Liebesknoten und das Motto FERT auf den sabaudischen Münzen
Graf L. Calderari in: money trend 6/1977, S.8-11 Dritter Preis des 8. Dr.-lrmgard-Woldering-Förderungspreises 1976 der Numismatischen Gesellschaft zu Hannover.
Hier ersatzweise mit Digitalbilder des Münzhandels. |
Bei den Beschreibungen der Münzen des Hauses Savoyen findet man oft die Bezeichnung: Liebesknoten, -band, -schleife oder Knoten der Savoier oder Band der Halskette des Annunziaten-Ordens. Diese verschiedenen Ausdrücke bezeichnen alle dasselbe Symbol.
Der Chronist erzählt, dass Amedeus VI., 14. Graf von Savoyen, um seinen empfangenen Ritterschlag und die Einnahme von Sion (1335) zu feiern, ein Turnier in Bourg en Bresse angesagt hatte, auf dem er und sein Gefolge ganz in Grün gekleidet erschienen und seitdem wurde er der grüne Graf (Conte Verde) genannt. Im 14. Jahrhundert hatte die grüne Farbe gewisse magische Bedeutungen wie Bann gegen Krankheiten und übernatürliche Widerwärtigkeiten. 1362 stiftete Amedeus VI. den "Orden vom Halsband", dem anfangs nur 15 Ritter angehörten, die sich durch Freundschaft und Glauben verbunden fühlten. Das Halsband bestand ursprünglich aus einem vergoldeten Reifen mit einem aus drei Liebesknoten gebildeten Anhänger. Man sagt, dass der grüne Graf diese Liebesknoten in Form einer liegenden Acht zu Ehren einer Dame wählte, die ihm vor einem kriegerischen Unternehmen als Talisman ein aus ihren Haaren geknüpften Armreif gegeben hatte. Der Orden vom Halsband erhielt seine Statuten erst 1409 von Graf Amedeus VIII., der dem Halsband das Motto "FERT" hinzufügte. Diese Statuten änderte Carl II., 9. Herzog von Savoyen, 1518 dahin ab, dass er den Orden dem Geheimnis der Verkündigung Mariä weihte und ihm diesen Namen gab = Annunziaten-Orden. Das Ordenszeichen besteht aus einem goldenen, durchbrochenen Medaillon, innerhalb dessen die Verkündigung Mariä durch den Erzengel Gabriel plastisch dargestellt ist. Das Ganze ist umgeben von drei Liebesknoten. Die goldene Kette, an der dieses Zeichen getragen wird, zeigt immer abwechselnd ein Röschen und die altertümlichen Buchstaben F-E-R-T. Die erste sabaudische Münze mit dem Liebesknoten war der "Grosso tornese", laut Verordnung vom 24. Oktober 1375 sollten 88 Stuck zu 10 denari auf die Mark gehen. Bis 1816 war in den sabaudischen Staaten das Duodezimalsystem im Gebrauch. Die Mark (244,75 g) = 8 Unzen von 24 denari und für die Feinheit beim Gold = 24 Karat und beim Silber = 12 denari. 1358 wurde in Chambery die erste Münzkammer eingerichtet, welche die Produktion der Münzstätten kontrollierte, und die Hauptmünzmeister des Grafen gehörten bereits dem Bund der "Vereidigten Münzer des Hl. Römischen Reiches" an. Auch die ersten Goldflorene fallen in die Regierungszeit des grünen Grafen. Amedeo VIII, 1391-1416 (Graf), 1416-1434 (Herzog).
Seit 1392 erscheint das rätselhafte Motto FERT auf den sabaudischen Münzen. Der französische Historiker Guichenon behauptete, dass dieses Motto schon auf einer Münze des Luigi von Savoyen, Baron de Vaud ( 1302) vorgekommen sei, was aber nicht erwiesen ist.
Kaiser Sigismund erhob den Grafen Amedeus VIII. 1416 in den Herzogstand. Mit der Integrierung von Piemont durch Erbfolge wurde Savoyen ein italienisches Fürstentum. Die Krönung des Lebenswerkes von Herzog Amedeus VIII. war die Universalreform von Savoyen, die er 1430 abgeschlossen hatte. Die Reform kodifizierte, vereinfachte und vereinheitlichte alle Gesetze, Vorschriften und Verordnungen in allen Verwaltungs-, Rechts- und Finanzangelegenheiten. Die italienische wurde gleichzeitig mit der französischen die offizielle Sprache. Unter Amedeus VIII. wurde auch die Münze neu geordnet und nur noch zwei Hauptmünzmeister ernannt, einen für Savoyen und den anderen für Piemont. 1439 wurde Amedeus VIII. vom Basler Reformkonzil zum Papst gewählt, als Felix V. hielt er das Pontifikat fast 10 Jahre. Ludovico I il Generoso, 1440-1465.
