Neuland betritt, in dem er "ein Bureau anleget, wo ein jeder Liebhaber (der Münzwissenschaft) sich zum Vortheil Nachrichten finden kann." Dieses Büro funktionierte aufgrund von Schriftverkehr. Aus aller Herren Länder kamen Billets von Münzliebhabern, die über Neuausgaben in ihren Staaten berichteten, erschienene Publikationen ergänzten oder korrigierten, von Münzfunden berichteten und ihre Verkaufsangebote und Kaufgesuche hereingaben, ähnlich der Kleinanzeigen heute in der "MünzenRevue".

Bauers Münzzeitung war also der Anlaufpunkt für Sammler. Die angestrebte Aktualität machte die Bedeutung des Blattes aus, welches "von Zeit zu Zeit" das Wichtigste bringen wollte. Ursprünglich sollte alle zwei Monate eine Lieferung erscheinen, das aber erwies sich als unrealistisch. "Meine vorzügliche Absicht gehet auf die Neuigkeiten, welche die Münzsammler, Beschreibungen der Münzen, Entdeckung der alten, und Bekanntmachung der neuren höhern Sorten, in Medailles, oder eigentlichen Nachrichten von großen Münzkennern, wohlausgearbeiteten Schriften, und kurz von allem deme, so den Münzfreunden nicht gleichgültig sein kann, es zu wissen, betreffen werden. ... So werde ich mir angelegen seyn lassen, das neuste der Zeit in diesem Felde der Wissenschaften beyzubringen, ... mich nach der Form eines Journals halten, welches den Gelehrten, und anderen Liebhabern der schönen Wissenschaften nach Geschmack seye."

Um konstruktive Mitarbeit wurde gebeten. "Ich fordere ... hiermit auf, an diesem an sich gering scheinenden, jedoch nützlichen Unternehmen mitzuarbeiten." Bauer war bereit, die Kosten zu tragen: "Um die Kosten der an mich einzuschickenden Beyträge und Briefe, werde ich wohl nicht bitten dürfen."

Das erste Stück der NfaM gliederte sich wie auch die nachfolgenden in vier Abschnitte: 1. "Von Münzen, Münzbüchern, und anderen Münzsachen, welche zu verkaufen stehen. (4 Seiten), 2. Von eben dergleichen, so zu kauffen gesucht werden." (1 Seite), 3. Von Nachrichten, welche die Neuigkeiten im Münzwesen darstellen, und einen Münzsammler dienen können. (19 Seiten), 4. Von den Preisen der verschiedenen Gold- und Silbermünzen, wie sich solche auf einigen Handelsplätzen verhalten" (4 Seiten).

Ab dem zweiten Stück wurde die wichtigste und umfangreichste Rubrik "Von Nachrichten, welche die Neuigkeiten im Münzwesen darstellen, und einen Münzsammler dienen können" vorangestellt und anstatt "Von den Preisen der verschiedenen Gold- und Silbermünzen ... " gab es den vierten Abschnitt. "Von vermischten Neuigkeiten". Hierunter konnten bei Bedarf die Preise subsumiert werden.

3. An- und Verkaufsanzeigen von Münzen und numismatischer Literatur

"Nachfolgende wohlbehaltene Cabinet= Thaler werden um angefügte billige Preise gegen baare Bezahlung Stückweis weggegeben, und wird der Verleger damit an Handen gehen können: Nach LilienthaIs Thaler=Beschreibung Edit. 1747. Num ....


Abb. 2: Lilienthais Thaler=Beschreibung Edit. 1730 Titel mit Frontispiz.

Der Lilienthal (Abb. 2), genannt nach dem evangelischen Prediger zu Königsberg M(atthias) Lilienthal, der ursprünglich nur ein Verzeichnis seiner zu veräußernden Sammlung drucken ließ, war wie Jahrhunderte später der Jaeger-Katalog das Zitier- und Standardwerk einer ganzen Sammlergeneration, lenkte es doch die Sammellust der Münzliebhaber auf ein bestimmtes, ansehnliches Nominal. Der beliebte und praxistaugliche Katalog wollte kein "Commentarius, sondern nur ein Index und Handbuch seyn". Der ersten Auflage von 1725 mit 671 Talern folgten weitere: Anno 1730 (mit 789 Talern), 1735 (mit 1407 plus 128 Talern) und 1747 (mit 2384 Talern).


