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      Zeitgenossen im Heiligen Römischen Reich      

Philipp der Großmütige,  Landgraf von Hessen 1509-1567
Der 1504 geborene Philipp war erst 14 Jahre, als er für volljährig erklärt wurde. Dennoch gelang es ihm nach einigen Anfangsschwierigkeiten, sich in seinem Land durchzusetzten. Er trat der Reformation bei, nachdem er Luther 1521 auf dem Wormser Reichstag erlebte hatte. Gegen die Bauernaufstände ging er energisch vor und beteiligte sich an der Schlacht bei Frankenhausen.
Philipp löste hessische Klöster auf. Den Erlös nutze er für die Einrichtung von vier Landeshospitäler sowie für die Gründung der Universität Marburg. Er zwang Erzbischof Albrecht von Mainz, auf die geistliche Gerichtsbarkeit in Hessen zu verzichten. Er bemühte sich um einen Ausgleich zwischen divergierenden protestantischen Theologen in den Marburger Religionsgesprächen von 1529. Politisch betrieb Philipp ein Bündnis aller protestantischen Stände und 1531 wurde er einer der Hauptgründer des Schmalkaldischen Bundes. Auch der Beitritt von Württemberg zum Schmalkaldischen Bund 1534 war Philipp zu verdanken, nachdem es ihm mit einem Handstreich gelungen war, den aus seinem Land vertriebenen Herzog Ulrich nach Württemberg zurückführen.
Nachdem Philipp von einer Geschlechtskrankheit genesen war, ging er, auf Empfehlung seiner Schwester, 1540 eine zweite Ehe ein. Als beide Ehefrauen fast gleichzeitig Kinder gebahren, flog das Geheimnis auf. Die allgemeine Entrüstung war gross, denn Bigamie war strafbar, und Philipp drohte eine Anklage des Kaisers. Daher schloss Philipp 1541 einen Geheimvertrag mit dem Kaiser, in dem dieser Philipp seine bisherigen Verstösse verzieh, dafür verpflichtete sich Philipp in allen politischen Angelegenheiten zur Kaisertreue. Daher musste Hzg. Wilhelm V. von Jülich-Berg und Kleve im Geldrischen Erbfolgestreit mit dem Kaiser 1543 vergeblich auf die erhoffte Schmalkaldische Unterstützung warten.
Philipps legitime Söhne teilten nach seinem Tod das Land, wodurch Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt auf Dauer entstanden.


1/2 Taler 1537, Kassel.     Ø 35 mm, 14,07 g.   Müller 1731 (dies Exemplar); Schütz 406.1.
Ähnlich wie nachfolgend. Jahreszahl im Feld der Rs.


Taler 1538, Kassel.     Ø 40 mm, 28,95 g.   Hoffm.4478; Dav.9269.
Vs.:   PHILLIPVS·Dei:Gratia:LANdgravius:HASSiae: (Rabe) ·Comes:CACEnellenbogio:DIetz:NIDda:
Geharnischtes Hüftbild, in der Rechten Kommandostab, die Linke am Schwertgriff.
Der Rabe in der Umschrift ist das Zeichen für Münzmeister Gregorig Einkhur.

Rs.:   SI DEVS - NOBIS - QVIS CO - NT NOS
SI DEUS NOBIS QUIS CONTra NOS = Wenn Gott mit uns ist, wer kann gegen uns sein?
Gekrönter, doppelschwänziger hessischer Löwe n.l., Jz. 15-38 im Feld, in der Umschrift die Wäppchen
von Katzenelnbogen (oben), Ziegenhain (rechts), Diez (unten) und Nidda (links).
Vergleiche mit dem altkolorierten Holzschnitt um 1534 von von Hans Brosamer (Museum Schloss Fasanerie bei Fulda). Siehe ein weiteren zeitgenössischen Holzschnitt (© Hessisches Staatsarchiv Marburg).


Einseitige Bleimedaille o. J., unbekannter Künstler nach einem Holzmodell von Ludwig Neufahrer.
Ø 57,3 mm.   Hoffmeister 4506; Schütz 470; Habich I/2,1313.

PHILIPS❀LANDT❀GRAVF❀;ZV❀HESSE❀
Brustbild mit Federhut, breitem Schaubenkragen und mit Halskette nach rechts.


Geprägte Silbermedaille 1535, von C. Welcz und H. Magdeburger.     Ø 39,1 mm, 13,84 g.
Schütz 401; Habich 2/1,1900.

Vs.:   +·VON·GOTTES·GNADEN·PHILILIPS·LANDTGRAF·ZV·HESSEN·
Brustbild fast v. v. mit breitem Federhut und umgelegtem Mantel. Darunter +C W+.
Rs.:   ·MEIN·STERCKE·GLVC·VND·LOB·IST·MEIN·HER·VND:GOT·EXO·15
Geflügelte, nackte Fortuna steht nach l. auf einer geflügelten Kugel, zu deren Seiten die geteilte Jahreszahl ·I·5· - 35·, in den Händen hält sie ein Glücksrad vor sich, dessen Radkranz von drei nackten Kindern gebildet wird; im Hintergrund Stadtansicht.