Für die Devise FERT der Savoier gibt es verschiedene Interpretationen. Als einzelnes Wort betrachtet: lateinisch, fert = ertrage (Freud und Leid), italienisch, fert = Abkürzung des Wortes ferto = Viertel, in Bezug auf die Münzordnung (1384) von Amedeus VII., die den Goldflorene zu 12 Grossi und den Grosso zu 8 Forti festlegte und auch den "Quarto di grosso" einführte. FERT als Abkürzungszeichen betrachtet: (1) Fortitudo Ejus Rhodum Tenuit = eine Anspielung auf die Befreiung Rhodos durch Amedeus V. (1285 bis 1323). Aber der Graf hatte an keinem Kreuzzug teilgenommen. (2) Frappez Entrez Ruinez Tout (Hinein, schlagt alles kurz und klein). Amedeus VI. (1343 bis 1383) soll bei der Erstürmung einer Stadt seine Ritter mit diesen Worten aufgemuntert haben. Carl I., 1482-1490.
Carl I. hatte die ersten sabaudischen Testone schlagen lassen. 1485 übertrug Charlotte von Lusignan, Königin von Jerusalem, Cypern und Armenien, ihrem Neffen Carl ihre Rechte auf dieses Königtum, die jedoch von der Republik Venedig angefochten wurden.
Carl II. der Gute, 1504-1553.
(3) Filius Ejus Restituet Totum (Sein Sohn wird alles wieder in Ordnung bringen). Carl II. (1504 bis 1553) hatte eine unglückliche Regierungszeit. Von den kaiserlichen Verbündeten schlecht behandelt, viele seiner Provinzen von den Franzosen besetzt, die Staatskasse leer und Piemont Kriegsschauplatz der Heere Franz I. und Karl V., so war seine ganze Hoffnung der Sohn Emanuel Philibert (1553 bis 1580). (4) Fides Erit Robur Tuum (Der Glaube war Deine Kraft). Als Carl II. starb, befand sich Emanuel Philibert im Gefolge Kaiser Karl V., seines Oheims. Der neue Herzog eilte nur kurz nach Italien, um die dringendsten Obliegenheiten zu regeln. Nach Flandern zurückgekehrt, schlug er als Kommandant des kaiserlichen Heeres vernichtend die Franzosen bei St. Quentin. Mit dem Friedensvertrag von Catau Cambresis erhielt er seine transalpinen Provinzen zurück und durch die Heirat mit Margarethe, Schwester des Königs Heinrich II. von Frankreich, kam er später in den Besitz aller seiner Gebiete.
Der Wert der Münzen in Savoyen war immer von dem in Piemont verschieden gewesen. Die Wirtschaft Savoyens war stets nach Frankreich gerichtet und musste sich mehr diesem Münzsystem anpassen, wahrend in Piemont ähnliche Kurse wie in den italienischen Nachbarstaaten galten.
Mit dem Dekret vom 15. März 1562 kam es zur Reform oder besser gesagt zum Versuch einer Vereinheitlichung der verschiedenen Systeme. 1 Lira = 20 Soldi = 240 Denari Aber die Bevölkerung lehnte die neuen Münzen ab und rechnete weiter in Grossi, Fiorini und Quarti. Herzog Carl Emanuel I., der Grosse (1580-1630) glaubte die Gelegenheit des Bürgerkrieges in Paris benützen zu müssen, um sein Gebiet zum Schaden Frankreichs und der Protestanten zu vergrössern. Er schloss sich der katholisch-spanischen Partei an, besetzte 1588 die Markgrafschaft Saluzzo, die Frankreich nach Aussterben der Markgrafen aufgrund einer vorgeblichen Lehensverbindung mit der Dauphiné, seit Jahrzehnten zurückhielt.