Abb. 3: Taler-Verkaufsanzeige (nach Lilienthal), 16./17. Stück 1770, S. 340/42

Die Preise der Thaler (Abb. 3) bewegten sich von 3 fl. (fl. = Florin = Reichsgulden zu 60 Kreuzer) bis 10 fl., also war ein Taler (als Sammelstück) ab 1½, Taler (= 3 fl.) zu erwerben. Laut Beschluß der fränkischen Kreisversammlung vom 16. Januar 1764 wurde der alte Reichstaler (mit 9 Stück aus der feinen Mark) zu 2 fl. 40 Kreuzer, der neue Konventionstaler (10 Stück eine feine Mark) zu 2 fl. 24 Kreuzer gerechnet.

Der Münzhandel und das Kommissionsgeschäft blühte im 18. Jahrhundert, wie weitere Beispiele (von Seite 7) vergegenwärtigen:

"Herr Gottfried Wilhelm Müller, M. Doct. zu Frankfurt am Mayn, verkauffet seinen Vorrath von Gold= und Silber= Münzen Stückweise. Der hierüber verfertigte Catalogus, so die jedem Stück beygefügte billige Preise angiebt, wird von dem Verleger gratis ausgegeben.

Letzterer verkauffet in Commission: die Suite der Könige von Ungarn in Gold, in Ducaten=Grösse, von Ludovico I. de Anno 1342 an biß Kaiser Carl VI. in allem 27. Stücke; jedoch fehler, welches das 28ste wäre, das Stück von Carolo Neapolit. de A. 1385. Diese 27. Stücke kosten zusammen 162 fl."

Natürlich suchten Sammler alte Münzen und Medaillen, aber auch Neuheiten waren gefragt: "Der Thaler vom Herrn Landgrafen von Hessencassel Ludov. VIII. vom Jahr 1751. Auf dessen Revers die Worte stehen: Sincere & constanter. Hiervon werden zwey Stücke verlangt, und man bietet für jedes 4 fl.

Zur Ergänzung zweyer Sammlungen von Goldmünzen brauchet man nachstehende Goldmünzen und Ducaten. Laut Joh. Tob. Köhlers histor. Crit. Beschreibung der Ducaten und aller andern gangbaren Goldmünzen ... "

Wie Münzen, so wurden auch numismatische Bücher in An- und Verkauf gehandelt. Neben Neuerscheinungen (auch nicht Numismatisches aus Bauers Verlag) vergriffene antiquarische, wie z. B.:

"Jo Vaillant Numismata Imperatorum Romanorum III. Tomi Groß Quart Rom 174328 fl." Mit 28 Gulden wurde ein ansehnlicher Preis für das Prachtwerk gefordert, welches die römischen Kaisermünzen von Julius Caesar bis Postumus behandelt. Die drei Bände der 4. in Rom gedruckten Auflage des Standardwerkes brachten z. B. 1995 in Hamburg auf der Auktion 73 von Tietjen & Co. 700,- DM plus Zuschlag, also etwa 450 Euro.

"Doederlini, Jo. Alex. Commentatio historica de nummis germanicae mediae, quos volgo bracteatos & cavos, vernaucle Belch und Hohlmünzen adpellant. Norimb. 1729. 4. Ganz neu in Pergarn. gebunden. 45 kr." Diese frühe wissenschaftliche Betrachtung mittelalterlicher Münzen, besonders süddeutscher Brakteaten, aus der Feder des Direktors des Gymnasiums zu Weißenburg (in Bayern) wurde 1991 auf der Auktion Dr. Busso Peus Nachf. für DM 160 plus Aufgeld versteigert (Abb. 4).


Abb. 4: Kupfertafel Nr.1 aus Doederlein 1729

Es zeigt sich, daß auch damals schon ein Markt für antiquarische numismatische Literatur bestand, und daß sich derlei Publikationen als stabile Wertanlage eigneten - und eignen.

Umfangreicher waren Verkaufsangebote von Neuerscheinungen. Wir bringen zwei Beispiele. Johann Friedrich Joachims "Neu eröffnetes Münzkabinett" war gerade im Erscheinen begriffen. Die ersten Bände konnten schon erworben werden (1. Bd. 1761 3 fl. 30 Kr., 2. Bd. 1764 -3 fl.), Band drei war gerade in Arbeit. In einer ausführlichen Rezension wurde das Werk positiv besprochen. Darin heißt es u. a.: "Die Beschreibung und Erläuterung dieser Münzen ist so gerathen, wie man sie wünschen kann". "Die Münzen sind so sauber, als richtig, von dem Herrn Johann Sebastian Leitner gestochen worden." 1995 kostete der erste Band etwa 110 Euro, Band 1 und 2 zusammen 155 Euro.