1542-1547: als Sieger über Heinrich d. J. von Braunschweig
Herzog Heinrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel, katholisch und kaisertreu, lag mit den Städten Braunschweig und Goslar in einem sich zunehmend verschärfenden Streit. Weil beide Städte unter dem Schutz des Schmalkaldischen Bundes standen, unternahm Landgraf Philipp zusammen mit Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen 1542 einen Präventivschlag gegen Heinrich. Heinrich d.J. musste fliehen, sein Land wurde reformiert. Die Sieger errichteten in Goslar eine eigene Münzstätte, in der sie "Schmalkadische Bundesmünzen" aus Harzer Silber prägen liessen.


Taler 1542, Goslar, "1. Schmalkaldischer Bundestaler".    Ø 40 mm,  Schütz 415; Dav.9737.
Hessische Seite:   PARCER - E:SVBI - E - CTIS.ET - DEBELL - ARE: - SVP - ER - BOS
auf zwei Schriftkreise verteilt: PARCERE SVBIECTIS ET DEBELLARE SVPERBOS
"Schone Unterworfene und bezwinge Hochmütige" (Virgil, Aeneis)
geharnischtes Hüftbild Philipps des Großmütigen, in der Rechten Kommandostab,
die Linke am Schwertgriff. Im Feld um den Kopf:
4-Z | PH - LA G   (Jahreszahl | Titel Philipps).
Sächsische Seite:  IOHANNES FRIDERICVS DVX SAXONIAE BVRGGRAVIVS MAGDEBVRGENSIS
hier aber :  IOHAN.ER - IDERIH D - SAC:BVRG: - MADEBV:   von Wäppchen unterbrochen,
innerer Schriftkreis : 
:SOLI: - :DEO: - :VICTO - RIA:   "Unser Sieg ist allein von Gott"
Brustbild von Johann Friedrich, Kurfürst von Sachsen, mit Kurzschwert und umgelegtem Hermelinmantel.


Taler 1543, Goslar, "2. Schmalkaldischer Bundestaler".    Ø 41 mm,  Schütz 428; Dav.9740.
Hessische Seite:  PHILIP. - D:G·LANd - Gravius - HASSIaE - C.K.D3N
[ Philippus Dei Gratia Landgravius Hassiae Comes Katzenelnbogen Dietz Ziegenhain Nidda ]
Wappen von Hessen, Nidda, Diez, Ziegenhain, Katzenelnbogen in der Umschrift im Uhrzeigersinn
Geharnischtes Hüftbild mit Kommandostab, die Linke am Schwertgriff, im Feld 15 - 43 .

Sächsische Seite:  IOHANnes·F - REDERICus - Dux·SAC(x)oniae·Burggravius· - MAGDEburgensis·
"Johann Friedrich Herzog von Sachsen, Burggraf von Magdeburg"
Wappen in der Umschrift: Kursachsen|Sachsen (oben), Mgft.Meißen, Bgft.Magdeburg & Lgft.Thüringen.
Kurfüst Johann Friedrich von Sachsen mit Hermelinumhang und geschultertem Schwert von vorn.
Die sog. Schmalkaldischen Bundestaler wurden von 1542 bis 1547 in Goslar geprägt. Sie sind so gestaltet, dass beide Münzseiten als Vorderseite anzusehen sind. Diese Münzen waren Gemeinschaftsprägungen und dienten neben der Kriegsfinanzierung auch der Propaganda.


Einseitige alte galvanoplastische Museumsanfertigung der ovalen Medaille o. J. (1547).
Modell von dem Meister Philipps I. des Großmütigen.   Ø 82x70 mm, 129.43 g.   Habich 2191.
PHILIPS·LANDTGRAFF·ZVO·HESSEN·G·K - D·Z·N*VON·GOTTES·GNADEN·

1547-1552: als Gefangener des Kaisers
Nach der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes bei Mühlberg (1547) unterwarf sich Philipp dem Kaiser. Im Kapitulationsvertrag willigte Philipp in hohe Strafzahlungen ein, in die Auslieferung der Geschütze und in die Schleifung der Festungen. Es wurde ihm aber zugestanden, dass diese Strafen nicht mit "Leibesstrafe" oder "einiger Gefängnis" verbunden würden. Nach Abschluss der Verhandlungen ging Philipp nach Halle. Dort kniete er vor dem thronenden Kaiser und zahlreichen Großen, während seine Unterwerfung verlesen wurde. Der Kaiser entliess ihn grusslos - und Philipp wurde danach gefangen genommen. Zur Überraschung der beiden Kurfürsten, die den Vertrag vermittelt hatten, stand in der Kapitulationsurkunde nun nicht, dass Philipp von "einiger Gefängnis" verschont bleiben sollte, sondern nur von "ewiger Gefängnis".
Spanische Knechte brachten Philipp in die Niederlande. Die Erfahrung der Gefangenschaft führte dazu, dass Philipp in seiner Korrespondenz mit den Statthaltern zuhause für eine gute Behandlung der Gefangenen dort warb. Er empfahl auch die Annahme des Augsburger Interims, das der Kaiser auf dem Reichstag 1548 diktiert hatte. Philipps glaubensfeste Untertanen lehnten dies jedoch kategorisch ab.
Die von Philipps Schwiegersohns Moritz von Sachsen angeführte erfolgreiche Fürstenver-schwörung gegen Kaiser Karl V. bewirkte schließlich 1552 die Freilassung und Rückkehr des Landgrafen in sein Land.


