Startseite Numismatische Texte

Sachsen, Johann Friedrich I. der Großmütige als Herzog (1552-54):
Halbtaler o.J. (1554), geprägt in Saalfeld

Text von Mechtild und Bernhard Overbeck
in: Fritz Rudolf Künker GmbH und Co. KG, Osnabrück, Zeit und Geld, Kalenderblatt 3/2010



Dieser Halbtaler stammt aus der Künker-Auktion 147 vom 5. Februar 2009, Nr. 512
(ehemals Sammlung Erbstein); Gewicht: 14,36 g.

Auf der Vorderseite des Halbtalers ist die nach links gerichtete Büste des bärtigen, barhäuptigen Herzogs von Sachsen zu sehen. Im doppelten Perlkranz lesen wir die von zwei Wappen (dem des Herzogtums Sachsen und dem Kurwappen) geteilte Umschrift: MO·NO·IOAN·FRI·SE·DV·SAX·E·NA·EL : (Moneta Nova Iohannis Friderici Senioris Ducis Saxoniae et Nati Electoris = Neue Münze des Johann Friedrich des Älteren, Herzogs von Sachsen und geborenen Kurfürsten). Auf der Rückseite ist die Büste seiner Gemahlin Sibilla im Dreiviertelporträt zu sehen. Ihre Haare sind mit einem Netz und Perlschnüren zusammengehalten; ein kappenartiger Hut sitzt schräg auf ihrer Frisur. Das Gewand schließt mit einem Pelzkragen ab; über dem gefältelten Untergewand trägt sie eine kurze Perlenkette mit Anhänger, außerdem eine längere schwere Kette mit Gehänge. Die Umschrift im doppelten Perlkreis besagt: SIBILLA·D:SAX:lOH:FRI:NAT:ELEC:CONIV· (Sibilla Ducis Saxoniae Iohannis Friderici Nati Electoris Coniunx = Sibilla, Gattin des Herzogs von Sachsen Johann Friedrich, geborenen Kurfürsten).

Das gemeinsame Leben dieses Paares (von 1526 bis 1554) ist ziemlich genau die Zeitspanne, in der sich die evangelische Kirche in Deutschland etablieren konnte. Zwar war 1521 die Reichsacht über Luther erklärt worden, doch 1526 hatte der Reichstag von Speyer in einer vorläufig geltenden Verlegenheitslösung den Reichsständen erlaubt, in der Religionsfrage nach ihrem Gewissen zu verfahren. In Kursachsen tat darauf der Kurfürst Johann, der Vater von Johann Friedrich, mit seiner Visitationsanordnung von Torgau (1527) den ersten Schritt hin zu einem landesherrlichen Kirchenregiment. Es folgten im Reich in der Religionsfrage Jahre eines quälenden Hin und Her. Schließlich wurde auf dem Reichstag in Augsburg 1555 mit dem Grundsatz "cuius regio, eius religio" die Teilung Deutschlands in zwei Konfessionen endgültig rechtlich anerkannt.

Johann Friedrich fühlte sich von Anfang an Luther eng verbunden. Der Reformator widmete dem erst 18jährigen seine Verdeutschung des Magnificat. Dieser Lobgesang Marias auf Gottes Macht ist ein grundlegender Text des christlichen Glaubens; schon hierin lässt sich erkennen, warum Johann Friedrich Luther als seinen geistlichen Vater bezeichnete. So war er denn auch die treibende Kraft bei der Gründung des Schmalkaldischen Bundes (1531), der als Schutzbündnis die evangelischen Stände bei kriegerischen Auseinandersetzungen mit Kaiser Karl V. stärken sollte.

Als freilich sein Vetter Moritz, der Vertreter der albertinischen Linie der Wettiner in Sachsen, sich auf die Seite des Kaisers schlug und dieser zudem außenpolitisch den Rücken frei hatte, war das Bündnis am Ende. In der Schlacht bei Mühlberg (1547) wurde Johann Friedrich von den Truppen Karls V. gefangen genommen; bis 1552 blieb er Gefangener des Kaisers. Die sächsische Kurwürde ging an Moritz, ebenso ein großer Teil der ernestinischen Besitzungen. Doch aus der Gefangenschaft heraus agierte Johann Friedrich sehr intensiv, wie zahlreiche Briefe bezeugen. Er plante rasch den Aufbau einer Münzstätte im thüringischen Saalfeld, wo seine Söhne dann ab 1551 prägten. Als die Reichsstände sich schließlich gegen den Kaiser erhoben - neben der Religionsfrage war es auch die Angst vor der kaiserlichen Übermacht, die sie antrieb -, brachte die Niederlage Karls und der sich anschließende Waffenstillstand von Passau (1552) dem inhaftierten Herzog von Sachsen die Freiheit. Zum allergrößten Verdruss seines Vetters, des Kurfürsten Moritz, nannte er sich freilich nun "geborener Kurfürst" und setzte auch das Kurwappen auf seine Münzen. Erst 1554, ganz kurz vor seinem Tod, wurde ihm dieser Titel offiziell zuerkannt. Sibilla von Jülich-Kleve-Berg war bei ihrer Heirat erst 14 Jahre alt. Lukas Cranach, der Hofmaler des sächsischen Hofes und treuer Gefolgsmann seines Kurfürsten, hat sie mehrfach porträtiert. Besonders bekannt ist sein Gemälde, das sie als Braut darstellt. Das Münzbild zeigt große Ähnlichkeit mit den verschiedenen Porträts Cranachs, ist aber keinem eindeutig zuzuordnen.

Sibilla starb am 21. Februar 1554, Johann Friedrich zwei Wochen darauf. Unser Halbtaler ist wohl auf ihren Tod geprägt worden; der Tod ihres Gemahls war dann wohl ein weiterer Anlass, die Münze auszugeben.

Literatur:
• L. Koppe, Die sächsisch-ernestinischen Münzen 1551 bis 1573, Regenstauf 2004, Nr. 244
• L. von Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation (5 Bände 1839/47), Bd.4
  (Hrsg. P. Joachimsen), München 1924



Startseite Johann Friedrich der Großmütige coingallery.de