Mit "Chr. Ad. Klotzii historia numorum contumeliosorum & satyricor. c. fig. 8. Altenb. 1765. 1 fl. 15 kr.", der ersten Ausgabe dieser münzgeschichtlichen Abhandlung mit 5 Tafeln des Hallischen Professors, der damals als "Lateinischer Gottsched" bezeichnet und z. T. als oberflächlicher Hans Dampf in allen Gassen viel bewundert und ebensoviel angefeindet wurde, kam eine weitere Neuerscheinung heraus (Abb. 5).


Abb. 5: Titel Klotz 1765 mit der hübschen Vignette "Sterngucker"

Das kleine relativ seltene Bändchen kostete 1995 im Handel 115 Euro.

4. "Von Nachrichten, welche die Neuigkeiten im Münzwesen darstellen, und einem Münzsammler dienen können."

Hier, in dieser umfangreichsten Rubrik der Zeitschrift, fand die Leserschaft Fachartikel, die sich teilweise als Fortsetzung über mehrere Lieferungen hinzogen. Ein nur mit Namenskürzel Jo. J. S. auftretender Briefschreiber berichtet über Taler des Erzbistums Salzburg mit Schwerpunkt Ikonographie des Marienbildes. Auf dem Frontispiz des zweiten Stückes wird deshalb der hübsche Taler des Jahres 1758 abgebildet (Abb. 6).


Abb. 6: Taler 1758 Salzburg S. 33

Dieser Autor und Sammler war offensichtlich recht pfiffig, denn anknüpfend an seine Ausführungen bot er Salzburger Taler feil. Wir erfahren auch, wie man seine Münzensammlung günstig erweitern konnte. So wollte der Sammler seine doppelten Taler zu 3 fl. bis 3 fl. 30 Kreuzer verkaufen, die er bei einem jüdischen Kaufmann "das Stuck vor 2 fl. 50 kr. einhandelte, und vor die eroberten Doubletten manch schönen Thaler eintauschte." Der Sammler konnte sich aus "mehr als 1400 Stuck lauter Salzburgische Thaler in Fürth bey einem Juden" die interessantesten aussuchen, "welche eben in den Schmelztiegel wandern sollten." Das waren noch Zeiten!

Wie auch heute in numismatischen Fachzeitschriften gab es bei George Bauer einen Neuheitendienst. So wußte er z. B. aus seiner Heimatstadt zu berichten: "Die zwey allerneusten Nürnbergischen Conventions=Thaler. Die Hauptseite, so beide Thaler gemein haben, ist das links sehende Kaiserliche Brustbild, mit dem Lorbeerkranz auf dem Haupte und der Toisonkette über der Brust. Die Umschrift heißt: IOSEPHVS II D. G. ROM. IMP. SEMP. AVG. Unter dem Arme stehet der Münzstockschneider: OEXLEIN F.

Der eine zur rechten Hand gestellte Revers weist einen gar schönen Prospekt der Stadt Nürnberg, unter einem strahlenden Dreyeck mit dem Namen Gottes. Darüber steht: X EINE FEINE MARCK 1765. Im Abschnitt ist das Wort NVRNBERG.

Der andere zur linken Seite gestellte Revers zeiget den doppelten Adler, mit Scheinen um den Köpfen, zwischen welchen oben die Kaiserl. Krone schwebt, so wie in der rechten Klaue das Schwerdt und in der linken der Reichsapfel gehalten wird. Auf der Brust ist der Nürnb. Stadt=Wappenschild. Umher stehet: X EINE FEINE MARCK 1765 (Abb. 7).


Abb. 7: Taler 1765 Stadt Nürnberg

Aktuell kommt uns heute die "Abhandlung von dem Nutzen derer Sammlungen von heurigen Land= und Scheidemünzen" vor. Der unbekannte Verfasser plädiert für das Sammeln dieser Gepräge obwohl sie "das Prädicat der Rarität nicht verdienen" und jedermann ohnedies sattsam bekannt sind". Elf Pro-Argumente werden angeführt, u. a. daß die "Jugend von allen diesen leichter und beliebter zu unterrichten" sei und auch Scheidemünzen zur Illustration der Geschichte, Heraldik und Genealogie dienen können. Zudem, wenn Scheidemünzen heute neu und häufig sind, können sie später doch rar werden. Ein Gedanke, der sich in jetziger Euro-Euphorie zu bewahrheiten scheint.

Auch Münzfunde wurden publiziert: "Aus London wurde folgendes einberichtet: In der Gegend von Newcastle ist jüngstens bey Umgrabung der Erde ohnfern einer alten von den Römern ausgeführten Mauer, eine grosse Quantität von Medaillen gefunden worden. Wie es heißt, sollen ihrer 50. von Silber und 16. von Gold seyn, und unter denselben verschiedene Othones." Schon damals war die relative Seltenheit von Münzen des nur von Januar bis zu seinem Selbstmord am 16. April 69 regierenden Kaisers Marcus Salvius Otho erkannt.

