Viel Geheimnisvolles birgt ein Taler des Braunschweig-Lüneburgischen Herzogs Julius (1568-1589). Der Taler ist in Goslar geprägt. Herzog Julius war einer der tüchtigsten, gebildetsten und fortschrittlichsten Fürsten seiner Zeit. Er gründete die Universität Helmstedt und war der Reformation und den Humanisten zugetan. Humanismus und Renaissance hatten den Menschen geistig wieder in den Mittelpunkt der Welt gestellt, seine Persönlichkeit trat selbstbewußt aus der Anonymität und dem Dunkel des Mittelalters heraus. Luther, Hans Sachs, Cervantes, Shakespeare, um nur einige bedeutende Männer zu nennen, lebten in dieser Epoche. Wie bei ihnen, so bedient sich die Sprache der Zeit oft der Symbole und versteckten Zeichen, die es zu enträtseln gilt.
Taler 1586, Goslar. Brillentaler, 1. Typ. Welter 579, Dav.9065. Betrachten wir unseren Taler: Auf der einen Seite sehen wir das große, stolze Wappen Braunschweig-Lüneburgs gekrönt von drei Helmzieren. Über der mittleren Helmzier das Sachsenroß. In dem Wappenkonglomerat fällt das Wappen der Grafschaft Hoya, zwei Bärentatzen auf. Diese Grafschaft wurde, ebenso wie das Fürstentum Kalenberg, dem Herzogtum während der Regierungszeit von Julius hinzugefügt. Die Umschrift lautet: JULIUS D(EI) G(RATIA) D(UX) BRU(NSVIGIAE) E(T) LUN(EBURGENIS) N.R.M.A.D.I.
Während der erste Teil der Legende mit: Julius von Gottes Gnaden Herzog von Braunschweig und Lüneburg leicht zu übersetzen ist, bereitet der nachfolgende Teil einige Schwierigkeiten. An Hand eines Taler-Cabinettes von 1735 läßt er sich so verstehen:
N(ON) R(ECEDET) M(ALUM) A D(OMO) I(NGRATI).
Die Bedeutung dieser Anspielung ist der Geschichte des Hauses Braunschweig zu entnehmen und dem Lebenslauf des Herzogs. Julius, körperlich etwas behindert, war dem geistlichen Stande zugedacht. Schon in ganz jungen Jahren war er Domherr von Köln, später Bischof von Minden. Seine beiden älteren Brüder waren in den blutigen Schlachten seines Vaters Heinrich bei Mühlberg und Sievershausen gefallen. Sein ihm nicht immer gutgesinnter Vater gedachte ihn von der Erbfolge auszuschließen und einen unehelichen Sohn Eitelheinrich ihm vorzuziehen. Er hatte viele Demütigungen und Zurücksetzungen auszustehen, bis er nach dem Tode des Vaters und Sicherstellung der Erbfolge durch seinen Sohn Heinrich Julius die Nachfolge antreten konnte.
"Das Ubel wird nicht weichen von einem unwillkommenen Geschlecht".
Auf der Rückseite des Talers finden wir den "Wilden Mann", jenes sagenhafte Wesen, das in den tiefen Wäldern des Harzes hausen sollte. Als Hinweis auf seine Wildheit die vollständige Behaarung und der Baumstamm in seiner Linken. Dieses naturhafte Wesen, wie es sich der Mensch in seinem nostalgischen Gefühl vorstellte, dieser Waldschrat konnte Gutes und Böses bedeuten. Es war allwissend und hatte für die Menschen die Lebensweisheiten parat, die er hier in symbolhafter Form verkündet. Der Wilde hält in seiner Rechten: Licht, Totenschädel, Sanduhr und Brille.
ALIIS INSERVIEN(DO) CONSU(MOR). "Im Dienste für Andere verzehre ich mich".
Über die Bedeutung der geheimnisvollen Buchstaben
W.H.D.A.L.V.B.D.S.S.N.H.V.K.W.
müssen wir wieder den Chronisten aus dem Jahre 1735 befragen. Sie besagen: "Was hilft dem Anderen (Mitmenschen) Licht und Brill, der sich selbst nicht helfen und kennen will". Bei einem ähnlichen Taler des Julius heißt es: "Was nutzt dem Narren Licht und Brill, wenn er nicht sehen will". Spruchweisheiten, die zu allen Zeiten, auch in der unsrigen, ihre Gültigkeit haben.
Taler 1589, Goslar. Brillentaler, 3. Typ. Welter 581, Dav.9067. |
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