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Ein stadtkölnischer Gulden nach burgundischem Fuß?

Günter Grosch
GN Hft.89 (5.1982) S.117



Beschreibung der Münze:
Vs.: MON.NOV.ARG.CIVITATIS.COLONIENSIS
behelmter Stadtschild, von Greif und Löwe gehalten, darunter BVRG (31/36) FVES
Rs.: LEOPOLDVS.D.G.ROM.IMP - ERATOR.SEMP.AVGVSTVS
Reichsadler, auf der Brust Reichsapfel,
im Feld unten 17 - 00 darunter N.L. - 2 gekreuzte Zainhaken (für den Münzmeister Nikolaus Longerich)
Durchmesser: 38 mm Gewicht, 17,61 g
Stempelstellung: ↑↑

In der Sammlung des Kölnischen Stadtmuseums liegt seit 1912*1 eine Münze, über die sich Alfred Noss bereits Gedanken gemacht hat, und die er in seinem Werk*2 unter der Nummer 554 den Burgundischen Talern 3 zurechnet.

Noss schreibt dazu:
"Die Rs. des Exemplars von 554 in Köln zeigt schwache Spuren eines der Nachstempel, mit welchen den Gulden ihr Umlaufswert eingeschlagen wurde, und zwar eines in Schildform, die wir als die ältere angesehen haben. Ganz deutlich ist nur die linke Krone*4. Man fragt sich, wie kommt der in den Händen des städtischen Wardeins befindliche Stempel auf einen neuen burgundischen Taler, während er doch nur für unterwertige Gulden bestimmt war?
Daß der Einschlag so schwach herausgekommen ist, läßt darauf schließen, daß man über dem Schlagen des Irrtums inne geworden ist und eingehalten hat.
Aber was hat eine Stempelung im oder nach dem Frühjahr 1700 noch für einen Sinn, nachdem gewisse Kategorien Gulden als umlaufsfähig erklärt und alle anderen verboten waren*5?
Es folgt daraus, daß trotz aller Vorschriften im Jahr 1700 oder auch später doch noch gestempelt worden ist und von einer wirklichen Ordnung in dieser Zeit nicht geredet werden kann" (Noss a.a.O., S.270).

Noss hat das Stück vielleicht nur im Abdruck gesehen; wenn er es in die Hand genommen hätte, wäre ihm sofort der dünne "Schrötling" aufgefallen.

Offensichtlich hat er das Stück auch nicht gewogen, mit 17,61 g gehört es zu den zinnaisehen Gulden und wurde als untergewichtig von der Stadt Köln mit dem Albusstempel abgewertet.

Dieser Stempel zeigt über der Wertzahl 3 Kronen, von denen hier noch die rechte zu sehen ist.

Die Wertzahl ist nicht mehr sicher zu erkennen, es scheint aber die 50 zu sein. 36-50 Albus waren die möglichen Werte.

Auch geringe Spuren des Guldengepräges sind noch zu sehen, wenn sie auch nicht mehr zu einer Bestimmung ausreichen.

Große Mengen dieser "Albus-Dahler" genannten Gulden - nach 1695 verrufen - wurden in Köln eingeschmolzen und ergaben das Silber für die burgundischen Taler*6. Außerdem wurden solche Stücke 1700 zu Gulden "Leipziger Wehrung"*7 umgeprägt. Noss schreibt dazu, es seien etwa 30000 Taler mit der Spindelpresse überprägt. Einige lassen noch deutlich Teile des alten Gepräges erkennen, was auf dem Probationstag zu Beanstandungen führte.

Für den Münzbetrieb war es natürlich eine Kostenfrage, denn für das Überprägen rechnete man ¾ %, Umschmelzen und Neuprägen dagegen kostete 3 %.

Die auf diesem Stück sichtbare Krone ist also keinesfalls die schwache Stempelung eines burgundischen Talers - wie Noss annimmt -, sondern ganz eindeutig ein Überbleibsel des vorigen Gepräges.

Damit kann das Stück natürlich auch kein Beweis für eine noch 1700 erfolgte Guldenstempelung sein!

Es ist ungeklärt, warum der Talerstempel auf den wesentlich dünneren "Schrötling" geschlagen wurde. Auch ein Halbtaler sollte es wohl kaum werden, denn für diese sehr seltenen Halbtaler nach burgundischem Fuß*8 wurde ein viel kleinerer Stempel benützt.

So bleibt das vielleicht irrtümlich entstandene Stück ein Gulden - wird es aber durch die neue Prägung zu einem Gulden nach burgundischem Fuß?

Auf keinen Fall kann man es jedoch als Taler ansehen.

Anmerkungen *1 - *8
1_ Inventarnummer HM 1912/172 (hier als Halbtaler bezeichnet!).
2_ Noss, A.: Die Münzen der Städte Köln und Neuss 1474-1794, Köln 1926 (Die Münzen und Medaillen von Köln, IV).
3_ Taler des ehemaligen burgundischen Kreises, der spanischen Niederlande. Seit 1612 als Patacon dort geschlagen, waren sie am Niederrhein sehr verbreitet. Der Bruch 31/36 als Kennzeichen des Fußes, zeigt das Verhältnis von Feingewicht zu Rauhgewicht = 24,17 g fein: 28,07 g rauh.
4_ Noss beschreibt links und rechts heraldisch, d. h. vom Objekt her gesehen.
5_ Die mit Albusstempel abgewerteten Stücke waren mit dem Edikt vom 4. Juli 1695 verrufen. Mit dem Edikt vom 19. März 1700 ordnet der Rat an, daß die Gulden mit dem "Zug" (COLN) unbedingt für voll genommen werden müssen.
6_ Noss IV, S. 265.
7_ Noss IV, 557 und 558.
8_ Noss IV, 551.


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