Die Sammlerfreundlichkeit der Zeitung zeigt sich auch daran, daß Thaler und ihre Auktionspreise gebracht werden, so z. B. "Ein Thaler der Stadt Danzig.

Die Hauptseite zeiget das gecrönte und geharnischte Brustbild des Königs von Pohlen in krausen Haaren und Barte, mit einem breiten spitzenen Ueberschlag und umhangender Vließ=Ordenskette .... Auf der Ruckseite ist das Wappen der Stadt, nemlich zwey silbene über einander gestellte und mit einer guldenen Krone bedeckte Creutze im rothen Felde, so zwey Löwen halten, darüber ein Lorbeercrantz ... und unten 1640. Jst bey Münz=Auctionen für fl. 2.45 kr. weggegangen." (Abb. 8)


Abb. 8: Kupferstich mit Danziger Taler S.286

5. "Von vermischten Neuigkeiten"

Unter dieser Rubrik finden sich wirklich spannende Informationen. Einige Beispiele seien angeführt: "Eine strafwürdige Hand hat es gewaget, aus Zinn gemachte 12 Kr. Stücke, welche denen Churbayerischen 12 Kr. Stücken sich ähnlichen, in das Publicum zu verbreiten, dahero durch hohen Antrag die Warnung vor denselben hiemit ertheilet wird."

Tips über "Mittel, wie alte schwarze und unansehnlich gewordene Silbermünzen zu reinigen" sind, haben nach wie vor ihre Berechtigung. Neben Verfahren, die das Gepräge beschädigten und stark Wert mindernd sind, gab es auch bis heute bewährte:

"Man nehme reines warmes Wasser und lasse darin etwas gute weisse Seife zergehen, mit diesem Seifenwasser wasche man die Münze sauber ab; oder man kann auch· einen reinen Lappen nehmen und die Münze damit in der Hand gleichsam scheuren, aber ohne Sand."

Äußerst gefährlich dagegen war z. B. das Glühen von Kupfermünzen und Löschen in Essig oder Urin und anschließendem Scheuern mit feinem Sand "so werden solche, wo anders das Gepräge noch scharf ist, und die Jahrzahl es nicht sagte, für neu passiren können".

Eigentlich war das Münzenreinigen Aufgabe der Gold- und Silberschmiede. Diese glühten das Geldstück im Kohlenfeuer, mußten aber aufpassen, daß es "nicht verschmilzt" und sotten es dann im Kupferkessel in Wasser mit Weinstein und Salz. Danach wurde die Münze im Kohlefeuer geglüht um endlich "von geübter Hand polirt" zu werden, was (zum Glück) "bey alten Münzen nicht sonderlich üblich ist." Hier finden wir also den Grund von Auktionskatalogsbeschreibungen wie "Felder geglättet" oder "Hitzespuren".

"Um die Liebhaber schöner Thaler noch fernerhin zu vergnügen, lege ich hier wieder eine richtige Abbildung und Beschreibung zweyer fürtrefflichen Stücke vor, welche sich in dem Münzschatze Sr. Majestät des Römischen Kaisers befinden."

Bei einer dieser Raritäten handelt es sich um folgenden Löser:

"Georg Wilhelms zu Braunschweig=Lüneburg grosser Schauthaler à 6. Species. Auf der ersten Seite siehet man des Herzogs geharnischtes Brustbild, um welches umher in einem Lorbeerzweig vierzehen gekrönte kleine Wappen, und oben der Braunschweigische Helm zu sehen sind, nebenher die Jahrzahl 1660. Die Umschrift heißt: V.G.G.GEORG.WILHELM.HERZOG.ZV BRAVNSCHWEIG.LVNE. Unten auf den Seiten H. S. Die andere Seite weiset die unter einem Baume sitzende Gottesfurcht, und neben ihr die Gerechtigkeit stehend mit dem Schwert und Wage. Über ihnen hält eine aus den glänzenden Wolken kommende Hand einen Lorbeerkranz. Die Umschrift lautet also: PIETATE ET JVSTITIA. Unten auf der Erden liegen Bäume (Abb. 9).