Auf einer Medaille aus dem Jahr 1590 findet man:
(5) Fortiter Et Roman Tenemur (Stark und römisch wird man uns halten). Carl Emanuel I. versuchte, alle italienischen Fürsten zu vereinen, um die Spanier und Franzosen von der Halbinsel zu vertreiben. 1626 richtete er ein Schreiben an Papst Urban VIII. und versuchte, ihn zu bewegen, sich an die Spitze einer italienischen Liga zu stellen. Aber Furcht vor den fremden Mächten und Eifersucht auf den sabaudischen Plan liessen die Idee einer italienischen Unabhängigkeit scheitern. Für seine Zeit war Carl Emanuel ein Visionar, für die Zukunft ein Prophet. Auf einer Goldmünze zu 10 Dukaten von 1635 finden wir diese Legende:
Um zu vermeiden, dass sein Staat Kriegsschauplatz zwischen Frankreich und Habsburg wurde, als Frankreich an der Seite Schwedens im Dreissigjährigen Krieg gegen die Habsburger eingriff, schloss Viktor Amedeus I. (1630 bis 1637) im Juli 1635 mit Frankreich das Bündnis von Rivoli, dem auch Mantua und Parma beitraten.
Die Siege des Herzogs von Savoyen bei Tornavento und Monbaldone führten zu keinen nennenswerten Ergebnissen, da der Herzog kurz darauf verstarb, man sprach sogar von Vergiftung. 1632 erhielt Herzog Viktor Amedeus I. das Prädikat - Königliche Hoheit - zuerkannt und nun trugen seine Münzen ein neues Wappen mit der Königskrone und Kette des Annunziaten-Ordens behängt.
Carl Emanuel II., 1648-75
Viktor Amedeus II., 1680-1730.
(7) Femina Erit Ruina Tua (Die Frauen waren Dein Ruin).
(8) Fides Est Regni Tutela (Der Glaube ist des Reiches Schutz).
Carl Emanuel III., 1730-1773.
Nach einer Legende sollen sich die vier Maurenköpfe im sardischen Wappen auf ebensoviele Siege der Sarden gegen die Mauren beziehen. Man sagt aber auch, dass dieses Wappen sich auf die Einteilung Sardiniens in vier Giudicati (Richtertümer) - noch bevor die Republik Pisa die Insel (1016) eroberte - bezieht. Viktor Amedeus III., 1773-1796.
(9) Fidèle Et Respecteux Toujours (Immer treu und respektvoll).
Umberto I.,1878-1900.
Wahrend des 19. Jahrhunderts sind viele Rückseiten der Münzen mit der Halskette des Annunziatenordens versehen und viele Münzserien haben als Randprägung abwechselnd dreimal FERT, drei Bänder der Savoier und sechs Sternchen (oder Röschen). Viktor Emanuel III., 1900-1946. Unter Viktor Emanuel III., auch wegen seiner grossen Passion fur die Münzen der Numismatik König genannt und Autor des Corpus Nummorum Italicorum, wurde 1914 ein schönes 5-Lire-Stuck geprägt:
![]() 5 Lire - 1914 Rs.: Eine symbolische Darstellung Italiens mit einem Olivenzweig in dar rechten Hand und einem Schild in der linken auf einem Viergespann mit Samttuch darauf das Motto "FERT". Im Abschnitt die Wertbezeichnung zwischen zwei Liebesbändern. Zum letzten Mal erschienen die beiden heraldischen Symbole des Hauses Savoyen auf dem Münzrand der kleinen Serie zu 5 Lire des Jahrganges 1941. Um die genaue Bedeutung des berühmten Mottos FERT zu erfahren, hatte man vor einigen Jahren das königliche Haus im Exil (Cascais) befragt, welches jedoch nur bestätigen konnte, dass zweifellos Unsicherheit in seiner Deutung besteht. So kann dieser Aufsatz abschliessen mit: Die sabaudischen Fürsten hatten die Buchstaben F-E-R-T zu ihrer Devise gewählt, die ein jeder, wie es ihm gefällt, auslegen möge. Literatur:
Guichenon S.: Histoire généalogique de la maison de Savoie Marie José Savoia: La maison de Savoie Lauro R.: L'Italia e Casa Savoia Hayward F.: Storia della Casa di Savoia Simonetti L.: Monete italiane medioevali Traina M.: Le monete dei Savoia nel secolo XVIII Revue Suisse de numismatique / Rivista numismatica italiana / Rivista Italia Numismatica Weitere Deutungsvorschläge: - Fortitudo Eius Rempublicam Tenet (Seine Stärke erhält die Republik) - Fortitudo Et Robur Taurinensis (Stärke und Robustheit der Turiner) - Fortitudinis et religionis titulus (Stärke der Religion ...?) - Fors Eius Romam Tenuabit (Seine eigene Kraft wird Rom zerstören) - Fama, Eternita, Religine, Trionfo (Ruhm, Ewigkeit, Religion und Triumph) |
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