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Die Umschrift auf den stadtkölnischen Gulden von 1693-1700

Karl Fischer
in: NNB 1/1986, S.9f


In den Jahren 1693, 1694, 1695 und 1700 ließ die freie Reichs-Stadt Köln Gulden (2/3-Taler) nach dem Leipziger Zwölftalerfuß (12 Taler bzw. 18 2/3-Taler auf 1 Mark Feinsilber) prägen. Die Münzen tragen einheitlich die für Geldstücke ungewöhnliche Umschrift
"INVITA TRAHOR DUM CURO MEDERI"
(frei übersetzt: Wider Willen werde ich mitgerissen, während ich auf Abhilfe sinne).


Als Beispiel ist der Gulden von 1695 (Noss 545) abgebildet:
Vs.: Spanischer Stadtschild mit den drei Kronen und den elf Funken im Feld. Darüber befindet sich die Jahreszahl 1695, unten in einem Oval die Wertbezeichnung 2/3. Zwischen dem äußeren Kerb- und inneren Fadenkreis steht, unten beginnend, die Umschrift INVITA TRAHOR / DUM CURO MEDERI.
Rs.: Im Feld ist der gekrönte kaiserliche Doppeladler mit dem Reichsapfel auf der Brust. Die Umschrift zwischen dem äußeren Kerb- und inneren Fadenkreis lautet LEOPOLDVS.I.D:G.ROM.IMP.SEMP.AVGVSTVS.

Zur Erläuterung der obigen Umschrift bedarf es eines kleinen Rückblicks. 1619, ein Jahr nach Beginn des 30jährigen Krieges, begann in Deutschland bereits die Verschlechterung der Scheidemünzen, die in den Jahren 1620 bis 1622 zu der sogenannten Kipper- und Wipperzeit führte. Die Bezeichnung entstand aus dem Wiegen (Wippen) der aufgekauften Silbermünzen und Aussortieren (Kippen) guter und schlechter silberhaitiger Stücke. In dieser Krise des deutschen Münzwesens gelang es nicht, das Wertverhältnis zwischen der silbernen Großmünze und dem Kleingeld zu stabilisieren. Die Fürsten und mit ihnen die meisten Münzherren erzielten auf Kosten des Volksvermögens durch das Prägen unterwertiger Kleinmünzen große Gewinne. Das Unwesen der Heckenmünzen blühte ebenfalls im ersten und letzten Drittel des 17. Jh.s, in der Zeit also, als die Reichsgewalt durch Kriege und Verschwendung erschüttert war. Heckenmünze nannte man eine nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen prägende Münzstätte, die gute Münzen einschmolz und aus der Schmelzmasse unter Zusatz von unedlen Metallen eine größere Anzahl minderwertiger Geldstücke schlug und mit Gewinn in den Umlauf brachte.
Die Stadt Köln war eine der seltenen Ausnahmen, die sich nicht an diesem finanzpolitisch verwerflichen Treiben beteiligte. Sie prägte weiterhin ihre Groß- und Kleinmünzen nach den münzrechtlichen Bestimmungen.
Nach 1670 überschwemmten minderwertige Gulden auch das Rheinland und machten u.a. auch der Stadt Köln schwer zu schaffen, da sie die guten Kölner Münzen durch skrupellose Spekulation zu verdrängen drohten. Die Stadt wehrte sich ab 1690 dagegen, indem sie alle fremden Münzen streng überprüfen ließ und ihren realen Wert durch Gegenstempelung kennzeichnete.
Inzwischen war der Leipziger Fuß allgemein anerkannt, doch die rheinischen Münzstände sträubten sich lange Zeit, die minderwertigen Silbergulden zu schlagen, so auch die Stadt Köln. Als die genannten Münzstände und Nachbarn der Stadt Köln dann doch dazu übergingen diese Gulden zu prägen, und der Kölner Kurfürst das sogar vor den Toren der Stadt in seiner Münzstätte Deutz (heute Köln-Deutz), schloß sich die Stadt aus Sorge, ihre führende Rolle im Münzwesen zu verlieren, widerstrebend an. Zu diesem Entschluß kam noch hinzu, daß sich der Kölner Münzmeister Newers 1693 anbot, die als Billon eingehenden unterwertigen Gulden für 10-20000 Taler auf eigene Kosten zu städtischen Gulden umzuprägen. Die Stadt nahm dieses einmalige Angebot nur zu gerne an und dankte dem Münzmeister für seine "Uneigennützigkeit" mit der Ernennung zum Ratsherrn.
1693 brachte die freie Reichsstadt Köln erstmals Gulden nach dem Leipziger Fuß heraus, wobei sie sich nicht verkneifen konnte, den eingangs erwähnten Spruch INVITA TRAHOR / DUM CURO MEDERI (Wider Willen werde ich mitgerissen, während ich auf Abhilfe sinne) als Umschrift der Wertseite zu wählen.
Der Sammler fragt sich nun zu Recht, ob dieser Spruch als Protest, Rechtfertigung oder als Entschuldigung gedacht war.

Quellennachweis:
Historisches Archiv der Stadt Köln.
Kölnisches Stadtmuseum.
W. Hagen: Münzprägung und Geldumlauf im Rheinland.
A. Noss: Die Münzen der Städte Köln und Neuss.
H. Steuer: Geld aus Köln, Stale und Stempel.



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