Schautaler 1552, Kassel, "Spruchtaler".    Ø 45 mm   Hoffmeister 368; Schütz 448; Dav.9271.
Vs.:   ·PHILIPpus·Dei·Gratia·LANDGravius·HASSIE·Comes·Katimeliboci·Diaeuae·Ziegenhainae· Niddae·Anno·1552 FIERi FEcit ¤
"... im Jahr 1552 hat mich machen lassen." [Köhler, Münz-Belustigung, 1.Teil, 27.7.1729, S.233]
Geharnischtes Hüftbild n. l., in der Rechten den Regimentsstab, die Linke am Schwertgriff

Rs.:   BESS·LAND·V·LVD·V·LORN·ALS·EN FALSCH·AID·GESCHWORN.¤
"Besser Land und Leut verloren als ein Falscheid geschworen"
Die Wappen von Hessen (mitte), Katzenelnbogen (o. links), Nidda (o. rechts), Ziegenhain (u. links) u. Diez,
dazwischen im Feld: P - SE - D - S     P - SE - D - S steht abgekürzt für
"Parcere subjectis et debellare superbos" = "Schone Unterworfene und bezwinge Hochmütige",
ein Wahlspruch, den bereits der erste Schmalkaldische Bundestaler 1542 (siehe oben) trägt.
Dieses Schaustück gehört wegen der Umschrift auf dem Revers zu den "Spruchtalern". Der Spruch soll von Philipp selbst stammen und bezieht sich auf die Tatsache, dass der Kaiser ihn aus der Gefangenschaft enliess, ohne dass Philipp dem reformatorischen Bekenntnis abgeschworen hatte.
Mehrere Numismatiker haben sich mit diesem mysteriösen Stück beschäftigt, so z. B. J. Hoffmeister, der das Stück als "Volksmünze" bezeichnet, da es nicht vom Landgrafen Philipp stammen kann. Die Angabe FIER.FE. (fieri fecit = ließ herstellen) in der Umschrift des Av. sollte Philipp als Auftraggeber der Prägung ausweisen, um eine Echtheit der Stücke vorzutäuschen. Auf Philipps regulären Münzen war eine solche Beteuerung überflüssig.
Die Nachfrage nach diesen geheimnisvollen Stücken wurde so gross, dass auch Abgüsse aus schlechterem Silber auf den Sammlermarkt kamen. A. Schütz schreibt 1997 über dieses 'enfant terrible der hessischen Numismatik' abschließend:
150 Jahre lang wird der Spruchtaler nirgends erwähnt. Dann wird er überall vergebens gesucht und E. W. Tentzel erklärt schließlich seine Existenz zu einer Fabel. Auch Johann David Koehler beschäftigt sich in seinen "Münzbelustigungen" 1729 damit. Er kennt inzwischen den Taler und meint "daß es auch gar nicht lange [her] ist, daß eine so große Nachfrage nach diesem Taler entstanden, und eben, weil er gar nicht auszufinden gewesen, so hat das allzu große Bestreben darnach verursachet, daß man einen falschen und nachgekünstelten davon zum Vorschein gebracht".

Landgraf Philipp kehrte 1552 in sein Land zurück, aber er liess erst 1564 wieder Taler prägen. Sie tragen kein Bildnis, aber den Spruch WAS GOT BESCHERET BLEIBET VNVERWERT. Es sind echte Spruchtaler, die offiziell für den Geldumlauf gefertigt wurden.

Lit.:
• Artur Schütz:  Die Hessischen Münzen des Hauses Brabant, Teil III, 1509-1670. 1997.
• Emil Größel:  Der umstrittene hessische Spruchtaler des Jahres 1552,  Beitr. zur Münzkunde in Hessen.
    Heft 13 (1985)
• Jacob Hoffmeister:   Historisch-Kritische Beschreibung der Hessischen Münzen. 1857-1880.
    Daraus : Anmerkungen zum Spruchtaler 1552 (2 Textseiten)
Biographien:
• Volker Press:  Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen,
    in: Protestantische Profile (Hrsg. von K. Scholder, D. Kleinmann) 1982, S.60-77.
• Walter Heinemeyer:  Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen - politischer Führer der Reformation,
    in: Die Geschichte Hessens (Hrsg. von Uwe Schultz) 1983, S.72-81.
• Beitrag zum Evangelischen Philipps-Jahr 2004 :  Mit dem Glauben Staat machen

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