Abb. 9: 6-Taler-Löser von 1660 12. Stück 1767, S. 268

Dieses schöne Sechsfache Thalerstück wird man gewiß nicht so leicht in einem Münzcabinet antreffen. Bey einer neulich in Frankfurt am M. gehaltenen Münzauction ist dieses Stuck für fl. 24. 30 kr. weggegangen." Auf der Auktion Ball 9 (Berlin 1933) wurde ein Exemplar mit Wertpunze (Nr. 993) mit 1200 RM Schätzpreis ausgedruckt, dieses kam 1955 in München bei Hirsch (Nr. 92) erneut unter den Hammer. Duve kannte in seinem Standardwerk das Exemplar mit Wertpunze des Städtischen Museums Braunschweig, das von Madai = Schulthesß-Rechberg sowie unser Exemplar ohne Wertpunze nicht. Auch das extrem seltene Exemplar der Sammlung Koch (Stempelgleich) ohne Wertpunze im Wert von 5 Thalern war ihm wie auch später Welter (?) nicht bekannt. Die Verfolgung dieser Münze, die in Wien zu verifizieren wäre, zeigt, was für eine wichtige und schon früh übersehene Quelle Bauers "Neuigkeiten für alle Münzliebhaber" sind.

6. Ausblick

Insgesamt erschienen im Zeitraum März 1764 bis April 1772 auf 398 Seiten 20 Stücke der Münzzeitung, wovon George Bauer die ersten 14 und Johann Eberhard Zeh die letzten sechs besorgte, und zwar im Einzelnen:
1. Stück März 1764 Seite 1 - 32, 1 Titelkupfer, 4 Münzkupfer im Text. (alle unsigniert)
2. Stück April 1764 Seite 33 - 68, 2 Titelkupfer von J. S. Leimer auf Titel sowie 1 Kupfertafel von Johann Christoph Winkler
3. und 4. Stück Februar 1765 Seite 69-124, 2 Titelkupfer von J. S. Leimer sowie 2 Münzkupfer. im Text
5. bis 7. Stück August 1765 Seite 125-172, 2 Titelkupfer 4 Kupfer im Text sowie 2 Kupfertafeln (alle unsigniert)
8. und 9. Stück Mai 1766 Seite 173-212, 2 Titelkupfer 2 Kupfer im Text sowie 2 Kupfertafeln (alle unsigniert)
10. und 11. Stück Dezember 1766 Seite 213-252, 2 Titelkupfer sowie eine Kupfertafel (alle unsigniert)
12. Stück 1767 Seite 253-268, 2 Titelkupfer sowie 2 Kupfertafeln (alle unsigniert)
13. und 14. Stück September 1767 Seite 269-288, 3 Kupfertafeln
15. Stück 1769 Seite 289-308, 2 Titelkupfer 4 Kupfer im Text
16. und 17. Stück 1770 Seite 309-346, 4 Titelkupfer 2 Kupfertafeln
18. bis 20. Stück 1171 bis April 1772 Seite 347-398, 2 Titelvignetten 3 Kupfertafeln, davon eine ausklappbar sowie unpaginiertes Hauptregister 1772 für alle 20 Stücke.

Das erste bis neunte Stück kam auch als Nachdruck (mit dem 10. und 11. Stück?) in zweiter Auflage mit anderer Paginierung heraus.

Wie sich schon bei diesem knappen Einblick abzeichnet, bildeten George Bauers ,,Auserlesene und nützliche Neuigkeiten für alle Münzliebhaber" damals eine moderne Sammlerzeitschrift, die durch ihre Vielfaltigkeit noch heute überzeugt. Interessant zu lesen, mit praktischen Tips, mit Neuigkeiten "aus aller Welt", eine gesunde Mischung für eine Zeitschrift mit Themen, die auch noch heute behandelt werden. Bauer, seit 1765 auch "der historischen Akademie zu Görtingen Mitglied", wäre 1766 mit der Herausgabe seiner Zeitschrift nicht ins Stocken gekommen, "wenn nicht der große Gott seit Monat Iulii mich zweymal mit einer Krankheit heimgesuchet härte." Der kaiserliche HofFactor sollte sich nicht wieder erholen. "Er starb aber, nachdem er das vierzehende Stück (nach September 1767) herausgegeben harte. Die folgenden habe ich, nachdem ich den Verlag käuflich an mich gebracht, von einem anderen Liebhaber der Münzwissenschaft verfertigen lassen", schrieb am 26. April 1772 Johann Eberhard Zeh in der Vorrede zum Register (Abb. 10).


Abb. 10: Gesamt-Titel mit Vignette 1772

Wäre es nicht wünschenswert, daß ein Reprint weiten Kreisen von Münzliebhabern diese erste Sammlerzeitschrift vollständig zugänglich machte? Vielleicht findet sich ein mutiger Verleger.



[Hier fehlen die 25 Fussnoten, darin Quellenangaben.]

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